Wappenkünstler

Wappenkünstler bei der Arbeit an einem Wappen, das nicht nach den strengen heraldischen Regeln mit dem Werkstoff Glas umgesetzt wird.

Als Wappenkünstler werden allgemein kreativ tätige Personen bezeichnet, die Wappen entwerfen oder anfertigen.[1] In der Heraldik (Wappenkunde) wird unter einem Wappenkünstler diejenige Person verstanden, die ein Wappen gemäß den traditionellen Regeln der Wappenkunde unter besonders künstlerisch wertvollen Aspekten entwirft und/oder anfertigt. Ein Wappenkünstler kann eine in der Heraldik besonders erfahrene Person sein und wird dann als Heraldiker bezeichnet.[1][2]

Definition

Die Definition eines Wappenkünstlers ist weit gefächert und deckt ein breites Spektrum an Aktivitäten ab. Diese basieren zumeist auf dem grafischen Anfertigen (Aufriss) von Wappen. Darüber hinaus kann sich ein Wappenkünstler mit speziell einer oder mehreren Formen der künstlerischen Herstellung und Darstellung von Wappen auf und mit beliebigen Materialien (Metall, Stein, Papier, Glas sogar Haut) auseinandersetzen. Heraldische Tätigkeiten wie das Bewahren, Dokumentieren, Blasonieren und Prüfen von Wappen sind keine ureigenen Aufgabe eines Wappenkünstlers, allerdings unterstützen ihn Kenntnisse darin bei seiner Tätigkeit.

  • Zum Betätigungsfeld eines Wappenkünstlers gehört primär die Erarbeitung und Gestaltung oder das sogenannte Aufreißen eines Wappens, das ist in der Heraldik der Bereich Wappenkunst. Konnotationen des Wappenkünstlers sind die des Wappenhandwerkers, Wappenherstellers, Wappendesigners, Wappengestalters.
  • Der Begriff Heraldiker, der wie der Begriff Wappenkünstler als Berufsbezeichnung nicht geschützt ist, bezeichnet dagegen Personen, zu deren Betätigungsfeld neben der Wappenkunst gleichwertig auch die Bereiche Wappenkunde, Wappenrecht, Wappengeschichte, Wappenprüfung und Blasonierung sowie Heraldik als Hilfswissenschaft gehören.[3] Andere Bedeutungen des Heraldikers sind die des Wappengelehrten, Wappenprüfers, Wappenwissenschaftlers, Wappenherolds, Wappenforschers, Wappenkundigen, Wappenexperten.

Weil sich jeder „Wappenkünstler“ und „Heraldiker“ nennen darf, werden die Bezeichnungen bis heute im Spannungsfeld von Tradition und Moderne und der historischen Tätigkeit eines Herolds kontrovers diskutiert.[3]

Geschichte

Philipp Jacob Spener (1683): Er gilt als (vor)wissenschaftlicher Begründer der Heraldik in Deutschland.

Die Begriffe Wappenkünstler und Heraldiker sind erst in der Moderne gebräuchlich. In den Hauptperioden der Heraldik (11. bis 16. Jahrhundert) wurde niemand, der Wappen entwarf, sich mit dem Wappenwesen beschäftigte oder Wappen auf Rüstungen, Kunstwerken oder Geräten aller Art anbrachte, so bezeichnet. Am ehesten ist dies für einen Herold zutreffend (ab dem 14. Jh. als solcher bezeugt), auf den die Bezeichnung Heraldik zurückgeht.[4]

Die Ursprünge des Wappenkünstlers liegen zeitlich am Ende der Renaissance. „Künstler von Rang, wie Martin Schongauer († 1488), Albrecht Dürer († 1528), Hans Burgkmaier († 1531), Hans Holbein d. J. († 1543), Lucas Cranach d. Ä. († 1553), Virgil Solis († 1562) und Jost Amman († 1591), beschäftigten sich mit der Heraldik und hinterließen vorbildliche Wappenzeichnungen …“[5] Als eigene Bezeichnung konnte sich der Ausdruck aber erst nach der Verfallszeit der Heraldik (1650–1850),[5] im Anschluss an die Aufklärung und während der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Heraldik etablieren.

Ähnliches gilt für den Begriff Heraldiker. Dieser konnte sich erst durchsetzen, nachdem Friedrich I. von Preußen Christian Maximilian Spener, den ältesten Sohn des Theologen und berühmten Heraldikers Philipp Jakob Spener, als heraldischen Berater nach Berlin bestellte. Der König gründete dort bei der Ritterakademie eine Professur für Heraldik (1705) und übertrug sie dem jüngeren Spener: „Dies war der erste Versuch in Deutschland, die Heraldik als Gegenstand des Unterrichts auf Hochschulen einzuführen. Er wurde zunächst 1711 in Leipzig und bald an andern deutschen Universitäten nachgeahmt.“[6]

Beide Begriffe werden heute auch rückdatiert und für Personen gebraucht, die diese Ausdrücke selber gar nicht kannten oder sogar für sich verwarfen, so bezeichnete sich einer der bekanntesten Wappenkünstler, Otto Hupp als Handwerker und nicht als Wappenkünstler oder Heraldiker.

Ausbildung

Es gibt heute an Hochschulen, Fachhochschulen und Kunsthochschulen in Deutschland keine dezidierte Ausbildung zum Wappenkünstler oder Heraldiker. Heraldik gleichwie die anderen Hilfswissenschaften der Geschichte sind fester Bestandteil des Ausbildungsprogramms diverser Studienrichtungen wie der Geschichtswissenschaft und der Archivkunde.[7]

Eine fehlende dezidierte Ausbildung ermöglicht es zahlreichen Autodidakten und Quereinsteigern aus anderen Berufen (zumeist der Bildenden Kunst oder dem Kunsthandwerk), die Wappenkunst und die Wappenkunde teils kommerziell, teils ehrenamtlich, teils als Hobby zu betreiben.

  • Wer als Wappenkünstler angesehen wird, hängt entscheidend davon ab, wie seine Werke den Regeln der ursprünglichen Heraldik folgen. Ein von Fachkreisen anerkanntes Qualitätsmerkmal für einen Wappenkünstler ist, ob mehrere seiner Werke in den führenden deutschen Wappenrollen registriert sind. Ob die Tätigkeit des Wappenkünstlers amtlich, beruflich, privat, freischaffend oder als Hobby ausgeübt wird, ist für einen heraldisch-künstlerischen, heraldisch-wissenschaftlichen Qualitätsanspruch irrelevant.[8]
  • Es wurden in der Vergangenheit mehrere vereins- und verbandsbegrenzte Versuche unternommen, die Güte der Tätigkeit eines Heraldikers durch selbstdefinierte Prüfungen, Seminarteilnahmen, Zertifizierungen, Diplome, Siegel und so weiter auszuweisen.[9]

Bekannte Heraldiker

Siehe auch

  • Staatsheraldiker

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Wappenkünstler. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 27: W–Weg[zwitschern]-zwiesel – (XIII). S. Hirzel, Leipzig 1922 (woerterbuchnetz.de).
  2. Heráldik. In: Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon. 5. Auflage. Band 1. Brockhaus, Leipzig 1911, S. 790 (Digitalisat. zeno.org).
  3. a b Vgl. hierzu Claus J. Billet et al.: Wie wird man Heraldiker. (Memento desOriginals vom 30. März 2022 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/heraldik-wappen.de Website Heraldik im Netz, Oder ebd. Claus J. Billet et al.: Der Heraldiker unterm Lupenglas. Beide Threats abgerufen am 14. Januar 2010.
  4. Arbeitskreises ehrenamtlicher Heraldiker: in einem 1888 in Hannover gegründeten wappenkundlichen Verein
  5. a b Adolf Matthias Hildebrandt (Hrsg.): Wappenfibel. Handbuch der Heraldik. Degener 2002, ISBN 3-7686-7014-7, S. 25.
  6. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 187–189.
  7. Eckart Henning: Hennings HIWI-Test. 175 Fragen und Antworten rund um die Historischen Hilfswissenschaften. BibSpider, Berlin 2009, ISBN 978-3-936960-30-3, S. 136.
  8. Vgl. Claus J. Billet: Der seriöse Heraldiker. Ahnenforschung.net; abgerufen am 15. Januar 2010.
  9. Vgl. hierzu Das HEROLD-Diplom ...!@1@2Vorlage:Toter Link/www.gemeinschaft-wappenfuehrender-familien.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Website Forum der Gemeinschaft wappenführender Familien; abgerufen am 14. Januar 2010.

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Philipp Jacob Spener.jpg
Philipp Jacob Spener (1635-1705), German theologian
Neue Wappendarstellung ©martin halter bern.jpg
„Eine Kontrolle, eine Bereinigung eines bereits bestehenden Familienwappens oder die Realisierung einer Neuschöpfung unter Berücksichtigung vorgetragener Bedürfnisse“ meint Martin Halter, Heraldiker und Glasmaler (seit über 4-Jahrzehnten ansässig in CH-Bern) „...bedingt eine langjährig breit abgstützte Erfahrungspraxis im Umgang mit dem komplexen Wappenwesen. Gleichzeitig ist ein überdurchschnittliches Wissen über mögliche herald. Quellen und Nachweise von tragender Bedeutung“.

Denn eine überzeugend darzustellende Heraldik, toleriert keine Unverbindlichkeiten, noch stützt sie sich auf Halbwahrheiten. Ein nachvollziehbar flexibles Verständnis gegenüber den herald. Gesetzmässigkeiten (Terminologie) ist absolut unerlässlich. Mitunter beeinflusst natürlich die vorzügliche Beherrschung einer subtilen Gestaltungsgrafik, das anzustrebende Schlussresultat einer tadellosen Wappendarstellung (Stilsicherheit in der Veranschaulichung eines Wappensymbols).

Die heute ungeschützte Bezeichnung Heraldiker /-in ist ein ambivalenter Begriff. Die Bezeichnung beinhaltet nicht automatisch, dass sich all jene Personen damit auf gleichem Niveau identifizieren können. Es gibt auch Scharlatane und vielfach resultiert so eine Fehleinschätzung seiner selbst. Für einen Laien bedeutet dies eine zusätzliche Unsicherheit, insbesondere dann, wenn ihm die Wappenkunde völlig fremd ist. Deshalb ist es für ihn von Vorteil, wenn er sich Schritt für Schritt mit der heraldischen Materie vertraut macht. Die Beratung bei einer Fachperson aufsucht, sich grundsätzlich ins Bild setzen lässt, warum oder wieso eine Wappendarstellung auf diese oder andere Weise zu erfolgen hat. In der Regel ist es selbst für einen Laien bald klar, inwieweit ihm verständlich genug, die Sachverhalte dargelegt werden können. Je eher die eingebrachten Argumente von einer Fachperson überzeugen, desto eher stellt sich das notwendig Vertrauensbildende ein. Jedoch bei Misstrauen oder Unklarheiten sollte man nicht zögern, um eine zweite oder dritte Stellungnahme bei einer anderen Fachperson einzuholen.

Obschon der Heraldik eine geschichtlich überlieferte Gesetzmässigkeit zu Grunde liegt, gibt es aktuell keinen amtlichen Schutz für Familienwappendarstellungen. Dieser Umstand führt leider dazu, dass das Wappenwesen bisweilen umstritten bleibt. Bisweilen Akteure im Gebiet der Heraldik dazu verleitet, den eigentlichen Stellenwert einer profunden Heraldik-Wappendarstellung mit ihren oberflächlichen Machenschaften zu untergraben.

M.H. info@glasmalkunst.ch

Wappenscheibe Zunft zum Mohren