Henri I. de Lorraine, duc de Guise

Porträt des Heinrich von Guise im Musée Carnavalet, Paris (unbekannter Maler)

Henri de Guise, deutsch Heinrich von Guise (* 31. Dezember 1550; † 23. Dezember 1588), auch Le Balafré (deutsch „das Narbengesicht“) genannt, war der älteste Sohn von François de Guise aus dem Haus Guise, einer jüngeren Linie des Hauses Vaudémont, der seit 1483 regierenden Herzöge von Lothringen, und der Anna d’Este. Er folgte seinem Vater nach dessen Tod vom 24. Februar 1563 bis 23. Dezember 1588 als duc de Guise nach.

Leben

Zu Beginn seiner militärischen Laufbahn diente Henri im Sold des Kaisers in Ungarn und auf dem Balkan gegen die Osmanen, danach, erfüllt von Rachegedanken wegen der Ermordung seines Vaters durch einen Hugenotten, nahm er an den Hugenottenkriegen, insbesondere am achten Hugenottenkrieg teil, auch Krieg der drei Heinriche genannt, und wurde zum Feind des Königs Heinrich III. von Navarra, der später als Heinrich IV. König Frankreichs wurde.

Als Guise 1570 um die Hand der Schwester Karls IX., Margarete von Valois, der späteren Frau seines Erzfeindes Heinrich von Navarra, anhielt, fiel er beim König in Ungnade. Er wusste sich allerdings zu rehabilitieren, indem er das Patenkind von Katharina von Medici, Catherine de Clèves, heiratete. Auch in die Ereignisse um die Bartholomäusnacht, für die Karl kurz darauf die Verantwortung übernahm, waren er und seine Leute verwickelt, die kurz zuvor Admiral Coligny ermordet hatten.[1] 1574 starb Karl, sein Bruder Heinrich III. bestieg den Thron und setzte die Politik seines Vorgängers fort.

In der Schlacht bei Dormans, die Henri gewann, zog er sich eine Gesichtsverletzung zu, was ihm, wie zuvor schon seinem Vater, den Beinamen Le Balafré eintrug, „der Vernarbte“. 1576 wurde er zum Führer der Heiligen Liga ernannt. Deren Waffengewalt erschreckte den König und dessen Mutter derart, dass sie am 6. Mai 1576 den Frieden von Beaulieu mit den Hugenotten schlossen. Henri konnte diesen jedoch erfolgreich anfechten und den König zum Beitritt zur Liga zwingen. Henri und sein Erzfeind Navarra standen sich daraufhin in zwei Kriegen auf dem Schlachtfeld gegenüber.

Als 1584 der letzte Bruder des Königs starb, rückte der Hugenotte Heinrich von Navarra, Schwager des Königs, nach salischem Recht „staatsrechtlich unanfechtbar“ an die erste Stelle der Thronfolge.[2] Henri de Guise versuchte, mit seiner Abstammung von Karl dem Großen seine Nachfolge durchzusetzen. Heinrich III. konterte mit dem Vertrag von Joinville, den auch Sixtus V. und Philipp II. unterschrieben, in dem er Karl von Bourbon zum Erben bestimmte. Heinrich von Navarra wurde vom Papst mit einer Bulle gebannt, Henri de Guise besetzte die Städte Toul und Verdun und schlug die Hugenotten entscheidend. Am 9. Mai 1588 zog er unter Zustimmung der Bevölkerung in Paris ein, wo er den König bedrängte. Dieser floh nach Blois.

Obwohl Henris Macht unangefochten war, schloss er einen Vergleich mit dem König, die Union von Rouen, in der Navarra der Thron verwehrt wurde. Der König gewann so Verbündete und ging eine Verschwörung gegen Henri de Guise ein. Am 23. Dezember 1588 bat Heinrich III. ihn unbewaffnet zu sich, wo ihn die Leibwache des Königs ermordete. Sein Bruder, der Kardinal Louis II. de Lorraine-Guise, wurde tags darauf, am 24. Dezember 1588, im Gefängnis hingerichtet. Man verbrannte beider Körper und warf die Asche in die Loire. Das Grabmal Henri I. de Lorraines befindet sich – ebenso wie das seiner Frau – in der Kapelle des Jesuitenkollegs von Eu.

Ehe und Nachkommen

Henri de Lorraine, Duc de Guise, heiratete am 4. Oktober 1570 in Paris Catherine de Clèves (* 1548), Gräfin von Eu, Princesse de Château-Renault, Tochter von François’ I. de Clèves, Duc de Nevers, Comte d’Eu, und Marguerite de Bourbon, und Witwe von Antoine de Croy, Prince de Porcéan/Porcien. Das Paar bekam vierzehn Kinder:

Grabmal in der Jesuitenkapelle von Eu

Catherine de Clèves starb am 11. Mai 1633 in Paris und wurde in Eu bestattet.

Der Herzog von Guise in der zeitgenössischen Literatur

Literatur

  • Jean-Marie Constant: Les Guises. Hachette, Paris 1984.
  • Yvonne Bellenger (Hrsg.): Le mécénat et l’influence des Guises. (= Colloques, congrès et conférences sur la Renaissance. Bd. 9). Honoré Champion, Paris 1997, ISBN 2-85203-689-4, besonders die Abteilung Henri de Guise et la Ligue, S. 497–611.
  • Detlev Schwennicke: Europäische Stammtafeln, Band I.2, 1999, Tafel 209
  • Alexander Wilkinson: ‘Homicides Royaux’. The Assassination of the Duc and Cardinal de Guise and the Radicalization of French Public Opinion. In: French History 18 (2004), Nr. 2 (Preprint auf der Universitätswebsite des Autors frei zugänglich; PDF).
  • Mark Konnert: Provincial Governors and Their Regimes during the French Wars of Religion: The Duc de Guise and the City Council of Chalons-sur-Marne. In: The Sixteenth Century Journal. 25, 4, 1994, ISSN 0361-0160, S. 823–840.

Weblinks

Commons: Henri I. de Lorraine, duc de Guise – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
  • Étienne Pattou: ’'Maison de Lorraine-Guise’', Seite 2f (online, abgerufen am 23. Juni 2022)

Einzelnachweise

  1. Babel, Rainer: Karl IX. (1560–1574). In: Französische Könige und Kaiser der Neuzeit. Von Ludwig XII. bis Napoleon III. 1498–1870. Hg.: Peter C. Hartmann. München 1994, S. 114.
  2. Mieck, Ilja: Heinrich III. (1574–1589). In: Französische Könige und Kaiser der Neuzeit. Von Ludwig XII. bis Napoleon III. 1498–1870. Hg.: Peter C. Hartmann. München 1994, S. 138.
  3. Schwennicke; Pattou: † 13. August 1574
  4. Schwennicke; Pattou: 2. Dezember 1615
  5. Schwennicke; Pattou: 14. Februar 1611
  6. Schwennicke; Pattou: 20. Oder 21. April 1622 in Paris und Juni 1622
  7. Schwennicke; Pattou: † 13. August 1679
  8. Schwennicke; Pattou: † 29. November 1582
VorgängerAmtNachfolger
François de LorraineHerzog von Guise
1563–1588
Charles de Lorraine
François de LorraineFürst von Joinville
1563–1588
Charles de Lorraine
Catherine de Clèves, duchesse de GuiseGraf von Eu
1570–1588
Charles de Lorraine

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Chapelle du collège des Jésuites d'Eu (Seine-Maritime, France), mausolée d'Henri de Guise.