Helmlinge

Helmlinge
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Rosa Rettich-Helmling (Mycena rosea)

Systematik
Unterabteilung:Agaricomycotina
Klasse:Agaricomycetes
Unterklasse:Agaricomycetidae
Ordnung:Champignonartige (Agaricales)
Familie:Helmlingsverwandte (Mycenaceae)
Gattung:Helmlinge
Wissenschaftlicher Name
Mycena
(Pers.) Roussel

Die Helmlinge (Mycena) sind eine Pilzgattung mit kleinen Fruchtkörpern aus der Familie der Helmlingsverwandten.[1] Die Gattung enthält allein in Europa über 100 Arten. Meist sind es kleinere bis winzige, zarthäutige Pilze. Sie leben saprotroph auf dem Boden oder an totem Holz. Einige Helmlinge haben schön gefärbte Hüte, andere fallen durch ihre gefärbten Lamellenschneiden auf, da die auf ihnen sitzenden Zystiden Pigmente enthalten. Es gibt auch Helmlinge, die bei Verletzung einen weißen oder farbigen Milchsaft absondern, und Arten, die Biolumineszenz zeigen.[2] Üblicherweise wird die Gattung den sogenannten Little brown mushrooms zugeordnet.

Merkmale

Makroskopische Merkmale

Das Erscheinungsbild der Fruchtkörper ist helmlings- oder nablingsartig und in seltenen Fällen auch rüblingsartig. Helmlingsartig heißt, die Fruchtkörper sind klein und zart und haben einen glocken- bis kegelförmigen Hut und einen langen, schlanken Stiel. Der Hut ist dünnfleischig und bei den meisten Arten gerieft. Die Hutoberfläche ist kahl, flockig, feinflaumig, körnig oder bereift. Manchmal ist der Hut auch mit einem gallertartigen, abziehbaren Häutchen bedeckt. Die Lamellen sind meist aufsteigend, horizontal oder bogenförmig und am Stiel fast frei oder schmal angewachsen bis leicht herablaufend. Das Sporenpulver ist weißlich. Der Stiel kann zerbrechlich, knorpelig oder elastisch-hart sein. Die Stieloberfläche ist teilweise oder ganz bereift, feinflaumig oder kahl. Manchmal ist die Stielbasis zu einer Scheibe erweitert oder sie ist grob striegelig behaart. Aus den Fruchtkörpern einiger Arten tritt bei Verletzung ein Milchsaft aus, dessen Vorhandensein und Farbe ein wichtiges Bestimmungsmerkmal darstellen.

Mikroskopische Merkmale

Die Basidien sind zwei- oder viersporig. Die Sporen sind in der Regel apfelkern- oder tränenförmig, seltener fast zylindrisch oder kugelförmig und meistens amyloid. Nur wenige Helmlingsarten haben inamyloide Sporen. Sie sind glatt und haben keinen Keimporus.

Ein mikroskopisch wichtiges Merkmal ist die Form der Cheilozystiden, die im Gegensatz zu den Pleurozystiden nahezu immer vorhanden sind. Sie können keulig, verkehrt birnenförmig, spindel- oder flaschenförmig oder seltener zylindrisch sein. Sie sind glatt, einfach spindelig oder verzweigt oder sie tragen verschieden geformte, einfache oder verzweigte Auswüchse, sodass sie „igelig-bürstig“ oder „geweihartig verzweigt“ aussehen können. Die Pleurozystiden können zahlreich oder selten sein oder ganz fehlen.

Die Hyphen der Huthaut (Pileipellis) sind meist verzweigt und seltener glatt. Die Hyphen der Stielrindenschicht sind glatt oder ausgesackt und haben manchmal speziell geformte Endzellen oder Caulozystiden. Das Lamellentrama färbt sich mit Melzer-Reagenz (Jodlösung) violettbräunlich an, nur in wenigen Fällen wird es nicht angefärbt.[3]

Arten

Die Gattung ist sehr artenreich, insgesamt sind weit über 300 Arten bekannt. In Deutschland sind etwa 100 Arten verbreitet.

Helmlinge (Mycena) in Deutschland
Deutscher NameWissenschaftlicher NameAutorenzitat
Algerischer HelmlingMycena algeriensisMaire 1938
Aschgrauer HelmlingMycena cinerella(P.Karst. 1878) P.Karst. 1879
Bitterer HelmlingMycena erubescensHöhn. 1913
Blaufüßiger HelmlingMycena cyanorrhizaQuél. 1875
Braunschneidiger Wiesen-HelmlingMycena olivaceomarginata(Massee 1890) Massee 1893
Breitblättriger HelmlingMycena latifolia(Peck 1872) A.H.Sm. 1935
Buchen-HelmlingMycena fagetorum(Fr. 1838) Gillet 1876
Buchenblatt-HelmlingMycena capillaris(Schumach. 1803) P.Kumm. 1871
Buntstieliger HelmlingMycena inclinata(Fr. 1838) Quél. 1872
Duftender Rettich-HelmlingMycena diosma = Prunulus diosmusKrieglst. & Schwöbel 1982

(Krieglst. & Schwöbel 1982) C.Hahn 2020

Dünnstieliger HelmlingMycena urania(Fr. 1818) Quél. 1872
Eichengallen-HelmlingMycena rhenanaMaas Geest. & Winterh. 1985
Einfarbiger HelmlingMycena concolor(J.E.Lange 1930) Kühner 1938
Entferntblättriger Faden-HelmlingMycena lohwagiiSinger 1929
Falscher Rinden-HelmlingMycena pseudocorticolaKühner 1938
Farn-HelmlingMycena pterigena(Fr. 1815) P.Kumm. 1871
Fastgeschmückter HelmlingMycena pseudopicta(J.E.Lange 1930) Kühner 1938
Fichtenzapfen-HelmlingMycena plumipes (Kalchbr. 1873) P.-A.Moreau 2003
Filzstieliger HelmlingMycena capillaripesPeck 1888
Fleischfarbener Rettich-HelmlingMycena pearsonianaDennis 1955 ex Singer 1959
Fleischfarbener Rettich-HelmlingMycena pseudopura(Cooke 1882) Sacc. 1887
Flockiger Rinden-HelmlingMycena corynephoraMaas Geest. 1983
Frühlings-HelmlingMycena niveipes(Murrill 1916) Murrill 1916
Gefalteter Scheibchen-HelmlingMycena mucor(Batsch 1786) Quél. 1875
Gefleckter HelmlingMycena maculataP.Karst. 1890
Gelborangemilchender HelmlingMycena crocata(Schrad. 1794) P.Kumm. 1871
Gelbschneidiger HelmlingMycena citrinomarginataGillet 1876
Gelbstieliger Nitrat-HelmlingMycena renatiQuél. 1886
Gemeiner Rettich-HelmlingMycena pura(Pers. 1794 : Fr. 1821) P.Kumm. 1871
Geriefter Rinden-HelmlingMycena mirata(Peck 1873) Sacc. 1887
Geschmückter HelmlingMycena amicta(Fr. 1821) Quél. 1872
Gilbender HelmlingMycena flavescensVelen. 1920
Graublättriger Ruß-HelmlingMycena aetites =Mycena umbellifera(Fr. 1838) Quél. 1872

(Schaeff. 1774) Quél. 1872

Grauer Nitrat-HelmlingMycena leptocephala(Pers. 1800) Gillet 1876
Großer Blut-HelmlingMycena haematopus(Pers. 1800) P.Kumm. 1871
Großer Schleimfuß-HelmlingMycena clavicularis(Fr. 1821) Gillet 1876
Großsporiger HelmlingMycena megasporaKauffman 1933
Grünschneidiger HelmlingMycena viridimarginataP.Karst. 1892
Kegeliger HelmlingMycena metata(Secr. ex Fr. 1821) P.Kumm. 1871
Klebhaut-Rinden-HelmlingMycena pachydermaKühner 1926
Klebriger HelmlingMycena vulgaris(Pers. 1794) P.Kumm. 1871
Knolliger Binsen-HelmlingMycena bulbosa(Cejp 1930) Kühner 1938
Königsfarn-HelmlingMycena alphitophora(Berk. 1876) Sacc. 1887
Kugelsporiger Scheibchen-HelmlingMycena clavularis(Batsch 1786) Sacc. 1887
Leichtvergänglicher HelmlingMycena smithianaKühner 1938
Lieblicher Rinden-HelmlingMycena venustulaQuél. 1883
Lilaschneidiger HelmlingMycena purpureofusca(Peck 1885) Sacc. 1887
Mycena atrochalybaeaMycena atrochalybaeaHuijsman 1956
Gelatinösstacheliger HelmlingMycena tenuispinosaJ.Favre 1957
Mycena tephrophyllaMycena tephrophyllaMaas Geest. & Schwöbel 1989
Mycena winterhoffiiMycena winterhoffiiMaas Geest. 1991
Cremeweißer HelmlingMycena xantholeucaKühner 1938
Nuss-HelmlingMycena nucicolaHuijsman 1958
Olivgelber HelmlingMycena arcangelianaBres. 1904
Orangeroter HelmlingMycena acicula(Schaeff. 1774) P.Kumm. 1871
Orangeschneidiger HelmlingMycena aurantiomarginata = Mycena elegans(Fr. 1821) Quél. 1872

(Pers. 1801) P.Kumm. 1871

Postament-HelmlingMycena stylobates(Pers. 1801) P.Kumm. 1871
Purpurschneidiger Blut-HelmlingMycena sanguinolenta(Alb. & Schwein. 1805) P.Kumm. 1871
Rillstieliger HelmlingMycena polygramma(Bull. 1789) Gray 1821
Rosa Rettich-HelmlingMycena rosea(Schaeff. 1774) Gramberg 1912
Rosablättriger HelmlingMycena galericulata(Scop. 1772) Gray 1821
Rosaschneidiger HelmlingMycena rosella(Fr. 1821) P.Kumm. 1871
Rosaweißer HelmlingMycena tubarioides(Maire 1930) Kühner 1938
Rostfleckiger HelmlingMycena zephirus(Weinm. 1818 : Fr. 1818) P.Kumm. 1871
Rötlicher Rinden-HelmlingMycena meliigena(Berk. & Cooke 1878) Sacc. 1887
Rotschneidiger HelmlingMycena rubromarginata(Fr. 1815) P.Kumm. 1871
Schilf-HelmlingMycena belliarum(Johnst. 1841) P.D.Orton 1960
Dehnbarer HelmlingMycena epipterygia(Scop. 1772) Gray 1821
Schlüpfriger HelmlingMycena laevigata(Lasch 1828) Gillet 1876
Schneeblumen-HelmlingMycena flos-niviumKühner 1952
Schwarzgezähnelter Rettich-HelmlingMycena pelianthina(Fr. 1821) Quél. 1872
Ufer-HelmlingMycena ripariaMaas Geest. 1986
Verbogenstieliger HelmlingMycena supina(Fr. 1821) P.Kumm. 1871
Viersporiger Nitrat-HelmlingMycena stipataMaas Geest. & Schwöbel 1987
Voreilender HelmlingMycena abramsii(Murrill 1916) Murrill 1916
Walzenförmiger HelmlingMycena picta(Fr. 1815) Harmaja 1979
Weißmilchender HelmlingMycena galopus(Pers. 1800) P.Kumm. 1871
Winter-HelmlingMycena tintinnabulum(Paulet 1793) Quél. 1872
Winziger Eichenblatt-HelmlingMycena polyadelpha(Lasch 1828) Kühner 1938
Zarter HelmlingMycena adscendensMaas Geest. 1981
Zerbrechlicher Faden-HelmlingMycena filopes(Bull. 1788) P.Kumm. 1871
Zweisporiger Nitrat-HelmlingMycena silvae-nigraMaas Geest. & Schwöbel 1987

Systematik

Einige Arten mit inamyloiden Sporen und Trama wurden aufgrund phylogenetischer Untersuchungen ausgegliedert und in die Gattung Atheniella gestellt, darunter der Korallenrote (A. adonis) und der Weißgelbe Helmling (A. flavoalba). Die Gattung Atheniella steht nicht in der Familie Mycenaceae, sondern in der Familie Porotheleaceae.[4]

Evolution

Während Helmlinge bis anhin nur tote Materie abgebaut haben, wurden Helmlinge in den letzten Jahrzehnten zunehmend auch in lebenden und gesunden Bäumen beobachtet. Laut Untersuchung der Isotopenzusammensetzung ihrer Fruchtkörper liefern die Pilze den Bäumen Stickstoff, einen entscheidenden Nährstoff, und erhalten dafür kohlenstoffreiche Substanzen wie Zucker. Da es immer noch Helmlinge gibt, die sich ausschließlich von toter Materie ernähren, geht man von einer evolutionären Veränderung aus, evtl. bedingt durch die Ausbreitung des Menschen und den damit knapper werdenden Lebensraum der Pilze.[5]

Literatur

  • Giovanni Robich: Mycena d'Europa. A.M.B. Fondazione Centro Studi Micologici, 2003.
  • R. A. Maas Geesteranus: Mycenas of the Northern Hemisphere. 2 Bände, Sciences, The Netherlands, 1992, ISBN 0-444-85757-5.
  • Alexander Hanchett Smith: North American species of mycena. University of Michigan Press, 1947 (Online Fassung)
Commons: Helmlinge (Mycena) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. PB Matheny et al.: Major clades of Agaricales: a multilocus phylogenetic overview. In: Mycological Society of America (Hrsg.): Mycologia. Vol. 98, Nr. 6, 2006, ISSN 0027-5514 (englisch, Online [PDF]).
  2. Ewald Gerhart (Hrsg.): Pilze Band 1: Lamellenpilze, Täublinge, Milchlinge und andere Gruppen mit Lamellen (= Spektrum der Natur BLV Intersivführer. Band 1). BLV Verlagsgesellschaft, München/Wien/Zürich 1984, ISBN 3-405-12927-3, S. 125.
  3. Arne Aronsen: What is a Mycena? A key to the Mycenas of Norway. In: Mycena Page / home.online.no. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 31. Januar 2012; abgerufen am 7. Dezember 2011 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/home.online.no
  4. Jerry Cooper: NZ species in Mycenella, Hemimycena, Atheniella and Mycena pp. (suborder Marasmineae incertae sedis). In: Mycological Notes. 3. Dezember 2016, abgerufen am 20. Juni 2020 (englisch).
  5. Christoffer Bugge Harder, Emily Hesling, Synnøve S. Botnen, Kelsey E. Lorberau, Bálint Dima, Tea von Bonsdorff‐Salminen, Tuula Niskanen, Susan G. Jarvis, Andrew Ouimette, Alison Hester, Erik A. Hobbie, Andy F. S. Taylor, Håvard Kauserud: Mycena species can be opportunist‐generalist plant root invaders. In: Environmental Microbiology. Band 25, Nr. 10, Oktober 2023, ISSN 1462-2912, S. 1875–1893, doi:10.1111/1462-2920.16398 (wiley.com [abgerufen am 25. Oktober 2023]).

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