Heinz Galinski

(c) Bundesarchiv, B 145 Bild-P094007 / CC-BY-SA 3.0
Heinz Galinski vor dem jüdischen Gemeindehaus (Januar 1967)

Heinz Galinski (geboren am 28. November 1912 in Marienburg, Westpreußen; gestorben am 19. Juli 1992 in Berlin) war der erste und vierte Vorsitzende sowie erster Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland. Von 1949 bis 1992 war er Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Leben

Galinskis Vater war Kaufmann und Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg. Nach dem Abitur in Elbing schloss er 1933 eine Lehre zum Textilkaufmann ab und trat seine erste Stelle in Rathenow an. Er lebte ab 1938 in der Schönhauser Allee 31/32 im Berliner Prenzlauer Berg. Nachdem Galinski bereits ab 1940 Zwangsarbeit hatte leisten müssen, wurde er 1943 mit seiner Frau und seiner Mutter von den Nationalsozialisten in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert; später musste er für die I.G. Farben Zwangsarbeit im KZ Auschwitz-Monowitz leisten. Seine Ehefrau und seine Mutter wurden in Auschwitz ermordet. Im Januar 1945 wurde Galinski im Rahmen der Evakuierung des KZ Auschwitz in das KZ Mittelbau-Dora verschleppt und nach dessen Räumung in das KZ Bergen-Belsen, aus dem er Mitte April 1945 von britischen Truppen befreit wurde.[1]

Galinski blieb nach Kriegsende in Deutschland und beteiligte sich an den OdF-Ausschüssen und an der Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) in Berlin, deren Zweiter Vorsitzender er bis zu seinem Austritt im Jahre 1948 war. Von 1949 bis 1992 war er erster Nachkriegsvorsitzender der jüdischen Gemeinde Berlins. Zwischen 1954 und 1963 war er der erste Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland.

Im Sommer des Jahres 1975 entkam Galinski unverletzt einem von unbekannten Tätern verübten Paketbombenanschlag in Berlin.[2][3] Im Jahre 1987 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt Berlin verliehen.

Er trat 1988 die Nachfolge Werner Nachmanns als Vorsitzender (ab 1990 als Präsident) des Zentralrats der Juden in Deutschland an und stand bis zu seinem Tod 1992 wieder an der Spitze der wichtigsten jüdischen Organisation in Deutschland. Sein Nachfolger wurde Ignatz Bubis.

Grabstätte

Im September[4] und im Dezember 1998 wurden auf das Grab Galinskis auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße in Berlin-Westend zwei Sprengstoffanschläge von unbekannten Tätern verübt. Dabei wurde der Grabstein fast vollständig zerstört.[5] Sein Grab ist als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.

Galinski, der 1947 seine zweite Frau Ruth (1921–2014) geheiratet hatte, ist der Vater von Evelyn Hecht-Galinski.

Ehrungen

Gedenkplatte

1966 wurde Galinski für seine Verdienste mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet; 1979 erhielt er dazu den Stern und 1982 das Schulterband.

1995 erhielt eine staatlich anerkannte Ganztagsschule in Trägerschaft der Jüdischen Gemeinde zu Berlin seinen Namen. Sie wurde nach einem Entwurf von Zvi Hecker gebaut.[6]

In Berlin-Gesundbrunnen wurde 1998 ein Abschnitt der Schulstraße, an der das Jüdische Krankenhaus Berlin steht, in Heinz-Galinski-Straße umbenannt. Ihm zu Ehren wurde der Heinz-Galinski-Preis gestiftet. An seinem ehemaligen Wohnhaus in der Schönhauser Allee ist heute eine Gedenkplakette angebracht. Der Text lautet:

„Dr. h.c. Heinz Galinski – Ehrenbürger von Berlin, der maßgeblich an der Wiederherstellung des jüdischen Lebens und der Demokratie in Berlin beteiligt war. Er lebte hier 1938–1943 und wurde aus diesem Haus nach Auschwitz deportiert.“

Literatur

  • Andreas Nachama und Julius H. Schoeps (Hrsg.): Aufbau nach dem Untergang. Deutsch-jüdische Geschichte nach 1945. In memoriam Heinz Galinski. Berlin 1992, ISBN 3-87024-714-2.
  • Hans Jakob Ginsburg: Heinz Galinski – Ohne Tadel in seinen Zeiten. Ein Repräsentant der Überlebenden. In: Die Zeit. Nr. 40/1982.
  • Jens-Christian Wagner (Hrsg.): Konzentrationslager Mittelbau-Dora 1943–1945. Begleitband zur ständigen Ausstellung in der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora. Wallstein, Göttingen 2007, ISBN 978-3-8353-0118-4.
  • Juliane Berndt: „Ich weiß, ich bin kein Bequemer...“: Heinz Galinski – Mahner, Streiter, Stimme der Überlebenden. Herausgegeben von Andreas Nachama. be.bra Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-89809-100-8 (Eine Veröffentlichung des Lander Institute for Communication about the Holocaust and Tolerance am Touro College Berlin.)
  • Wolfgang Benz: Deutsche Juden im 20. Jahrhundert. Eine Geschichte in Porträts. C.H. Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-62292-2, darin: Streitbarer Moralist: Heinz Galinski, S. 184–194.
  • Klaus Schütz: Heinz Galinski (1912–1992). Ein Berliner unter dem Davidsschild. Herausgegeben von der Stiftung Neue Synagoge Berlin, Centrum Judaicum. Hentrich & Hentrich Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-933471-70-2.

Weblinks

Commons: Heinz Galinski – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jens-Christian Wagner (Hrsg.): Konzentrationslager Mittelbau-Dora 1943–1945. Göttingen 2007, S. 134.
  2. Empörung über den Anschlag auf Heinz Galinski. In: Hamburger Abendblatt, abgerufen am 4. Februar 2018.
  3. Stiftung Deutsches Historisches Museum, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: Gerade auf LeMO gesehen: Jahreschronik 1975. Abgerufen am 9. Oktober 2023.
  4. Anschlag auf Grabmal von Heinz Galinski. In: Berliner Zeitung 28. September 1998.
  5. knerger.de: Das Grab von Heinz Galinski.
  6. Quynh Tran: Zur Not brachial. Israelischer Architekt Zvi Hecker mit 92 Jahren gestorben. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. September 2023, S. 13.

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Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
20.1.1967

Berlin/West

Heinz Galinski vor dem jüdischen Gemeindehaus in der Fasanenstr.
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Der Davidstern, Symbol des jüdischen Glaubens und jüdischen Volkes.
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Die Gedenkplatte am Wohnhaus von Heinz Galinski in der Schönhauser Allee in Berlin. Von dort wurde er 1943 in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert.
Jüdischer Friedhof Heerstraße Berlin Okt.2016 - 5.jpg
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Grab von Heinz Galinski auf dem Jüdischer Friedhof Heerstraße. Ehrengrab