Heinz-Horst Deichmann

Heinz-Horst Deichmann, 2014

Heinz-Horst Deichmann (* 30. September 1926 in Essen; † 2. Oktober 2014 ebenda) war ein deutscher Unternehmer, unter dessen Leitung die größte europäische Schuheinzelhandelskette Heinrich Deichmann-Schuhe entstand. Bekanntheit erlangte er vor allem durch sein sozialdiakonisches Engagement, das durch mehrere in- und ausländische Auszeichnungen gewürdigt wurde.

Leben

Deichmann-Filiale in Essen, Limbecker Platz, im September 2009

Heinz-Horst Deichmann wurde im Essener Bezirk Borbeck als einziger Sohn des Schuhhändlers Heinrich Deichmann geboren, der noch vier Töchter hatte. Heinrich Deichmann (1888–1940) hatte 1913 ein Schuhgeschäft gegründet, das seine Frau Julie nach dessen frühem Tod 1940 übernahm. Heinz-Horst Deichmann wurde 1943 zunächst als Flakhelfer im Zweiten Weltkrieg eingezogen; im Folgejahr musste er als Soldat an die Ostfront. Im Mai 1945 kehrte er, nach einem nur knapp überlebten Halsdurchschuss, schwer verwundet zurück und legte 1946 am Borbecker Gymnasium in Essen das Abitur ab. Anschließend studierte er in Bonn Evangelische Theologie, unter anderem bei Karl Barth, und anschließend Medizin in Düsseldorf, um Missionsarzt zu werden.[1] 1951 schloss er das Studium mit dem Staatsexamen ab und promovierte 1952 zum Dr. med.

Deichmann arbeitete zunächst als Orthopäde, bevor er 1956 die Leitung des Familienunternehmens Heinrich Deichmann-Schuhe übernahm. Als Geschäftsführer setzte er vor allem auf preiswerte Schuhe. Er führte ein neues Warenwirtschafts- und Präsentationssystem ein. In den 60er Jahren war er in der Schuhbranche der erste Unternehmer, der die Schuhe nach Größe sortiert in den Regalen zeigte und später im Personalaufwand sparenden Rack-Room-System: die Schuhe hielt er im Karton in allen verfügbaren Größen für den Kunden sofort greifbar im Verkaufsraum vor.[2] Mit rapide steigender Umsatz- und Gewinnentwicklung übernahm er Konkurrenten. 1999 gab er die Leitung des Unternehmens an seinen Sohn Heinrich Otto Deichmann (* 1962) ab.

Deichmann starb am 2. Oktober 2014 im Alter von 88 Jahren in Essen.[3]

Sonstiges Engagement

Deichmann war bekennender Christ und Mitglied einer freikirchlichen Brüdergemeinde.[4] 1977 gründete er die sozial-missionarische Organisation „Wort und Tat“, die Notleidende in Indien, Moldawien und Griechenland unterstützt.[5] Er beteiligte sich an Hilfsprojekten in der Dritten Welt und war Kuratoriumsmitglied der evangelikalen Organisation ProChrist, einer dem CVJM nahestehenden Veranstalterin von Großevangelisationen. 2005 stellte Deichmann 15 Millionen Euro für die Opfer der Tsunami-Katastrophe in Südasien und weitere Hilfsprojekte in Indien und Afrika zur Verfügung. Zusätzlich war er Gönner der Ben-Gurion-Universität des Negev in Be’er Scheva (Israel), an der mehrere Gebäude nach ihm benannt sind. Weiterhin unterstützte Deichmann die Konzertreihe „High Potential Classix“, in der sich junge Solisten der Folkwang Universität der Künste gemeinsam mit Gast-Orchestern der Öffentlichkeit präsentieren. Im April 2014 wurde an der Medizinischen Fakultät Essen ein neues Lehr- und Lernzentrum feierlich eröffnet, dessen Hörsaal nach Deichmann benannt wurde. Deichmann unterstützte den 16 Millionen Euro teuren Neubau mit einer größeren Spende.[6]

Er unterstützte ebenfalls das evangelikale Studienhaus Albrecht-Bengel-Haus bei der Finanzierung des Erweiterungsbaus.[7]

Familie

Deichmann lebte auf der Stadtgrenze Wuppertal / Velbert-Neviges (Kleine Höhe). Er war von 1950 bis zu ihrem Tod 2008 mit der Lehrerin Ruth, geborene Fischer, verheiratet. Aus der Ehe gingen ein Sohn und drei Töchter hervor.

Stiftungen

Auszeichnungen

Veröffentlichungen

  • Die operative Behandlung der Arthrosis deformans der Hüfte. Dissertation, Universität Düsseldorf 1952.
  • Wort und Tat – Hilfe für notleidende Menschen in Indien. Wort & Tat e.V., Essen 1995.
  • Indische Predigten. Nach Tonbandabschriften aus dem Englischen übertragen. TOM-Verlag, Dülmen 2000, ISBN 3-935170-00-9.
  • Mir gehört nur, was ich verschenke. Christ und Unternehmer. R. Brockhaus, Wuppertal 2001, SCM R. Brockhaus, Witten 2., überarb. und stark erw. Aufl. 2008, ISBN 978-3-417-26280-3.

Als Herausgeber

  • Hoffnung geben! Wie Hilfe zur Selbsthilfe in Indien und Tansania möglich ist. SCM R. Brockhaus, Witten 2009, ISBN 978-3-417-26314-5.
  • Hoffnungsfunken werden Freudenfeuer. SCM Collection, Witten 2011, ISBN 978-3-7893-4582-1.

Literatur

  • Andreas Malessa, Hanna Schott: Warum sind Sie reich, Herr Deichmann? Die Deichmann-Story. Über den Umgang mit Geld und Verantwortung. R. Brockhaus, Wuppertal 2006, ISBN 3-417-24953-8.
  • Ethisch mit Erfolg: 100 Jahre Deichmann. In: Essen Affairs – Das Magazin der Messe Essen, Ausgabe 2/2013, S. 34 ff.
  • „Die Firma muß dem Menschen dienen“. Der christliche Unternehmer Heinz-Horst Deichmann. In: Bernd Ziesemer: Pioniere der deutschen Wirtschaft. Was wir von den großen Unternehmerpersönlichkeiten lernen können. Campus-Verlag, Frankfurt/Main; New York 2006, ISBN 978-3-593-38121-3, S. 100–112.
  • Wolfgang Sykorra: Heinz-Horst Deichmann, international agierender Unternehmer und Wohltäter, in: Lothar Böning (Hrsg.), Von der Penne in die Welt. Borbecker Porträts. Essen: Edition Rainruhr 2013, ISBN 978-3-941676-17-6, S. 49 ff.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der bibeltreue Schuh-Gigant, idea.de, Artikel vom 13. März 2020.
  2. Brigitte Koch: Sohn eines Schuhmachers. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7. Oktober 2014, Seite 16
  3. Seniorchef der Schuhkette: Heinz-Horst Deichmann ist gestorben. dpa-Meldung auf Wirtschaftswoche.de, 6. Oktober 2014
  4. Deichmann erhält Karl-Barth-Preis; idea-Meldung in: Christen in der Wirtschaft, 28. Juni 2013; eingesehen am 25. November 2013
  5. Gründung von „Wort und Tat“ (Memento vom 6. Juni 2014 im Internet Archive), wortundtat.de, abgerufen am 5. Juni 2014.
  6. Neues Lehr- und Lernzentrum feierlich eröffnet, Pressemitteilung des Universitätsklinikums Essen vom 30. April 2014, abgerufen am 10. Oktober 2014
  7. Bengelhaus baut für Doktoranden. In: Albrecht Bengelhaus: Theologische Orientierung, Ausgabe 145, Q1 2007, S. 3.
  8. a b c Ministerpräsident Jürgen Rüttgers überreicht den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland an zehn Bürger: „Sie sind Vorbilder, die für das »soziale Gewissen« Nordrhein-Westfalens stehen“. Pressemeldung des Landespresse- und Informationsamt Nordrhein-Westfalen vom 7. Juni 2006, abgerufen am 20. November 2009
  9. Universitätsklinikum Essen erhält Heinz-Horst-Deichmann-Stiftungsprofessur. Pressemeldung der Universität Essen vom 27. September 2001, abgerufen am 20. November 2009
  10. a b Ben Gurion University of the Negev – Honorary Awards; (Memento vom 12. August 2011 im Internet Archive) abgerufen am 20. November 2009
  11. Ashwin Raman: Gift ist im Schuh. In: die Tageszeitung (taz) vom 10. April 2001, S. 4, abgerufen am 20. November 2009
  12. Max Haerder: Preisverleihung in Berlin: Deichmann, Luther und die Finanzkrise. In: Handelsblatt vom 11. November 2008, abgerufen am 20. November 2009
  13. Jan Sedeliers: Ein Schmuckstück das passt. Auszeichnung für das Lebenswerk: Der Unternehmer Heinz-Horst Deichmann wurde gestern vom Presse Club mit dem Leibniz-Ring geehrt, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 19. November 2009, S. 20
  14. Ehrendoktoren und Ehrendoktorinnen der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel. (Memento vom 9. Oktober 2014 im Internet Archive) Kirchliche Hochschule Wuppertal/Bethel, abgerufen am 6. Oktober 2014 (pdf; 28 kB)
  15. Business Club Aachen-Maastricht: Die Preisträger; (Memento vom 24. März 2014 im Internet Archive) abgerufen am 6. Oktober 2014.
  16. Uni Duisburg-Essen – Ehrendoktorwürde für Schuh-Unternehmer Heinz-Horst Deichmann. Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 11. Juli 2012; eingesehen am 6. Oktober 2014
  17. Ulrike Schäfer: „Wort und Tat“: Heinz-Horst Deichmann in Worms mit Gustav-Adolf-Preis ausgezeichnet. (Memento vom 10. Oktober 2014 im Internet Archive) Wormser Zeitung, 24. November 2013; abgerufen am 6. Oktober 2014
  18. Karin Bertheau: Karl-Barth-Preis. Pressemeldung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), 11. September 2014

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