Heinrich Voelter

Heinrich Voelter (* 1. Januar 1817 in Heidenheim; † 13. September 1887 in Heidenheim) war ein deutscher Erfinder und Papierfabrikant.

Leben

Papierfabrik von C.F.A. Fischer in Bautzen, Album der Sächsischen Industrie Band 1 0046 (1856)

Heinrich Voelter kam als Sohn des Kaufmanns und Papierfabrikanten Heinrich Bernhard Voelter (1784–1847) und der Papiermachertochter Maria Dorothea Rau zur Welt. Nachdem er im Alter von vier Jahren von einer Dienstmagd unter Lebensgefahr aus dem Herrenhaus der brennenden Papiermühle von Rau & Voelter gerettet werden konnte, ging er dort in die Volksschule, wo er von seinem Großvater Philipp Jakob Voelter (1757–1840) unterrichtet wurde.[1] Mit 14 Jahren begann er eine bis 1833 dauernde Kaufmannslehre bei der Heidenheimer Weberei und Färberei von Riecker und Neunhöffer.[2] Daneben lernte er von seinem Vater das Papiermachen. Zuerst konnte er 1822/23 den Wiederaufbau der abgebrannten Papiermühle miterleben, dann während seiner Lehrzeit den Umbau der apiermühel in eine mechanische Papierfabrik.

Nach der Lehre ging Voelter 1835 für eineinhalb Jahre zu Carl Friedrich August Fischer nach Bautzen, um in dessen Papierfabrik seine Kenntnisse einzubringen und die eigenen zu vervollständigen. Dort war er als kaufmännischer Gehilfe und als Reisender für den Verkauf der Erzeugnisse tätig. Nachdem er 1837 wieder nach Heidenheim zurückgekehrt war, ging er 1841 erneut nach Sachsen. Nachdem Fischer am 10. August 1842 gestorben war, wurde Voelter zum technischen Direktor der Vereinigten Fischerschen Papierfabriken zu Bautzen und Obergurig ernannt.[3] Diese Funktion hatte er bis 1847 inne.[4] Im September 1848 legte Voelter nachträglich seine Meisterprüfung vor der Kaufmanns-Innung in Heidenheim ab.[5]

Während seines Aufenthaltes in Sachsen lernte er Friedrich Gottlob Keller (1816–1895) kennen, von dem er 1846 ein Patent zur Papierherstellung aus Holzfaserbrei übernahm, das er so weiterentwickelte, dass die industrielle Herstellung von Papier aus Holz möglich wurde (bis dahin wurde Papier aus Lumpen hergestellt). Hierbei war ihm ab 1848 nach dem Tod seines Vaters und der Rückkehr in seine Heimatstadt der Heidenheimer Schlossereibesitzer Johann Matthäus Voith (1803–1874) behilflich, der 1852 zunächst zwei Spindelschleifer für die Voeltersche Papiermühle konstruierte.

Voelter und Voith verkauften nun gemeinsam Holzschleifereien an Papierfabriken in aller Welt, z. B. auch für die Papierfabrik Kübler & Niethammer in Kriebstein in Sachsen. Nachdem 1864 Voelters Papierfabrik abgebrannt war, wurde die Papierherstellung in Heidenheim endgültig eingestellt (in Heidenheim wurde bereits seit 1530 Papier hergestellt).[6] Das von Johann Matthäus Voith gegründete Unternehmen Voith AG entwickelt und produziert aber auch heute noch Papiermaschinen für internationale Kunden.

Gebrüder Decker & Co. Holzzeugmaschine nach Patent Heinrich Voelter, Hangar auf der Weltausstellung Paris 1867

1863 beteiligte sich Voelter an der von dem Ingenieur Ferdinand Decker am Cannstatter Bahnhof errichteten Maschinenfabrik; diese wurde am 1. Juli 1864 in Betrieb genommen und beschäftigte 50 Leute. Das Unternehmen lieferte auch Dampfmaschinen und Wasserturbinen. Es wurde 1866 durch Voelters Unterstützung weiter vergrößert, so dass die Belegschaft auf 200 Personen anwuchs.[7]

Heinrich (Henry) Voelter, Information of the Manufacture of Paperpulp out of Wood, Cover der englischen Ausgabe 1867 mit Wiedergabe der Preismedaillen

Auf der Weltausstellung in Paris 1867 zeigte Voelter in Zusammenarbeit mit der Maschinenfabrik Gebr. Decker & Co. eine vollständige betriebsfähige Holzschleifereianlage. Gebr. Decker und Voelter wurden dafür mit der goldenen Medaille ausgezeichnet.[8] Für die Weltausstellung 1873 in Wien wurde Voelter als Preisrichter für die Papierfabrikation berufen.[9]

Heinrich Voelter gehörte von 1856 bis 1861 dem Parlament in Stuttgart an.

Ehrungen

Nachlass

  • Briefe, Patente, Papierproben, Notizbücher und Zeichnungen aus dem Nachlass von Heinrich Voelter in N 43 (Adolf Benedello) im Westfälischen Wirtschaftsarchiv Dortmund.[10]

Schriften

  • Heinrich Voelter: Ueber die Darstellung von Papierstoff aus Holz. In: Kunst- und Gewerbeblatt des polytechnischen Vereins für das Königreich Bayern, 51 (1865), Sp. 494–504.
  • Heinrich Voelter: Mittheilungen über die Darstellung von Papierstoff aus Holz nach Patent von Heinrich Voelter. 4. Aufl. Heidenheim 1867.

Literatur

  • Adolf Benedello: Keller–Voelter. Die Einführung des Holzschliffs in der Papierindustrie. Hrsg. v. der Papierfabrik Kabel. Hagen-Kabel 1957.
  • Eugen Gaus: Erinnerungsschrift an Heinrich Voelter, Papierfabrikant von Heidenheim a. Brenz zum 100. Geburtstag, 1. Januar 1917. Heidenheim 1917.
  • Ernst Raithelhuber: Heinrich Voelter und die Entwicklung des Holzschleifers. In: Papiergeschichte, Jg. 16, 1966, S. 1–18.
  • Ernst Raithelhuber: Heinrich Voelter. Pionier des Holzschleifereiwesens. Papierfabrikant in Heidenheim an der Brenz. 1817–1887. In: Lebensbilder aus Schwaben und Franken. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg hrsg. von Max Miller und Robert Uhland. Stuttgart 1966 (10. Bd. der als Schwäbische Lebensbilder eröffneten Reihe), S. 388–414.
  • Lothar Suhling: Heinrich Voelter – Papier aus Holz. In: Schwäbische Tüftler und Erfinder. Hrsg. von Jörg Baldenhofer. Stuttgart 1986, S. 47–53.
  • Wer war eigentlich… Heinrich Voelter, in: Schlossblick, ISSN 1860-8329, Nr. 2, 2006, S. 9 (Volltext als PDF, 296 kB)
  • Frank Raberg: Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815–1933. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016604-2, S. 950–951.

Einzelnachweise

  1. Ernst Raithelhuber: Heinrich Voelter. Pionier des Holzschleifereiwesens. S. 390.
  2. Ernst Raithelhuber: Heinrich Voelter. Pionier des Holzschleifereiwesens. S. 392.
  3. Adolf Benedello: Keller–Voelter. S. 31.
  4. Ernst Raithelhuber: Heinrich Voelter. Pionier des Holzschleifereiwesens. S. 395.
  5. Ernst Raithelhuber: Heinrich Voelter. Pionier des Holzschleifereiwesens. S. 400.
  6. Helmut Weimert:Abhandlung über die Zur Geschichte der Papierherstellung in Heidenheim (Memento vom 9. September 2010 im Internet Archive)
  7. Ernst Raithelhuber: Heinrich Voelter. Pionier des Holzschleifereiwesens. In: Lebensbilder aus Schwaben und Franken. Stuttgart 1966, S. 405.
  8. Ernst Raithelhuber: Heinrich Voelter. Pionier des Holzschleifereiwesens. In: Lebensbilder aus Schwaben und Franken. Stuttgart 1966, S. 406.
  9. Adolf Benedello: Keller–Voelter. S. 31–32.
  10. Ursula Jennemann-Henke: Papiergeschichte. Inventar zu den Beständen N 43 (Adolf Benedello), N 47 (Familie Hoesch) und F 146 (Stora Kabel GmbH). Stiftung Westfälisches Wirtschaftsarchiv, Dortmund 1999, S. 20 und S. 53–69.


Auf dieser Seite verwendete Medien

Gebrüder Decker & Co. Holzzeugmaschine nach Patent Heinrich Voelter Paris 1867.jpg
Autor/Urheber: Heinrich Voelter (1817—1887), Ferdinand Decker (1835—1884), Lizenz: CC0
Gebrüder Decker & Co. Holzzeugmaschine nach Patent Heinrich Voelter, Weltausstellung Paris 1867
Heinrich Voelter Information of the Manufacture of Paperpulp out of Wood 1867.jpg
Autor/Urheber: Heinrich Voelter (1817—1887), Lizenz: CC0
Heinrich (Henry) Voelter, Information of the Manufacture of Paperpulp out of Wood, Cover 1867