Heinrich VI. von Rottenburg

Graf Heinrich VI. von Rottenburg (* 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts; † April / Mai 1411[1]) war Anführer einer Opposition des Tiroler Adels gegen Herzog Friedrich IV. von Österreich. Er gilt als einer seiner bekanntesten politischen Gegenspieler. Nach ihm ist die Rottenburger Fehde benannt, die zu seinem Sturz führte.

Herkunft

Heinrich VI. von Rottenburg entstammte der Familie der Grafen von Rottenburg, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts als die mächtigste Adelsfamilie der Grafschaft Tirol galt. Sein Vater Heinrich V. von Rottenburg (* um 1343; † um 1400) war Hofmeister auf Tirol und Hauptmann an der Etsch. Er baute durch wichtige Erwerbungen und Pfandschaften, Pfarr-Erhebungen und Ähnliches die bereits bedeutende Stellung seiner Familie weiter aus. 1386 tätigte er eine Stiftung für das Kloster Stams.[2]

Leben

Nach dem Tod seines Vaters um 1400 übernahm Graf Heinrich die Führung seiner Familie. Wie schon dieser und seine Vorfahren bekleidete er wichtige Ämter der Grafschaft Tirol, unter anderem das eines Hauptmannes an der Etsch und des Burggrafen auf Schloss Tirol. 1404 stiftete er in der Nähe seiner Burg in Kaltern ein Spital[3]. 1407 gründete er die Adelsgemeinschaft, die als Falkenbund in die Geschichte und Legende eingegangen ist. Diese war gegen Herzog Friedrich IV. gerichtet, der inzwischen die Herrschaft über Tirol übernommen hatte.

Wegen einer Pfandschaft geriet Heinrich 1407 auch mit Niklaus Vintler von Runkelstein in Konflikt. Er eroberte die Burg Rendelstein, die er jedoch auf Druck des Herzogs wieder an die Vintler zurückgeben musste.

1410 brach die Rottenburger Fehde aus, die für Heinrich mit dem Verlust seiner zahlreichen Besitzungen endete. Heinrich, der schließlich Herzog Stephan III. von Baiern-Ingolstadt den Vorwand zu einem Krieg zur Rückgewinnung der Grafschaft Tirol lieferte[4], wurde wegen Hochverrat inhaftiert und erst 1411 wieder freigelassen. Mit seinem Tod nur wenige Monate später starben die Rottenburger in männlicher Linie aus.

Ehe und Nachkommen

Heinrich war seit ca. 1404 mit Agnes (* um 1385; † zwischen 1427 und 1436), einer Tochter des Grafen Albrecht III. von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz verheiratet, hatte aber aus dieser Ehe keine männlichen Nachkommen. Agnes von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz (auch als Agnes von Kirchberg nachgewiesen) heiratete nach seinem Tod um 1415 den Grafen Eberhard VI. von Kirchberg († 1440), der um 1431 als Hofmeister der Grafen von Württemberg belegt ist. Zum Zeitpunkt ihrer zweiten Eheschließung galt Agnes als reiche Witwe, sie hatte Heinrichs Sturz, anders als Legenden überliefern, einigermaßen glimpflich überstanden.[5] Aus ihrer zweiten Ehe hatte Agnes mehrere Söhne und Töchter, die Ehen mit wichtigen Adelsfamilien eingingen: mit den Fürstenbergern, den Grafen von Tengen-Nellenburg und den Herren von Zimmern zu Messkirch. Ihre gleichnamige Tochter Agnes von Kirchberg die Jüngere heiratete um 1435 Graf Ulrich IX. von Matsch († 1481) und war die Mutter des Grafen Gaudenz von Matsch.[6]

Gräfin Barbara von Rottenburg († 1462), die Tochter von Heinrich und Agnes, heiratete um 1430 Bero I. von Rechberg-Mindelheim († 1462). Sie war eine Vorfahrin des Bauernjörg.[7]

Legendenbildung

  • Heinrichs Sturz und sein kurz darauf erfolgter Tod dürften die Ursache dafür sein, dass immer wieder behauptet wird, dass er angeblich vergiftet oder auch erschlagen wurde. Dafür aber, dass er tatsächlich ermordet wurde, gibt es keine als seriös einzustufenden Belege, offensichtlich handelt es sich dabei um Legendenbildung.
  • Da mit ihm die Familie der Grafen von Rottenburg ausstarb, wurde er später als Heinrich der Letzte bezeichnet.
  • Wie auch bei anderen adeligen Gegnern des Herzogs Friedrich von Österreich, so z. B. den Herren von Starkenberg, dürften sich um Heinrichs Person Legenden gebildet haben, in denen er als der „politische Verlierer“ sehr schlecht wegkommt. Schriftlich sind zwei Anekdoten (darunter die Anekdote von den drei Krankheiten) über ihn überliefert, in denen sich sein Sturz ankündigt.[8]

Erinnerung

  • An Heinrich und seine Familie erinnert heute der Rottenburger Platz in Kaltern.
  • Aus dem von Heinrich gestifteten Spital in Kaltern wurde später ein Seniorenheim: die Altenstiftung zum Heinrich von Rottenburg.[3]

Literatur

  • Gottfried Kompatscher: Volk und Herrscher in der historischen Sage. Zur Mythisierung Friedrichs IV. von Österreich vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart. (Beiträge zur europäischen Ethnologie und Folklore. Reihe A, Texte und Untersuchungen 4). Frankfurt am Main [u. a.]: Lang 1995, S. 96–102. ISBN 3-631-45877-0.
  • Claudia Feller: Das Rechnungsbuch Heinrichs von Rottenburg – Ein Zeugnis adeliger Herrschaft und Wirtschaftsführung im spätmittelalterlichen Tirol, Böhlau, Wien/München 2010, ISBN 978-3-486-59122-4.
  • Gottfried Primisser: Ueber Heinrich, den letzten Rottenburger und sein Geschlecht. In: Sammler für Geschichte und Statistik in Tirol, Band IV (1808), S. 267–303 (Digitalisat).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Claudia Feller: Das Rechnungsbuch Heinrichs von Rottenburg. (online, S. 81.)
  2. Die Rottenburger. In: notburga-gemeinschaft.at. Abgerufen am 17. Februar 2017.
  3. a b Geschichte. In: ah-kaltern.it. Abgerufen am 17. Februar 2017.
  4. Klaus Brandstätter: Österreichischer Krieg, 1410–1413. In: Historisches Lexikon Bayerns, 17. August 2009, eingesehen am 12. Februar 2017
  5. Um seine Ehefrau und Tochter vor der Gefahr einer restlosen Enteignung durch Friedrich IV. zu schützen, hatte Heinrich von Rottenburg beide kurz vor seinem Tod diesem in seiner Funktion als Landesherr ausdrücklich empfohlen. Tatsächlich sorgte der Herzog dafür, dass Agnes bei ihrer zweiten Heirat die Feste Rattenburg, auf die Heinrich ihre Heimsteuer und Morgengabe verschrieben hatte, behielt, dazu Ute Monika Schwob: "Herrinnen" in Tiroler Quellen. Zur rechtlichen und sozialen Stellung der adeligen Frau im Mittelalter, in: Egon Kühebacher (Hrsg.): Literatur und bildende Kunst im Tiroler Mittelalter. Die Iwein-Fresken von Rodenegg und andere Zeugnisse der Wechselwirkung von Literatur und bildender Kunst (= Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft. Germanistische Reihe 15), Innsbruck 1982, S. 170
  6. Karl Heinz Burmeister: Die fünf Töchter Graf Albrechts III. von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz. In: Bludenzer Geschichtsblätter 2009, Heft 90+91, S. 41–44
  7. Claudia Feller: Das Rechnungsbuch Heinrichs von Rottenburg. S. 74 und Karl Heinz Burmeister: Die fünf Töchter Graf Albrechts III. von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz. In: Bludenzer Geschichtsblätter 2009, Heft 90+91, S. 43
  8. Gottfried Kompatscher: Volk und Herrscher in der historischen Sage. Zur Mythisierung Friedrichs IV. von Österreich vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart. (Beiträge zur europäischen Ethnologie und Folklore. Reihe A, Texte und Untersuchungen 4). Frankfurt am Main [u. a.]: Lang 1995, S. 88–96