Heinrich Stahl (Gemeindevorstand)

Heinrich Stahl (geboren 13. April 1868 in Berlin; gestorben 4. November 1942 im Ghetto Theresienstadt) war ein deutscher Versicherungsmanager und von 1933 bis 1940 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin.

Leben

Berliner Gedenktafel am Haus Alt-Rudow 43 in Berlin-Rudow
Neue Synagoge (1937)

Heinrich Stahl wurde als Sohn des Landwirtes Israel Stahl in Berlin-Rudow geboren. Er schlug eine kaufmännische Laufbahn ein und war langjähriger Direktor der Viktoria-Versicherung.

Bei den Gemeindewahlen 1930 wurde Stahl zum ersten Mal in die Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin gewählt. Er leitete zu dieser Zeit das Wohlfahrtsamt und kümmerte sich um die Altersheime der Gemeinde. Er wurde auch Mitglied der Berliner Freimaurerloge Victoria.

Nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten wurde Stahl am 23. Juni 1933 zum Vorsitzenden des Gemeindevorstandes gewählt, er wurde dadurch der oberste Repräsentant der jüdischen Bürger von Berlin. Er gründete im ersten Jahr seiner Amtszeit die „Jüdische Winterhilfe“. Nach Gründung der Reichsvertretung der Juden in Deutschland gehörte er ab September 1933 dem ersten Präsidialausschuss an. Nach Umwandlung dieser Organisation in die „Reichsvereinigung der Juden in Deutschland“ war er dort ab Juli 1939 Stellvertreter des Vorsitzenden Leo Baeck.

Im Januar 1940 führte sein schlechtes Verhältnis zu Baeck zu seiner Ablösung vom Gemeindevorsitz. Hintergrund des Konflikts war Stahls Forderung, den Einfluss der großen jüdischen Gemeinde Berlins innerhalb der Reichsvereinigung auszubauen. Ihm folgte als letzter Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin während der Zeit des Nationalsozialismus Moritz Henschel nach. Heinrich Stahl lebte seitdem zurückgezogen in Berlin.

Am 11. Juni 1942 wurde er in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er Anfang Oktober 1942 noch zum stellvertretenden Vorsitzenden im Ältestenrat unter dem „Judenältesten“ Jakob Edelstein ernannt wurde. Bald darauf, am 4. November 1942, starb Stahl im Ghetto Theresienstadt, laut Totenschein an "Herzschwäche" (nach Lungenentzündung).[1]

Erinnerungen

Eine Berliner Gedenktafel befindet sich neben seinem Geburtshaus, Alt-Rudow 43 in Berlin-Rudow. Dort steht fälschlich 1942 (statt 1940) als sein letztes Vorsitzjahr und auch sein Geburtsjahr (1886 statt 1868) ist falsch.[1]

1954 wurde auf Initiative von Heinz Galinski ein nach Stahl benannter Heinrich-Stahl-Preis ins Leben gerufen, der anfangs mit 2000 DM dotiert war und in unregelmäßigen Abständen verliehen wurde, seit 1956 insgesamt 14-mal, zuletzt 2004 und 2010.

Literatur

  • Ernst G. Lowenthal: Von Moritz Veit bis Heinrich Stahl. Gemeindevorsteher 1845 bis 1943 / Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in Berlin, in: Jahrbuch „Der Bär von Berlin“, hrsg. v. Verein für die Geschichte Berlins, 28. Jahrgang, Berlin 1979.
  • Heinrich Stahl, in: E. G. Lowenthal (Hrsg.): Bewährung im Untergang. Ein Gedenkbuch. Stuttgart : Deutsche Verlags-Anstalt, 1965, S. 165–167
  • Israel Gutman (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust – Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden, Piper Verlag, München/Zürich 1998, 3 Bände, ISBN 3-492-22700-7

Weblinks

Commons: Heinrich Stahl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Stahl Heinrich: Death certificate, Ghetto Terezín. Abgerufen am 4. Januar 2021.

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