Heinrich Schmidt (Schauspieler, 1779)
Johann Heinrich Christian Schmidt[1] (* 27. September 1779 in Weimar; † 14. April 1857 in Wien) war ein deutscher Schauspieler, Theaterdirektor, Regisseur und Schriftsteller.
Leben
Heinrich Schmidts Vater war der Weimarer „Kauf und Handelsmann“ Johann Christian Schmidt. Seine Mutter, Johanna Friederika Christina Martini, entstammte der Allstedter Musikerfamilie Martini.[2] Schmidt wuchs mit sieben Brüdern[3] und vier Schwestern[4][5] in Weimar auf. Er erzählt in seinen Erinnerungen, seinen Eltern habe das Vorderhaus an der „Windischen Gasse“ mit Hinterhaus an der „Esplanade“[6][A 1] (heute Schiller-Gedenkstätte, Schillerstraße 12) gehört. Letzteres habe sein Vater an Friedrich Schiller verkauft[7][A 2]. Dieser hatte zuvor ab 1799 im Vorderhaus Windische Gasse gewohnt. In Jugendfreundschaft mit den Kindern Herders und Wielands besuchte Heinrich Schmidt das Gymnasium bis 1796. Er war ein Lieblingsschüler des Goethe-Beraters Böttiger[8], und während seiner Schulzeit wurde er für Kinderrollen am Liebhabertheater der Herzogin Anna Amalia vorbereitet. 1797–1800 studierte Schmidt Jura in Jena, wo er auch philosophische Vorlesungen hörte. Nach Weimar zurückgekehrt, erhielt er dramatischen Schauspielunterricht bei Goethe[A 3][9], und er kam zu Lesungen in Schillers Haus. Mit Empfehlungen Goethes kam Schmidt 1801 an das Wiener Burgtheater, allerdings ohne nachweisbarem Erfolg als Schauspieler.
1804 erhielt Schmidt jedoch von Fürst Esterházy als Direktor und Regisseur die Leitung von dessen fürstlichem Hoftheater in Eisenstadt (Burgenland, Ungarn), wo er bis 1813 gleichzeitig auch für die fürstliche Kunst- und Musiksammlung zuständig war. Am Theater in Eisenstadt wurde die Oper dem rezitativen Drama vorgezogen, und hier wirkte auch Joseph Haydn, welchen Schmidt mit dem damals bekannten Schauspieler Iffland bekanntmachte. Durch den Einfluss des Fürsten Esterhazy machte sich Schmidt auch in Wien einen Namen[10], von wo aus er 1813–1815 neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller Reisen nach Weimar und Berlin unternahm, um „erste“ Darsteller für Wiener Bühnen anzuwerben[11][12].
1815–1825[13] sowie 1831–1837[14] leitete Schmidt mit gutem Erfolg das Brünner Stadttheater, wo er neben Schauspielen auch Opern und Singspiele zur Aufführung brachte.
Danach zog sich Schmidt nach Wien ins Privatleben zurück. Hier widmete er sich der Niederschrift seiner Lebenserinnerungen, zu denen Begegnungen mit wichtigen Persönlichkeiten seiner Zeit gehörten und die er 1856 bei Brockhaus in Leipzig unter dem Titel Erinnerungen eines Weimarischen Veteranen aus dem geselligen, litterarischen und Theaterleben herausgab. Heinrich Schmidt starb bald danach am 14. April 1857 in Wien.
Familie
Heinrich Schmidts erste Frau, Therese Dollinger (1786–1806), Tochter eines Oberpostverwalters, war die erste Sängerin des Esterhazy-Theaters in Eisenstadt und Schülerin Haydns. Sie starb bereits im ersten Wochenbett. Seine zweite Frau, Elise Schneider, trat 1807–1813 in Eisenstadt und ab 1814 in Brünn als dramatische Sängerin auf. Sie starb sieben Jahre vor ihrem Ehemann.
Schmidts ältester Bruder Johann Christoph Friedrich Schmidt (1774–1827) war der Vater des Komponisten und Kapellmeisters Gustav Schmidt.
Seine älteste Schwester Maria Henrietta Carolina (1775–1837), Witwe von Herders ältestem Sohn, dem Hofmedicus Wilhelm Christian Gottfried Herder (1774–1806),[15][16] heiratete 1811 den Juristen Christian Gottlob Voigt (1774–1813), Sohn des Christian Gottlob von Voigt[17]. Dieser geriet im Frühjahr 1813 in französische Gefangenschaft, aus der er zwar befreit werden konnte, an deren Folgen er jedoch kurz darauf auf Grund einer fiebrigen Erkrankung verstarb.[18][19]
Werke
- 1800 Gedichte
- Opernlibretti: 1810 Cendrillon (nach Charles-Guillaume Etienne (1778–1845), Musik: Nicolas Isouard). 1813/14 Das Oesterr. Feldlager. Ein militärisches Gemählde mit Gesang. Nach Wallensteins Lager (Musik: C. M. v. Weber, F. J. Clement, I. v. Seyfried)
- Erinnerungen eines weimarischen Veteranen aus dem geselligen literarischen und Theaterleben, Verlag F. A. Brockhaus, Leipzig, 1856, bei Google Books
Literatur
- Eike Pies, Prinzipale – zur Genealogie d. deutschsprachigen Berufstheaters vom 17. bis 19. Jahrhundert, A. Henn Verlag Düsseldorf, 1973, ISBN 3-450-01061-1,9783450010614, S. 324.
- Paul Schlenther: Schmidt, Heinrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 31, Duncker & Humblot, Leipzig 1890, S. 732 f.
- Constantin von Wurzbach: Schmidt, Heinrich (Theaterdirector). In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 30. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1875, S. 258 f. (Digitalisat).
Weblinks
- Das alte Weimarer Theater unter Goethe (DNT) mit mehreren Abbildungen
- Eintrag zu Heinrich Schmidt in Kalliope
- Christian Fastl: Schmidt, Heinrich. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 4, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2005, ISBN 3-7001-3046-5.
- Literatur von und über Heinrich Schmidt im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
- ↑ Kirchenbuch Stadtkirche Weimar
- ↑ Kirchenbuch Stadtkirche sowie Staat und Gesellschaft im Zeitalter Goethes, Neue Beiträge zur Geschichte der Stadt Weimar
- ↑ siehe Schmidts Erinnerungen, S. 23
- ↑ siehe Schmidts Erinnerungen, S. 224
- ↑ Kirchenbuch Stadtkirche Weimar
- ↑ „Johann Christoph Schmidt!“ als Erbauer des von Schiller gekauften Hauses an der Esplanade genannt
- ↑ siehe Schmidts Erinnerungen, S. 223–224
- ↑ ausführliche Biographie bei Wikisource (ADB:Böttiger, Karl August)
- ↑ Schmidts Debüt in Weimar in Leo von Seckendorf: Korrespondenzen der Goethezeit, S. 743
- ↑ Goethe 1807 an Heinrich Schmidt in: Briefe 1805 – 1808 bei Google Books
- ↑ in Birgit Himmelseher: Das Weimarer Hoftheater unter Goethes Leitung: Kunstanspruch und Kulturpolitik im Konflikt, S. 143, bei Google Books
- ↑ in Momme Mommsen: Die Entstehung von Goethes Werken: Diderot-Entoptische Farben, S. 224, bei Google Books
- ↑ Die Geschichte des Brünner Stadt-Theaters, S. 94-109 bei Internet Archive
- ↑ Die Geschichte des Brünner Stadt-Theaters, S. 118-131 bei Internet Archive
- ↑ Selbstinszenierungen im klassischen Weimar, S. 308 bei Google Books
- ↑ siehe Schmidts Erinnerungen, S. 9
- ↑ Brieftexte, Register S. 691 bei Google Books
- ↑ bei „Deutsche Biographie“ im Artikel des Vaters
- ↑ Ehe und Tod Voigts Sohn in Goethes Briefe an C. G. von Voigt, 1968, S. 99-103 bei Google Books
Anmerkungen
- ↑ Media bei Commons Category „Schillers Wohnhaus“ in Weimar
- ↑ lt. Wikipedia-Artikel Schillerhaus Weimar hatte das 1777 für einen Weimarer Kaufmann errichtete Haus der englische Schriftsteller und Übersetzer Mellish 1801 erworben und es an Schiller 1802 weiterverkauft
- ↑ Schmidt lernte von Goethe beispielsweise, dass es gegen alle Regeln der Schönheit sei, auf der Bühne die Faust zu ballen; ebenso musste es vermieden werden, dem Publikum beim Spielen das Profil zuzukehren
Personendaten | |
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NAME | Schmidt, Heinrich |
ALTERNATIVNAMEN | Schmidt, Johann Heinrich Christian |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schauspieler, Theaterdirektor, Regisseur und Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 27. September 1779 |
GEBURTSORT | Weimar |
STERBEDATUM | 14. April 1857 |
STERBEORT | Wien |
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Michaelerplatz mit dem alten k.k. Theater nächst der Burg (rechts) und der Winterreitschule der Hofburg (links) auf einem Gemälde von Robert Raschka.
(c) Bundesarchiv, Bild 183-30236-0001 / CC-BY-SA 3.0
Das Alte Weimarer Hoftheater. Stich um 1800. Das 1779 von dem Hofjäger Hauptmann, einem unternehmungslustigen Bauherrn, mit Unterstützung der Herzogin Anna Amalia gegenüber ihrem Palais errichtete Redouten- und Komödienhaus, das nach der Rückkehr Carl Augusts und Goethes aus der Schweiz am 7. Januar 1780 eröffnet wurde, ist das klassische Theater Weimars. 1798 wurde es unter Goethes Leitung von dem Architekten Thouret durch Umbau den größeren Bedürfnissen der Bühne der Klassiker angepasst und am 12. Oktober 1798 feierlich eröffnet mit Wallensteins Lager. Am 22. März 1825 brannte das ruhmvolle Bühnenhaus ab.