Heinrich Nagelschmidt

Heinrich Nagelschmidt (* 27. Oktober 1822 in Köln; † 29. Mai 1902 ebenda) war ein deutscher Architekt, der vor allem mit römisch-katholischen Sakralbauten im Erzbistum Köln bekannt wurde.[1]

Leben

Heinrich Nagelschmidt besuchte um 1840 die Kölner Gewerbeschule und machte parallel dazu eine Lehre an der Dombauhütte.[2] Er soll anschließend nach unbestätigten privaten Quellen in Berlin, Wien und München studiert haben. Gesichert ist lediglich sein Aufenthalt in Berlin, wo er auch die Prüfungen zum „Baubeflissenen“ (1849) und zum „Privatbaumeister“ (1852) ablegte.[1] Nagelschmidt kehrte nach Köln zurück und wurde dort im Atelier von Vinzenz Statz tätig, indem er für diesen bei einigen Projekten die Bauleitung ausübte.

Nagelschmidt wurde in Köln bekannt und im Jahr 1853 Vorstandsmitglied des von dem Generalvikar des Erzbistums Johann Anton Friedrich Baudri ins Leben gerufenen Vereins für christliche Kunst, der sich auch mit der Sakralarchitektur befasste und Einfluss ausübte. Ab der Mitte der 1850er Jahre machte sich Nagelschmidt selbständig und übernahm Aufträge für verschiedene Objekte, zu denen unter anderem Maßnahmen zur Restaurierung der Kirchen St. Kunibert und St. Andreas in Köln gehörten. 1868 führte Nagelschmidts Entwurf einer Orgelempore für St. Kunibert zum Zerwürfnis mit Vinzenz Statz, wobei die Gründe hierfür sicher nicht an einer von Statz nicht geschätzten stilistischen Form lagen, da beide Architekten Vertreter der Neugotik waren und diesen Baustil im Rheinland häufig anwandten.[3]

Der auch politisch aktive Heinrich Nagelschmidt wurde von der 1867 gegründeten Nationalliberalen Partei im Jahre 1869 als ihr Vertreter in den Stadtrat gewählt.[3] Er gehörte bis zu seinem Tod ununterbrochen der Kölner Bürgervertretung als Vertreter der zweiten Wählerklasse an.[4] Bei mehreren Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung wurde er dabei sogar von der gegnerischen Zentrumspartei als Kandidat nominiert.[5]

Heinrich Nagelschmidt war Angehöriger der Pioniere des (2. Rheinischen) Landwehr-Regiments Nr. 28 in Köln. Er schied zwar 1863/1864 aus dem aktiven Dienst aus, nahm aber 1870/1871 als Premierleutnant der Pioniere am Deutsch-Französischen Krieg teil, in dem er mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet wurde.[5]

Bauten und Entwürfe (Auswahl)

JahrBildOrtObjektBundeslandKommentar
1858–1861KölnSt. AndreasNordrhein-WestfalenRestaurierung
1858–1902KölnSt. KunibertNordrhein-WestfalenRestaurierung und Umbau
1859–1862KölnSchauspielhausNordrhein-Westfalen
1860KendenichSt. Johann BaptistNordrhein-Westfalenneuromanischer Neubau, 1956 durch Erweiterungsbau stark verändert
1861KölnGroß St. MartinNordrhein-WestfalenRestaurierung
1862–1864Köln-PollSt. JosephNordrhein-Westfalenneugotisch, bis auf die Außenmauern im Zweiten Weltkrieg zerstört
1862–1879KölnSt. Maria im KapitolNordrhein-WestfalenRestaurierung
1868–1872GlehnSt. PankratiusNordrhein-Westfalenneugotisch
1869EfferenSt. Mariä GeburtNordrhein-Westfalenneugotisch, am 31. Oktober 1944 vollständig zerstört
1869SievernichSt. Johann BaptistNordrhein-Westfalenneugotisch, Pläne von Vincenz Statz durch Nagelschmidt und August Carl Lange überarbeitet
1873KölnWolkenburgNordrhein-WestfalenRestaurierung und Umbau
1874–1876RoisdorfSt. SebastianNordrhein-Westfalennur Westseite mit Glockenturm erhalten
1874 und 1878KölnMarienhospital am KunibertsklosterNordrhein-WestfalenErweiterungsbau
1875MönchengladbachSt. Maria RosenkranzNordrhein-Westfalenneugotisch
1878KölnCircus Carré (Gertrudenhof Köln)Nordrhein-Westfalen
1879–1881Köln-UrbachSt. BartholomäusNordrhein-Westfalenneuromanisch
1883–1884HastenrathSt. WendelinusNordrhein-Westfalenneuromanisch
1887–1888KölnKapelle des AllerheiligenkonventsNordrhein-Westfalenneugotisch
1888KölnHotel Englischer HofNordrhein-Westfalen1911 durch Neubau von Carl Moritz ersetzt
1888–1889Essen-KaternbergSt. JosephNordrhein-WestfalenBau und Ausstattung weitgehend original erhalten
1890–1891Köln-LangelSt. ClemensNordrhein-Westfalenneugotisch[1][3]

Literatur

  • Holger A. Dux: Heinrich Nagelschmidt. Leben und Werk eines Kölner Privatbaumeisters 1822–1902. Dissertation, RWTH Aachen, Aachen 1992.

Einzelnachweise

  1. a b c Ulrich S. Soénius, Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Kölner Personen-Lexikon. Greven, Köln 2008, ISBN 978-3-7743-0400-0, S. 387.
  2. Heinrich Nagelschmidt. In: Wolfram Hagspiel (†): Lexikon der Kölner Architekten vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert. (= Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins e. V., Band 52.) Böhlau, Köln u. a. 2022, ISBN 978-3-412-52446-3, S. 659 f.
  3. a b c Sybille Fraquelli: Im Schatten des Domes. Architektur der Neugotik in Köln 1815 bis 1914. Böhlau Verlag, Köln / Weimar / Wien 2008, ISBN 978-3-412-20162-3, hier „Architektenverzeichnis und Kurzbiografien“ (auf CD-ROM).
  4. Thomas Deres (Bearb.): Der Kölner Rat. Biographisches Lexikon. Band I, 1794–1919. (= Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln, Band 92.) Köln 2001, ISBN 3-928907-09-3, S. 139 f.
  5. a b Holger A. Dux: Heinrich Nagelschmidt. Leben und Werk eines Kölner Privatbaumeisters 1822–1902. Dissertation, RWTH Aachen, Aachen 1992, S. 11.

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Alte Sebastiankirche in Roisdorf, Stadt Bornheim, fotografiert in NW-Richtung von der Gasse namens Pützweide auf die denkmalgeschützte Turm-Fassade (traditionell der Westbau, hier aber wegen der ungewöhnlichen Ausrichtung die SO-Seite); die Kirche (benannt nach St. Sebastian) entstand in zwei Bauabschnitten: das Schiff 1874 bis 1876 durch Heinrich Nagelschmidt, die Turm-Fassade 1896 / 97 durch Johann Adam Rüppel (* 13. Januar 1864 in Weibersbrunn, † 1. Januar 1930 in Stockstadt am Main)[1]. Das Schiff wurde 1980 abgerissen. Die stehengebliebene, um einen kleinen Chor ergänzte Turm-Fassade dient heute als Jugendtreff und als Glockenturm der neuen Sebastiankirche, die nahe der Haltestelle Roisdorf-West auf dem Gelände des ehemaligen Clarenhofs steht (Hof der Kölner Clarissen, das Pfarrheim nennt sich deshalb St. Clara).
  1. von Rüppel stammt auch die 1903 errichtete Beueler Synagoge (Bild), die 1938 von Nazis zerstört wurde
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