Heinrich Hörlein

Heinrich Hörlein (1953)

Philipp Heinrich Hörlein (* 5. Juni 1882 in Wendelsheim in Rheinhessen; † 23. Mai 1954 in Wuppertal) war ein deutscher Chemiker, Unternehmer, Hochschullehrer und Wehrwirtschaftsführer während der Zeit des Nationalsozialismus.

Leben und Wirken

Bayer

Hörlein war der Sohn des Landwirts Heinrich Hörlein und dessen Frau Philippina (geb. Dürk). 1900 begann er ein Studium der Chemie an der Universität Darmstadt. 1902 wechselte er an die Friedrich-Schiller-Universität Jena, wo er im folgenden Jahr bei Ludwig Knorr promovierte. In den folgenden Jahren war er wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Knorr, bis er 1909 zu Bayer ins wissenschaftliche Labor wechselte, dessen Leitung er bereits 1911 übernahm. In dieser Position gelang ihm die Entwicklung des Schlafmittels Phenobarbital (Handelsname Luminal), das noch heute eine wichtige Rolle in der Therapie der Epilepsie spielt. 1914 erhielt er Prokura, wurde stellvertretender Direktor und schließlich stellvertretendes Vorstandsmitglied bei Bayer.

Als Leiter der pharmazeutischen Forschung bei Bayer stellte er Gerhard Domagk ein, um in Wuppertal-Elberfeld ein neues Forschungsgebiet – die experimentelle Pathologie und Bakteriologie – zu etablieren. Sie waren beide davon überzeugt, bakterielle Krankheiten chemisch bekämpfen zu können.[1] Für seine Arbeiten in dem Bereich bekam Domagk 1939 den Nobelpreis verliehen. Zuvor lehrte er bereits an der Universität Jena.

Hörlein, dem 1926 der Titel eines Ehrendoktors durch die Ludwig-Maximilians-Universität München verliehen wurde,[2] wurde 1932 Honorarprofessor in Düsseldorf und trat 1933 der NSDAP bei. Im Jahr 1934 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt.

I.G. Farben und Zeit des Nationalsozialismus

Nach Gründung der I.G. Farben wurde er dort 1926 zunächst stellvertretendes und ab 1931 ordentliches Vorstandsmitglied.[2] 1933 wurde er in den Zentralausschusses des Vorstandes aufgenommen und zum stellvertretenden Leiter der Sparte II der IG Farben ernannt.[3] Er war Direktor des I.G.-Farben-Werks in Wuppertal-Elberfeld, wo er bei der Entwicklung von Tabun, Sarin und Soman beteiligt war. Er war Aufsichtsratsvorsitzender der Behringwerke Marburg und der Deutschen Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung (Degesch).[4] Im Oktober 1939 nahm er an einer Besprechung zur Giftgasproduktion im Heereswaffenamt teil und fungierte ab 1941 als Wehrwirtschaftsführer.[2] Ab 1939 war er Senator der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.[4]

Funktionen in wissenschaftlichen Gesellschaften

Von 1936 bis 1945 amtierte Hörlein als Vizepräsident und Schatzmeister der Deutsche Chemischen Gesellschaft. In dieser Funktion war er maßgeblich an der Entlassung jüdischer Mitglieder der Gesellschaft beteiligt. Im Jahr 1935 wurde er Vorsitzender der Justus-Liebig-Gesellschaft zur Förderung des chemischen Unterrichts und stellvertretender Schatzmeister der Friedrich-Althoff-Gesellschaft zur Förderung der chemisch-pharmazeutischen Literatur. In der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft übernahm er 1937 das Amt des Schatzmeisters, war Mitglied des Verwaltungsausschusses des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Chemie und der dieses Institut finanzierenden Emil-Fischer-Gesellschaft zur Förderung der chemischen Forschung.[5]

Nachkriegszeit

Hörlein während des I.G.-Farben-Prozesses

Nach seiner am 16. August 1945 erfolgten Festnahme durch Angehörige der US-Army wurde er im I.G.-Farben-Prozess am 30. Juli 1948 in allen Anklagepunkten freigesprochen.[2] Er wurde anschließend erneut Leiter des Elberfelder Werkes. Im Jahr 1952 wurde er Aufsichtsratsvorsitzender der Farbenfabriken Bayer und Senator bei der Max-Planck-Gesellschaft. Im Jahr 1954 wurde er Honorarprofessor an der Medizinischen Akademie Düsseldorf.[4] Im Mai desselben Jahres verstarb er in Wuppertal. Seine Frau Marie Hörlein stiftete 1958 erstmals den mit 5.000 Euro dotierten Hörlein-Preis, der für größere wissenschaftliche Arbeiten im Bereich der Humanmedizin bestimmt ist.[6]

Ehrungen

Einzelnachweise

  1. Meilensteine in der Geschichte der Bayer AG, Wuppertal, S. 272.
  2. a b c d Wollheim Memorial – Biografie Heinrich Hörlein.
  3. Jens-Ulrich Heine: Verstand & Schicksal. Die Männer der I. G. Farbenindustrie A. G. in 161 Kurzbiographien. Weinheim 1990, ISBN 978-3-527-28144-2, S. 92.
  4. a b c Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Frankfurt am Main 2007, S. 263.
  5. Malte Stöcken: Dokumentation der Chemie in Krieg und Frieden. Maximilian Pflücke, Erich Pietsch und die Deutsche Chemische Gesellschaft von den 1920er bis in die 1970er Jahre. Klartext Verlag, Essen 2016, ISBN 978-3-8375-1624-1, S. 42–79.
  6. Hörlein-Preis (Memento des Originals vom 25. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.unifreunde-duesseldorf.de.
  7. Heinrich-Hörlein-Str..

Literatur

  • Jens-Ulrich Heine: Verstand & Schicksal. Die Männer der I. G. Farbenindustrie A. G. in 161 Kurzbiographien. Weinheim 1990, ISBN 978-3-527-28144-2, S. 91–93.
  • Hans Henecka: Hörlein, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9, Duncker & Humblot, Berlin 1972, ISBN 3-428-00190-7, S. 353 f. (Digitalisat).
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer, Frankfurt am Main 2007. ISBN 978-3-596-16048-8. (Aktualisierte 2. Auflage)
  • Malte Stöcken: Dokumentation der Chemie in Krieg und Frieden. Maximilian Pflücke, Erich Pietsch und die Deutsche Chemische Gesellschaft von den 1920er bis in die 1970er Jahre. Klartext Verlag, Essen 2016, ISBN 978-3-8375-1624-1.

Weblinks

Commons: Heinrich Hörlein – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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1953 Hoerlein.jpg
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Heinrich Hörlein 1953
Philipp Heinrich Hoerlein.jpg
Heinrich Hörlein (1882-1954) at the Nuremberg Trials. Hörlein was I.G. Farben official and member of NSDAP. This photograph of Hörlein (probably as a defendant) was taken by US Army photographers on behalf of the Office of the U.S. Chief of Counsel for the Prosecution of Axis Criminality (OUSCCPAC, May 1945 - Oct. 1946) or its successor organization, the Office of Chief of Counsel for War Crimes (OCCWC, Oct. 1946 - June 1949).
  • not sentenced