Herbst (Familie)

Herbst (Familie) ist eine Orgelbauerfamilie in Magdeburg, die im 17. und 18. Jahrhundert vorwiegend im Raum Magdeburg, Hildesheim und im Harzvorland gewirkt hat.

Heinrich Herbst der Ältere

Heinrich (auch: Henrich) Herbst der Ältere (* um 1620 in Salzderhelden; † 22. Juni 1687) wirkte in Hildesheim. Er begründete eine Orgelbauerfamilie mit Sitz in Magdeburg.

JahrOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
1638WolfsburgSt.-Marien-Kirche
1646Osterode am HarzSt. AegidienkircheArbeiten an der Orgel
1658HildesheimSt. PaulusNeubau; 1806 wurde die Kirche aufgehoben.
1667HildesheimSt. AndreasVollendung des Orgelneubaus von Hans Hinrich Bader aus Unna (ab 1654); nicht erhalten
1677–1680AltenhausenTrinitatiskirche
Gehäuse erhalten
1680–1683BasedowKirche Basedow
(c) Uwe Barghaan, CC BY-SA 3.0
III/P36Neubau von Vater & Sohn Heinrich, zusammen mit dem Schwiegersohn Samuel Gercke (Güstrow); 14 Register und Gehäuse erhalten
1686HoheneggelsenMarktkircheI6Neubau, zusammen mit seinem Sohn ursprünglich für Holle gebaut; 1840 um ein selbstständiges Pedal auf I/P/8 erweitert; 1934 nach Hoheneggelsen überführt

Heinrich Herbst der Jüngere

Heinrich Herbst der Jüngere (* um 1650; beerdigt 6. Dezember 1720) war Sohn von Heinrich Herbst dem Älteren und wirkte ebenfalls in Magdeburg. Er baute seine Orgeln mit doppelten Springladen, was zu der Zeit eine ältere Bauweise darstellte. Der Prospektaufbau variierte den Hamburger Prospekt. Charakteristisch für die Familie Herbst sind die kleinen Diskant-Spitztürme neben den polygonalen Tenor- und Basstürmen.[1] In Magdeburg vermochte sich Herbst nicht gegen Arp Schnitger durchzusetzen. Nachdem Herbst seinen Orgelbau in der Sankt-Jakobi-Kirche nach vielen Jahren nicht fertiggestellt hatte, wurde ihm nach negativen Gutachten der Auftrag entzogen und die dortige Orgel von Schnitger vollendet (1698–1703).[2] Schnitgers Orgel in Wegeleben wurde 1737 nach Groß Quenstedt verkauft und dorthin von Herbst überführt. Ein bekannter Schüler von Heinrich Herbst war Christoph Treutmann der Ältere (* 1673 oder 1674).

Heinrich Herbst mietete 1689 in Magdeburg das Haus Zum Kameel (Neustädter Straße 24) und errichtete dort 1690 ein Brauhaus. 1700 erwarb Herbst das Anwesen dann für 200 Taler und blieb bis zu seinem Tod Eigentümer.[3]

JahrOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
1680–1683BasedowKirche Basedow
(c) Uwe Barghaan, CC BY-SA 3.0
III/P36Neubau von Vater & Sohn Heinrich, zusammen mit dem Schwiegersohn Samuel Gercke; 14 Register und Gehäuse erhalten
1686HoheneggelsenMarktkircheI6Neubau, zusammen mit seinem Vater ursprünglich für Holle gebaut; 1840 um ein selbstständiges Pedal auf I/P/8 erweitert; 1934 nach Hoheneggelsen überführt
1694Zerbst/AnhaltSt. TrinitatisII/P22Nicht erhalten
1678–1698MagdeburgSankt-Jakobi-KircheIII/P37Neubau; von Arp Schnitger vollendet (1698–1703); nicht erhalten
1698–1700BarbySt.-Marien-KircheNeubau; nur Prospekt erhalten
1709–1710ErxlebenSchloss Erxleben, Schlosskapelle St. Godehardi
II/P241945 weitgehend zerstört; Prospekt mit Prinzipal 8′ erhalten; 2009–2014 Vorarbeiten und 2015–2019 Restaurierung/Rekonstruktion durch Jörg Dutschke → Orgel
1712–1718HalberstadtDom zu Halberstadt
III/P65Neubau zusammen mit seinem Sohn Heinrich Gottlieb; nur Prospekt erhalten → Orgel des Domes zu Halberstadt
1719WasserlebenSt. Sylvestri

Heinrich Gottlieb Herbst

Heinrich Gottlieb Herbst (auch: Johann Gottlieb Herbst) (* 1. Mai 1689; † 7. Mai 1738) war Sohn von Heinrich Herbst dem Jüngeren. Von ihm ist nur ein Orgelneubau bezeugt:

JahrOrtKircheBildManualeRegisterBemerkungen
1728–32Lahm (Itzgrund)SchlosskircheII/P29Nahezu vollständig erhaltener Neubau → Orgel der Schlosskirche in Lahm (Itzgrund)

Des Weiteren ist für Magdeburg noch der Sohn von Heinrich Herbst dem Älteren, Johann Dedeleff Herbst (* um 1682), als Orgelbauer nachgewiesen, der zusammen mit seinem Vater Dispositionsentwürfe für Magdeburg, St. Jakobi einreichte.[4]

Literatur

  • Cornelius H. Edskes, Harald Vogel: Arp Schnitger und sein Werk (= 241. Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde). 2. Auflage. Hauschild, Bremen 2013, ISBN 978-3-89757-525-7.
  • Gustav Fock: Arp Schnitger und seine Schule. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord- und Ostseeküstengebiet. Bärenreiter, Kassel 1974, ISBN 3-7618-0261-7.
  • Peter A. Golon: Und er war es doch! Schnitger und Basedow. Neuigkeiten über die Gründerjahre einer stilbildenden Orgelbauwerkstatt. In: Ars Organi. Band 46, 1998, S. 74–78 (online – Mit Fotos der Orgel in Basedow).
  • Walter Haacke: Die Entwicklungsgeschichte des Orgelbaues im Lande Mecklenburg-Schwerin. Wolfenbüttel 1935.
  • Reinhard Jaehn: Die Orgel von Basedow (1683), Mecklenburgs ältestes klingendes Orgelwerk. In: Ars Organi. Band 32, 1984, S. 90–98.
  • Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4.
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Keweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5.
  • Christoph Wolff, Markus Zepf: Die Orgeln J. S. Bachs. Ein Handbuch. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2006, ISBN 3-374-02407-6.

Einzelnachweise

  1. Vogel: Orgeln in Niedersachsen. 1997, S. 144, 230.
  2. Fock: Arp Schnitger und seine Schule. 1974, S. 193f.
  3. Ernst Neubauer, Häuserbuch der Stadt Magdeburg 1631–1720, Teil 1, Herausgeber: Historische Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt, Magdeburg 1931, Seite 337
  4. Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4, S. 114 f.

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Orgel im Dom zu Halberstadt von Eule Orgelbau (1965, IV/P 66) im barocken Prospekt von Heinrich Herbst (1718)
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Mecklenburg-Vorpommern, Basedow, Kirche, Orgel, Foto: September 2015
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Dieses Bild zeigt die Orgel vom Kirchenschiff aufgenommen. Man sieht das Rückpositiv, das allerdings während der Umwandlung der Orgel zu einer pneumatischen Traktur deaktiviert wurde.
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durch Jörg Dutschke 2015–2019 restaurierte/rekonstruierte Herbst-Orgel (1709–1710) der Schlosskirche Erxleben, Landkreis Börde, Sachsen-Anhalt, Deutschland
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St. Marien in Barby (Elbe), Orgel