Baumkult

Heiliger Hain (Gemälde von Arnold Böcklin, 1886)

Baumkult bezeichnet die Verehrung von Bäumen, Baumgruppen und Heiligen Hainen. Sie können als die Epiphanie mythologischer Wesen selbst, als deren Symbol oder deren Sitz betrachtet werden. Baumverehrung ist bis in die Gegenwart bei zahlreichen Völkern der Erde verbreitet.

Geschichte

Yggdrasil (Werk von Oluf Bagge, 1847)
Bonifatius fällt die Donareiche (Gemälde von Christian Wilhelm Ernst Dietrich, zwischen 1750 und 1770)

Die Encyclopedia Britannica führt die Verwendung des Schmucks durch immergrüne Bäume, Kränze und Girlanden als Sinnbild des ewigen Lebens unter den alten Ägyptern, Chinesen und Hebräern an.[1]

Im Altertum kannten die mesopotamischen und indischen Kulturen sowie Griechen, Germanen, Juden, Kelten, Römer und Slawen geweihte Bäume oder Haine. In Indien wurde Buddha von seiner Mutter Maya unter einem Salbaum geboren und erlangte unter einem Bodhibaum die Erleuchtung (bodhi); in der mittelalterlichen Bildhauerkunst Indiens spielen Baumnymphen (salabhanjikas) eine wichtige Rolle.

In der Germanischen Mythologie[2] kannte man die Irminsul und die Weltenesche Yggdrasil. Bei den Germanen waren die Esche Wotan/Odin und die Eiche Þor/Donar geweiht, wie die berühmte Donareiche bei Fritzlar. Auch die Griechen weihten Bäume Maia, der Göttin der Fruchtbarkeit.

Griechen und Römer kannten die Vorstellung, dass Bäume von Nymphen, den Dryaden bewohnt wurden, wie zum Beispiel ein Lorbeerbaum von Daphne, eine Linde von Philyra, eine Silber-Pappel von Dryope und ein Nussbaum von Karya. Der Eichenhain von Dodona war ein Heiligtum. Auf Zypern heilt der Brunnen und der mit Tüchern behängte Feigenbaum vor den Agia Solomoni-Katakomben Augenleiden.

In der östlichen Schwarzmeerregion Kolchis sahen Jason und seine Begleiter laut der griechischen Argonautensage eine Vielzahl von Leichen, die an die Äste von Weiden gebunden waren. Tote Männer sofort zu begraben, war für die Kolcher eine Unsitte – Verstorbene wurden in Stierfelle gewickelt und außerhalb der Dörfer oder Städte in Bäume gehängt. Nach dem Glauben der Kolcher sollte zuerst die Erde ihren Teil an den Toten nehmen, bevor die Reste vergraben wurden. Der georgische Geograf Vakhoucht bestätigte im 18. Jahrhundert diesen Teil der Sage.

In Abchasien ist der Glaube an die Waldgöttin Mezıtha, die Verehrung alter Bäume, insbesondere von Eichen, seit der Antike schriftlich belegt und trotz der im 6. Jahrhundert weitgehend abgeschlossenen Christianisierung erhalten geblieben. Unweit eines jeden Dorfes gab es eine besondere Eiche, unter der Versammlungen abgehalten wurden. Vor Kriegen besuchte die Bevölkerung zuerst diesen Baum, band farbige Stoffstreifen an die Äste und an ihre Waffen und berührte mit den Breitseiten ihrer Schwerter den Baumstamm, während die Eiche um Hilfe und Kraft angerufen wurde.

Abrahams Lagerplätze werden von Bäumen markiert. An der „Eiche More“ bei Sichem hatte er eine Erscheinung. Bei den „Eichen von Mamre“, bei Hebron wird ihm die Geburt Isaaks angekündigt. Er pflanzte eine „Tamariske zu Be’er Scheva“ und rief dort den Herrn an. Diese Baumverehrung prangert Hosea an.

Siehe auch

Literatur

(chronologisch geordnet)

  • Carl Boetticher: Der Baumkultus der Hellenen. Nach den gottesdienstlichen Gebräuchen und den überlieferten Bildwerken. Weidmann, Berlin 1856 (Digitalisat im Münchener Digitalisierungszentrum).
  • Wilhelm Mannhardt: Der Baumkultus der Germanen und ihrer Nachbarstämme. Mythologische Untersuchungen. Gebrüder Borntraeger, Berlin 1875 (Digitalisat im Internet Archive).
  • Heilige Bäume. In: Ernst Götzinger: Reallexicon der Deutschen Altertümer. 2. Auflage. Urban, Leipzig 1885, S. 375–376 (zeno.org).
  • Max Höfler: Wald- und Baumkult in Beziehung zur Volksmedizin Oberbayerns. Galler, München 1894 (Digitalisat im Münchener Digitalisierungszentrum).
  • Otto Kern: Baumkultus. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III,1, Stuttgart 1897, Sp. 155–167.
  • Baumkultus. In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 2: Astilbe–Bismarck. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1905, S. 480 (zeno.org).
  • Heinrich Marzell: Baum. In: Eduard Hoffmann-Krayer, Hanns Bächtold-Stäubli: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Band 1: Aal–Butzenmann. Unveränderter photomechanischer Nachdruck der Ausgabe de Gruyter, Berlin/Leipzig 1927. De Gruyter, Berlin/New York 1987, ISBN 3-11-011194-2, Sp. 954–958 (Digitalisat im Internet Archive).
  • Wilhelm Lettenbauer: Der Baumkult bei den Slaven. Vergleichende volkskundliche, kultur- und religionsgeschichtliche Untersuchung. (= Selecta Slavica. Band 6). Hieronymus, Neuried 1981, DNB 820399140.
  • Verena Eggmann, Bernd Steiner: Baumzeit. Magier, Mythen und Mirakel. Neue Einsichten in Europas Baum- und Waldgeschichte. Werd-Verlag, Zürich 1995, ISBN 3-85932-171-4.
  • Dorothea Baudy: Baumkult. In: Der Neue Pauly (DNP). Band 2, Metzler, Stuttgart 1997, ISBN 3-476-01472-X, Sp. 505.
  • Amots Dafni: Why Are Rags Tied to the Sacred Trees of the Holy Land? In: Economic Botany. Volume 56. Springer, New York 2002, ISSN 0013-0001, S. 315–327.
  • Alexander Demandt: Über allen Wipfeln. Der Baum in der Kulturgeschichte. Albatros, Düsseldorf 2005, ISBN 978-3-491-96140-1.
  • Elmar Woelm: Mythologie, Bedeutung und Wesen unserer Bäume. (= Edition Octopus). Monsenstein und Vannerdat, Münster 2007, ISBN 978-3-86582-407-3.
  • Manfred Ehmer: Heilige Bäume. Baumkulte im Alten Europa. 2. Auflage. tredition, Hamburg 2019, ISBN 978-3-7469-0047-6.
  • Marte Zepernick: "Heilige Bäume" in der antiken griechischen Religion. LIT, Berlin 2020, ISBN 978-3-643-14697-7.
Commons: Baumkult – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Christmas tree: Tradition & History. In: Encyclopedia Britannica. 6. Dezember 2018, abgerufen am 17. Dezember 2018 (englisch).
  2. Vgl. auch Wilhelm Mannhardt: Der Baumkultus der Germanen und ihrer Nachbarstämme. Berlin 1875.

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Yggdrasil.jpg
English translation of the Prose Edda from 1847, by Oluf Olufsen Bagge.

Text below the image: "Baxter...ton Square".
Full text (see other version or the-public-domain-review.imgix.net):

"Baxters Patent Oil Printing 11 Northampton square
Yggdrasil, The Mundane Tree
see p. 492",
from a plate included in the English translation of the Prose Edda by Oluf Olufsen Bagge (1847)

Description below from Flickr consulted January 3, 2020:

Oluf Olufsen Bagge (1780-1836), Yggdrasil, Prose Edda, 1847

Danish engraver b Copenhagen; d Copenhagen?

Yggdrasil is an immense ash tree that is central to Norse cosmology and considered very holy. The gods go to Yggdrasil daily to hold their courts. The branches of Yggdrasil extend far into the heavens, and the tree is supported by three roots that extend far away into other locations; one to the well Urðarbrunnr in the heavens, one to the spring Hvergelmir, and another to the well Mímisbrunnr. Creatures live within Yggdrasil, including the wyrm (dragon) Níðhöggr, an unnamed eagle, and the stags Dáinn, Dvalinn, Duneyrr and Duraþrór.