Hawthornden-Preis

Der Hawthornden-Preis, englisch Hawthornden Prize, ist der älteste Literaturpreis in Großbritannien.[1] Etabliert im Jahr 1918, wird er seit 1919 in der Regel jährlich an Schriftsteller für ein Literaturwerk verliehen, das in den letzten zwölf Monaten veröffentlicht wurde und sich durch besondere Imagination auszeichnet.[2] Die Gewinner werden von einem Komitee des Hawthornden Literary Retreat ermittelt. Die Stiftung hat ihren Sitz auf Hawthornden Castle in der Nähe von Edinburgh.[3]

Geschichte

Hawthornden ist eine alte Baronie in den schottischen Midlands unweit von Edinburgh. Besonders die landschaftlich reizvolle Gegend um Hawthornden Castle, gelegen an einer dicht bewaldeten Schlucht des North Esk, inspiriert seit Jahrhunderten Künstler, Maler, Poeten, Dichter und Schriftsteller. Spätestens nachdem Ben Jonson, neben William Shakespeare der bedeutendste englische Dramatiker der Renaissance, im Jahr 1619 zu Fuß von London nach Edinburgh ging und den schottischen Dichter William Drummond of Hawthornden besuchte, gilt Hawthornden Castle als eine bedeutungsvolle Begegnungsstätte für Dichter und Denker.[4]

Über die Stifterin des Literaturpreises, Alice Warrender (1857–1947), ist wenig bekannt. Sie wurde in Hawthornden geboren und war die zweite Tochter von Helen Purves-Hume-Campbell und Sir George Warrender, 6. Baronet of Lochend and Bruntsfield. Die alleinstehende und kinderlose Literatin wollte mit dem Preis junge britische Schriftsteller fördern, deren Werke sich durch außergewöhnliche Imagination auszeichnen.[5][6] Formal wurde der Preis von ihr im Frühjahr 1918 etabliert, weshalb er als ältester Literaturpreis in Großbritannien angesehen wird. Berücksichtigung fanden Werke, deren Veröffentlichung zwischen dem 31. Mai und dem 1. Juni des Folgejahres erfolgte. Dieser Bewertungszeitraum gilt bis heute. Die erste Preisverleihung fand am 10. Juli 1919 statt. Erster Preisträger war der 27-jährige Edward Shanks. Die Auszeichnung für sein Werk The Queen of China erhielt er aus den Händen von Sir Edmund Gosse.[7]

Ihr Vermögen übertrug Alice Warrender im Jahr 1935 einer Stiftung, der Miss Alice Warrender Foundation for Hawthornden Prize, die neben dem Literaturpreis Einzelpersonen unter anderem Darlehen, Stipendien und Pensionen gewährt.[8] Bis Mitte der 1980er Jahre konnten mit dem Hawthornden-Preis nur Autoren bis zur Vollendung des 41. Lebensjahrs ausgezeichnet werden. Das Preisgeld beträgt satzungsgemäß 10.000 £.[9] Die Dotation kann durch private Spender erhöht werden. Seit dem Jahr 2017 beträgt das Preisgeld 15.000 £, welches bis 2022 die Mäzenin Drue Heinz (H. J. Heinz Company) zur Verfügung stellte.[10] Auch 2023 belief sich die Dotation auf 15.000 £.[11]

Der Hawthornden-Preis wird im Gegensatz zu anderen Literaturpreisen nicht auf Grundlage von Anträgen, Bewerbungen oder Empfehlungen vergeben. Eine Jury, bestehend aus Schriftstellern, Journalisten, Wissenschaftlern und Professoren verschiedener Universitäten, entscheidet über den Gewinner. Die Verleihung erfolgt in der Regel jährlich, meist im Juni oder Juli in der London Library. Die Vergabe kann unter anderem ausgesetzt werden, wenn das Komitee keine der in den letzten zwölf Monaten veröffentlichten imaginativen Literatur für auszeichnungswürdig befindet. In der Vergangenheit war hierbei zudem die erwähnte Altersgrenze zu beachten. Bisher wurde 23 Mal kein Preisträger bestimmt (Stand 2023).[12]

Trotz der im Vergleich zu anderen Literaturpreisen satzungsgemäß geringen Dotation gilt der Hawthornden-Preis in Schriftstellerkreisen aufgrund seiner Hürden und politischen Unabhängigkeit als äußerst prestigeträchtig. Nicht selten verhalf erst die Auszeichnung den Gewinnern zum literarischen Durchbruch. Dementsprechend wird die Preisträgerliste oft als „who is who“ der britischen Literatur der letzten hundert Jahre betrachtet.[13][14]

Liste der Preisträger

JahrGewinnerWerk
2023Moses McKenzieAn Olive Grove in Ends
2022Ian DuhigNew and Selected Poems
2021nicht vergebennicht vergeben
2020John McCulloughReckless Paper Birds
2019Sue PrideauxI Am Dynamite! A Life of Friedrich Nietzsche
2018Jenny UglowMr Lear
2017Graham SwiftMothering Sunday
2016Tessa HadleyThe Past
2015Colm TóibínNora Webster
2014Emily BerryDear Boy
2013Jamie McKentrickOut there
2012Ali SmithThere but for the
2011Candida McWilliamWhat to look for in Winter
2010Alice OswaldA sleepwalk on the Severn
2009Patrick FrenchThe World Is What It Is: The Authorized Biography of V. S. Naipaul
2008Nicola BarkerDarkmans
2007M. J. HylandCarry Me Down
2006Alexander MastersStuart: A Life Backwards
2005Justin CartwrightThe Promise of Happiness
2004Jonathan BateJohn Clare: A Biography
2003William FiennesThe Snow Geese
2002Eamon DuffyThe Voices of Morebath: Reformation and Rebellion in an English Village
2001Helen SimpsonHey Yeah Right Get a Life
2000Michael LongleyThe Weather in Japan
1999Antony BeevorStalingrad
1998Charles NichollSomebody Else: Arthur Rimbaud in Africa, 1880-91
1997John LanchesterThe Debt to Pleasure
1996Hilary MantelAn Experiment in Love
1995James MichieThe Collected Poems
1994Tim PearsIn the Place of Fallen Leaves
1993Andrew BarrowThe Tap Dancer
1992Ferdinand MountOf Love and Asthma
1991Claire TomalinThe Invisible Woman: The Story of Nelly Ternan and Charles Dickens
1990Kit WrightShort Afternoons
1989Alan BennettTalking Heads
1988Colin ThubronBehind the Wall: A Journey through China
1987nicht vergebennicht vergeben
1986nicht vergebennicht vergeben
1985nicht vergebennicht vergeben
1984nicht vergebennicht vergeben
1983Jonathan KeatesAllegro Postillions
1982Timothy MoSour Sweet
1981Douglas DunnSt. Kilda's Parliament
1980Christopher ReidArcadia
1979P. S. RushforthKindergarten
1978David CookWalter
1977Bruce ChatwinIn Patagonia
1976Robert NyeFalstaff
1975David LodgeChanging Places
1974Oliver SacksAwakenings
1973nicht vergebennicht vergeben
1972nicht vergebennicht vergeben
1971nicht vergebennicht vergeben
1970Piers Paul ReadMonk Dawson
1969Geoffrey HillKing Log
1968Michael LeveyEarly Renaissance
1967Michael FraynThe Russian Interpreter
1966nicht vergebennicht vergeben
1965William TrevorThe Old Boys
1964V. S. NaipaulMr. Stone and the Knights Companion
1963Alistair HorneThe Price of Glory: Verdun 1916
1962Robert ShawThe Sun Doctor
1961Ted HughesLupercal
1960Alan SillitoeThe Loneliness of the Long Distance Runner
1959nicht vergebennicht vergeben
1958Dom MoraesA Beginning
1957nicht vergebennicht vergeben
1956nicht vergebennicht vergeben
1955nicht vergebennicht vergeben
1954nicht vergebennicht vergeben
1953nicht vergebennicht vergeben
1952nicht vergebennicht vergeben
1951nicht vergebennicht vergeben
1950nicht vergebennicht vergeben
1949nicht vergebennicht vergeben
1948nicht vergebennicht vergeben
1947nicht vergebennicht vergeben
1946nicht vergebennicht vergeben
1945nicht vergebennicht vergeben
1944Martyn SkinnerLetters to Malaya
1943Sidney KeyesThe Cruel Solstice and The Iron Laurel
1942John Llewellyn RhysEngland is My Village
1941Graham GreeneThe Power and the Glory
1940James Pope-HennessyLondon Fabric
1939Christopher HassallPenthesperon
1938David JonesIn Parenthesis
1937Ruth PitterA Trophy of Arms
1936Evelyn WaughSaint Edmund Campion: Priest and Martyr
1935Robert GravesI, Claudius
1934James HiltonLost Horizon
1933Vita Sackville-WestCollected Poems
1932Charles MorganThe Fountain
1931Kate O’BrienWithout My Cloak
1930Geoffrey DennisThe End of the World
1929David CecilThe Stricken Deer: or The Life of Cowper
1928Siegfried SassoonMemoirs of a Fox-Hunting Man
1927Henry WilliamsonTarka the Otter
1926Vita Sackville-WestThe Land
1925Sean O’CaseyJuno and the Paycock
1924Ralph Hale MottramThe Spanish Farm
1923David GarnettLady into Fox
1922Edmund BlundenThe Shepherd
1921Romer WilsonThe Death of Society
1920John FreemanPoems New and Old
1919Edward ShanksThe Queen of China

Jurymitglieder (Auswahl)

Siehe auch

Literatur

  • Susan Leckey: The Europa Directory of Literary Awards and Prizes. Routledge, 2015.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Information The London Library (engl.) in: londonlibrary.co.uk, abgerufen am 12. Dezember 2018
  2. Susan Leckey: The Europa Directory of Literary Awards and Prizes. Routledge, 2015, S. 124.
  3. Craig Alan Lerner: The Grants Register 1989–1991. Springer, 1988, S. 297.
  4. The Castle of Words in: The Bardic Academic, abgerufen am 13. Dezember 2018.
  5. Graham Swift’s Mothering Sunday wins fiction’s most secretive prize in: theguardian.com, abgerufen am 13. Dezember 2018.
  6. Mary Pache: The tree Warrender Sisters. Ruislip. Northwood & Eastcote Journal, 2010, S. 34. in: Northwood & Eastcote Local History Society, abgerufen am 13. Dezember 2018.
  7. William Henry Hills, Robert Luce: The Writer. A Monthly Magazine for Literary Workers. Band 31. Writer Publishing Company, 1919, S. 139.
  8. Charity Details Miss A H Warrender Trust For Hawthornden Prize in: Scottish Charity Regulator, abgerufen am 13. Dezember 2018
  9. Susan Leckey: The Europa Directory of Literary Awards and Prizes. Routledge, 2015, S. 124.
  10. Graham Swift’s Mothering Sunday wins fiction’s most secretive prize in: theguardian.com, abgerufen am 13. Dezember 2018.
  11. Moses McKenzie 'profund' deput novel wins Hawthornden Prize for Literature The Bookseller vom 1. September 2023, abgerufen am 26. September 2023.
  12. Merritt Moseley: The Hawthornden Prize. University of North Carolina, 2010.
  13. The Castle of Words in: The Bardic Academic, abgerufen am 13. Dezember 2018.
  14. Tessa Hadley wins Hawthornden Prize 2016 in: The Bookseller, abgerufen am 14. Dezember 2018.