Hauptwache (Frankfurt am Main)

Die Hauptwache

Die Hauptwache ist ein barockes Gebäude in der Frankfurter Innenstadt. Es ist namensgebend für den Platz An der Hauptwache und den unterirdischen U- und S-Bahnhof Hauptwache. Das ehemalige Wachengebäude wurde 1729–30 vom Stadtbaumeister Johann Jakob Samhaimer erbaut. Im Zweiten Weltkrieg zerstört, wurde es zunächst bis 1954 vereinfacht aufgebaut; erst 1968, nachdem es zuvor zum Bau des unterirdischen Bahnhofs abgebaut worden war, wurde es originalgetreu neu aufgebaut und wiedereröffnet.[1]

Geschichte

Nutzung als Wachgebäude

Blick von der Zeil auf die Hauptwache
(William Henry Fox Talbot, 1846)
Die Hauptwache 1738
Die Hauptwache um 1760

Ein erstes kleines Wachlokal, das sich seit 1671 an dieser Stelle befunden hatte, wurde 1728 wegen Baufälligkeit abgetragen. Der Rat plante ursprünglich ein zweigeschossiges Wachgebäude zu errichten. Nach Protesten der Nachbarschaft, die um den Prospekt ihrer Häuser fürchtete, entstand ein rechteckiger, eingeschossiger Bau aus dem für Frankfurt charakteristischen Mainsandstein mit einem Mansardgeschoss und einem großen Walmdach. Die Südseite bildet mit einer repräsentativen Giebelfront die Schaufassade des Gebäudes. Das Tympanon mit der darauf gestellten Trophäe, die Friese an den Fenstern der Seitenfassaden sowie die Bomben über den Mansarden stammen von dem Frankfurter Bildhauer Bernhard Schwarzenburger.

Die Hauptwache war der Sitz der Stadtwehr und enthielt auch ein Gefängnis. Im Erdgeschoss befanden sich die offene Bogenhalle, dahinter drei Wachstuben für die Offiziere, Unteroffiziere und Gemeinen. Die Stuben und Kammern des Mansardengeschosses dienten als Verhörlokal sowie als Gefängnis für honette Personen. Prominentester Häftling war der Frankfurter Jurist und Ratsherr Johann Erasmus von Senckenberg, der vom 28. Februar 1769 bis zu seinem Tode am 21. Juni 1795 im südwestlichen Eckzimmer des ersten Stockwerks inhaftiert war. Gewöhnliche Arrestanten wurden in die Verliese im Untergeschoss gesperrt. Sie hießen auch Schanzerloch, weil die Gefangenen zu Ausbesserungsarbeiten an der Frankfurter Stadtbefestigung herangezogen wurden. Nach seiner Verhaftung am 31. Mai 1802 saß hier auch einige Tage der Schinderhannes Johannes Bückler und wurde von kaiserlichen Beamten verhört, bevor er am 16. Juni nach Mainz überführt und an die französischen Behörden ausgeliefert wurde.

Auf dem Platz neben der Hauptwache befanden sich im 18. Jahrhundert mehrere Richtstätten: Der 1709 errichtete, 1734 erneuerte und 1758 beseitigte Soldatengalgen und verschiedene Einrichtungen zur Abstrafung des liederlichen Gesindels: ein hölzerner Schandesel, ein Pranger sowie bis 1779 auch das Trillerhäuschen, ein hölzerner Käfig, den jedermann drehen durfte, bis dem darin eingesperrten Delinquenten übel wurde. Am Übergang zwischen Hauptwache und Zeil stand von 1731 bis etwa 1860 ein Röhrenbrunnen. Neben diesem Brunnen ließ der Rat der Stadt das Schafott errichten, auf dem am 14. Januar 1772 die Dienstmagd Susanna Margaretha Brandt hingerichtet wurde.

Die in der Hauptwache stationierten Soldaten gehörten zum Linienbataillon, der regulären Armee der Freien Stadt Frankfurt. Am 3. April 1833 wurde beim Frankfurter Wachensturm auch die Hauptwache gestürmt. 1861 im Zuge der Umgestaltung des Platzes entstanden Pläne, die Hauptwache abzureißen oder zivil zu nutzen, doch verwarf der Frankfurter Senat diese Pläne bald wieder. Als Preußen 1866 die Stadt annektierte, verlor Frankfurt mit seiner Souveränität auch seine militärische Bedeutung und damit die Stadtwehr. 1869 fiel das Gebäude aufgrund des Frankfurter Rezesses an den preußischen Militärfiskus.

Als Folge des Ruhraufstands wurde Frankfurt am 6. April 1920 von französischen Truppen besetzt.[2] In der Folge dieser Besetzung, dem sogenannten Maineinbruch, kam es am 7. April zu einem folgenschweren Zwischenfall.

„Am 7. April 1920 gegen 3 Uhr kam es bei der Wachablösung an der Hauptwache aus der Menge heraus zu Beschimpfungen der Soldaten der französischen Besatzungsmacht. Daraufhin feuerten die überwiegend marokkanischen Soldaten, die sich bedroht fühlten, ohne Vorwarnung. Sechs Personen starben, 30 wurden verletzt, von diesen starben später weitere drei. Das war der dramatischste Moment der französischen Besetzung Frankfurts im Jahre 1920, die vom 6. April bis zum 17. Mai 1920 dauerte, wenn man die Frankfurter Kernstadt betrachtet.“

Ralph Zade: Frankfurt 1920 – Unter französischer Besetzung[3]

Wie real die Bedrohung der französischen Kolonialsoldaten in der Stadt war, ist nicht dokumentiert, aber Zade macht deutlich, dass im Vorfeld dieses Zwischenfalls bereits Gerüchte kursierten, in denen falsche Behauptungen erhoben wurden, zum Beispiel die, dass Soldaten aus dem Senegal im Goethe-Haus einquartiert worden seien. In rassistischer Überheblichkeit verwies Hans Drüner zudem noch mehr als 10 Jahre später auf die „Mißstimmung“, die in der Stadt wegen des französischen Einmarsches bereits geherrscht und sich noch gesteigert habe „durch den Anblick der zahlreichen braunen und schwarzen Truppen, deren Verwendung in der hochkultivierten Stadt als besonders widerwärtig und demütigend empfunden wurde“.[4] Diese Gerüchte und Stimmungen verdichteten die Geschehnisse an der Hauptwache zu einer „Hinmordung wehrloser Frauen und Kinder durch schwarze Truppen“ und gipfelten in einer ausgedehnten Medienkampagne gegen den Einsatz nichtweißer Besatzungstruppen im Rheinland.[5] Ganz im Sinne dieser Ideologie schrieb Heinz Gorrenz, Chefredakteur der Frankfurter Nachrichten, noch 1930, nur wenige Tage nach dem Abzug der Besatzungstruppen aus dem Rheinland, von „der Kulturschande einer Sklavenzeit […], in der das Mutterland der deutschen Kultur zu einer Negerkolonie degradiert werden sollte“.[6]

Heutige Nutzung als Café

Die Hauptwache im Jahre 1918
(c) Bundesarchiv, B 145 Bild-F005758-0027A / Schlempp / CC-BY-SA 3.0
Die vereinfacht wieder aufgebaute Hauptwache 1958

Das Gefängnis wurde aufgegeben, die Hauptwache aber weiterhin als militärisches Wachlokal genutzt. 1903 verlegte die preußische Armee die Wache ans Taunustor und die Stadt kaufte das Gebäude zurück. Auch diesmal kamen Forderungen auf, die Hauptwache abzureißen, doch entschied sich die Stadt zur Verpachtung. Nach einer Sanierung und einem großzügigen Umbau des Gebäudes, bei dem die Räume des Erdgeschosses zusammengelegt wurden und nach Norden ein Anbau mit einer Terrasse entstand, eröffnete die Hauptwache im Dezember 1905 als Café, das sie bis heute geblieben ist. Das Caféhaus und vor allem die benachbarte Normaluhr wurden zum bekanntesten Treffpunkt für Verabredungen in der Innenstadt. 1920 wurde die Hauptwache nochmals zum Schauplatz militärischer Ereignisse, als französische Truppen in Frankfurt einmarschierten und das Gebäude sechs Wochen lang besetzten. Bei einer Demonstration am 7. April 1920 schossen die Soldaten in die Menge, wobei sieben Personen getötet und 26 verletzt wurden.

In den 1930er Jahren beschäftigte das Café 50 Angestellte, davon 17 Kellner und sechs Konditoren. Es öffnete morgens um sieben Uhr und schloss nachts um zwei Uhr. Zu den Stammgästen gehörten der Schauspieler Carl Luley, der Bildhauer Georg Mahr, die Journalisten Benno Reifenberg und Richard Kirn und der Schriftsteller Ernst Nebhut.

1944 brannte die Hauptwache nach den schweren Luftangriffen auf Frankfurt am Main völlig aus, bis sie 1954 in saniertem Zustand wiedereröffnet wurde. Dieses Provisorium mit verändertem Dach blieb bis zum Bau der U-Bahn. 1967 wurde es zunächst komplett abgebaut, um es dann ein Jahr später – an geringfügig veränderter Position – über dem U-Bahnhof wieder aufbauen zu können.

Seit April 2022 befindet sich unter dem Gebäude der Hauptwache das Museum of Modern Electronic Music (MOMEM).[7]

Hauptwachebrunnen

Der Hauptwachebrunnen befindet sich hinter der Hauptwache und entstand um das Jahr 1800. Er wurde als Ersatz für einen alten barocken Ziehbrunnen aufgestellt. Dieser hieß zunächst Goldener Brunnen, wurde aber wegen seines desolaten Zustands entfernt. Beim Bau der U-Bahn musste der Brunnen seinen alten Platz verlassen und wurde am 4. Oktober 1969 an seinem heutigen Standort platziert.[8][9] Seit 1985 steht mit dem Struwwelpeterbrunnen ein weiterer Brunnen neben der Hauptwache.

Galerie

Commons: Hauptwache – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Archivierte Kopie (Memento desOriginals vom 25. September 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/frankfurt-interaktiv.de
  2. Preußisches Statistisches Landesamt: Besetzte Gebiete Deutschlands. Berlin 1925, S. 51
  3. Online auf frankfurt-lese.de/
  4. Hans Drüner: Im Schatten des Weltkrieges. Zehn Jahre Frankfurter Geschichte von 1914–1924. Verlag R. Th. Hauser & Co., Frankfurt am Main 1934, S. 403
  5. Tote und Verletzte an der Frankfurter Hauptwache, 7. April 1920. In: Zeitgeschichte in Hessen
  6. Heinz Gorrenz: Dem Land, das Sorge in Glück wandelt. In: Ders.: Das befreite Weinland. Sonderausgabe der Frankfurter Nachrichten, 5. Juli 1930 (Online im Bestand der DNB), S. 1
  7. Der Spiegel, Nr. 16, 16. April 2022: "Kleines Haus für großen Wumms: In Frankfurt hat das erste Museum für elektronische Musik eröffnet" Artikel von Tobias Rapp mit sieben Fotos. Spiegel-Verlag Rudolf Augstein GmbH & Co. KG, Hamburg. S. 116 f.
  8. Kunst im Öffentlichen Raum
  9. H. Schomann: Die Alten Frankfurter Brunnen. 1. Auflage. Fricke Verlag, Frankfurt am Main 1981, ISBN 3-88184-022-2, S. 62–65.

Koordinaten: 50° 6′ 48,5″ N, 8° 40′ 43,6″ O

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Katharinenkirche und Platz An der Hauptwache in Frankfurt am Main (2012). Hochhauspanorama in Sued-West. Blick von der Zeilgalerie.
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Die Hauptwache in Frankfurt am Main, rückansicht
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Vordere Ansicht der Hauptwache in Frankfurt am Main
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Öl auf Holz 71 x 97 cm; Hauptwache mit Blick auf Katharinenkirche und Zeil um 1760
Frankfurt Main Hauptwache Katharinenkirche 20120707.jpg
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Frankfurt am Main, Blick auf die Hauptwache (links) sowie die Katharinenkirche (rechts)
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Hauptwachebrunnen in Frankfurt
Frankfurt - Hauptwache.jpg
Postkarte, datiert 3.5.1918. Titel: "Frankfurt a.M. - Hauptwache". Im Hintergrund, durch die Hauptwache verdeckt, der damalige Schillerplatz und, seit 1892, das mächtige ALEMANNIA Haus. Sein Segmentgiebel mit einer fackeltragenden Alemannia und einer beleuchteten hohen Laterne auf seiner mächtigen Dachkuppel wurde damals zum markanten architektonischen Merkmal des Schillerplatzes. Im Erdgeschoss hatte zunächst das renommierte Modehaus der Gebrüder Schwarzschild und Ochs ein Ladengeschäft, bevor sie neben der Katharinenkirche ein eigenes Geschäftshaus errichteten. Die hinteren Räume, große Teile des Kellers und das erste Obergeschoss nahm das Alemannia Restaurant ein. Nach dem Ersten Weltkrieg blieb nur der Alemannia-Bierkeller bestehen, in dem heute eine Hamburger Schnellrestaurant betrieben wird. Die obere Etage des Hauses wurde zu den Alemannia Lichtspielen. Links daneben als Eckhaus in die Schillerstraße hinein das Bavariahaus des Architekten Simon Ravenstein, der eines der prächtigsten Geschäftshäuser des gründerzeitlichen Frankfurt hier konstruierte. Die Hauptfassade zur Schillerstraße wurde in ihrem Mittelteil von einer in Zink getriebenen Bavaria-Statue mit empor gehaltenen Siegerkranz über einer Löwenquadriga stehend gekrönt. Im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss des Mittekbaues befand sich seit 1884 das berühmten Café BAUER. Rechts sieht man das Haus ZUM KAISER KARL, wegen seiner Fassadenfiguren auch HAUS Fratzeck genannt. Hier entstand später das Kaufhaus Tietz, das durch die Arisierung zum KAUFHOF umbenannt wurde. Alle Gebäude brannten im Zweiten Weltkrieg aus.
FfM-Hauptwache-1738.jpg
kolorierter Kupferstich 21 x 32 cm; Hauptwache mit Blick in die Zeil von Südwesten 1738
Hauptwache Wachgebaeude Cafe diagonal.jpg
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Hauptwachengebäude mit Café in Frankfurt am Main
William henry fox talbot zeil katharinenkirche hauptwache frankfurt am main 1846.jpg
Die Zeil in Frankfurt am Main im Jahr 1846 auf der gegenwärtig (März 2023) als älteste bekannte Fotografie Frankfurts bezeichneten Aufnahme des Briten William Henry Fox Talbot mit Blickrichtung Hauptwache und Katharinenkirche. Er fotografierte aus einem Fenster der zweiten Etage des Hôtel de Russie, das sich bis 1891 etwa dort befand, wo heute das Einkaufszentrum My Zeil angesiedelt ist. Die Südseite der Zeil (auf diesem Foto links) bestand damals aus repräsentativen Patrizierhäusern, die Nordseite aus eleganten Palais’ und Hotels; Kaufhäuser gab es noch keine. Die Zeil galt damals als schönster Boulevard der Stadt; sie hatte eine für Frankfurter Verhältnisse ungewöhnliche Breite. Johann Georg Battonn (1740–1827): „Ihre prachtvollen Gebäude ziehen die Bewunderung der Fremden an sich, und überzeugen sie von dem Reichthum der hiesigen Bürger.“
Bundesarchiv B 145 Bild-F005758-0027A, Frankfurt-Main, Café Hauptwache.jpg
(c) Bundesarchiv, B 145 Bild-F005758-0027A / Schlempp / CC-BY-SA 3.0
Es folgt die historische Originalbeschreibung, die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein.
Stadtaufnahmen in Frankfurt/Main
Café Hauptwache
Frankfurt - Hauptwache and Zeil.jpg
Autor/Urheber: Roger Wollstadt, Lizenz: CC BY-SA 2.0

The Hauptwache is the central square in Frankfurt. The Hauptwache building, on the left, was built in 1730. It was the headquarters of the militia when Frankfurt was an independent city-state, and also contained a prison. It has been mainly a cafe since 1904. Zeil, Frankfurt's main shopping street, is on the right. The large building is the Kaufhof department store (now Kaufhof Galeria).

This photo does not make up for a lost photo which I took in December 1959, showing the Kaufhof with Christmas lights in the early twilight.