Hasenheide (Straße)

Hasenheide
Wappen
Wappen
Straße in Berlin
Hasenheide
Hasenheide
Blick vom Hermannplatz in Richtung Südstern
Basisdaten
OrtBerlin
OrtsteilKreuzberg
Angelegtum 1678
Hist. NamenHasenhaide (bis 1907)
Anschluss­straßenSüdstern (westlich),
Karl-Marx-Straße (östlich)
QuerstraßenLilienthalstraße, Körtestraße, Fichtestraße, Graefestraße, Jahnstraße, Lucy-Lameck-Straße, Hermannstraße
PlätzeHermannplatz,
Südstern
BauwerkeHöfe am Südstern,
Jahndenkmal,
Sri-Ganesha-Hindu-Tempel,
Union-Brauerei,
Volkspark Hasenheide
Nutzung
NutzergruppenFußverkehr, Radverkehr, Autoverkehr, ÖPNV
Technische Daten
Straßenlänge1000 Meter

Der Straßenzug Hasenheide in Berlin befindet sich nördlich des Volksparks Hasenheide und erstreckt sich vom Südstern bis zum Hermannplatz. Zum Ortsteil Neukölln gehört die Südseite mit dem Volkspark und dem alten Turnplatz, zum Ortsteil Kreuzberg die Nordseite mit den früheren Schultheiss-Festsälen.

Weg durch die Heide

Vergnügungspark Alte Hasenheide, Hans Baluschek, 1895

Der Weg führte ursprünglich mitten durch das 1678 angelegte, dem Gebiet seinen Namen gebende kurfürstliche Hasengehege bis zum Rollkrug, einer Pferdewechselstation mit Bierschänke (seit 1737). Hier wurde 1811 auf Betreiben von Friedrich Ludwig Jahn der erste öffentliche Turnplatz Deutschlands eingeweiht, der allerdings nicht zuletzt auch der militärisch orientierten Körperertüchtigung diente. Das im Volkspark in der Nähe des Eingangs stehende Jahndenkmal erinnert seit 1872 an den Initiator der Deutschen Turnbewegung, Friedrich Ludwig Jahn (Turnvater Jahn).

Die Abgelegenheit des Geländes war ausschlaggebend dafür, dass sich hier um 1828 eine Pensionsanstalt der Madame W. C. Kamptz für Blödsinnige im 1. Pfaffenländischen Haus ansiedeln konnte.[1]

Im Jahr 1854 wurde das an die heutige Blücherstraße anschließende Wegstück zwischen dem heutigen Südstern und dem Hermannplatz zur Chaussee ausgebaut, für die sich der Name „Hasenhaide“ (seit 1907 „Hasenheide“ geschrieben) einbürgerte. Die verbesserten Straßenverhältnisse trugen nicht unerheblich dazu bei, die Popularität des seit den 1840er Jahren zu einem beliebten Ausflugsziel gewordenen Gebietes mit seinen zahlreichen Bier- und Kaffeegärten noch weiter zu steigern. Wer einen richtigen „Rummel“ liebte, den lockten Schaubuden, Schießstände, Verkaufsbuden und Militärkonzerte.

Biergärten, Festsäle und Ballhäuser

Die „Neue Welt“ im Jahr 1881; Aquarell von K. Steinberg

Am Ostende der Straße, bereits auf Rixdorfer Gebiet, ließ der Kaufmann C. Kelch auf dem Gelände der Lehmgrube der ehemaligen Braunschen Ziegelei 1867 eine Brauerei mit Ausschankgarten errichten, die „Bergbrauerei Hasenhaide“ genannt wurde. 1880 pachtete der Gastronom Rudolf Sternecker Garten und Ausschank und errichtete hier ein Vergnügungslokal großen Stils, das er wegen seiner Lage am entfernten Stadtrand „Neue Welt“ nannte. Außer den üblichen Volksbelustigungen gab es die „Indische Halle“, davor eine große Teichanlage mit Springbrunnen und Kaskaden, ein Hippodrom, eine Freiluftmanege sowie eine Halle für den „Bal champêtre“ – den „ländlichen Ball“. Eine besondere Attraktion des Parks war die elektrische Eisenbahn, die Werner von Siemens schon 1879 auf der Gewerbe-Ausstellung in Moabit vorgeführt hatte.

Biergarten „Neue Welt“; Ansichtskarte von 1905

Anstelle der großen Gartenhalle und des Ballhauses entstand 1902 ein großer Saalbau, an den 1910 ein kleinerer Saal angefügt wurde. Die neuen Säle sahen die Bockbierfeste, die Arbeiterkundgebungen sowie die vielen Weihnachtsfeiern, Sommerfeste und Branchentreffen, die Vereine und Verbände – insbesondere des grafischen Gewerbes – in der „Neuen Welt“ ausrichteten. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Saalbauten schwer beschädigt. 1946 wurde der große Saal wieder aufgebaut und sollte als Varieté-Bühne die Tradition des zerstörten „Wintergartens“ fortführen. Dieser Plan ließ sich jedoch nicht verwirklichen, und so wurde unter dem Namen „Wintergarten“ zunächst ein großes Kino daraus, das dem beliebten „Primus Palast“ auf der anderen Straßenseite Konkurrenz machte.

Außer der seit 1875 als „Bergschloßbrauerei“ („Neue Welt“) firmierenden Bergbrauerei nennt der Baedeker von 1910 als weitere Brauerei mit Garten die von Franz Happoldt in der Hasenheide 32–38 an der Ecke zur Graefestraße. Sie wurde verkauft und gelangte 1920 schließlich in den Besitz der Schultheiss-Brauerei, die den ältesten Teil der Brauereigebäude umbauen und mit einem Festsaal ausstatten ließ, der den Namen „Orpheum“ trug. Aus diesem Etablissement ging 1951 das bekannte „Neue Ballhaus Resi“ hervor, das Besucher mit Attraktionen wie Tischtelefone, Wasserspiele und einer Rohrpostanlage lockte.[2] Zum Ensemble der Resi-Wasserspiele gehörte in den 1950er bis 1970er Jahre der zur ehemaligen Unionsbrauerei gehörige Kaisersaal. Dieser ist auch das letzte Überbleibsel des legendären Ballhauses. Der Gebäudekomplex, insbesondere die Fassaden in der Graefestraße und Hasenheide wurden 1979 nach Insolvenz des Betreibers (1978) abgerissen, der Kaiserballsaal sollte allerdings an die Ballhauszeiten im erweiterten Resi-Ensemble erinnern. Dieses Brauerei- und Resi-Überbleibsel beherbergte nach dem Rundumabriss noch einige Jahre eine Bibliothek und steht im Westen nahezu unberührt auf dem heutigen Gelände der Deutschen Rentenversicherung.

Rechts der heute noch verbliebene Kaiserballsaal als Relikt des Resi-Ensembles
Foto von 1912

Auch die Berliner Unions-Brauerei in der Hasenheide 22–31, zu der damaligen Zeit eine der größten Brauereien Berlins, unterhielt einen Biergarten. Das Unternehmen ließ 1889/1890 von Wilhelm Walter (1853–1943) den „Kaisersaal“ (Nr. 31) errichten, der als einziges Gebäude erhalten geblieben ist[3] und heute – wie auch die Höfe am Südstern (Nr. 54)[4] – unter Denkmalschutz steht. Diese Brauerei wurde 1914 zur Abteilung VI der Schultheiss-Brauerei.[5]

Von der Pferde-Eisenbahn zur „Elektrischen“

Das vom Maler K. Steinberg 1881 festgehaltene Leben und Treiben auf der Straße vor der „Neuen Welt“ zeigt neben anderem zwei verschiedene Pferdebahnwagen. Sie fuhren für die Große Berliner Pferde-Eisenbahn auf der 6,13 Kilometer langen Strecke DönhoffplatzHallesches Tor – Hasenheide – Rixdorf. Die erste elektrische Straßenbahn durch die Hasenheide fuhr am 1. Juli 1899. Sie gehörte zu einer über Rixdorf, Britz, Tempelhof, Schöneberg und Kreuzberg führenden, von der Südlichen Berliner Vorortbahn betriebenen Ringlinie. Ab 1954 war die Verkehrspolitik darauf ausgerichtet, die Straßenbahnlinien nach und nach durch Omnibusse zu ersetzen. Am 15. November 1963 wurden schließlich auch die Gleise in der Hasenheide stillgelegt.

Warenhaus am Hermannplatz

Ebenfalls zu den geschützten Objekten gehört das Warenhaus Karstadt (Nr. 1–6) am Hermannplatz, das 1929 eröffnet wurde und damals zu den größten Warenhäusern der Welt gehörte. Auf neun Stockwerken mit insgesamt rund 72.000 m² Nutzfläche (das KaDeWe hatte zu dieser Zeit weniger als 30.000 m²) waren anfangs rund 4000 Mitarbeiter beschäftigt. Der Monumentalbau besaß außerdem zwei 56 Meter hohe Türme, eine 4.000 m² große Dachterrasse, mehrere Lkw-Aufzüge sowie einen eigenen Zugang vom U-Bahnsteig; der Abschnitt Hasenheide – Bergstraße (heute: SüdsternKarl-Marx-Straße) der Untergrundbahn war am 11. April 1926 in Betrieb gegangen. Der Karstadt-Bau erwies sich schon bald als überdimensioniert. Durch die Wirtschaftskrise bedingt standen bereits 1932 mehrere Stockwerke leer.

Das Gebäude wurde 1945 von SS-Leuten gesprengt. Ein kleiner Gebäudeteil an der Hasenheide blieb erhalten, in ihm begann Ende Juli 1945 wieder der Verkauf. 1951 entstand nach den Plänen des Architekten Alfred Busse an der Hasenheide Ecke Hermannplatz ein viergeschossiger Bau, der an den alten Gebäudeteil anschloss. Weitere Aus- und Umbauten folgten in den Jahren 1954, 1976 und 2000.

2019 kam zu einer politischen Kontroverse über Pläne der Eigentümerin Signa Holding, das Gebäude abzureißen und mit einer Rekonstruktion der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Fassade mit markanten Türmen neu zu bauen. Nach Ablehnung durch die zuständigen Bezirksämter zog der Senat das Verfahren an sich. Im Mai 2020 kam es als Kompromiss zu einer Absichtserklärung, die eine Erweiterung mit Türmen bei gleichzeitigem Erhalt des bestehenden Rohbaues vorsieht.

Die Hasenheide heute

Luftbild: mittig diagonal ist der Straßenzug der Hasenheide zu sehen

Die großen Biergärten und Tanzpaläste existieren nicht mehr. Das „Resi“ wurde 1977 geschlossen. Jetzt befindet sich an dessen Stelle eine von den Architekten Rainer Oefelein und Bernhard Freund, die sich mit dem ursprünglich als innovativ beurteilten städtebaulichen Konzept der High-Deck-Siedlung einen Namen gemacht hatten, errichtete Wohnanlage.

Brauerei und Ausschank von „Löwen-Böhmisch“ (ehemalige „Bergschloßbrauerei“) wurden 1974 an die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land verkauft und 1975 geschlossen. Die 1956 wiedereröffnete, für ihre traditionellen Bockbierfeste berühmte „Neue Welt“ war 1982 endgültig am Ende. Seit 1985 beherbergt der umgebaute Saalbau Supermärkte, Fitnesscenter und eine Automatenspiel-Dependance der Spielbank Berlin. Die ehemalige Gartenfläche dient als Kundenparkplatz. Im Haus Hasenheide 69 befindet sich seit einigen Jahren das Brauhaus Südstern.[6]

Am Rande des Jahn-Ehrenhains im Volkspark Hasenheide befindet sich zurzeit der Sri-Ganesha-Hindu-Tempel im Bau. Namensgebend ist die Gottheit Ganesha.

Radverkehr

Darstellung des geplanten Radweges nach Wünschen des ADFC

Vor 2019 existierte lediglich ein gepflasterter Radweg auf der Nordseite der Straße.

An der Südseite wurde der erste Radweg gemäß dem Berliner Mobilitätsgesetz geplant – ein 2,25 Meter breiter grüner Radfahrstreifen vom Südstern in Kreuzberg zur Lucy-Lameck-Straße (damals noch: „Wissmannstraße“) in Neukölln, durch etwa 90 Zentimeter hohe, rot-weiß markierte Plastikpoller vom motorisierten Verkehr getrennt. Die Poller sollten auf einer weiß schraffierte Pufferzone befestigt werden.[7] Für die Umsetzung wurden Kosten in Höhe von 200.000 Euro veranschlagt.[8] Die Verkehrssenatorin Regine Günther stellte ihn als Musterbeispiel für einen neuen Radwegestandard im November 2017 auf der Berliner Fahrradkommunalkonferenz vor.[9]

Der Baubeginn wurde allerdings verzögert und auf September 2018 verschoben, nachdem die Berliner Feuerwehr Bedenken angemeldet hatte, dass die Poller die Zufahrtswege versperren könnten. Um entsprechende Probleme zu vermeiden, sollten Modelle geprüft werden, die von der Feuerwehr problemlos überfahren werden können. Außerdem war eine lückenhafte Bestückung mit Pollern im Gespräch.[10] Auch im September wurde jedoch nicht, wie geplant, mit dem Bau begonnen. Fahrradverbände wie der ADFC kritisieren den geplanten Radweg als zu schmal, da nach Abzug erforderlicher Sicherheitsabstände nur 1,50 Meter für den Radverkehr verbleiben würden, was zum sicheren Überholen und zum Befahren mit Lastenrädern zu wenig sei.[11]

Am 5. Februar 2019 gab das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg bekannt, dass auf einem ersten Abschnitt zwischen Südstern und der Fichtestraße mit den Bauarbeiten begonnen worden sei. Nach der Holzmarktstraße im Bezirk Mitte[12] und dem Dahlemer Weg im Bezirk Steglitz-Zehlendorf war dies der dritte Bau eines geschützten Radwegs in Berlin.[13] Die ersten Poller für einen etwa hundert Meter langen Abschnitt wurden am 21. Februar eingesetzt. Am 1. März 2019 wurde mit dem Bau des Radwegabschnitts zwischen der Fichtestraße und der Lucy-Lameck-Straße begonnen. Die vollständige Fertigstellung des gesamten Radwegs vom Südstern bis zum Hermannplatz wurde wegen einer Baustelle, für die ein Betonsilo einen Teil der Fahrbahn blockierte, auf 2020 verschoben.[14] Die Einweihung fand dennoch bereits am 16. April 2019 mit der Verkehrssenatorin Regine Günther und der Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, statt.

Siehe auch

Literatur

  • Berlin Museum: Stadtbilder – Berlin in der Malerei vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Nicolaische Verlagsbuchhandlung und Verlag Willmuth Arenhövel, Berlin 1987, ISBN 3-87584-212-X, S. 88.
  • Max Kretzer: Wilder Champagner. In: Ruth Glatzer (Hrsg.): Berlin wird Kaiserstadt. Siedler Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-88680-474-7, S. 229.
  • Sammlung Wemhöner (Hrsg.), Lothar Uebel (Autor): Hasenheide 13. Jovis Verlag, Berlin 2020. ISBN 978-3-86859-650-2.
Commons: Hasenheide – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kamptz, W. C. In: Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin, Charlottenburg und Umgebungen, 1828.
  2. Bericht zum Resi
  3. Eintrag 09031164 in der Berliner Landesdenkmalliste
  4. Eintrag 09031165 in der Berliner Landesdenkmalliste
  5. Die Geschichte der KulturBrauerei. kulturbrauerei.de; abgerufen am 27. Januar 2019
  6. Brauhaus Südstern – Home
  7. Peter Neumann: Velospuren: Berliner Feuerwehr kritisiert geplante Radweg-Poller. In: Berliner Zeitung. (berliner-zeitung.de).
  8. Maike Schultz: Interaktive Karte: Hier bekommt Berlin neue Radwege. In: Berliner Zeitung. (berliner-zeitung.de).
  9. Senatorin Günther stellt Geschützte Radstreifen vor. 23. März 2018, abgerufen am 6. September 2018.
  10. Radstreifen an der Hasenheide soll ab Herbst gebaut werden. Abgerufen am 6. September 2018.
  11. Patrick Goldstein: Radfahrer protestieren für breiteren Streifen. (morgenpost.de [abgerufen am 6. September 2018]).
  12. Erster geschützter Fahrradweg in Berlin eröffnet. Spiegel Online, 9. November 2018
  13. Bauarbeiten für geschützten Radfahrstreifen an der Hasenheide starten. 5. Februar 2019, abgerufen am 5. Februar 2019.
  14. Radweg an der Hasenheide wird erst 2020 fertig. Abgerufen am 3. März 2019.

Koordinaten: 52° 29′ 16″ N, 13° 24′ 56″ O

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Hasenheide (Straße) in Berlin, Blick vom Hermannplatz in Richtung Südstern
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K. Steinberg (Name nach zugehöriger Beschreibung, Todesjahr des Malers unbekannt)

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Vergnügungsetablissement "Neue Welt" in der Hasenheide, Berlin

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Brauerei Franz Happoldt, Berlin-Kreuzberg. Heute Adresse: Hasenheide 32-38. Ab 1951 befand sich hier der Tanzpalast Resi. Das Gebäude wurde 1978 gesprengt. Heute befindet sich dort ein Wohnanlage der Architekten Rainer Oefelein und Bernhard Freund.
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Demonstration des ADFC für einen Radweg an der Hadenheide