Harry Wüstenhagen

Harry Wüstenhagen (* 11. Januar 1928 in Berlin-Charlottenburg als Harry Albert Willy Szczecinna; † 11. Dezember 1999[1][2] in Grant, Florida) war ein deutscher Schauspieler und Synchronsprecher.

Leben und Wirken

Theater

Wüstenhagen nahm zunächst privaten Schauspielunterricht bei Marlise Ludwig in Berlin und debütierte 1945 als Malcolm in einer Aufführung von William Shakespeares Macbeth am Berliner Hebbeltheater. Es folgten Engagements an verschiedenen Bühnen Berlins, unter anderem 1946 dem Theater am Schiffbauerdamm, 1947 dem Schlosspark Theater und 1951 dem Schillertheater sowie einigen Tourneebühnen. Dabei überzeugte Wüstenhagen vor allem seit den 1960er Jahren als Komiker in Stücken des Berliner Boulevardtheaters. Er betätigte sich auch frühzeitig als Hörspielsprecher.

Film

1953 gab er unter der Regie von Herbert B. Fredersdorf in dem Märchenfilm Die Prinzessin und der Schweinehirt nach Hans Christian Andersens Der Schweinehirt sein Spielfilmdebüt. In den Folgejahren besetzte ihn Fredersdorf mit Der gestiefelte Kater und Rumpelstilzchen in zwei weiteren Märchenfilmen. Daneben wurde er oft als Typus des gescheiterten Kleinganoven besetzt, so in zahlreichen Edgar-Wallace-Filmen wie Der grüne Bogenschütze, Die toten Augen von London, Der schwarze Abt, Die Gruft mit dem Rätselschloß, Der Hund von Blackwood Castle und Der Mann mit dem Glasauge. Außerdem spielte Wüstenhagen neben Heinz Rühmann in der Komödie Vorsicht Mister Dodd, neben Heidi Brühl im Drama Die Frühreifen, in der Neuverfilmung von Heinrich Spoerls Feuerzangenbowle, in einer Max-und-Moritz-Verfilmung nach Wilhelm Busch, in der Dieter-Hallervorden-Satire Didi – Der Experte und unter der Regie von Peter Zadek im Drama Rotmord nach der Vorlage von Tankred Dorst.

Fernsehen

Seit 1965 arbeitete Wüstenhagen verstärkt für Fernsehproduktionen. Neben Hauptrollen in Serien wie Tournee – Ein Ballett tanzt um die Welt (1970) mit Maria Litto, Edith Schultze-Westrum, Gerhart Lippert und Albert Venohr sowie in Unterwegs nach Atlantis und einigen Filmen aus den Reihen Tatort und Stahlnetz übernahm er auch Gastauftritte in Fernsehserien wie Die Nervensäge, Lokaltermin und der deutschen Jeannie-Variante, Der Hausgeist (mit Susanne Uhlen).

Synchronisation

Einem breiten Publikum ist Wüstenhagen zudem durch seine markante Stimme bekannt, die er in einer über 40-jährigen Tätigkeit als Synchronsprecher (1947–1993) an zahlreiche international bekannte Kollegen verlieh. In fast eintausend Filmen synchronisierte er u. a. Pierre Richard (in vielen Filmen, so in Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh, Der große Blonde kehrt zurück und Zwei irre Spaßvögel), Charles Aznavour (Taxi nach Tobruk), Jean-Pierre Cassel (u. a. in Brennt Paris? und Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten), Dick Van Dyke (u. a. in Mary Poppins und dem Pilotfilm von Diagnose: Mord), James Garner (Latigo), Alec Guinness (u. a. Der Mann im weißen Anzug), Lance Henriksen (Aliens – Die Rückkehr), Terence Hill (Schüsse im 3/4 Takt), Eric Idle (Dotterbart), David McCallum (Unter Wasser rund um die Welt), David Niven (u. a. Blaubarts achte Frau), Michael Palin (Das Leben des Brian), Anthony Perkins (Lockende Versuchung), Michel Piccoli (French Can Can), Tony Randall (u. a. in Schick mir keine Blumen), Peter Sellers (Der Gefangene von Zenda), Ove Sprogøe (Olsenbande), Donald Sutherland (Der Adler ist gelandet), Jean-Louis Trintignant (Ein Mann und eine Frau) und Gene Wilder (u. a. in Sunday Lovers). Gleich vier verschiedenen Darstellern lieh er in der Rolle des Sherlock Holmes seine Stimme: Ian Richardson (Der Hund von Baskerville, Das Zeichen der Vier), Nicol Williamson (Kein Koks für Sherlock Holmes), Christopher Lee (Sherlock Holmes und das Halsband des Todes) und John Neville (Sherlock Holmes’ größter Fall).

Im Walt-Disney-Film Basil, der große Mäusedetektiv sprach er für die deutsche Synchronisation die Titelfigur und in beiden Synchronfassungen von Disneys Susi und Strolch sprach er Strolch.

1993 ging Harry Wüstenhagen in den Ruhestand und zog nach Grant, Florida, wo er am 11. Dezember 1999 im Alter von 71 Jahren starb.

Privates

Harry Wüstenhagen war mehrmals verheiratet, so unter anderem mit der Chinesin Ina Viola Loh, und war Vater mehrerer Kinder, darunter die deutsche Synchronsprecherin und Synchronregisseurin Ina Kämpfe (* 1962).[3][4]

Filmografie (Auswahl)

Theater

Literatur

  • Hermann J. Huber: Langen Müller’s Schauspielerlexikon der Gegenwart. Deutschland. Österreich. Schweiz. Albert Langen • Georg Müller Verlag GmbH, München • Wien 1986, ISBN 3-7844-2058-3, S. 1127.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 8: T – Z. David Tomlinson – Theo Zwierski. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 475.

Einzelnachweise

  1. Harry Wüstenhagen. In: synchronkartei.de. Deutsche Synchronkartei, abgerufen am 28. Januar 2021.
  2. Wüstenhagen, Harry Biography. 4. März 2016, abgerufen am 28. April 2024.
  3. Harry Wüstenhagen. Abgerufen am 16. Juni 2024.
  4. Ina Kämpfe: Mehr als eine Stimme. 12. August 1997, abgerufen am 16. Juni 2024.