Harald Christ

Harald Christ (* 3. Februar 1972 in Worms) ist ein deutscher Unternehmer, Politiker (FDP, davor SPD)^[1], Aufsichtsrat und Stifter.^[2] Er war vom 19. September 2020 bis 23. April 2022 Bundesschatzmeister der FDP.

Ausbildung und Beruf

Christ absolvierte von 1989 bis 1992 eine Ausbildung zum Industriekaufmann, gefolgt von einer berufsbegleitenden Ausbildung im Bank- und Versicherungswesen.

1998 war er Vertriebsdirektor der BHW Bausparkasse. Von 1999 bis 2002 war Christ Direktor Vertriebssteuerung für die Deutsche Bank 24 und Direktor Geschäftsbereich Private Banking für die Deutsche Bank.

2003 gründete er die Conomus Treuhand AG, Berlin. Zwischen 2002 und 2007 war er Geschäftsführer und Gesellschafter der Hamburger Kapitalanlagegesellschaft HCI Capital und der Hammonia Reederei und führte HCI im Jahr 2005 an die Börse.

Bis Herbst 2007 war Christ Vorsitzender des Vorstands bei HCI Capital AG und wechselte als Generalbevollmächtigter zur Berliner Weberbank. Als Leiter des Geschäftsbereiches Private Banking war er zugleich Mitglied des Bereichsvorstandes der Westdeutsche Landesbank AG (WestLB) als Global Head of Private Banking. In dieser Zeit war Christ zudem Vorsitzender des Aufsichtsrates der WestLB Trust.

Im Februar 2013 trat Christ in den Postbank-Konzern ein, wurde Anfang März zum Vorsitzenden des Vorstandes der Postbank Finanzberatung AG berufen und gehörte dem Bereichsvorstand der Deutschen Postbank AG mit den Zuständigkeitsbereich Mobiler Vertrieb an. Seit Juni 2013 war er zudem als Generalbevollmächtigter der BHW Bausparkasse AG tätig. Im Dezember 2015 legte er sein Mandat als Vorsitzender des Vorstandes der Postbank Finanzberatung AG nieder und schied zum 30. April 2016 aus dem Postbank-Konzern aus.

Christ wurde im Mai 2016 Vorstandsvorsitzender der ERGO Beratung und Vertrieb AG.^[3]

Mandate

Christ war Aufsichtsrat bei mehreren Unternehmen, unter anderem bis August 2020 bei der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH^[4] und bis Juni 2020 bei der Ergo Beratung und Vertrieb AG.^[5] Bei der Signa Retail Selection AG fungierte er bis August 2020 als stellvertretender Vorsitzender des Beirates.^[6][7] Bei der Ernst Russ AG sitzt er dem Aufsichtsrat vor.^[8]

Seit Februar 2018 ist er Hochschuldozent der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) im Bachelor-Studiengang Finanzdienstleistungen. Im Juni 2019 wurde ihm wegen seines außerordentlichen Engagements zugunsten der Hochschule die Ehrensenatorwürde verliehen.^[9]

Außerdem ist Harald Christ laut seinem Lebenslauf auf der Website der Ernst Russ AG seit April 2019 als Lehrbeauftragter an der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn tätig.^[10]

Von 1998 bis 2001 war er für die Berufsakademie Mannheim engagiert und hielt Gastvorträge im Rahmen der Oxford University German Society (2011)^[11] und der Cambridge University German Society.^[12]

Unternehmerische Aktivitäten

Derzeit ist Harald Christ Chairman des durch ihn gegründeten Beratungsunternehmens Christ&Company Consulting GmbH (Zuvor Christ&Company Consulting GmbH & Co. KG) mit Hauptsitz in Berlin.

Zuvor beteiligte sich Christ an verschiedenen Gesellschaften und als Co-Investor an namhaften Beteiligungsgesellschaften. Mit seinem eigenen Unternehmen, der Conomus Treuhand, war er nennenswert an Firmen aus den Bereichen Logistik, Schifffahrt, Anlagebau, Banking, Immobilienwirtschaft, IT und an Start-Ups bis 2012 beteiligt. In einigen dieser Unternehmen war er zudem beratend bis 2012 tätig, wie zum Beispiel der Kinnarps Samas GmbH (Büromöbelhersteller) und der E&E Information Consultants GmbH (Software Haus/ ‐Consultants).

2006 engagierte sich Christ zeitweise mit mehr als 25 % an der Datenlotsen Informationssysteme GmbH, Hamburg und war dort Aufsichtsrat.^[13]

Eine Investorengruppe, an der Christ beteiligt war, übernahm vorübergehend die Interschalt AG (2007).^[14] Bis zum Ausscheiden aus dem Gesellschafterkreis war Christ Vorsitzender des Aufsichtsrates. Sein Unternehmen beteiligte sich zeitweise mit mehr als 10 % an der Nordaktienbank AG.^[15]

2008 beteiligten sich sowohl die Freie und Hansestadt Hamburg als auch Investoren – darunter Christ mit einem Anteil von einem Prozent – an der Norddeutschen Affinerie (NA), um den Einfluss des Großaktionärs Mirko Kovats einzugrenzen.^[16]

Von 2008 bis 2010 war Christ mit bis zu 10 % an der Westgrund AG beteiligt.^[17] Die Westgrund AG ist ein Immobilienunternehmen, das rund 19.000 Wohn- und Gewerbeeinheiten in Deutschland (2016) besitzt.

Auf Initiative seiner Heimatstadt Worms beteiligte sich Christ 2009 an der Rettung der Samas-Gruppe (Büromöbel Schärf).^[18] Anfang 2010 wurde das Unternehmen durch die schwedische Kinnarps AB übernommen.^[19]

Daraus ging die Kinnarps Samas GmbH mit Sitz in Worms hervor. Der Standort in Worms wurde damit erhalten. Christ begleitete die Kinnarps Samas GmbH als Beirat bis 2012.

Als Mitbegründer und bis 2012 zeitweise mit mehr als 30 % der Anteile war Christ größter Einzelaktionär der African Development Corporation, die in afrikanische Firmen investiert.^[20] Seit 2012 ist der ehemalige Barclays-Chef Bob Diamond Großaktionär.^[21][22]

Im Jahr 2020 beteiligte sich Christ an den Gesellschaften TME AG und der Rudolf Scharping Strategie Beratung Kommunikation AG (RSBK AG) als strategischer Investor, war jedoch nicht im operativen Geschäft jener Gesellschaften aktiv.^[23]

Die Beteiligungen an der TME AG und der RSBK AG wurden im Jahr 2022 in verschiedenen Transaktionen veräußert.

Im März 2022 beteiligte sich eine Gesellschaft von Harald Christ, die Custodia Trust Beteiligungs GmbH, gemeinsam mit Sascha Wilhelm am Immobilienunternehmen x+bricks.^[24] Es berichteten mehrere Medien, darunter die Süddeutsche Zeitung und das Handelsblatt.^[25][26]

Im Juli 2023 verkaufte die von Christ als Chairman geführte Christ&Company ihre Beteiligung am IT-Unternehmen G2K Group GmbH, einem Berliner Start-up-Unternehmen, an das amerikanische Softwareunternehmen ServiceNow Inc. Laut dem Quartalsabschluss der ServiceNow Inc. hat diese für die komplette Übernahme von G2K 464 Millionen US-Dollar bezahlt^[27], wobei Christ&Company laut dem Manager Magazin etwa 20 % an dem deutschen Unternehmen gehalten habe.^[28]

Im November 2023 investierte das von Harald Christ als Chairman geführte Beratungsunternehmen Christ&Company gemeinsam mit einem Konsortium aus Industrie und Investoren in den Heidelberger KI-Anbieter Aleph Alpha. Laut Pressemitteilung der Christ&Company belief sich das gesamte Investitionsvolumen der Finanzierung auf über 500 Millionen US-Dollar.^[29]

Politische Aktivitäten

Christ begann sein politisches Engagement in der SPD mit 15 Jahren für die Jusos. Mit 16 Jahren wurde er Vorsitzender in seinem Heimatverband, und mit 17 Jahren Juso-Kreisvorsitzender von Alzey-Worms. Es folgten Funktionen als Mitglied im Juso-Bezirksvorstand und in verschiedenen Ausschüssen auf Landes- und Bundesebene.

2006/2007 war Christ Landesschatzmeister und zugleich Mitglied des geschäftsführenden Landesvorstandes der SPD in Hamburg.^[30] Im April 2010 wurde er zum Landeskassierer der Berliner SPD gewählt und gehörte damit dem geschäftsführenden Landesvorstand bis zum Sommer 2012 an.^[31] Im Rahmen des Berliner SPD Landesparteitages im Juni 2012 stellte er sein Amt zur Verfügung und zog sich aus der Politik zurück, um sich auf neue berufliche Aufgaben vorzubereiten.

Im Februar 2015 war Christ Gründungsmitglied des Wirtschaftsforum der SPD e.V.^[32][33] Bis September 2019 war er Schatzmeister des Vereins und anschließend Vizepräsident.^[34] Im Januar 2020 trat er von seinem Posten als Vizepräsident zurück und aus dem Verein aus.^[35]

Im Juli 2018 ernannte der SPD-Parteivorstand Christ zum Mittelstandsbeauftragten.^[36] Im September 2019 gab er seinen Rücktritt von diesem Posten zum Dezember 2019 bekannt.^[37]

Im Dezember 2019 trat Christ nach 31 Jahren Mitgliedschaft aus der SPD aus. Den Schritt begründete er mit einem Linksruck in der Partei, die seine Wirtschafts- und Mittelstandsposition nicht mehr repräsentiere.^[38] Im März 2020 schloss er sich der FDP an.^[39] Am 17. August 2020 wurde Christ von Christian Lindner als Nachfolger von Hermann Otto Solms als Bundesschatzmeister der FDP vorgeschlagen und am 19. September auf einem außerordentlichen FDP-Bundesparteitag gewählt. Knapp zwei Monate später am 18. November spendete Christ der FDP eine meldepflichtige Summe von 51000 Euro.^[40]

Harald Christ war seit März des gleichen Jahres Mitglied im FDP-Landesverband Rheinland-Pfalz und dort Mitglied im Landesvorstand, bis er im Oktober 2021 dem Berliner Landesverband und dem Ortsverband Dahlem beitrat.^[41] Am 23. April 2022 schied Christ auf dem 73. ordentlichen Bundesparteitag der FDP aus dem Amt des Schatzmeister aus. Zum Nachfolger wurde Michael Georg Link gewählt. Christ zog sich damit aus dem tagesaktuellen Geschäft der Politik zurück, er blieb aber Mitglied der FDP.^[42]

Als bewusstes Gegenmittel gegen die als in Teilen gesichert rechtsextrem eingestufte^[43] Partei AfD, hat Christ im Juli 2023 insgesamt 253 000 € an FDP, SPD, Grüne und CDU gespendet.^[44] Christ erhofft sich von seinen Parteispenden „eine Stärkung der Parteiendemokratie“.^[45]

Kulturelles und soziales Engagement

Im Jahr 2020 gründete Christ die Harald Christ Stiftung für Demokratie und Vielfalt, in welcher er den Vorsitz innehält. Die Stiftung hat insbesondere die Unterstützung Heranwachsender und demokratische Erziehung zum Ziel.^[46] Der Verein stiftet die Preisgelder des queeren Filmpreises Teddy Award, der seit 2020 jährlich im Rahmen der Berlinale vergeben wird.^[47] Außerdem ist Christ Mitbegründer und Ehrenvorsitzender des SOS `86 Kinder von Tschernobyl e. V.,^[48] wobei er in diesem Kontext ein Projekt in Zusammenarbeit mit der Taras-Schewtschenko-Universität fördert.^[49] Außerdem war er im Jahr 2016 Großspender bei Wormatia Worms^[50] Als Anerkennung für sein Engagement wurde Christ 2012 laut einer Pressemitteilung der CDU Oppenheim zum Weinritter der Stadt Oppenheim geschlagen.^[51] Seit 2015 ist er Mitglied des Kuratoriums der Nibelungenfestspiele Worms.^[52] Im Rahmen des Grand Départ der Tour de France 2017 in Düsseldorf spendete er vermutlich für ein Kinderprojekt 250.000 Euro. Weil die Spende anonym einging, gab es im Stadtrat kritische Nachfragen.^[53] Er war Mitglied des Stiftungsvorstands der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, Wiesbaden (2013–2014)^[54] und Mitbegründer sowie stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Förderkreises der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld e. V. (2014–2015).^[55] Für sein langjähriges Engagement zugunsten der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) und insbesondere ihres Standortes in Mannheim wurde Christ die Ehrensenatorwürde der Dualen Hochschule Baden-Württemberg verliehen (2019).^[56]

Privates

Harald Christ ist homosexuell und lebt in Berlin.^[57][58]

Veröffentlichungen

• Mit Peter Gassmann: 4.Zero. Die ESG-Revolution. Murmann Verlag, 2022, ISBN 978-3-86774-729-5.
• Zukunftsfest. Wie wir die Chancen der 20er Jahre nutzen müssen. Murmann Verlag, 2022, ISBN 978-3-86774-727-1.
• Freiheit und Sicherheit. Ein spannungsgeladenes Begriffspaar für Wirtschaft und Gesellschaft. In: Heimat, Freiheit und Sicherheit. Zur Anatomie eines gespannten Verhältnisses. Tectum Wissenschaftsverlag, 2022, ISBN 978-3-8288-4757-6, S. 394–403.
• Der verkannte Wert der Bildung. In: Wertewandel mitgestalten: Gut handeln in Gesellschaft und Wirtschaft. Verlag Herder, 2012, ISBN 978-3-451-30618-1, S. 41–54.
• Deutschlands ungenutzte Ressourcen – Aufstieg, Bildung und Chancen für alle. ambition Verlag, 2011, ISBN 978-3-942821-07-0.
• Der „Wahl-Berliner“. In: Heino Wiese (Hrsg.): Stolz auf Berlin. Verlag Berlin-Brandenburg, 2011, ISBN 978-3-942476-23-2, S. 32–41.
• Wirtschaftliche Kraft und soziale Gerechtigkeit gehören zusammen. In: Matthias Platzeck, Frank-Walter Steinmeier, Peer Steinbrück (Hrsg.): Auf der Höhe der Zeit: Soziale Demokratie und Fortschritt im 21. Jahrhundert. Berlin, 2007, ISBN 978-3-86602-629-2, S. 161–166.

Weblinks

Commons: Harald Christ – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise