Hans Surén

Hans Surén (* 10. Juni 1885 in Berlin; † 17. Februar 1972 ebenda) war deutscher Offizier, Buchautor und ein Vorkämpfer des Naturismus.

Leben

Der Sohn eines Hauptmannes im Großen Generalstab schlug der Familientradition entsprechend die Offizierslaufbahn ein. Er wurde 1905 Leutnant im Eisenbahnregiment 3 in Berlin und Hanau. 1912 machte er den Feldpilotenschein und wurde Mitglied bei den „Alten Adlern in Berlin“. 1913 wurde er Oberleutnant der Kaiserlichen Schutztruppe für Kamerun. Während des Ersten Weltkriegs war Surén am Garnisonsort Garua im Norden der Kolonie stationiert. Unter seiner Mitwirkung entstanden dort zahlreiche Wehrschanzen gegen Angriffe aus der Nachbarkolonie Nigeria. 1915 geriet er in britische Kriegsgefangenschaft. 1917 wurde er in die neutrale Schweiz ausgetauscht und bald danach nach Deutschland entlassen. Bis März 1919 nahm er an Kämpfen in Südrussland und in der Türkei teil. Er beendete zunächst die militärische Laufbahn mit dem Dienstgrad eines Majors. Seine Kriegserlebnisse in Afrika schilderte Surén später in seinem Buch Kampf um Kamerun.[1]

Die englische Kriegsgefangenschaft öffnete ihm möglicherweise den Weg zum Sport. Schon 1907 konnte Surén einen Punching-Ball aus England übernehmen und hatte – weil für Offiziere verboten, unter falschen Namen – Boxen, Ringen, Fechten, Hanteltraining, Rudern und Reckturnen ausgeübt. Um Turngeräte erwerben zu können, lebte er spartanisch. Er absolvierte bei jeglicher Witterung nachts unbekleidet einen Dauerlauf. Hier deutete sich bereits seine Neigung zur Freikörperkultur an. Später ließ er sich auch nackt mit dem Punchingball fotografieren.[2]

Von 1919 bis 1924 war Surén Leiter und Lehrer der Heeressportschule Wünsdorf bei Berlin. Hier entstanden seine Arbeit zur Gymnastik mit dem Medizinball. Später wurde er noch einmal vorübergehend als Inspekteur („Oberstarbeitsführer“) für Leibeserziehung im RAD (Reichsarbeitsdienst) eingesetzt. 1920 heiratete Surén Aenne Bodenstein. Die Ehe blieb kinderlos.

1924 begann Suréns Tätigkeit als freier Sportschriftsteller. Dabei versuchte er hauptsächlich die Jugend zu Freiluft- und Sonnenleben, zu gesunder, harter Leibesübung auf gymnastischer Grundlage sowie zur Einfachheit und Naturverbundenheit hinzuführen. In seinem bekanntesten Buch Der Mensch und die Sonne (1924) legte er breit seine Gedanken zum sportlichen und nackten Leben in der Sonne dar. Dieses Buch wurde umgearbeitet zu einem Bestseller mit Weltgeltung: Bereits in den ersten beiden Jahren nach Erscheinen erlebte es 61 Auflagen, bis Ende des Zweiten Weltkrieges verkaufte es sich 250.000-mal.[3] Mehrere Auflagen wurden ins Englische übersetzt.

Die zweite Überarbeitung erschien 1936 unter dem Titel Mensch und Sonne – Arisch-olympischer Geist mit stark rassistischem Einschlag und zahlreichen Zitaten aus Hitlers Buch Mein Kampf. So verteufelte er Juden („…orientalisches, jüdisches Nomadengift…“(S. 53)) und zitierte ausgiebig Goebbels, Rosenberg und Hitler. Adolf Hitler kannte Suréns Buch und verehrte ihn und seine Ideen. Es wurde nie bekannt, was Surén zu dieser rassistischen Ausformulierung, vielleicht auch Änderung, seiner Position veranlasste. Für ihn spricht jedoch, dass er zwar vor 1933 Aufsätze in FKK-Zeitschriften veröffentlichte, niemals aber einen Aufsatz in der NS-nahen Publikation Deutsche Leibeszucht.

1941 wurde Surén wegen Amtsanmaßung und Führen eines falschen Titels angeklagt und 1942 wegen öffentlichen Masturbierens aus der NSDAP ausgeschlossen und zu einer Geldstrafe verurteilt.[4] Die letzten Jahre des Naziregimes verbrachte Surén im Zuchthaus Brandenburg.

Nach 1945 zog sich Hans Surén vollkommen zurück, weil er an einem philosophischen Werk Sinn unseres Lebens arbeitete. Es ist nicht bekannt, ob es vollendet und verlegt wurde. Suréns Bücher gelten – abgesehen von Zitaten – als sachlich und verschafften der FKK-Bewegung viele neue Anhänger. Surén selbst gehörte jedoch nie einer FKK-Vereinigung an.

1952 wurde Hans Surén zum Ehrenmitglied des Deutschen Verbandes für Freikörperkultur ernannt.

Literatur

  • Dieter Pforte (1989): Hans Surén – eine deutsche FKK-Karriere. In: M. Andritzky & T. Rautenberg: „Wir sind nackt und nennen uns Du“. Von Lichtfreunden und Sonnenkämpfern. Eine Geschichte der Freikörperkultur. Gießen: Anubas, S. 130–135
  • Gieselher Spitzer (1983): Der deutsche Naturismus. Idee und Entwicklung einer volkserzieherischen Bewegung im Schnittfeld von Lebensreform, Sport und Politik. Ahrensburg bei Hamburg: Verlag Ingrid Czwalina.
  • Hajo Bernett (1978): Die Ideologie der Deutschen Gymnastik. In: Sportwissenschaft 8 (1), S. 7–23.
  • Bernd Wedemeyer-Kolwe: »Der neue Mensch«. Körperkultur im Kaiserreich und in der Weimarer Republik, Königshausen & Neumann, Würzburg 2004, ISBN 978-3-8260-2772-7.
  • Ders.: (1986): Gymnastik und Parademarsch? Die Rolle Hans Suréns für die Einführung der Leibesübungen in der Frühzeit des nationalsozialistischen Arbeitsdienstes. In: G. Spitzer & D. Schmidt: Sport zwischen Eigenständigkeit und Fremdbestimmung. Pädagogische und historische Beiträge aus der Sportwissenschaft. Bonn: Institut für Sportwissenschaft, S. 193–212.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans Surén: Kampf um Kamerun – Garua. Scherl, Berlin 1934.
  2. Arnd Krüger: There Goes This Art of Manliness: Naturism and Racial Hygiene in Germany, in: Journal of Sport History18(Spring, 1991), 1, 135 – 158. Surèn auf S. 146. http://library.la84.org/SportsLibrary/JSH/JSH1991/JSH1801/jsh1801i.pdf
  3. Thea Dorn, Richard Wagner: Die deutsche Seele. Knaus, 4. Auflage, 2011, S. 157ff.
  4. Thea Dorn, Richard Wagner: Die deutsche Seele. Knaus, 4. Auflage, 2011, S. 161. Auf dieser Seite befindet sich auch die Abbildung einer nackten Bronzestatuette Suréns mit Medizinball.