Hanns Fischer (Mediävist)

Hanns Fischer (* 27. Mai 1928 in Nürnberg; † 6. August 1968) war ein deutscher Hochschullehrer für germanistische Mediävistik an der Universität Tübingen.

Leben

Hanns Fischer studierte ab 1947 für fünf Semester an der Universität Heidelberg Germanistik und klassische Philologie. 1950 wechselte er an die Universität Tübingen, später nach München. Nach seinem Staatsexamen auf Lehramt im Jahr 1952 absolvierte er sein Referendariat. 1953 promovierte er mit seinen Strickerstudien, war wissenschaftlicher Assistent von Hugo Kuhn und war am Neuaufbau des deutschen Seminars in München, besonders der Bibliothek, beteiligt. Nach seiner Habilitation im Jahr 1960 erhielt er 1963 einen Ruf an die Universität Tübingen als Ordinarius für Ältere Deutsche Sprache und Literatur. 1967 lehnte er einen Ruf an die Universität Hamburg ab. 1968 verunglückte Hanns Fischer in den Schweizer Alpen tödlich.

Forschung

Fischer erforschte systematisch die spätmittelalterliche Literatur, ganz besonders bedeutend ist Fischers Arbeit und Wirken um die Märendichtung. Hier betrieb er Grundlagenforschung, in seiner 1968 erschienenen Monographie Studien zur deutschen Märendichtung wurden erstmals systematisch die Gattung des Märes, formale Beschreibung, Eingliederungen in Hauptkategorien und Überlieferungen beschrieben, ja die gesamte Epoche erstmals übersichtlich untersucht. Seine Grundlagenforschung hatte großen Einfluss auf weitere Bereiche der germanistischen Spätmittelalterforschung: mit seinem Selbstverständnis als Historiker sonderte er klar die Vielfalt der novellistischen Texte in eigenständige Gattungen heraus. Er war profunder Kenner und Liebhaber mittelalterlicher Handschriften und trug zur Entstehung des Münchener Katalogs mittelalterlicher Handschriften bei.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Strickerstudien: Ein Beitrag zur Literaturgeschichte des 13. Jahrhunderts, München 1953
  • Studien zur deutschen Märendichtung, Tübingen 1968. Zweite durchgesehene und erweiterte Auflage besorgt von Johannes Janota, Tübingen 1983
  • als Hrsg.: Vier Erzählungen/ Herrand von Wildonie, Tübingen 1959
  • als Hrsg.: Fünfzehn kleine Verserzählungen/ Der Stricker, Tübingen 1960
  • als Hrsg.: Hans Folz: Die Reimpaarsprüche., München 1961 (= Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters. Band 1).
  • als Hrsg.: Eine Schweizer Kleinepiksammlung des 15. Jahrhunderts (21 Fabeln, Schwänke und Erzählungen des XV. Jahrhunderts; Cod. 643 der Stiftsbibliothek St. Gallen), Tübingen 1965
  • als Hrsg.: Die deutsche Märendichtung des 15. Jahrhunderts, München 1966
  • als Hrsg.: Schrifttafeln zum althochdeutschen Lesebuch, Tübingen 1966
  • als Hrsg.: Schwankerzählungen des deutschen Mittelalters (Auswahl und Übersetzung), München 1967 (zusammen mit seiner Frau)
  • Gestaltungsgeschichten im „Meier Helmbrecht“. In: Beiträge. (Tübingen) Band 79, 1957.
  • Neue Forschungen zur deutschen Dichtung des Spätmittelalters (1230-1500). In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte. Band 31, 1957.
  • Zur Gattungsform des „Pfaffen Amis“. In: Zeitschrift für deutsches Altertum und Deutsche Literatur. Band 78, 1958.
  • Probleme und Aufgaben der Literaturforschung zum deutschen Spätmittelalter. In: Germanisch-Romanische Monatsschrift. Band 9, 1959.
  • Eine vergessene schwäbische Liedersammlung des 15. Jahrhunderts. In: Zeitschrift für Deutsches Altertum und Deutsche Literatur. Band 91, 1962.
  • Auskunftsstelle für Editionsvorhaben zu mittelalterlichen deutschen Texten. In: Monatshefte für Deutschen Unterricht, Deutsche Sprache und Literatur. Band 54, 1962.
  • Mittelalterliche deutsche Handschriften der Universitätsbibliothek München (II). In: Beiträge (Tübingen). Band 84, 1962-
  • Jacob Käbitz und sein verkanntes Liederbuch. In: Euphorion. Band 56, 1962.
  • Zu Johannes Hartliebs Baderbuch. In: Beiträge zur Geschichte der Deutschen Sprache und Literatur. Band 84, 1963.
  • Hans Folz: Altes und Neues zur Geschichte seines Lebens und seiner Schriften. In: Zeitschrift für Deutsches Altertum und Deutsche Literatur. Band 95, 1966.
  • „Der Stein der Weisen“: Ein unveröffentlichter Gedichtentwurf von Hans Folz. In: Zeitschrift für Deutsche Philologie. Band 86, 1967.
  • Ein neuer Textzeuge der „Minnelehre“ Johanns von Konstanz. In: Zeitschrift für Deutsches Altertum und Deutsche Literatur. Band 97, 1968.
  • Der Überfall beim Nördlinger Scharlachrennen: Bemerkungen zu einem vergessenen Zeitspruch aus dem Jahre 1422. In: Eckehard Catholy, Winifried Hellmann (Hrsg.): Festschrift für Klaus Ziegler. Tübingen 1968.
  • Deutsche Literatur und lateinisches Mittelalter. In: Ingeborg Glier, Gerhard Hahn, Walter Haug, Burghart Wachinger (Hrsg.): Werk – Typ – Situation: Studien zu poetologischen Bedingungen in der älteren deutschen Literatur. Festschrift Hugo Kuhn zum 60. Geburtstag. Stuttgart 1969.

Literatur

  • Hanns Fischer: Studien zur deutschen Märendichtung, Tübingen 1968.
  • Michael Curschmann: Hanns Fischer: 1928–1968. In: Jahrbuch für internationale Germanistik. 1 (1969), S. 183–190.
  • Hanns Fischer: Strickerstudien: Ein Beitrag zur Literaturgeschichte des 13. Jahrhunderts, München 1953.