Erdrutsch

Computersimulation: Hangrutsch im San Mateo County bei San Francisco, 1997

Ein Erdrutsch ist das Abgleiten größerer Erd- und Gesteinsmassen, meistens ausgelöst durch starke Niederschläge (langandauernder Regen oder Starkregen) und das dadurch bedingte Eindringen von Wasser zwischen vorher gebundene Bodenschichten. Durch die Schwerkraft und die Verminderung der Haftreibung zwischen den Bodenschichten rutscht der Hang (bei ausreichend großer Hangneigung) ab. Ein großer Erdrutsch wird auch Bergrutsch genannt; wenn kleine Flächen betroffen sind, auch Hangrutsch oder Hangrutschung.

Ein Erdrutsch unterscheidet sich vom Bergsturz durch die geringere Geschwindigkeit.

Ursachen

Hangrutsch in Osttimor
Hangrutsch in Doren im österreichischen Vorarlberg

Die häufigste Ursache ist, dass der Erdboden am Hang zu große Mengen an Wasser, beispielsweise infolge heftiger Gewitterregen oder durch Schneeschmelze, aufgenommen hat. Wegen zu geringer innerer Haftreibung folgt daraus ein Verlust der Stabilität entlang einer sich ausbildenden Gleitfuge.

Andere mögliche Ursachen sind:

Das Risiko eines Erdrutsches ist abhängig von:

  • der Wasserdurchlässigkeit und Wasseraufnahmefähigkeit der Bodenschichten,
  • dem Gefälle des Geländes,
  • dem Vorhandensein oder Fehlen einer schützenden Vegetation, deren Durchwurzelung die Bodenkrume zusammenhält,
  • dem Vorhandensein rutschiger Grenzflächen, beispielsweise entlang von Tonschichten.

Formen des Erdrutsches

Ein Erdrutsch bewegt sich meist in komplexer, rotierender Bewegung nach unten. Je nach Entstehungsort können auch Bäume, Eis- oder Schneemassen oder Bestandteile menschlicher Bauwerke zum Materialstrom beitragen.

Besondere Formen des Erdrutsches sind:

  • Der Erdschlipf oder die Rutschung, bei der Erdmaterial entlang einer Schwächezone als Block abrutscht
  • Die Sackung oder Rotationsrutschung, bei der ein Bodenkörper in einer kreisförmigen Bahn um eine zum Hang orthogonale Achse abgleitet
  • Die Hangmure, bei der als Folge von starken Niederschlägen Wasser gesättigtes Erdmaterial spontan abrutscht und in Form eines Murgangs relativ weite Strecken zurücklegt
  • Der Schuttstrom, bei dem Wasser und Schutt plötzlich und kanalisiert (z. B. in einem Bachbett) freigesetzt werden (Murgang)

Beispiele für Erdrutsche

TypDatumOrtUrsache / AuslöserSchäden
Erdrutsch1920Gansu, ChinaErdbebenBeim Erdbeben von Gansu gab es insgesamt mehr als 200.000 Tote
Erdrutsch22. April 1980Thanheimer Steige am Albtrauf zwischen Bisingen und Albstadt-Onstmettingen, Baden-Württemberg, DeutschlandDurch das Zusammentreffen von Schneeschmelze und starken Regenfällen zerstörte ein starker Erdrutsch auf einer Fläche von rund 16 Hektar den kompletten Straßenverlauf. Der Albaufstieg musste über drei Jahre gesperrt und vollständig erneuert werden.
Steinrutschung12. April 1983am „Hirschkopf“ am Albtrauf bei Mössingen, Baden-Württemberg, DeutschlandAuf einer Fläche von rund 50 Hektar brachen fünf bis sechs Millionen Kubikmeter Gestein ab und rutschten samt Wald und Waldweg in die Tiefe, ein Vorgang, der schon seit Jahrtausenden den Trauf der Schwäbischen Alb, der einstmals bis in die Nähe von Stuttgart reichte, immer weiter zurückweichen lässt.
Erdrutsch1994Plasselb, Kanton Freiburg, SchweizEtwa 30 Millionen Kubikmeter Material (Schlamm, Gesteinsbrocken, Holz)Die Ferienhaussiedlung Falli-Hölli wurde komplett zerstört. Insgesamt wurden etwa 37 Gebäude zerstört.[1]
BergrutschAbend des 11. Dezember 2004[2]Steinbruch Steinbergen, Steinbergen, Niedersachsen, DeutschlandEin etwa 300 m langer und bis zu 50 m breiter keilförmiger Block rutschte aus dem Kamm des Messingberges (Wesergebirge/Niedersachsen) nach Norden ab.Felsmassen in der Größenordnung von ca. einer Million Tonnen stürzten lawinenartig bis zu 300 m weit in den vorgelagerten Steinbruch. Tiefe Risse und Spalten haben sich auch auf der Südseite des Berges gebildet. Weitere Klippenformationen (Mönch und Nonne), die den Kamm bilden, sind gefährdet ebenso abzurutschen. Negative Auswirkungen auf wertvolle Wald- und Naturbereiche dieses touristisch genutzten Erholungsraumes im Weserbergland sind zu erwarten.
ErdrutschMorgen des 18. Juli 2009 gegen ca. 4:40 UhrConcordiasee im Harzvorland in Sachsen-AnhaltEin etwa 350 mal 150 Meter breiter Landstreifen rutschte in den entstehenden See beim großen Erdrutsch am Concordiasee.
Erdrutsch22. November 2015Kachin-Staat, MyanmarRaubbau – statische Mängel einer AbraumhaldeBei einem Erdrutsch der Abraumhalde einer Jade-Mine Norden Myanmars kamen 114 Menschen ums Leben. Ein circa 300 Meter hoher Abraumhügel rutschte ab und begrub knapp 50 Häuser. Der Großteil der Toten waren Dorfbewohner, welche die riesige Halde der Jade-Mine durchsuchten.[3]
Erdrutsch20. Dezember 2015Shenzhen, Gewerbegebiet Neu-Guangming, ChinaAnhaltende RegenfälleAus einem künstlichen ca. 100 Meter hohen Abfallberg löste sich eine Schlammlawine, die eine Fläche von über 380.000 Quadratmetern bedeckte; über 85 Menschen wurden seither vermisst.
Erdrutsch25. Dezember 2015Kachin-Staat, MyanmarRaubbau – Statische Mängel einer AbraumhaldeNach dem schweren Erdrutsch des Abraumhügels einer Jade-Mine am 22. November 2015 kamen bei einem weiteren Erdrutsch mindestens 50 Menschen ums Leben.[4]
Erdrutsch16. Mai 2015Salgar, KolumbienAnhaltende RegenfälleNach einem Erdrutsch mit Schlammlawine und Überschwemmung starben 58 Menschen, weitere 37 Personen wurden verletzt. Bei einem gleichgelagerten Erdrutsch im Jahre 1966 kamen in Salgar über 100 Menschen ums Leben.[5][6]
Erdrutsch24. Juni 2017Xinmo, Diexi, Sichuan, ChinaAnhaltende RegenfälleNach einem Erdrutsch mit Schlammlawine und Überschwemmung wurden alle 62 Häuser des Dorfes Xinmo verschüttet. Stand 26. Juni 2017 wurden 15 Leichen geborgen und weitere 118 Menschen vermisst.[7][8]
Erdrutsch10. Mai 2023Brienz/Brinzauls, Kanton Graubünden, SchweizBrienz rutscht seit einigen Jahren etwa 1 m pro Jahr ab, im Mai 2023 vergrößerte sich die Geschwindigkeit, wegen drohender Niederschläge wurde am 10. Mai 2023, nachmittags verordnet, dass der Ort bis 12. Mai, abends (von Wohnbevölkerung) zu räumen ist3 Szenarien werden erwartet: Erdrutsch, Felssturz oder Bergsturz.[9]
Durch Hangrutschungen geformtes Ufer des Lago Maggiore

Mögliche Gegenmaßnahmen

Hangrutschungen lassen sich kaum verhindern, aber bei nicht allzu großen Erdmassen oder langsamer Bewegung in ihrer Wirkung mildern. Wichtigster Punkt dabei ist, das Wasser aus dem Hang zu entfernen. Dabei gibt es unterschiedliche Maßnahmen, unter anderem:

  • Einbauen von Drainagen, entweder oberflächenhaft oder tief in den Untergrund hinein (z. B. Drainageanker);
  • vorbeugende Einbauten in den gefährdeten Untergrund – analog zur Wildbach- und Lawinenverbauung;
  • kurzfristige Stabilisierung bewegter Hänge durch Beton- und Stahlbewehrung (z. B. Panzerigel);
  • bei kleinen Ausmaßen auch Stabilisierung durch Sandsäcke;
  • großflächiges Abdecken kritischer Hangbereiche durch Planen, um weiteres Eindringen von Regenwasser zu verhindern.
  • Ein Schutzwald bietet häufig eine wirksame Sicherung. Die Wurzeln der Bäume verfestigen den Boden und regulieren den Wasserhaushalt (siehe auch Durchwurzelung).
  • Auch Rasensaaten stabilisieren den Hang mit ihren feinen und stark verzweigten Wurzeln.
  • Abflachen des Hangs.

Diese Maßnahmen sind jedoch machtlos gegen Erdrutsche, bei denen sich Millionen Kubikmeter Erde lösen. Die beste Maßnahme gegen diese Erdrutsche ist die Vorbeugung.

  • Verbote hindern Menschen daran, in gefährdeten Gebieten zu siedeln.
  • Aufmerksamkeit kann eine Vorwarnzeit bis zum tatsächlichen Erdrutsch gewährleisten und eine rechtzeitige Evakuierung ermöglichen.

Tsunamis durch Erdrutsche

Ein Erdrutsch ist eine häufig vorkommende, aber in der Regel lokale Naturkatastrophe. Auf das betroffene Ökosystem wirkt er als Störung und öffnet Rohboden für die Wiederbesiedelung sowie einen Neustart der Sukzession.

Erdrutsche im Meer oder in Seen, insbesondere von oberhalb des Wasserspiegels in diese Gewässer hinein, können dagegen Tsunamis auslösen und dadurch auch in größerer Entfernung Zerstörungen verursachen. Bei entsprechender Größe des Erdrutsches kann die Flutwelle an benachbarten Küstenhängen Höhen von mehreren hundert Metern erreichen (Megatsunami).[10]

Vor den Inseln Hawaiis befinden sich große Schuttfächer, die durch Flankenabbrüche der Vulkane entstanden sind. Flankenabbrüche mit gefährlichen Tsunamis gibt es dort nach Schätzungen von Wissenschaftlern etwa alle 100.000 Jahre.[11]

Erdrutsche mit Tsunamis sind in der Liste von Tsunamis, andere sind in der Liste von Lawinen und Erdrutschen, Bergstürzen angegeben.

Vergleiche

Siehe auch

Literatur

  • Kyoji Sassa, Badaoui Rouhban, Sálvano Briceño (Hrsg.): Landslides : global risk preparedness. Springer, Berlin/Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-22086-9.

Weblinks

Wiktionary: Erdrutsch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Erdrutsche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 20 Jahre Falli Hölli: Als 30 Millionen Kubikmeter Masse ins Tal stürzten. In: freiburger-nachrichten.ch. 12. Mai 2014, abgerufen am 22. Mai 2023.
  2. bergrutsch-steinbergen.de
  3. Tagesschaubericht Abraumhalde begräbt Dutzende Menschen aufgerufen am 27. Oktober 2016
  4. Tagesschaubericht Dutzende Tote in Jade-Mine befürchtet aufgerufen am 27. Oktober 2016
  5. Viele Tote nach Erdrutsch in Kolumbien in Zeit online vom 19. Mai 2016, aufgerufen am 27. Oktober 2016
  6. Anja Bosch: Kolumbien – das Eldorado des Kaffees. (Memento desOriginals vom 27. Oktober 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/issuu.com In: Seeberger Kaffeesatz - Juli 2016, 14. Ausgabe, aufgerufen am 27. Oktober 2016
  7. Als hätte es das Dorf nie gegeben: Erdrutsch in China löscht einen ganzen Ort aus. Jetzt droht neue Gefahr, Augsburger Allgemeine, 26. Juni 2017
  8. China: Kaum noch Hoffnung für Vermisste nach Erdrutsch, Hamburger Abendblatt, 26. Juni 2017
  9. Evakuierung läuft : Berg droht Schweizer Ort zu begraben orf.at, 10. Mai 2023, 15.09 MESZ, abgerufen 10. Mai 2023.
  10. World's Tallest Tsunami geology.com – 524 m hoch, im Lituya Bay, Alaska, 9 Juli 1958.
  11. Peter Cervelli: Die Bedrohung durch stille Erdbeben. In: Spektrum der Wissenschaft. Juni 2004 (PDF)

Auf dieser Seite verwendete Medien

Doren Vlbg2.JPG
Autor/Urheber: böhringer friedrich, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Insgesamt sind am 25. Februar 2007 auf rund 800 Metern Länge und 380 Metern Breite auf gut 200.000 Quadratmetern Gestein in Bewegung geraten. Die größte Verschiebung gab es am Donnerstag, da rutschte der Hang innerhalb von 24 Stunden nahezu 17 Meter ab. [1] Im Zentrum der Gemeinde Doren im Bregenzerwald “Blick von Englen der Gemeinde Langenegg”. Im Bildhintergrund die Volks-und Hauptschule Doren
Landslide Lago-Maggiore.JPG
Autor/Urheber: Hans G. Oberlack, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Landscape on the eastern side of Lago Maggiore formed by a landslide
Erdutsch in Osttimor 2021.jpg
Estudu Impaktu Intensidade Udan Bo’ot Iha Loron 3 – 4 Abril 2021 ba Dezastre Naturais ( Estraga Estrada Fatu-Ahi)

Instituto do Petróleo e Geologia – Instituto Público (IPG) liuhusi Divisaun Risku Jeolójia no Enjeñaria Jeolójiku, Xefe Ekipa Engenharia Jeolójika Eng. Felix Januario Guterres Jones no Eng. Luis Teofilo relata estudu Akontesementu udan bo’ot durante loron tolu (3) nian laran hahú husi loron 2 – 4 Abril 2021 hamosu dezaster inundasaun no rai halai iha teritório Timor-Leste laran tomak ne’ebé mak fó impaktu lakon vida humanu no infrastrutura hanesan dalan, ponte, uma no seluk, iha momentu ne’ebé hanesan dalan fatu-ahi mos hetan estragus husi udan bo’ot refere, observasaun direita iha kampu no Ekipa konsege foti dadus largura no kumpermentu ne’ebé mak bele hare iha kraik: Fracturadu I estrada ho luan 60 cm Fracturadu II estrada ho luan 30 cm Total Cumpermentu (luan) area afetado 18.5 m Total Largura (Naruk) area afetado 66 m Udan ho intensidade nebe bot iha dia 3 de Abril ho akumulasaun durante loron ida hamutuk 343, 82 mm (dadus udan ben husi fonte Dr. Benjamin Hopper Martins Benjamim Hopffer Martins ), hare iha grafiku udan ben iha mapa SPI no TWI) nebe mak hamosu impaktu estragus ba dalan fatu-ahi, fatór seluk mak hanesan kapasidade akumulasaun mota bo’ot liu drainage ne’ebé iha, formasaun metamorfiku (fraturadu), morfologia inclinasaun ne’ebé mak moderadu no seluk tan. Iha parte ne’e hakarak koalia ituan kona ba mapa Stream Power Index (SPI) no Topography Wetness Index (TWI), mapa SPI no TWI ne’ebé mak kria husi dadus LIDAR DEM 5 m hatudu katak fatin refere (Fatu-ahi) hetan estragus tamba akumulasaun udan ben ne’ebé bo’ot husi dia 2 – 4 abril 2021 ho (dia 3/4 2021 hamutuk 343, 82 mm/loron), ne’ebé akumula hamutuk iha mota ki’ik ho korenti ne’ebé bo’ot (valor hare iha Mapa SPI no TWI) no inklinasaun ne’ebé moderadu 36° - 52° hodi fo impaktu no estragus infrstrutura dalan nebe iha Fatu-ahi. Modelasaun Mapa Stream Power Index (SPI) no Topography Wetness Index (TWI) ho kalkulasaun formula mak hanesan: SPI = As * tan β As nudar área spesifikasaun cathcement β mak local gradient inclinasaun (grau) SPI descreve mós potensial flow erosion ne’ebé relasaun ho prosesu landscape. Enquanto Captação área no inklinasaun aumenta, no kontribuisaun kuantidade bee iha área inklinasaun ho velosidade korenti bee aumenta mós. Nune’e, SPI e risko erosaun mós aumenta. SPI mós kontrola potensialidade forsa erosive iha fluxos terrestres, espessura horizontes rain nian, quantidade material organiko, pH, Siltitu, no rai henek. TWI = ln=(α⁡ /tan⁡β ) α komulativu área inclinasaun iha pontu eskoando nian (por unidade largura de contur) no β pontu anglo inklinasaun. Ln (α/ β) indexo refleto no tendensia husi forsa gravitasaun mobilizasaun bee tuir inklinasaun (expresaun tuir termos ne’ebé tan β aprosimasaun hydraulic gradient). Primeiro lugar inflitrasaun bee depende ba propiedades permiabilidade, pressao bee no efeito ba resistansia rai. @Mídia_IPG@ Instituto do Petróleo e Geologia – Instituto Público (IPG) https://goo.gl/maps/XfD4ruMBu8iD1tERA Website: http://ipg.tl/

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Landslide animation San Matteo County.gif
This computer simulation depicts the movement of a deep-seated "slump" type landslide in San Mateo County. Beginning a few days after the 1997 New Year's storm, the slump opened a large fissure on the uphill scarp and created a bulge at the downhill toe. As movement continued at an average rate of a few feet per day, the uphill side dropped further, broke through a retaining wall, and created a deep depression. At the same time the toe slipped out across the road. Over 250,000 tons of rock and soil moved in this landslide.