Hallsche Kurbel
Als Hallsche Kurbel (auch Hall’sche Kurbel oder Hallesche Kurbel) ist ein Teil des Laufwerkes von Lokomotiven bekannt, welches aus der Frühzeit der Entwicklung von Schienenfahrzeugen stammt. Seinen Namen hat die Kurbel vom englischen Ingenieur Joseph Hall, der in den Jahren 1839 bis 1857 erster Maschinenmeister bei J.A. Maffei in München und später technischer Leiter der Wiener Neustädter Lokomotivfabrik war.[1][2]
Konstruktive Merkmale und Geschichte
Treib- und Kuppelachsen sind bei dieser Bauart durch den Rahmen nach außen verlängert, an deren Enden die Hallsche Kurbel sitzt. An dieser sind die Treibzapfen des Gestänges und die Teile der Steuerung befestigt. Ein Charakteristikum der Kurbel ist, dass die halsförmige Nabe der Kurbel gleichzeitig als Sitz für das Achslager fungiert.[2] Damit konnte ein geringerer Abstand zu den Zylindermitten erreicht werden.[3] Aus Platzgründen wurden Kurbel, Treibzapfen und der Kuppelzapfen aus einem Stück gefertigt, Hallsche Kurbeln bestehen zumeist aus Siemens-Martin-Stahl.[4] Die Gegengewichte, welche zum Ausgleich der durch die hin und her gehenden Massen des Triebwerkes entstandenen Unwucht dienen, sind zumeist bei Loks mit Hall’schen Kurbeln (analog zu denen mit Innenrahmen) auf den Rädern montiert. Befinden sich die Gewichte auf der Kurbel, spricht man auch von einer Gegenkurbel.[5] Diese kann jedoch durch den als Achslagersitz ausgeführten Kurbelhals sehr wohl eine Hall’sche Kurbel sein.
Der österreichische Lokomotivkonstrukteur Karl Gölsdorf definierte die Hall’sche Kurbel folgendermaßen: „Lokomotiven mit außerhalb der Räder liegenden Rahmen und auf den Achsen außen aufgesteckten Kurbeln waren schon seit der ältesten Periode des Lokomotivbaues bekannt. […] Um bei Außenrahmen und außen liegender Steuerung die nötige Gegenkurbel an der Treibkurbel zu vermeiden, konstruierte Hall 1853 bei den Lokomotiven der bayrischen Staatsbahnen eine Kurbel, an welcher Kurbelblatt und Exzenterscheiben ein Stück bildeten. […] Ein Hauptnachteil der bisherigen Kurbeln war die durch sie bedingte weite Entfernung der Zylindermitten. Hall verminderte diese Entfernung wesentlich dadurch, daß er im Jahre 1858 den Hals der Kurbeln als Lager ausbildete.“[2]
Die Hall’schen Kurbeln waren ein wichtiges Konstruktionselement bei Dampflokomotiven, welche in der Anfangszeit der Eisenbahn zumeist noch einen Außenrahmen besaßen. Durch sie konnte das in der Wartung komplizierte Innentriebwerk und die teure Kropfachse samt der Innensteuerung eingespart werden. Joseph Hall entwickelte und patentierte die Kurbel im Jahre 1853 und verbesserte sie 1856 oder 1858 wesentlich, in dem er den Hals der Kurbel als Sitz für das Achslager ausformte.[2][6] Allerdings geht letztere Entwicklung angeblich auf Jean Jacques Meyer zurück und Hall ließ sie sich lediglich 1856 auf seinen Namen patentieren.[6] Ihre Anwendung wurde sehr durch die Entwicklung der sog. Crampton-Lokomotive beeinflusst, bei der der sehr tief liegende große Lokomotivkessel einen Außenrahmen voraussetzte. Dies bedingte gleichzeitig die Verwendung von Hallschen Kurbeln.[7] Dampflokomotiven mit Außenrahmen und Hallschen Kurbeln wurden bis etwa 1900 gefertigt und waren besonders im süddeutschen Raum und Österreich-Ungarn verbreitet. Durch die Entwicklung des Innenrahmens mit außenliegender Steuerung konnte auf Hall’sche Kurbeln endgültig verzichtet werden. Bei einigen frühen Elektrolokomotiven wurde diese Konstruktionsform des Antriebes ebenfalls verwendet. Lokomotiven mit Außenrahmen und Hallschen Kurbeln zählen wegen ihrer Seltenheit zu besonderen Museumsexponaten.
Museumslokomotiven mit Außenrahmen und Hallschen Kurbeln (Auswahl)
Quelle:[8]
- Hall’sche Kurbel mit Gegengewicht (Gegenkurbel) an der BHStB IIIb5 169, gut zu sehen der geringe Abstand zum Achslager dahinter
- Elektrolok der Reihe NÖLB E (später 1099) von 1910, zwei Drehgestelle mit hochliegendem Motor und Antrieb über Vorgelege und Hall’sche Kurbeln
- Schnellzugslok CSD 252.008 von 1881 mit Hall’schen Kurbeln
- Güterzug-Elektrolok ÖBB 1180 von 1926
Literatur
- Manfred Weisbrod, Hans Müller, Wolfgang Petznick: Dampflok-Archiv, Baureihen 01–99. Transpress Verlag, Berlin 1976.
- Karl-Ernst Maedel, Alfred B. Gottwaldt: Deutsche Dampflokomotiven. Transpress-Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-344-70912-7.
- Karl Gölsdorf: Lokomotivbau in Alt-Österreich. In: Internationales Archiv für Lokomotivgeschichte, 1976, 26, Verlag Slezak, Wien.
- Dampfloksonderkonstruktionen mit Erwähnung von Lokomotiven mit Außenrahmen und Hallschen Kurbeln. books.google.de
Weblinks
- Internetseite mit Erwähnung über Hallsche Kurbeln. drehscheibe-online.de
- Internetseiten über den Zusammenbau der Sächsischen I K Nr.54. stiftung-ssb.de
Einzelnachweise
- ↑ Internetforum. drehscheibe-online.de
- ↑ a b c d Karl Gölsdorf: Lokomotivbau in Alt-Österreich. In: Internationales Archiv für Lokomotivgeschichte IAL. 1. Auflage. Band 26. Verlag Slezak, Wien 1976, ISBN 3-900134-40-5, S. 37 ff.
- ↑ Achsen. [2]. In: Luegers Lexikon der gesamten Technik. 2. Auflage. Band 1. Deutsche Verlags-Anstalt, Leipzig / Stuttgart 1904, S. 69 (Digitalisat. zeno.org).
- ↑ Kurbeln. In: Victor von Röll (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Auflage. Band 7: Kronenbreite–Personentarife. Urban & Schwarzenberg, Berlin / Wien 1915, S. 39–42.
- ↑ Drehscheibe Online Foren – 04 – Historisches Forum – Was ist eine „Hallesche Kurbel“? Abgerufen am 7. September 2021.
- ↑ a b ÖNB-ANNO - Die Lokomotive. Abgerufen am 7. September 2021.
- ↑ Karl-Ernst Maedel, Alfred B. Gottwaldt: Deutsche Dampflokomotiven. Transpress Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-344-70912-7, S. 48.
- ↑ Dieter Zoubek: Erhaltene Dampflokomotiven in und aus Österreich. Eigenverlag, ISBN 3-200-00174-7.
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1881 Express steam locomotive 252.008 with 1892 trailing tender 412.008
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Südbahn 17c 372, Detail
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ÖBB 1180 004-2 in Landeck.
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BHStB 169 (JŽ 73-019)Schmalspur-Schnellzuglokomotive.
Hersteller: MÁVAG – Budapest. Fabriksnummer: 3287. Baujahr: 1913. Bauart: 1C1h2. Vmax: 60 km/h. Bei dieser 1913 in Budapest gebauten Dampflokomotive handelt es sich um eine Schmalspur-Schnellzugmaschine der einstigen Bosnisch Herzegowinischen Staatsbahn, wo sie die Nummer 169 trug. Sie stand bis in die Siebzigerjahre auf dem großen, ehemals österreichischen 760 mm-Schmalspurnetz in Bosnien zuletzt auf der "Steinbeisbahn" im Einsatz.
Diese Dampflokomotive – eine von drei aus dieser Baureihe noch existierenden - befindet sich im Eigentum des Club 760 und war am 13. September 2015 zusammen mit einer Mh 3 einem Sonderzug der Pinzgaubahn (Zell am See – Krimml – Zell am See) vorgespannt. Die andere steht in einem Museum nahe Beograd.