Hallgarten (Rheingau)
Hallgarten Stadt Oestrich-Winkel | |
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Koordinaten: 50° 1′ 38″ N, 8° 1′ 52″ O | |
Höhe: | 195 m ü. NHN |
Fläche: | 11,37 km²[1] |
Einwohner: | 2028 (29. Dez. 2015)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 178 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Januar 1977 |
Postleitzahl: | 65375 |
Vorwahl: | 06723 |
Hallgarten inmitten von Weinbergen von Nordwesten gesehen |
Hallgarten ist ein Stadtteil von Oestrich-Winkel im Rheingau-Taunus-Kreis in Hessen. Der Name des Ortes entstand aus dem alten Begriff Hagadun.
Geographische Lage
Hallgarten liegt als einer der Rheingauer Höhenorte nicht am Rhein, sondern zwei Kilometer weiter nördlich in Hanglage unterhalb der Rodungsgrenze der Taunuswälder. Der Ort ist als Weindorf allseits von Weinbergen umgeben und bietet eine Fernsicht nach Süden über das Rheinhessische Tafel- und Hügelland hinweg bis zum 46 km entfernten Donnersberg und bis zur Odenwälder Bergstraße. 1500 Meter nördlich der Ortslage reicht die in den Waldrand hineingebaute Siedlung Am Rebhang bis in eine Höhe von 400 Meter hinauf.
Zweieinhalb Kilometer nördlich von Hallgarten erhebt sich der Gipfel der Hallgarter Zange (580,5 m ü. NN). Der 1909 dort errichtete Aussichtsturm bietet den besten Blick über den Rheingau. Der dem Taunushauptkamm um rund 1000 Meter nach Süden vorgelagerte Berg wirkt von Süden her perspektivisch höher als die dahinter liegende höchste Erhebung des Rheingaus, die bewaldete Kalte Herberge (619,3 m). Die Waldungen von Hallgarten schließen die Mapper Schanze als einzige erhaltene Torbefestigung des Rheingauer Gebücks mit ein und reichen im Hinterlandswald bis zum oberen Ernstbach.[3]
Geschichte
Chronik
Hallgarten entstand vermutlich aus einem Landgut des Klosters Eberbach. Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Hallgarten erfolgte unter dem Namen Hargardun im Jahr 1112 in einer Urkunde des Erzbistums Mainz.[1]
Der Ort war mit dem ganzen Rheingau Teil des Kurmainzischen Territoriums. Nach Auflösung des Kurstaates ging der Ort 1803 an Nassau-Usingen und gehörte zur Zeit des Herzogtums Nassau zum Amt Eltville.
Dank Johann Adam von Itzstein und der Versammlungen seines Hallgartenkreises politischer und gesellschaftlicher Größen zwischen 1832 und 1847, kommt Hallgarten eine politische und historische Rolle zu. Man traf sich im Weingut Itzsteins in Hallgarten zur Diskussion politischer Themen. Zu diesem Oppositionskreis gehörte unter anderen Hoffmann von Fallersleben, der 1847 in Hallgarten eine Itzstein-Biografie verfasste. Der Hallgartener Kreis wird auch als eine Keimzelle der Frankfurter Nationalversammlung 1848 in der Frankfurter Paulskirche gesehen.
Nach der Annexion des Herzogtums Nassau durch Preußen wurde Hallgarten 1867 dem Rheingaukreis im Regierungsbezirk Wiesbaden zugeordnet.
Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde Hallgarten kraft Landesgesetz und gegen den Willen der Bevölkerung zum 1. Januar 1977 in die Stadt Oestrich-Winkel eingegliedert.[4] Seit dieser Zeit bis zu den Kommunalwahlen 2016 war Hallgarten der einzige Oestrich-Winkeler Stadtteil, für den ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat eingerichtet worden war; seitdem gibt es weitere drei Ortsbeiräte und der Ortsbeirat Hallgarten wurde von sieben auf fünf Sitze verkleinert.[5]
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Hallgarten lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][6]
- 1604: Heiliges Römisches Reich, Kurfürstentum Mainz, Mittelamt Oestrich
- vor 1803: Heiliges Römisches Reich, Kurfürstentum Mainz, Unteres Erzstift, Vizedomamt Rheingau, Amtskellerei Eltville und Amtsvogtei Erbach
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Fürstentum Nassau-Usingen (durch Reichsdeputationshauptschluss), Vicedomamt Rheingau, Amtskellerei Eltville
- ab 1806: Rheinbund, Herzogtum Nassau, Amtskellerei Eltville
- ab 1815: Deutscher Bund, Herzogtum Nassau, Amt Eltville
- ab 1849: Deutscher Bund, Herzogtum Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Kreisamt Rüdesheim (Justizamt Eltville bis 1854)
- ab 1854: Deutscher Bund, Herzogtum Nassau, Amt Eltville
- ab 1867: Norddeutscher Bund, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Rheingaukreis (Trennung zwischen Justiz (Amtsgericht Eltville) und Verwaltung)
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Rheingaukreis
- ab 1919: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Wiesbaden, Rheingaukreis
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Nassau, Rheingaukreis
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Rheingaukreis
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Wiesbaden, Rheingaukreis
- ab 1968: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt,Rheingaukreis
- am 1. Januar 1977 als Stadtteil zu Oestrich-Winkel
- ab 1977: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Rheingau-Taunus-Kreis
Einwohnerentwicklung
Einwohnerzahlen
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1525: 154 Herdstellen | |
• 1700: 72 Bürger und 9 Beisassen |
Hallgarten: Einwohnerzahlen von 1820 bis 2015 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1820 | 907 | |||
1834 | 1.083 | |||
1840 | 1.061 | |||
1846 | 1.064 | |||
1852 | 1.172 | |||
1858 | 1.120 | |||
1864 | 1.161 | |||
1871 | 1.108 | |||
1875 | 1.134 | |||
1885 | 1.196 | |||
1895 | 1.222 | |||
1905 | 1.240 | |||
1910 | 1.264 | |||
1925 | 1.303 | |||
1939 | 1.313 | |||
1946 | 1.761 | |||
1950 | 1.755 | |||
1956 | 1.625 | |||
1961 | 1.621 | |||
1967 | 1.768 | |||
1970 | 1.811 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 2.010 | |||
2015 | 2.028 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Gemeinde GGG[2]; Zensus 2011[7] |
Einwohnerstruktur
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Hallgarten 2010 Einwohner. Darunter waren 66 (3,3 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 294 Einwohner unter 18 Jahren, 768 zwischen 18 und 49, 438 zwischen 50 und 64 und 513 Einwohner waren älter.[7] Die Einwohner lebten in 933 Haushalten. Davon waren 297 Singlehaushalte, 300 Paare ohne Kinder und 264 Paare mit Kindern, sowie 60 Alleinerziehende und 12 Wohngemeinschaften. In 234 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 579 Haushaltungen lebten keine Senioren.[7]
Religionszugehörigkeit
• 1885: | evangelische (= 1,71 %), 1182 katholische (= 98,83 %) Einwohner[1] | 14
• 1961: | 106 evangelische (= 6,54 %), 1505 katholische (= 92,84 %) Einwohner[1] |
Wappen
Die Gemeinde Hallgarten führte ein Wappen mit folgender Blasonierung: In Rot über einer goldenen Traube mit Laub eine silberne Zange.[8]
Sehenswürdigkeiten
- Die Hallgarter Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt ist bekannt durch die „Schröter-Madonna“ (Madonna mit der Scherbe). Die Tonplastik wurde möglicherweise von den im Ort ansässigen Weinschrötern um 1415 gestiftet.
- Ehemaliges Itzstein’sche Gutshaus (Niederwaldstraße 7a). Zwischen 1832 und 1847 Treffpunkt des Hallgartener Kreises um Adam von Itzstein
- Grabmal Itzsteins auf dem Hallgartener Friedhof
- Im ehemaligen Rathaus befindet sich das Heimatmuseum Rothmühl, eine Einrichtung, die vom Heimatvertriebenen-Verein aufgebaut wurde.[9]
Persönlichkeiten
- Johann Adam von Itzstein (1775–1855), liberaler Politiker, verstarb in Hallgarten.
- Franz Kneer (1895–1935), deutscher Pilot und Flugsportler, verunglückte mit der von ihm geflogenen Junkers Ju 52 am 25. April 1935 bei einem Absturz auf der Hallgarter Zange tödlich.
- Karl Rolf Seufert (1923–1992) war ein deutscher Schriftsteller und lebte von 1945 bis zu seinem Tod in Hallgarten
- Petra Müller-Klepper (* 1957), CDU-Politikerin, Mitglied des Hessischen Landtags und Staatssekretärin a. D., geboren in Hallgarten und dort seit ihrer Geburt wohnhaft
Literatur
- Klaus Peter Dietel: Als der Edelmann die Jungfer nahm. Geschichte und Geschichten zur Gebietsreform im Rheingau. ASSverlag, Rüdesheim am Rhein 1997.
- Literatur über Hallgarten nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
Weblinks
- Bild von Hallgarten (Rheingau) aus J.F. Dielmann, A. Fay, J. Becker (Zeichner): F.C. Vogels Panorama des Rheins, Bilder des rechten und linken Rheinufers. Lithographische Anstalt F.C. Vogel, Frankfurt 1833.
- Hallgarten, Rheingau-Taunus-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Stadtteile In: Webauftritt der Stadt Oestrich-Winkel.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Hallgarten, Rheingau-Taunus-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ a b Auszug vom Einwohnermeldeamt zum 29. Dezember 2015: Einwohnerzahlen Oestrich-Winkel.pdf
- ↑ Hessisches Landesvermessungsamt: Kreiskarte 1:50.000 Wiesbaden Rheingaukreis Untertaunuskreis, Ausgabe 1969
- ↑ Gesetz zur Neugliederung des Rheingaukreises und des Untertaunuskreises (GVBl. II 330-30) vom 26. Juni 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 22, S. 312, § 6 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,5 MB]).
- ↑ Ergebnis für die Ortsbeiratswahl 2016 im Stadtteil Hallgarten
- ↑ Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 46 und 100, archiviert vom Original am 11. Juli 2021 . Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Heraldry of the World: Hallgarten
- ↑ Rothmuehler-Heimatmuseum, abgerufen am 29. September 2015
Auf dieser Seite verwendete Medien
Wappen der ehemaligen Gemeinde Mittelheim bis 1972, dann Wappen der Stadt Oestrich-Winkel. Blasonierung: In Rot ein verkehrtes silbernes Z, beiderseits von einem goldenen Stern begleitet.
Autor/Urheber: Kreuzschnabel, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Hallgarten und umgebende Weinberge im November
Autor/Urheber: Marion Halft, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Dies ist ein Bild des hessischen Kulturdenkmals mit der Nummer
Der nicht zugängliche Aussichtsturm auf der Hallgarter Zange im Rheingaugebirge, Blick von Nordwesten