Haitianisches Massaker von 1804

Zeitgenössische Darstellung der Greueltaten, ca. 1835

Das Massaker von Haiti von 1804 (Haitianischer Genozid)[1][2][3] wird eine gezielte Tötungsaktion an französischen Kolonisten durch schwarzafrikanische Söldner bezeichnet.

Jean-Jacques Dessalines hatte die französische Kolonie Saint-Domingue (später „Haiti“) in the Unabhängigkeit geführt. Nach erfolgreichen Kämpfen errang er den Sieg über die Truppen Napoleons. Haiti wurde 1804 unabhängig, und Dessalines der erste Präsident. Im Rahmen dieser Ereignisse kam es im Jahr 1804 zu gezielten Übergriffen afro-haitianischer Truppen auf Europäer. Diese gingen selektiv und bewusst gegen Franzosen vor.[1][4][5] Im Rahmen der Revolution von Haiti war die napoleonische Armee 1803 geschlagen worden. Die haitianische Unabhängigkeitserklärung erfolgte am 1. Januar 1804.[6] In der Zeit von Februar 1804 bis zum 22. April zogen marodierende Truppen von Haus zu Haus. Sie folterten und töteten ganze Familien.[7] Insgesamt fielen ihnen zwischen 3000 und 5000 Personen zum Opfer.[7]

Polnische Legionäre, welche die Seiten gewechselt hatten und die ehemals versklavten Afrikaner unterstützten, sowie am Sklavenhandel unbeteiligte deutsche Einwanderer wurden hingegen verschont. Sie erhielten stattdessen das Bürgerrecht und wurden als Noir, also als Mitglied der neuen herrschenden Klasse, eingestuft.

Nicholas Robins, Adam Jones, und Dirk Moses vertreten die Ansicht, diese Exekutionen seien ein „Genozid der Subalternität“, bei dem eine unterdrückte Gruppe Elemente des Genozids verwendet, um ihre Unterdrücker zu zerstören.[8]

Philippe Girard sieht die Haitianische Revolution und die Wiedereinführung der Sklaverei als Grund für das Massaker.

Im 19. Jahrhundert war das Massaker in den Vereinigten Staaten durchaus bekannt. Viele flüchteten vor den Greueltaten aus Saint Domingue in die Vereinigten Staaten und ließen sich in New Orleans, Charleston, New York, Baltimore und anderen Städten an der Westküste nieder. Diese Ereignisse schürten auch Ängste, es könnte in den Südstaaten zu Aufständen kommen. Die öffentliche Meinung in Bezug auf die Frage einer möglichen Abschaffung der Sklaverei polarisierte sich.[9]

Einzelnachweise

  1. a b Philippe R. Girard: Caribbean genocide: racial war in Haiti, 1802–4. In: Patterns of Prejudice. 39. Jahrgang, Nr. 2, 2005, ISSN 0031-322X, S. 138–161, doi:10.1080/00313220500106196: „The Haitian genocide and its historical counterparts [...] The 1804 Haitian genocide“
  2. Dirk A. Moses, Dan Stone: Colonialism and Genocide. Routledge, 2013, ISBN 978-1-317-99753-5, S. 63 (englisch, google.com).
  3. James Forde: The Early Haitian State and the Question of Political Legitimacy: American and British Representations of Haiti, 1804—1824. Springer, 2020, ISBN 978-3-03052608-5, S. 40 (englisch, google.com).
  4. Dirk A. Moses, Dan Stone: Colonialism and Genocide. Routledge, 2013, ISBN 978-1-317-99753-5, S. 63 (englisch, google.com).
  5. James Forde: The Early Haitian State and the Question of Political Legitimacy: American and British Representations of Haiti, 1804—1824. Springer, 2020, ISBN 978-3-03052608-5, S. 40 (englisch, google.com).
  6. Claudia Sutherland: Haitian Revolution (1791-1804). In: Blackpast.org. 16. Juli 2007, abgerufen am 17. Juni 2022.
  7. a b Mark Danner: Stripping Bare the Body: Politics, Violence, War. Nation Books, New York 2009, ISBN 978-1-56858-413-3, S. 107.
  8. Steffen Klävers: Decolonizing Auschwitz?: Komparativ-postkoloniale Ansätze in der Holocaustforschung. Walter de Gruyter GmbH & Co KG, 2019, ISBN 978-3-11-060041-4, S. 110.
  9. Frank B. Marcotte: Six days in April : Lincoln and the Union in peril. Algora Publishing, New York 2005, ISBN 0-87586-313-2, S. 171.

Literatur

  • Joan Dayan: Haiti, History, and the Gods. University of California Press, 1998, ISBN 978-0-520-21368-5.
  • Philippe Girard: Caribbean genocide: racial war in Haiti, 1802–4. In: Patterns of Prejudice. 39. Jahrgang, 2: Colonial Genocide, 2005, S. 138–161, doi:10.1080/00313220500106196.
  • Philippe R. Girard: Paradise Lost: Haiti's Tumultuous Journey from Pearl of the Caribbean to Third World Hot Spot. Palgrave Macmillan, 2005, ISBN 978-1-4039-8031-1, Missed Opportunities: Haiti after Independence (1804–1915), S. 56, doi:10.1057/9781403980311_4.
  • Philippe R. Girard: The Slaves Who Defeated Napoleon: Toussaint Louverture and the Haitian War of Independence 1801–1804. The University of Alabama Press, Tuscaloosa, Alabama 2011, ISBN 978-0-8173-1732-4.
  • Jeremy D. Popkin: A Concise History of the Haitian Revolution. Wiley-Blackwell, Chicester, West Sussex 2012, ISBN 978-1-4051-9820-2.
  • Kona Shen: Haitian Independence, 1804–1805. In: History of Haiti, 1492–1805. Brown University, Department of Africana Studies, 9. Dezember 2008, abgerufen am 1. Februar 2012.
  • The 1805 Constitution of Haiti. via Webster University, 10. Dezember 2011, archiviert vom Original am 28. Dezember 2005;.

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