Die Hainsimsen (Luzula), auch als Hainbinsen oder regional als Marbel bezeichnet, sind eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Binsengewächse (Juncaceae). Sie umfasst weltweit etwa 115 Arten.[1][2]
Die meisten Laubblätter sind in einer grundständigen Rosette angeordnet.[1] Falls Stängelblätter vorhanden sind, dann sind sie oft reduziert. Die Blattanordnung ist dreizeilig. Die Laubblätter sind in Blattscheide und -spreite gegliedert. Die Blattscheiden sind immer geschlossen. Die Blattränder und Scheidenmündungen sind mit wenigen Ausnahmen spärlich bis dicht lang und weich bewimpert.[1][3] Die Blattscheidenmündung ist nicht geöhrt.[3] Die einfachen Blattspreiten sind grasähnlich, linealisch und flach oder seltener rinnig.[1]
Generative Merkmale
Der Blütenstand ist eine Spirre, eine abgewandelte Form der Rispe. Die randlichen beziehungsweise unteren Blüten sind am längsten gestielt. Die zentralen oder oberen stehen dagegen gestauchter. Auf diese Weise entsteht ein fast becherförmiges Gebilde. Die Tragblätter sind laubblattartig oder an ihrer Basis krautig und am oberen Ende häutig.[1] Es sind ein bis drei Deckblätter vorhanden, die am Rand meist bewimpert sind.[1]
Die einfächrigen Kapselfrüchte öffnen sich mit drei Fruchtklappen[1] und enthalten drei Samen.[1][3] Die Samen sind elliptisch bis eiförmig und an einer Seite ist eine Furche vorhanden.[1] Die Samen sind an ihrer Basis behaart und an ihrem oberen Ende sind bei vielen Arten lange ± weiße Anhängsel (Elaiosomen) ausgebildet.[1][3]
Ökologie
Bei den Hainsimsen-Arten ist neben der Windausbreitung (Anemochorie) die Ameisenausbreitung (Myrmekochorie) vorherrschend.[3]
Die fettreichen Anhängsel der Samen dienen den Ameisen als Nahrung. Die Samen werden in die Ameisenbauten getragen und so an andere Orte verschleppt.
Feld-Hainsimse (Luzula campestris), Früchte mit Elaiosomen
Vorkommen
Hainsimsen-Arten sind in den gemäßigten und arktischen Regionen beider Hemisphären verbreitet (kosmopolitisch).[3] Der Schwerpunkt ihrer Diversität liegt in Europa und Asien. In den Tropen ist ihr Vorkommen auf die höheren Lagen der Gebirge beschränkt.[3] Im Gegensatz zu den Binsen (Juncus) gedeihen die Arten der Gattung Luzula meist auf trockeneren Böden und schattige Standorte wie Wälder und Gebüsche.[3]
Systematik
Taxonomie
Die Gattung LuzulaDC. wurde 1805 durch Augustin Pyramus de Candolle in Jean-Baptiste de Lamarck und Augustin Pyramus de Candolle: Flore Française, ou Descriptions Succinctes de Toutes les Plantes qui Croissent Naturellement en France ..., 3. Auflage, 3, Seite 158 aufgestellt.[2]Synonyme für LuzulaDC. nom. cons. sind: CyperellaJ.G.H.Kramer ex MacMill., EbingeriaChrtek & Krísa, Gymnodes(Griseb.) Fourr., JuncoidesSég. nom. rej., LuciolaSm. nom. superfl., NemoriniaFourr., Pterodes(Griseb.) Börner nom. illeg.
Luzula alpestrisH.Nordensk.: Sie kommt in den australischen Bundesstaaten östliches-zentrales New South Wales sowie Victoria vor.[2]
Alpen-Hainsimse[4] (Luzula alpinaHoppe, Syn.: Luzula multiflora var. alpina(Hoppe) Willk.): Sie gedeiht in europäischen Gebirgen von den östliche Pyrenäen bis zu den Alpen.[2]
Braune Hainsimse (Luzula alpinopilosa(Chaix) Breistr.): Die drei Unterarten gedeihen in europäischen Gebirgen von Mittel- bis Südeuropa.[2]
Luzula arcuata(Wahlenb.) Sw.: Die zwei Unterarten sind vom subarktischen Eurasien bis Japan, den Aleuten und im westlichen Nordamerika von Alaska bis Washington verbreitet.[2]
Luzula atlanticaBraun-Blanq.: Die zwei Unterarten kommen in Marokko und nördlicher Tschad vor.[2]
Luzula atrataEdgar: Sie kommt nur im südöstlichen Australien vor.[2]
Luzula australasicaSteud.: Die zwei Unterarten kommen nur im südöstlichen Australien vor.[2]
Luzula banksianaE.Mey.: Die etwa fünf Varietäten kommen nur Neuseeland vor.[2]
Luzula bomiensisK.F.Wu: Sie kommt von Tibet bis südlich-zentrales China.[2]
Luzula brachyphyllaPhil.: Sie kommt nur im südlichen Chile und südlichen Argentinien vor.[2]
Luzula brevispicataKnjaz.: Sie kommt in Iran bis Mongolei vor.[2]
Luzula bulbosa(Alph.Wood) Smyth & L.C.Smyth: Sie kommt von den zentralen bis östlichen Vereinigte Staaten vor.[2]
Luzula caespitosa(E.Mey.) Steud.: Sie kommt in Portugal und Spanien vor.[2]
Luzula calabraTen.: Dieser Endemit kommt nur im südlichen Italien vor.[2]
Feld-Hainsimse (Luzula campestris(L.) DC.): Die zwei Unterarten kommen in Europa und nordwestlichen Afrika vor.[2]
Luzula celataEdgar: Dieser Endemit kommt nur auf der Südinsel Neuseelands vor.[2]
Luzula chilensisNees & Meyen ex Kunth (Syn.: Luzula chilensis var. pallidaBuchenau ex Fuentes, Luzula chilensis var. psilophylla(Phil.) Fuentes, Luzula psilophyllaPhil., Luzula rigidaPhil.): Sie kommt vom zentralen bis südlichen Chile und vom nordwestlichen bis südlichen Argentinien vor.[2]
Luzula comosaE.Mey.: Die zwei Varietäten sind im westlichen Nordamerika von Alaska über das westliche Kanada und westliche bis westliche-zentrale Vereinigte Staaten bis ins nördliche Mexiko verbreitet.[2][1]
Luzula confusaLindeb.: Subarktis südlich bis zu den nordöstlichen Vereinigten Staaten.[2]
Kopfige Hainsimse (Luzula congesta(Thuill.) Lej.): Nördliches und westliches Europa.[2]
Luzula excelsaBuchenau: Südliches Peru bis Argentinien.[2]
Breitsamige Hainsimse (Luzula exspectataBačič & Jogan): Sie wurde 2007 erstbeschrieben und kommt in Deutschland in den Allgäuer Alpen, in Österreich sowie in Slowenien vor.[2][4]
Vielblütige Hainsimse (Luzula multiflora(Ehrh.) Lej.): Die etwa sechs Unterarten gedeihen in subarktischen bis gemäßigte Gebieten der nördlichen Halbkugel, in Costa Rica und Argentinien bis zu den Falklandinseln.[2]
Luzula nipponica(Satake) Kirschner & Miyam.: Korea und Japan.[2]
Luzula nivalis(Laest.) Spreng.: Subpolare Zone der Nordhalbkugel.[2]
Bleiche Hainsimse (Luzula pallescensSw., Syn.: Luzula pallidulaKirschner): Subarktisches und subalpines Eurasien.[2] In Mitteleuropa kommt sie in Deutschland, Österreich, Tschechien, Polen[4] und Dänemark[5] vor.
Luzula parviflora(Ehrh.) Desv.: Die drei Unterarten kommen von der Subarktis bis nördliche China und bis zu den Rocky Mountains vor.[2]
Luzula pedemontanaBoiss. & Reut.: Südöstliches Frankreich bis nördliches Italien und Korsika.[2]
Luzula pediformis(Chaix) DC.: Spanien, Frankreich und Italien.[2]
Luzula peruvianaDesv. (Syn.: Luzula boliviensisBuchenau, Luzula peruviana var. longispicaBarros): Sie kommt im zentralen Mexiko und vom westlichen Südamerika bis ins nordwestliche Argentinien vor.[2]
Luzula philippinensisM.E.Jansen: Dieser Endemit kommt nur auf Luzon vor.[2]
Luzula pictaA.Rich.: Die etwa drei Varietäten kommen nur in Neuseeland vor.[2]
Luzula piperi(Coville) M.E.Jones: Sie ist von Alaska bis in die westlichen Vereinigte Staaten[1] und von Russlands Fernem Osten bis ins nördliche Japan verbreitet.[2]
Luzula plumosaE.Mey.: Die etwa drei Unterarten kommen vom Himalaja bis Japan vor.[2]
Luzula poimenaW.M.Curtis: Dieser Endemit kommt nur in Tasmanien vor.[2]
Luzula pumilaHook. f.: Diese Endemit kommt nur auf der Südinsel Neuseelands vor.[2]
Luzula purpureosplendensSeub.: Diese Endemit kommt nur auf den Azoren vor.[2]
Luzula racemosaDesv.: Mexiko und Guatemala, nordwestliches Venezuela bis Argentinien.[2]
Luzula rufaEdgar: Die zwei Varietäten kommen auf der Südinsel Neuseelands sowie auf den Chathaminseln vor.[2]
Luzula rufescensFisch. ex E.Mey.: Die etwa zwei Varietäten kommen vom östlichenSibirien bis Korea und von Alaska bis ins nordwestliche Kanada vor.[2]
Luzula seubertiiLowe: Diese Endemit kommt nur auf Madeira vor.[2]
Ähren-Hainsimse (Luzula spicata(L.) DC.):[1] Die etwa fünf Unterarten sind in subarktischen und subalpinen Gebieten der Nordhalbkugel verbreitet.[2]
Geknäuelte Ähren-Hainsimse (Luzula spicata subsp. conglomerata(W.D.J.Koch) Murr): Sie wird kaum 15 Zentimeter hoch und kommt in Mitteleuropa in den Alpen von Bayern, Österreich und der südlichen Schweiz vor.[4]
Luzula spicata subsp. italica(Parl.) Arcang.: Sie kommt in Europa in Italien, Sardinien, Korsika, Sizilien und auf der Balkan-Halbinsel vor.[5]
Luzula spicata subsp. nevadensisP. Monts.: Sie kommt in Spanien und in Marokko vor.[5]
Luzula spicata(L.) DC. subsp. spicata
Luzula stenophyllaSteud.: Nördliche Türkei bis nördlicher Iran.[2]
Luzula subcapitata(Rydb.) H.D.Harr.: Diese Endemit kommt nur in Colorado vor.[2]
Luzula subcongesta(S.Watson) Jeps.: Sie gedeiht in Gebirgen Kaliforniens.[2][1]
Luzula subsessilis(S.Watson) Buchenau: Sie kommt im westlichen Nordamerika vom südwestlichen British Columbia bis ins westliche Kalifornien vor.[2][1]
Sudeten-Hainsimse (Luzula sudetica(Willd.) Schult.): Europa bis Kaukasusraum.[2]
Wald-Hainsimse (Luzula sylvatica(Huds.) Gaudin): die etwa vier Unterarten kommen von Europa bis zum Kaukasusraum vor.[2]
Luzula taurica(V.I.Krecz.) Novikov: Südosteuropa bis nordwestlicher Iran.[2]
Luzula traversii(Buchenau) Cheeseman: Die zwei Varietäten kommen nur auf Südinsel Neuseelands vor.[2]
Luzula tristachyaDesv.: Sie kommt vom zentralen bis südlichen Chile vor.[2]
Luzula uleiBuchenau: Sie kommt vom südöstlichen bis südlichen Brasilien vor.[2]
Luzula ulophylla(Buchenau) Cockayne & Laing: Dieser Endemit kommt nur auf der Südinsel Neuseelands vor.[2]
Luzula vulcanicaLiebm.: Sie kommt in den zentralmexikanischen Bundesstaaten Veracruz sowie Puebla und in westlichen südamerikanischen Staaten Kolumbien, Ecuador, Peru sowie Bolivien.[2]
Luzula wahlenbergiiRupr.: Sie ist auf der Nordhalbkugel in Nordamerika und Eurasien von Subarktis bis Nordkorea weitverbreitet.[2]
Hybriden
Es gibt einige Naturhybriden in der Gattung Luzula[2]
Luzula ×bogdaniiKirschner = Luzula campestris × Luzula fallax: Sie kommt in Bulgarien vor.
Luzula × bornmuellerianaKük. = Luzula alpinopilosa × Luzula lutea: Sie kommt in Österreich vor.
Luzula ×borreriBromf. ex Bab. = Luzula forsteri × Luzula pilosa: Sie kommt in Frankreich, Großbritannien, Irland und in Deutschland vor.
Luzula ×danicaH.Nordensk. & Kirschner = Luzula congesta × Luzula multiflora: Sie kommt in Spanien, Großbritannien und in Dänemark vor.
Luzula ×favratiiK.Richt. = Luzula luzuloides × Luzula nivea: Sie kommt in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich vor.
Luzula ×gayanaFont Quer & Rothm. = Luzula caespitosa × Luzula pediformis: Sie kommt in Spanien vor.
Luzula ×hasleriMurr = Luzula alpinopilosa × Luzula sylvatica subsp. sieberi: Sie kommt in Österreich vor.
Luzula ×heddaeKirschner = Luzula campestris × Luzula sudetica: Sie kommt in Spanien, in der Schweiz, in Schweden und in der früheren Tschechoslowakei vor.
Luzula ×hermannii-muelleriAsch. & Graebn. = Luzula luzuloides × Luzula sylvatica: Sie kommt in Frankreich und in Deutschland vor.
Luzula ×hybridaH.Lindb. ex Kirschner = Luzula pallescens × Luzula sudetica: Sie kommt in der früheren Tschechoslowakei, in Schweden, Finnland und in Russland vor.
Luzula ×johannis-principisMurr = Luzula alpina × Luzula sylvatica subsp. sieberi: Sie kommt in Deutschland und in Österreich vor.
Luzula ×levieriAsch. & Graebn. = Luzula nivea × Luzula pedemontana: Sie kommt in Italien vor.
Luzula ×mediaKirschner = Luzula divulgata × Luzula multiflora: Sie kommt in der früheren Tschechoslowakei vor.
Luzula ×pfaffiiMurr = Luzula lutea × Luzula luzuloides subsp. rubella: Sie kommt in Italien vor.
Luzula ×romanicaJ.Dvorák & Vorel = Luzula forsteri × Luzula luzulina: Sie kommt in Rumänien vor.
Luzula ×sichuanensisK.F.Wu = Luzula effusa × Luzula parviflora: Sie kommt in China vor.
Luzula ×somedanaFern-Carv. & Fern.Prieto = Luzula pediformis × Luzula sylvatica subsp. henriquesii: Sie kommt in Spanien vor.
Luzula ×vinesiiMurr = Luzula luzulina × Luzula pilosa: Sie kommt in der Schweiz, in Österreich und in der früheren Tschechoslowakei vor.
Luzula ×wettsteiniiBuchenau = Luzula crinita var. petrieana × Luzula leptophylla: Sie kommt auf der Südinsel von Neuseeland vor.
Luzula ×winderiaeMurr = Luzula alpina × Luzula spicata: Sie kommt in Frankreich, Deutschland und in Österreich vor.[2]
Quellen und weiterführende Informationen
Literatur
Jürke Grau, B. Kremer, B. M. Möseler, G. Rambold, D. Triebel: Gräser. Mosaik Verlag, München 1990, ISBN 3-576-10702-9.
Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz. Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3364-4, S. 663–667.
Walter Erhardt et al.: Der große Zander. Enzyklopädie der Pflanzennamen. Band 2. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2008. ISBN 978-3-8001-5406-7
Ralph E. Brooks, Steven E. Clemants: Juncaceae. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 22: Magnoliophyta: Alismatidae, Arecidae, Commelinidae (in part), and Zingiberidae, Oxford University Press, New York und Oxford, 2000, ISBN 0-19-513729-9. Luzula. - textgleich online wie gedrucktes Werk.
Guofang Wu, Steven E. Clemants: Juncaceae. In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven (Hrsg.): Flora of China. Volume 24: Flagellariaceae through Marantaceae, Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis 2000, ISBN 0-915279-83-5. Luzula. - textgleich online wie gedrucktes Werk.
↑ abcdefghijDietrich Podlech: Familie Juncaceae. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band II, Teil 1. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1980, ISBN 3-489-54020-4, S. 352, 397–399.
↑ abcdefMichael Koltzenburg: Luzula. In: Schmeil-Fitschen: Die Flora Deutschlands und angrenzender Länder. 98. Auflage. Verlag Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2024. ISBN 978-3-494-01943-7. S. 225–227.