Hüttig AG

Hüttig AG
RechtsformAktiengesellschaft
Gründung8. Mai 1897[1]
Auflösung1909
AuflösungsgrundÜbernahme durch die Internationale Camera Actiengesellschaft (ICA)
SitzDresden
LeitungRichard Hüttig
Mitarbeiterzahlrund 800 Produktionsarbeiter
BrancheFotoapparatebau
Stand: 1909

Die Hüttig AG war ein Unternehmen in Dresden, das in der Rechtsform der Aktiengesellschaft von 1897 bis 1909 bestand und Kameras (Fotoapparate) baute. Es ging zurück auf eine 1862 in Berlin gegründete Kamerawerkstatt.

Der Gründer Richard Hüttig

Richard Hüttig erlernte den Beruf eines Tischlers und arbeitete ab 1856 in Berlin in einer Präzisionstischlerei für Kameras, wo er auch die Meisterprüfung ablegte. Hier kopierte er erfolgreich französische und englische Kameras nach Vorbildern von Louis Daguerre und entwickelte eigene Modelle. 1897 gründete er in Dresden die nach ihm benannte Aktiengesellschaft. Hüttig war Leiter des zeitweilig größten Kamerawerkes Dresdens.[2] Nachdem sein Unternehmen 1909 Teil der Internationalen Camera Actiengesellschaft (ICA) wurde, verlor er an Bekanntheit. Hüttig verarmte und erhielt mit Hilfe der Stadt Dresden einen Platz im Altersheim. Seine Sterbedaten sind nicht bekannt.

Fabrik photographischer Apparate auf Aktien

In dem stetig wachsenden Fach der Fotografie sah Hüttig eine berufliche Zukunft und eröffnete in Berlin 1862 eine eigene Werkstatt. Um der wachsenden Berliner Konkurrenz zu entgehen wechselte Hüttig 1887 nach Dresden. Hier arbeitete er zunächst mit vier Kameratischlern in der Chemnitzer Straße Nr. 12. Bald schon beschäftigte Hüttig 15 Gesellen und das Unternehmen expandierte weiter. 1890 trat sein Sohn Carl ins väterliche Geschäft ein, das nun unter dem Namen Kunsttischlerei photographischer Apparate Richard Hüttig & Sohn firmierte. Hüttig entwickelte eigene Kameras, wobei er das nötige Zubehör, wie z. B. die Optiken (Objektive), von anderen Herstellern bezog. Seine stetig wachsende Kunsttischlerei vergrößerte sich bald zu einer Fabrik. 1893 bezog Hüttig in der Schandauer Straße Nr. 76 neue Gebäude,[3] die nun als Fabrik photographischer Apparate auf Aktien[4] in Erscheinung trat. Das Unternehmen beschäftigte nun rund 200 Mitarbeiter.[5] Es wurden zahlreiche Hilfsmaschinen angeschafft und die Produktion betrug im Jahr 1900 rund 50000 Apparate, zusätzlich wurden Objektive, Projektionslaternen, Satiniermaschinen, Stative oder sonstige fotografische Artikel hergestellt. Dabei besaß das Unternehmen sogenannte Engros-Verkaufsgeschäfte in Berlin und Wien. 1897 erfolgte die Umwandlung in die Aktiengesellschaft Hüttig AG. Carl Hüttig bezog ein Jahresgehalt von 10000 Mark und war bis Ende 1906 der Gesellschaft als Vorstand verpflichtet, was gleichbedeutend damit war, dass er sich innerhalb der nächsten 50 Jahre „in keiner Weise an irgend einem Konkurrenzunternehmen beteiligen“ durfte.[1]

Unternehmensdaten 1901
Umsatz in Mark:
  • 1897: 0907003
  • 1898: 1255073
  • 1899: 1623421
  • 1900: 1890615
  • 1901: 2501115
Vertrieb und Beschäftigte
  • Versandt wurden rund 180156 Apparate
  • Die Gesellschaft betrieb bedeutenden Export
  • Arbeiterzahl lag bei über 700 Beschäftigten
Unternehmensführung
Direktion: Carl Hüttig

Prokuristen:

  • Rich. Lange
  • Oskar Knauthe
  • Otto Lorenz
  • Friedr. Herm
  • Rud. Noa
Aufsichtsrat: Geh. Komm.-Rat Victor Hahn

Stellvertreter

  • Arth. Pekrun
  • Franz Richard Hüttig
  • Ed. Zabel
  • Fr. Aug. Fichtner
  • Dir. Ferd. Salomon

Niedergang

Unternehmerische Fehlentscheidungen, wie z. B. eine kaum überschaubare Produktvielfalt, brachten die Hüttig AG in finanzielle Schwierigkeiten. Dazu kamen finanzielle Unregelmäßigkeiten, die Carl Hüttig eine Gefängnisstrafe einbrachten. In Zeitungsanzeigen wurde noch 1906 damit geworben, dass Hüttig Deutschlands größtes Kamerawerk mit 800 Arbeitern sei.[6] Die Geschäftsführung wurde von Guido Mengel übernommen, der die Fusion einiger Dresdner Kamerafabriken zu einem neuen Konzern betrieb. 1909 ging die Hüttig AG in der neu gegründeten Internationale Camera Actiengesellschaft auf. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte sie rund 800 Produktionsarbeiter und zählte zu den größten Kamerabetrieben Europas.[5] Der Versuch, die Dresdner Ernemann-Werke als bedeutenden Mitbewerber der Hüttig AG in diesen neuen Konzern einzubinden, schlug fehl. Das Warenzeichen der Hüttig AG, ein Pentagramm, wurde in leicht veränderter Form von der ICA übernommen. 1926 ging diese in der Zeiss Ikon AG auf.[5]

Produkte

Eine Hüttig-Kamera der Marke Cupido, Anfang des 20. Jh.
Hüttig Modell II, um 1900

Zu den Produkten des Unternehmens zählten insbesondere Platten- und Rollfilmkameras, von denen 1904 ca. 90 Grundtypen in über 400 Varianten angeboten wurden. Dabei wurden zunächst ausschließlich Apparate für Berufsfotografen hergestellt. Im Jahr 1896 präsentierten Richard Hüttig & Sohn mit der Zeus-Spiegel-Kamera die erste einäugige Spiegelreflexkamera aus Dresdner Produktion und waren damit Mitbegründer des herausragenden Rufs Dresdens im Kamerabau. Das 2. Modell dieser Kamera besaß 1897 ein auswechselbares Objektiv. Neben Apparaten für die Fotografie wurden auch Filmkameras für die Aufnahmen auf Filmspulen angeboten. Schließlich wurde 1906 die Spiegel-Reflex-Künstler-Kamera auf den Markt gebracht, die als Spitzenmodell der damaligen Zeit galt.

Kameras der Hüttig AG waren auf der Pariser Weltausstellung im Jahr 1900 zu sehen. Dort hieß es:

„Die Firma Hüttig hat es verstanden, der Entwicklung der Photographie zu folgen und beim Betrachten der ausgestellten Apparate wird man belehrt, dass sie sich alle Neuerungen und Erfindungen auf photographischem Gebiet zu nutze gemacht hat.“[4]

Literatur

  • Klaus-Dieter Müller: Hüttig AG 1906: Kameras und Objektive. Books on Demand, Norderstedt 2010, ISBN 978-3-8391-4666-8.
  • Richard Hummel: Spiegelreflexkameras aus Dresden. Geschichte, Technik, Fakten. Lindemanns, Stuttgart 1998, ISBN 3-89506-127-1.
  • Geschichte der Photoindustrie in Deutschland: Folge 5: Firma Richard Hüttig & Sohn, Berlin und Dresden. In: Club Daguerre, Vereinigung zur Pflege der Historischen Aspekte der Photographie e.V. (Hrsg.): Photo-Antiquaria. 3, 1976, ISSN 1862-3379, S. 6–9.

Weblinks

Commons: Hüttig Kameras – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Jahrbuch der Berliner Börse: Ein Nachschlagebuch für Bankiers und Kapitalisten. Berlin / Leipzig, S. 1463–1464 (Textarchiv – Internet Archive).
  2. Innovationen. dresdner-kameras.de, abgerufen am 19. Mai 2020.
  3. Bilder vom alten Dresden – Hüttig & Sohn Kamerawerk 1897–1909 Hüttig AG. altesdresden.de, abgerufen am 19. Mai 2020.
  4. a b Neue photographische Apparate. In: Die Pariser Weltausstellung in Wort und Bild. Kirchhoff & Co., Berlin 1900, S. 328 (Textarchiv – Internet Archive – Abbildungen auf S. 326–327).
  5. a b c Gerhard Jehmlich: Die großindustrielle Entwicklung der Kameraindustrie in Dresden – Richard Hüttig. In: Der VEB Pentacon Dresden: Geschichte der Dresdner Kamera- und Kinoindustrie nach 1945. Sandstein-Verlag, Dresden 2009, ISBN 978-3-940319-75-3, S. 18 (verlag.sandstein.de).
  6. Die Woche. Band 8, Hefte 11–20, 1906 (Textarchiv – Internet Archive – Kamerawerbung).

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Ans 00693.tif
Autor/Urheber: Tillmanns, Urs, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Fotograf: Tillmanns, Urs

Titel: Spiegelreflexkamera, Modell II, R. Hüttig & Sohn, Dresden, um 1900, FN 69094 Beschreibung: Schlitzverschluss-Kastenkamera mit Innenbalg für Platten 9 x 12 cm. Teil der Sammlung des Photographischen Instituts der ETH Zürich, heute im Schweizerischen Kameramuseum/Musée suisse de l'appareil photographique in Vevey

Datierung: 1974-1975 Enthalten in: Kamerasammlung am Photographischen Institut der ETH Zürich, 1974-1975. Sammlung mit 85 Bildern (alle digitalisiert)

Fotografie : Silbergelatine-Abzug Farbe: schwarz/weiss Form: Querformat

Maße: 13 x 17 cm
Moscow English Club building asv2019-06 img03.jpg
Autor/Urheber: A.Savin, Lizenz: FAL
Interior of the former English Club building (Museum of Contemporary History of Russia) in Moscow, Russia. The photo shows a Cupido still camera by Hüttig, manufactured in Dresden in the early 20th century, formerly owned by Nikolay Urvantsev.