Hünenburg (Stöttinghausen)
Die Hünenburg ist eine frühmittelalterliche Wallburg im Stadtteil Stöttinghausen der Stadt Twistringen im niedersächsischen Landkreis Diepholz.
Die Hünenburg wurde vermutlich als Schutzburg in der Zeit zwischen dem 8. und 10. Jahrhundert n. Chr. erbaut. Schriftliche Dokumente über die Burg gibt es aus dieser Zeit nicht.
Herkunft des Namens
Wie die Hünenburg zu ihrem jetzigen Namen kam, ist nicht eindeutig zu ermitteln. Der Heimatverein Scharrendorf nennt hierzu eine Vielzahl von Theorien.[1] Burgen, von denen man annahm, sie hätten der umliegenden Bevölkerung in Kriegszeiten als Zufluchtsort gedient, wurden allerdings deutschlandweit „Heune-“ oder „Hünenburgen“ genannt, und zwar lange vor der Zeit, in der die Sagen entstanden sind, die die Namensgebung der jeweiligen Burg begründen sollen.[2]
Lage der Hünenburg im Netz der Burgen und Altstraßen
Die Hünenburg liegt, für eine Schutzburg in der Norddeutschen Tiefebene typisch, strategisch günstig in der Nähe eines Flusses (hier: der Delme) auf einer Landzunge der Syker Geest[3], die ins Moor (hier: die Diepholzer Moorniederung) übergeht. Dadurch musste man die Anlage nach einer Seite verteidigen.
Die Hünenburg diente vor allem dem Schutz einer Altstraße, die die Weser mit der Hunte verbindet und zur Gattung der „Folkwege“ gehört. Auch der Folkweg bei Twistringen soll in den Jahren 500 bis 900 n. Chr. angelegt worden sein. „Folkwege“ waren vor allem Handelswege; es soll sie im norddeutschen Raum bereits vor 3000 Jahren gegeben haben. Der Twistringer Folkweg ist Teil einer Altstraße, die an der Ems bei Lathen beginnt, in zwei Armen über den Hümmling verläuft, die sich bei Werlte vereinigen, von dort über Lindern, Cloppenburg, Visbek und Bühren nach Bassum führt, die Weser und (bei Verden) die Aller überquert sowie von dort der Lüneburger Heide zustrebt.[4] Westlich der Hunte trägt dieser Weg auch die Namen „Reuterweg“, „Herzog-Erich-Weg“ und „Kriegerpad“. Der Archäologe Bernhard Uhl ordnet die Hünenburg zusammen mit den Befestigungsanlagen Sierhauser Schanzen, Quatmannsburg bei Elsten und Heidenwall Dehlthun als unterstützende Forts der Arkeburg als Hauptburg zu.[5]
Aussehen und Nutzung
Die sehr gut erhaltene Wallburg besteht aus einer ungefähr kreisförmigen Wallanlage von 75–80 m Durchmesser. Der heute ca. 15 m breite und 2,0–2,70 m hohe Wall der Hauptburg war bei einer ursprünglichen Mächtigkeit von 8,25 m aus aufgeschichteten Gras- und Heideplaggen aufgebaut, in die zur Stabilisierung waagrechte Holzlagen eingebracht waren. Dem Ringwall vorgelagert war eine erhöhte und mit Plaggen befestigte Berme von 3 m Breite sowie ein 1 m tiefer und 3 m breiter Spitzgraben. Das 3 m breite Tor im Süden war durch einen hölzernen Torturm befestigt und die Torgasse mit Holz verkleidet. Unmittelbar östlich des Tors wurde ein 16 × 5 m großes Pfostengebäude ergraben. Die weiteren Pfostengebäude lehnen sich westlich des Tores an die Wallinnenseite an. Das Tor im Norden ist späteren Datums.
Im Südosten waren der Burg in 150 und 250 m Abstand zwei bogenförmige Wälle vorgelagert. Der nördliche von beiden soll bei max. 9 m Breite ungefähr in der Mitte einen bastionsartigen Vorsprung aufgewiesen haben. Dieser Vorsprung nahm gleichzeitig die Breite der Berme von 8 m zum davorliegenden, 4,70 m breitem Graben ein. Der südliche Wall war im 19. Jh. noch 1,50 m hoch erhalten, nach einer 3 m breiten Berme folgte ein Graben von unbekannten Ausmaßen.
Eisenzeit
Bei Ausgrabungen im Jahre 1932, die unter die Leitung von Ernst Sprockhoff durchgeführt wurden, wurde eisenzeitliche Keramik gefunden.
Mittelalter
Bei den Ausgrabungen im Jahre 1932 fand man auch Reste von Gebäuden, die in der Hünenburg standen. Es fehlten jedoch Reste von Fußböden und Herdstellen, was nicht auf eine dauerhafte Behausung schließen lässt. Die spärlichen Keramikfunde können die Wallburg nur grob in das 8. bis 10. Jahrhundert datieren. Als mögliche Entstehungszeit wurden von der Forschung sowohl die Sachsenkriege Karls des Großen als auch ein Bau infolge der durch König Heinrich I. zur Abwehr der Ungarneinfälle im Jahr 926 erlassenen Burgenordnung in den Raum gestellt.
Gegenwart
2005 wurde das hölzerne Eingangstor zur Hünenburg sowie zwei Gebäude auf den ergrabenen Grundrissen rekonstruiert. Die Stadt Twistringen begründet die Umgestaltung der Anlage damit, dass „ihr altertümlicher Wert allen Besucherinnen und Besuchern besser verkörpert werden“ solle.[6] Die Anlage wird durch diverse Gruppen für Veranstaltungen genutzt. Sie ist ein häufig angesteuerter Anlaufpunkt für Radwanderer. Im ebenfalls fertiggestellten Hauptgebäude befinden sich eine Küche sowie sanitäre Anlagen. Die Anlage wurde um ein Backhaus ergänzt. Die Gruppe „AltSachsenRing“ veranstaltet im Sommer Lager mit verschiedenen Gruppen, die sich „mit dem Leben und Wirken unserer Vorfahren intensiv beschäftigen“.[7]
Literatur
- August von Oppermann/Carl Schuchhardt: Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen in Niedersachsen. Hannover 18871916, S. 106, Blatt LXVIII B.
- Ernst Sprockhoff: Vorläufiger Bericht über die Ausgrabung der Hünenburg bei Stöttinghausen, in: Germania 17 (1933), S. 213–218.
- Ernst Sprockhoff: Der Hünenring von Stöttinghausen, in: Die Kunde 1, (1933), S. 1–4.
- Ernst Sprockhoff, Die „Hünenburg“ bei Stöttinghausen, in: Bremen, Verden, Hoya (Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern 2), Mainz 1965, S. 91–95.
- Dieter Bischop: Archäologische Denkmale in den Landkreisen Diepholz und Nienburg/Weser. Diepholz/Nienburg 2013³, S. 22–24.
- Dieter Bischop: Burgen im Gebiet des heutigen Landkreises Diepholz, in: Ralf Vogeding (Hrsg.): Materialien zur Alltagsgeschichte, Hausforschung und Kultur im Landkreis Diepholz und benachbarten Regionen 3, Syke 2015, S. 127–143.
- Hans-Wilhelm Heine: Die ur- und frühgeschichtlichen Burgwälle im Regierungsbezirk Hannover (Materialhefte zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens Reihe A, Heft 28; Reihe B Heft 3). Hannover 2000, ISBN 3-7752-5645-8, S. 87–91 und Plan 2.
- Hans-Wilhelm Heine: Frühe Burgen und Pfalzen in Niedersachsen (Wegweiser zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens 17), Hildesheim² 1995, S. 38–40.
- Hans-Wilhelm Heine: Scharrendorf: Die Hünenburg bei Stöttinghausen, in: Uta Halle/Claus von Carnap-Bornheim (Hrsg.): Bremen und umzu. Ausflugsziele auf der Düne, Geest und Marsch (Ausflüge zu Archäologie, Geschichte und Kultur in Deutschland 53), Stuttgart 2011, S. 194–196.
Weblinks
- Eintrag von Stefan Eismann zu Stöttinghausen, Hünenburg in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts
- Landschaftsverband Weser-Hunte e.V.: Archäologische Denkmale in den Landkreisen Diepholz und Nienburg / Weser. S. 22ff.
Einzelnachweise
- ↑ Renate und Manfred Feldmann: Geschichte. Heimatverein Scharrendorf
- ↑ Zweckverband Naturpark Wildeshauser Geest: „Hünenburg“ Stöttinghausen, Gemeinde Twistringen
- ↑ Landschaftssteckbrief 59400 Syker Geest. Bundesamt für Naturschutz, abgerufen am 18. Juli 2021.
- ↑ O. Hagena: Der Herzog-Erichsweg (Mit einer Karte.). Jahrbuch für die Geschichte des Herzogtums Oldenburg. Jg. 1902. S. 99
- ↑ Bernhard Uhl: Arkeburg und Sierhäuser Schanzen, zwei alte Befestigungen des Münsterlandes. In: Jahrbuch für die Geschichte des Herzogtums Oldenburg Bd. 16. 1908. S. 348
- ↑ Stadt Twistringen: Hünenburg
- ↑ AltSachsenRing: Die Hünenburg (Memento vom 10. Januar 2015 im Internet Archive)
Koordinaten: 52° 47′ 6,7″ N, 8° 40′ 10,7″ O
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Baudenkmal in Twistringen Scharrendorf Ringwall Hünenburg
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Hünenburg (Stöttinghausen), eines der beiden rekonstruierten Holzgebäude