Abhängling
Der Begriff Abhängling oder „Hängezapfen“ ist ein Baufachbegriff und steht im historischen Bogen- oder Gewölbebau für einen herabhängenden Schlussstein. Dieser ist oft in Form eines Zapfens oder eines Knaufes ausgebildet.
Bei der Sonderform des spätgotischen Zweischichtengewölbes[1] gibt es auch Abhänglinge in Form eines mittels Eisenanker tief herabhängenden Schlusssteins, auf welchem in filigraner Form Gewölberippen ihr Auflager haben. Diese besonders kunstvollen Spezialkonstruktionen sind vom ähnlichen Absenker oder hängenden Trichter zu unterscheiden.[2]
Im Holzbau ist ein Abhängling das untere Ende einer Hängesäule unterhalb der von der Hängesäule getragenen Balken.[3] Derartige Konstruktionen finden sich vor allem in den Bauten des englischen Tudorstils.
Abhänglinge und hängende Gewölbe spielen in hohem Maße mit statischen Konstruktionsgrundlagen und den Sehgewohnheiten der Betrachter, da der Schlussstein normalerweise an der höchsten Stelle des Gewölbes eingekeilt ist.
Hängende Schlusssteine
Europa
- Längsschnitt durch Gewölbe und Abhängling der Katharinenkapelle im Stephansdom, Wien (Max Hasak, 1927)
- Saint Laurent, Paris
- Saint-Jean-Baptiste, Nemours
- Saint-Pierre-le-Vieux, Straßburg
- Südliches Seitenschiff mit hängenden Schlusssteinen, St. Peter (Bacharach)
Indien
Zeitlich etwas früher finden sich zahlreiche hängende Schlusssteine (padmashilas) in den Kragkuppeln der mittelalterlichen hinduistischen und jainistischen Tempel Indiens.
- Belur, Indien (um 1190)
- Amruthapura (um 1200)
- Delhi (um 1220)
- Mount Abu (um 1250)
- Ranakpur (um 1450)
Falsche Schlusssteine
Die Abhänglinge der Abtei Cadouin (es gibt zahlreiche weitere Beispiele) sind selbstständige Skulpturen und keine echten Schlusssteine, da sie mittels Metallankern an die konstruktiven, lastübertragenden Schlusssteine oder Gewölbezwickel „an- oder abgehängt“ sind. Sie sind stets unsymmetrisch und immer eigenständig gestaltet und teilweise deutlich größer im Umfang als die konstruktiven Schlusssteine. Von ehemals 95 Abhänglingen in der Abtei Cadouin sind etwa 25 erhalten.
- Abtei Cadouin (Aquitanien) Gewölbefeld mit fünf Abhänglingen
- Abtei Cadouin Abhängling, Engel mit Räucherfass
- Abtei Cadouin, Nordgalerie, konstruktive Schlusssteine ohne Abhänglinge (entfernt)
Hängende Gewölbe (Hängende Trichter)
Aus den hängenden Schlusssteinen entwickeln sich in der europäischen Spätgotik hängende Gewölbeteile (hängende Trichter[2]), deren Rippen nicht mehr in einem Scheitelpunkt zusammenlaufen, sondern kurz zuvor eine abwärts gerichtete Kehrtwendung machen. Die Trichterbildung kann sogar so weit gehen, dass sich die Rippen vom Untergrund lösen, sich als sogenannte Luftrippengewölbe frei im Raum bewegen und auf den Knäufen der hängenden Schlusssteine aufruhen. Dies wurde konstruktiv durch von unten nicht sichtbare Zuganker aus Eisen oder Kupfer bewerkstelligt.
- Südliches Seitenschiff der Kirche St. Peter, Bacharach
- Moritzkirche, Halle (Saale)
Literatur
- Hans Koepf: Bildwörterbuch der Architektur, 2. Auflage; Alfred Kröner Verlag, Stuttgart 1985, ISBN 3-520-19402-3, S. 1 f.
- Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt II. Regierungsbezirke Dessau und Halle. Deutscher Kunstverlag, Berlin 1999, ISBN 978-3-422-03065-7. (Zu den Abhänglingen in Halle siehe S. 258 und 264)
Weblinks
- Abhängling, auf architektur-lexikon.de
Einzelnachweise
- ↑ Zweischichtengewölbe. In: hist-arch-vocab.org (Bamberger Vokabular für historische Architektur). 21. November 2022, abgerufen am 23. Dezember 2023.
- ↑ a b Abhängling (Gewölbe). In: hist-arch-vocab.org (Bamberger Vokabular für historische Architektur). 21. November 2022, abgerufen am 23. Dezember 2023.
- ↑ Abhängling (Holzbau). In: hist-arch-vocab.org (Bamberger Vokabular für historische Architektur). 21. November 2022, abgerufen am 23. Dezember 2023.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Pending boss typical of the church of Saint-Laurent in Paris 10th arrond. with a sculpture of Sainte-Apolline.
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Bacharach am Rhein/Deutschland - Südseitenschiff der Pfarrkirche St. Peter mit Hängeschlussstein; im Hintergrund das Grabmal des 1596 verstorbenen Amtsmanns Meinhard von Schönberg
Autor/Urheber: Claude Villetaneuse, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Abhängling oder Hängezapfen in einem vierteiligen Kreuzrippengewölbe der Kirche St-Pierre-et-Saint-Paul, Aumale, Seine-Maritime, France.
Autor/Urheber: GFreihalter, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Katholische Pfarrkirche Saint-Jean-Baptiste in Nemours im Département Seine-et-Marne in der Region Île-de-France (Frankreich), Abhängling
Autor/Urheber: Naui Fotograf: Martin Nauhaus. Baumeister: Nickel (Nikolaus) Hoffmann (um 1510–1592), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Abhängling im Gewölbe des Mittelschiffs der Moritzkirche zu Halle (Saale)
Autor/Urheber: Naui Fotograf: Martin Nauhaus. Baumeister: Nickel (Nikolaus) Hoffmann (um 1510–1592), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Abhängling von Nickel Hoffmann im Gewölbe des Mittelschiffs der Marktkirche zu Halle (Saale)
Autor/Urheber: Sandhya895, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Dieses Bild zeigt das ASI-Denkmal mit der Nummer
(c) Jochen Jahnke, CC BY-SA 3.0
Ein Sterngewölbe mit Abhänglingen im Kreuzgang der Abtei Cadouin im Département Dordogne, Frankreich.
Autor/Urheber: Herry Lawford, Lizenz: CC BY 2.0
Henry VII's Lady Chapel
Gewölbe mit Abhängling in der Kirche St-Étienne-du-Mont, Paris, Frankreich.
Abhängling, Wien, Stephansdom, Katharinenapelle (Hasak, Hdb.d.Architektur, 1927, Abb.142)
Autor/Urheber: Alfred Löhr, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Hängender Schlussstein des Baumeisters Guillaume Letellier (H: 4 m, Gewicht: 4 t) in der Chorkapelle der Église Notre-Dame de Caudebec-en-Caux, Frankreich, um 1500.
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This photograph was taken by self (Dinesh Kannambadi) at the Amrutesvara temple (also spelt Amruteshvara or Amruteshwara) in Amruthapura, Chikkamagaluru district, Karnataka state, India. The temple was built in 1196 C.E. during the rule of the Hoysala King Veera Ballala II.
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Brihuega-Iglesia de Santa María de la Peña, construida a principios del S. XIII, es uno de los cinco templos cristianos con los que contó Brihuega.
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Dieses Bild zeigt das ASI-Denkmal mit der Nummer
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Alsace, Bas-Rhin, Église Saint-Pierre-le-Vieux de Strasbourg (PA00085031): Clé de voûte pendante néo-gothique (XIXe).
Autor/Urheber: Die Autorenschaft wurde nicht in einer maschinell lesbaren Form angegeben. Es wird Mylius als Autor angenommen (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben)., Lizenz: CC BY-SA 3.0
Detail des Hängenden Gewölbes von Hans Baltz von Mertenstein in der Salvatorkapelle des nördlichen Seitenschiffs der Leonhardskirche in Frankfurt am Main. Zu sehen ist Christus an der Geiselsäule, ein darüber thronender Gottvater (hier nicht vollständig zu erkennen), und das tropfenförmig herabhängende Wappen der bekannten Frankfurter Familie Holzhausen.
Selber fotografiert im März 2008, Doppellizensierung GFDL & CC-BY-SA 2.5.