Gustav Hartung

Gustav Hartung, eigentlich Gustav Ludwig May, (* 30. Januar 1887 in Bartenstein, Ostpreußen; † 14. Februar 1946 in Heidelberg) war ein deutscher Theaterleiter und Regisseur.

Leben

Gustav Hartung Grabanlage auf dem Heidelberger Bergfriedhof in der (Abt. Q).

Hartung war ein Sohn des Theaterdirektors Edmund May und dessen Ehefrau Luise Höpfner. Bereits kurz nach Abschluss seiner Schulzeit konnte er als Schriftsteller erfolgreich debütieren. Neben seinen eigenen literarischen Werken war Hartung in dieser Zeit auch für einige Zeitungen als Theaterkritiker tätig.

Später wurde er Schauspielschüler bei Max Reinhardt. Unterstützt von diesem kam Hartung 1912 als Regisseur an das Schauspielhaus in Bremen und blieb dort zwei Jahre. Anschließend wechselte er in gleicher Funktion zum Schauspielhaus Frankfurt. In Frankfurt war er kurze Zeit mit Alice Carli verheiratet. Ab 1920 berief man Hartung als Intendant des Landestheaters Darmstadt. 1922 beförderte man ihn zum General-Intendanten; dieses Amt hatte er bis 1924 inne. In Darmstadt heiratete er seine zweite Frau Karla, eine Tochter von General Karl von Unruh, und wurde dadurch der Schwager des Schriftstellers Fritz von Unruh. Von Karla ließ er sich 1925 wieder scheiden.

Danach folgte er einem Ruf nach Köln, wo er Intendant des Schauspielhauses wurde. 1926 wirkte Hartung bei den ersten Heidelberger Schlossfestspielen mit und im darauffolgenden Jahr übernahm er die Leitung des Renaissance-Theaters in Berlin, die er bis 1930 innehatte. Danach übernahm er von 1931 bis 1933 als Generalintendant erneut die Leitung des Landestheaters Darmstadt. In dritter Ehe war er mit Elisabeth Lennartz verheiratet.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 emigrierte[1] Hartung in die Schweiz und arbeitete dort u. a. am Schauspielhaus Zürich als Schauspieler, am Stadttheater Basel als Schauspieler, Regisseur und von 1937 bis 1939 als Oberspielleiter des Schauspiels sowie am Konservatorium Basel als Schauspiellehrer. Die deutsche Botschaft in der Schweiz, Gesandter Ernst Freiherr von Weizsäcker, verhinderte, dass Hartung 1934 Leiter des Stadttheaters Bern wurde.[2]

In Basel wurde er im Herbst 1943 wegen sexueller Übergriffe an Schauspielschülerinnen zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt.[3] Er wurde, noch bevor diese rechtskräftig wurde, in ein Schweizer Internierungslager eingewiesen und entging so der Ausweisung ins Deutsche Reich. Im Sommer 1945 kehrte Hartung nach Deutschland zurück und übernahm die Leitung der Heidelberger Kammerspiele.

Gustav Hartung fand auf dem Heidelberger Bergfriedhof seine letzte Ruhe. Seine Grabstätte liegt in der (Abt. Q). Die weißgeflammte Rotsandsteinstele vom Bildhauer Edzard Hobbing weist ein expressives Figurenrelief auf, das auf den Lebensinhalt des Verstorbenen hinweisen soll, das expressionistische Theater.[4]

Rezeption

Hartung gilt als wichtiger Vertreter des expressionistischen Theaters. Gleich Erwin Piscator setzte auch er Licht und Schatten als wichtiges Gestaltungsmittel ein. Er setzte sich für die Werke Frank Wedekinds, Carl Sternheims und Fritz von Unruhs ein und machte sich auch durch gelungene Inszenierungen von Klassikern wie William Shakespeare einen Namen. Durch ihn kam das Landestheater Darmstadt zu einer neuen Blüte.

Theater

Literatur

  • Thomas Blubacher: „Befreiung von der Wirklichkeit?“ Das Schauspiel am Stadttheater Basel 1933-1945. Editions Theaterkultur Verlag, Basel 1995, ISBN 3-908145-27-9.
  • Thomas Blubacher: Gustav Hartung. In: Andreas Kotte (Hrsg.): Theaterlexikon der Schweiz. Band 2, Chronos, Zürich 2005, ISBN 3-0340-0715-9, S. 800 f.
  • Ch. Bögel: Der Regisseur Gustav Hartung. In: Viertelsjahreshefte für Theaterkunde und Theaterwissenschaft. Jg. 3 (1924).
  • Hannes Heer, Sven Fritz, Heike Brummer, Jutta Zwilling: Verstummte Stimmen  : die Vertreibung der "Juden" und "politisch Untragbaren" aus den hessischen Theatern 1933 bis 1945. Metropol, Berlin 2011, ISBN 978-3-86331-013-4, S. 255–264.
  • Hans KnudsenHartung, Gustav Ludwig. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 8, Duncker & Humblot, Berlin 1969, ISBN 3-428-00189-3, S. 8 f. (Digitalisat).
  • L. Sagan: Hartung als Führer seiner Schauspieler. In: Das Theater. Bd. 10 (1929).
  • C. Bernd Sucher (Hg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 1995, 2. Auflage, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 271 f.

Einzelnachweise

  1. Geschichte des Staatstheaters Darmstadt (Memento vom 1. April 2010 im Internet Archive)
  2. Gustav Hartung, in: Carl Zuckmayer: Geheimreport. Hrsg. von Gunther Nickel und Johanna Schrön. Göttingen: Wallstein, 2002, ISBN 978-3-8353-3857-9, S. 195f.
  3. Hannes Heer u. a.: Verstummte Stimmen. 2011, S. 262f.
  4. L. Ruuskanen: Der Heidelberger Bergfriedhof im Wandel der Zeit. Verlag Regionalkultur, 2008, ISBN 978-3-89735-518-7, S. 74.

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