Grossmanit
Grossmanit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Andere Namen | IMA 2008-042a[1] |
Chemische Formel | CaTi3+AlSiO6[2] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) | Silikate und Germanate |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m |
Raumgruppe | C2/c (Nr. 15) |
Gitterparameter | a = 9,80(1) Å; b = 8,85(1) Å; c = 5,360(5) Å α = 90°; β = 105,62(10)°°; γ = 90°[3] |
Formeleinheiten | Z = 4[3] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | nicht bestimmt |
Dichte (g/cm3) | natürlich: 3,41(berechnet)[2] |
Spaltbarkeit | Bitte ergänzen |
Farbe | natürlich; hellgrau – grün[2][3] |
Strichfarbe | Bitte ergänzen |
Transparenz | transparent[2] |
Glanz | nicht bestimmt |
Radioaktivität | - |
Magnetismus | - |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nα = natürlich: 1,747(5)[3] nβ = natürlich: 1,750(5)[3] nγ = natürlich: 1,762(5)[3] |
Doppelbrechung | δ = 0,015 |
Pleochroismus | dunkelgrün – rot[3] |
Das Mineral Grossmanit ist ein sehr seltenes Kettensilikat aus der Pyroxengruppe mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung CaTi3+AlSiO6.
Grossmanit kristallisiert mit monokliner Symmetrie und bildet farblose bis grüne Kristalle von wenigen µm Größe.
In einer frühen Phase der Entstehung unseres Sonnensystems kristallisierte Grossmanit-reicher Pyroxen bei hohen Temperaturen und extrem reduzierenden Bedingungen während der Resublimation des präsolaren Nebels und blieb in Einschlüssen von Meteoriten erhalten. Typlokalität ist ein Calcium-Aluminium-reicher Einschluss (CAI) des Allende-Meteoriten, in dem Grossmanit zusammen mit Spinell, Gehlenit, Perowskit und Grossit auftritt.[2]
Etymologie und Geschichte
Chi Ma und George R. Rossman vom California Institute of Technology in Pasadena, Kalifornien beschrieben 2009 den Ti3+- Klinopyroxen aus 2 Einschlüssen des Allende-Meteoriten als neues Mineral. Sie benannten es nach dem Professor für Kosmochemie an der University of Chicago, Lawrence Grossman, in Anerkennung seiner fundamentalen Beiträge zur Meteoritenforschung.[2]
Klassifikation
In der strukturellen Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA) gehört Grossmanit zusammen mit Augit, Burnettit, Davisit, Diopsid, Esseneit, Petedunnit, Hedenbergit, Johannsenit, Kushiroit und Tissintit zu den Kalziumpyroxenen in der Pyroxengruppe.[2]
Die seit 2001 gültige und bislang von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik führt den Grossmanit noch nicht auf. Er wäre in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Ketten- und Bandsilikate (Inosilikate)“ eingeordnet worden. Diese Abteilung ist weiter unterteilt nach der Art der Kettenbildung, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „Ketten- und Bandsilikate mit 2-periodischen Einfachketten Si2O6; Pyroxen-Familie“ zu finden wäre, wo es zusammen mit Augit, Diopsid, Esseneite, Petedunnit, Hedenbergit und Johannsenit zur „Ca-Klinopyroxene, Diopsidgruppe“ mit der System-Nr. 9.DA.15 gehörte.
Auch die veraltete, aber noch gebräuchliche 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz kennt den Grossmanit nicht. Er würde hier zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Kettensilikate und Bandsilikate (Inosilikate)“ gehören, wo er zusammen mit Aegirin, Augit, Petedunnit, Esseneit, Hedenbergit, Jadeit, Jervisit, Johannsenit, Kanoit, Klinoenstatit, Klinoferrosilit, Kosmochlor, Namansilit, Natalyit, Omphacit, Pigeonit und Spodumen die „Pyroxengruppe, Untergruppe Klinopyroxene“ mit der System-Nr. VIII/F.01 bilden würde.
Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana würde den Grossmanit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Kettensilikatminerale“ einordnen. Hier wäre er zusammen mit Diopsid, Hedenbergit, Augit, Johannsenit, Petedunnite, Kushiroit und Davisit in der Gruppe der „C2/c Klinopyroxene (Ca-Klinopyroxene)“ mit der System-Nr. 65.01.03.8 innerhalb der Unterabteilung „Kettensilikate: Einfache unverzweigte Ketten, W=1 mit Ketten P=2“ zu finden.
Chemismus
Grossmanit mit der idealisierten Zusammensetzung [M2]Ca[M1]Ti3+[T](AlSi)O6 ist das Titan- Aluminium-Analog von Diopsid ([M2]Ca[M1]Mg[T]Si2O6), wobei [M2], [M1] und [T] die Positionen in der Pyroxenstruktur sind.
Die Zusammensetzungen des Grossmanit aus der Typlokalität ist[2]
- [M2]Ca1,000[M1](Ti3+0,35Al3+0,18Sc3+0,01V3+0,01 Mg0,25 Ti4+0,19)[T](Si1,07Al0,93)O6
Grossmanit enthält variable Mengen an Ti4+, entsprechend den Austauschreaktionen[4]
- 2[M1]Ti3+ = [M1]Mg2+ + [M1]Ti4+ oder
- [M1]Ti3+ + [T]Si4+ = [M1]Ti4+ + [T]Al3+ (Al-Buffonit)[5]
Weiterhin bildet Grossmanit Mischkristalle mit Diopsid, Kushiroit, Davisit und Burnettit:[4][6]
- [M1]Ti3+ + [T]Al3+ = [M1]Mg2+ + [T]Si4+ (Diopsid)
- [M1]Ti3+ = [M1]Al3+ (Kushiroit)
- [M1]Ti3+ = [M1]Sc3+ (Davisit)
- [M1]Ti3+ = [M1]V3+ (Burnettit)
Das Mischungsverhalten von Diopsid-Al-Buffonit-Kushiroit-Grossmanit-Mischkristallen ist komplex mit Mischungslücken, deren Lage und Ausdehnung stark Abhängig vom Ti3+/Ti4+- Verhältnis ist.[7]
Kristallstruktur
Grossmanit kristallisiert mit monokliner Symmetrie in der Raumgruppe C2/c (Raumgruppen-Nr. 15) mit 4 Formeleinheiten pro Elementarzelle. Die Gitterparameter des natürlichen Grossmanit sind a = 9,80(1) Å, b = 8,85(1)Å, c = 5,36(5)Å und β = 105,62(10)°.[3]
Die Struktur ist die von Klinopyroxen. Silicium (Si4+) und Aluminium (Al3+) besetzen die tetraedrisch von 4 Sauerstoffionen umgebene T-Position, Calcium (Ca2+) belegt die oktaedrisch von 6 Sauerstoffen umgebene M2-Position und die ebenfalls oktaedrisch koordinierte M1-Position ist mit Titan (Ti3+) besetzt.
Bildung und Fundorte
Grossmanit wurde bislang ausschließlich in Calcium-Aluminium-reichen Einschlüssen (CAIs) einiger chondritischer Meteorite gefunden. Grossmanit ist entweder ein primäres Kondensationsprodukt aus dem präsolaren Nebel oder kristallisiert aus Schmelzen aufgeschmolzener und rasch abgekühlter CAIs.[2][8][6]
Typlokalität ist der Allende-Meteorite, ein Kohliger Chondrit, der am 8. Februar 1969 in der Gegend um Pueblito de Allende bei Parral im Bundesstaat Chihuahua in Mexiko nieder ging. Grossmanit wurde hier in CAIs entdeckt, wo er zusammen mit Spinell und Perowskit oder Spinell, Perovskit und Grossit als Einschluss in Gehlenit auftritt.[2]
In einem flockigen Typ-A CAI ebenfalls aus dem Allende Meteoriten wurde ein Grossmanit-reicher Pyroxene zusammen mit Melilith, Spinell und Hibonit gefunden.[9]
In den Chondriten des Rumuruti-Typs (R-Chondrite) Dhofar1223 und NWA 1476 wurden Titan-reiche Fassaite in einigen CAIs nachgewiesen – die Oxidationsstufe des Titans aber nicht bestimmt.[10]
Im Ivuna CI1-Chondrit wurde Grossmanit mit bis zu 20Gew-TiO2 gefunden. Er tritt im Kern eines CAI zusammen mit Gehlenit, Spinel sowie kleinen Mengen Anorthit und Hibonit auf.[11]
Grossmanit-reicher Davisit und Kushiroit wurde auch in einem CAI des CV Chondrits RBT 04143 vom Roberts-Massiv in Queen Maud Land, Ostantarktika (Antarktis) gefunden. Titan-, Aluminium- und Scandium-reiche Pyroxene treten isoliert oder zusammen mit Spinell, Perowskit oder Spinell und Perowskit als Einschluss in Gehlenit auf.[6]
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Grossmanit in: IMA Database of Mineral Properties
- ↑ a b c d e f g h i j Chi Ma and George R. Rossman: Grossmanite, CaTi3+AlSiO6, a new pyroxene from the Allende meteorite. In: The American Mineralogiste. Band 94, 2009, S. 1491–1494 (rruff.info [PDF; 580 kB; abgerufen am 31. Dezember 2018]).
- ↑ a b c d e f g Eric Dowty AND Joan R. Clark: Crystal Structure Refinement and Optical Properties of a Ti3+ Fassaite from the Allende Meteorite. In: The American Mineralogiste. Band 58, 1973, S. 230–242 (minsocam.org [PDF; 1,6 MB; abgerufen am 2. Januar 2018]).
- ↑ a b Chi Ma, John R. Beckett, and George R. Rossman: Grossmanite, Davisite, and Kushiroite: Three Newly-approved Diopside-Group Clinopyroxenes in CAIs. In: Lunar and Planetary Science Conference. Band 41, 2010 (usra.edu [PDF; 996 kB; abgerufen am 17. Dezember 2018]).
- ↑ Richard O. Sack, Mark S. Ghiorso: Thermodynamics of multicomponent pyroxenes: III. Calibration of Fe2+(Mg)-1, TiAl2(MgSi2)-1, TiFe3+2 (MgSi2)-1, AlFe3+(MgSi)-1, NaAI(CaMg)-1, Al2(MgSi)-1 and Ca(Mg)-1 exchange reactions between pyroxenes and silicate melts. In: Contributions to Mineralogy Petrology. Band 118, 1994, S. 271–296 (springer.com [PDF; 253 kB; abgerufen am 6. Januar 2018] preview).
- ↑ a b c Takashi Yoshizaki, Daisuke Nakashima, Tomoki Nakamura, Changkun Park, Naoya Sakamoto, Hatsumi Ishida, Shoichi Itoh: Nebular history of an ultrarefractory phase bearing CAI from a reduced type CV chondrite. In: Preprint. 2018 (arxiv.org [PDF; 10,1 MB; abgerufen am 9. Januar 2018]).
- ↑ Richard O. Sack, Mark S. Ghiorso: Ti3+– and Ti4+ – RICH FASSAITES AT THE BIRTH OF THE SOLAR SYSTEM: THERMODYNAMICS AND APPLICATIONS. In: American Journal of Science. Band 317, 2017, S. 807–845, doi:10.2475/07.2017.02 (researchgate.net [PDF; 11,8 MB; abgerufen am 6. Januar 2018]).
- ↑ Lawrence Grossman: Vapor-condensed phase processes in the early solar system. In: Meteoritics & Planetary Science. Band 45, 2010, S. 7–20 (wiley.com [PDF; 2,0 MB; abgerufen am 23. Dezember 2018]).
- ↑ S. B. Simon, A. M. Davis and L. Grossman: Formation of orange hibonite, as inferred from some Allende inclusions. In: Meteoritics & Planetary Science. Band 36, 2001, S. 331–350 (wiley.com [PDF; 2,2 MB; abgerufen am 6. Januar 2018]).
- ↑ Surya Snata Rout and Addi Bischoff: Ca,Al-rich inclusions in Rumuruti (R) chondrites. In: Meteoritics & Planetary Science. Band 43, 2008, S. 1439–1464 (uni-muenster.de [PDF; 12,1 MB; abgerufen am 9. Januar 2018]).
- ↑ D. Frank, M. Zolensky, J. Martinez, T. Mikouchi, K. Ohsumi, K. Hagiya, W. Satake, L. Le, D. Ross, A. Peslier: A CAI IN THE IVUNA CI1 CHONDRITE. In: 42nd Lunar and Planetary Science Conference. 2011, S. 2785 (nasa.gov [PDF; 259 kB; abgerufen am 6. Januar 2018]).