Großseelheim
Großseelheim Stadt Kirchhain | |
---|---|
Koordinaten: | 50° 49′ N, 8° 52′ O |
Höhe: | 198 (195–210) m ü. NHN |
Fläche: | 9,51 km²[1] |
Einwohner: | 1857 (31. Dez. 2022)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 195 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Juli 1974 |
Postleitzahl: | 35274 |
Vorwahl: | 06422 |
Stadtgebiet von Kirchhain mit Lage der zwölf Ortsteile |
Großseelheim ist ein Dorf im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf und, neben der Kernstadt, der nach Einwohnerzahl größte Stadtteil von Kirchhain.
Geographische Lage
Großseelheim liegt zwischen den Städten Marburg und Kirchhain am Westrand der Gemarkung der Stadt Kirchhain auf einem Plateau, das die im Amöneburger Becken liegende Ohmniederung etwas überragt. Zum Schutz der am Fluss Ohm gelegenen Ortschaften liegt östlich des Dorfes das Hochwasserrückhaltebecken Kirchhain/Ohm.
Geschichte
Ortsgeschichte
Der Name des Dorfes hat fränkischen Ursprung. Zunächst wurde der Ort unter „Seleheim“ erwähnt. Eine Unterscheidung zwischen Großseelheim und Kleinseelheim erfolgte erst ab Mitte des 13. Jahrhunderts.
Die älteste bekannte Erwähnung von Großseelheim findet sich nach neueren Forschungen 779 n. Chr. in einer Schenkungsurkunde des Argoz und seiner Gemahlin an das Kloster Fulda unter dem ersten Fuldaer Abt Sturmi. Am 30. November 920 war Seelheim Standort des Hoftages Heinrichs I. Im Mittelalter befand sich der Sitz des Vogteigerichts des Deutschen Ordens im Ort. 1766 verkaufte der Deutsche Orden seine bis dahin bestehenden Rechte an Großseelheim an Hessen.
Hessische Gebietsreform (1970–1977)
Zum 1. Juli 1974 wurde die bis dahin selbständige Gemeinde Großseelheim im Zuge der Gebietsreform in Hessen kraft Landesgesetz in die Stadt Kirchhain eingegliedert.[3][4] Für Großseelheim, wie für alle ehemals eigenständigen Stadtteile von Kirchhain, wurde je ein Ortsbezirk gebildet.[5]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten, denen Großseelheim angehört(e):[1][6]
- vor 1567 Heiliges Römisches Reich, Gericht Seelheim,[7][8] 3⁄4 Deutsch Ordens-Besitz, 1⁄4 fuldisches Lehen
- ab 1567 Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Amt Marburg[9]
- ab 1592: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Marburg, Amt Marburg
- 1604–1648: Heiliges Römisches Reich, strittig zwischen Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Landgrafschaft Hessen-Kassel (Hessenkrieg), Amt Marburg
- ab 1648: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Marburg
- ab 1767: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Kirchhain
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Kirchhain
- 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Marburg, Kanton Amöneburg
- ab 1815: Kurfürstentum Hessen, Amt Kirchhain[10]
- ab 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain[11][Anm. 1]
- ab 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
- ab 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain
- ab 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1932: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Kreis Marburg
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Marburg
- ab 1946: Amerikanische Besatzungszone, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Stadt Kirchhain[Anm. 2]
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Stadt Kirchhain
Gerichte seit 1821
Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Der Kreis Kirchhain war für die Verwaltung und das Justizamt Kirchhain als Gericht erster Instanz für Großseelheim zuständig.[12] Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Kirchhain.[13][14] Auch mit dem in Kraft treten des Gerichtsverfassungsgesetzes von 1879 blieb das Amtsgericht unter seinem Namen bestehen.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Großseelheim 1866 Einwohner. Darunter waren 42 (2,3 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 351 Einwohner unter 18 Jahren, 825 zwischen 18 und 49, 384 zwischen 50 und 64 und 306 Einwohner waren älter.[15] Die Einwohner lebten in 777 Haushalten. Davon waren 210 Singlehaushalte, 228 Paare ohne Kinder und 261 Paare mit Kindern sowie 69 Alleinerziehende und 9 Wohngemeinschaften. In 123 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 564 Haushaltungen lebten keine Senioren.[15]
Einwohnerentwicklung
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1577: | 58 Hausgesesse |
• 1747: | 69 Hausgesesse |
• 1838: | Familien: 57 nutzungsberechtigte, 26 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 12 Beisassen |
Großseelheim: Einwohnerzahlen von 1768 bis 2019 | ||||
---|---|---|---|---|
Jahr | Einwohner | |||
1768 | 380 | |||
1800 | ? | |||
1834 | 549 | |||
1840 | 604 | |||
1846 | 637 | |||
1852 | 640 | |||
1858 | 667 | |||
1864 | 652 | |||
1871 | 637 | |||
1875 | 683 | |||
1885 | 672 | |||
1895 | 685 | |||
1905 | 785 | |||
1910 | 852 | |||
1925 | 954 | |||
1939 | 1.040 | |||
1946 | 1.483 | |||
1950 | 1.461 | |||
1956 | 1.349 | |||
1961 | 1.303 | |||
1967 | 1.288 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 1.866 | |||
2015 | 1.859 | |||
2019 | 1.880 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Kirchhain:[16][17]; Zensus 2011[15] |
Historische Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1861: | evangelisch-lutherische, 7 römisch-katholische Einwohner | 640
• 1885: | evangelische (= 99,85 %), ein katholischer (= 0,15 %) Einwohner | 671
• 1961: | 1221 evangelische (= 93,71 %), 67 katholische (= 5,14 %) Einwohner |
Historische Erwerbstätigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1768: | Erwerbspersonen: 9 Leineweber, 4 Schmiede, 5 Wagner, 3 Schneider, 1 Schreiner, 1 Bader, 1 Maurer, 1 Zimmermann, 2 Wirte, 4 Tagelöhner, 8 Tagelöhnerinnen |
• 1838: | Familien: 57 Ackerbau, 5 Gewerbe, 33 Tagelöhner. |
• 1961: | Erwerbspersonen: 252 Land- und Forstwirtschaft, 258 Produzierendes Gewerbe, 46 Handel und Verkehr, 55 Dienstleistungen und Sonstiges. |
Politik
Für den Stadtteil Großseelheim besteht ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat aus neun Mitgliedern und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung. Er umfasst das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Großseelheim.[5] Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 56,85 %, dabei wurden fünf Mitglieder der SPD und vier Mitglieder der „Bürgerliste Großseelheim“ in den Ortsbeirat gewählt.[18] Der Ortsbeirat wählte Helmut Hofmann (SPD) zum Ortsvorsteher.[19]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Dorfwettbewerbe
- Mehrfache Beteiligung am Landeswettbewerb Unser Dorf soll schöner werden mit hessischen Landessiegen 1978 und 1983/84
- Beteiligung am Bundeswettbewerb Unser Dorf soll schöner werden 1986
- Teilnahme am 34. Hessischen Wettbewerb Unser Dorf hat Zukunft 2011 / 3. Platz im Regionalentscheid
- 2. Sieger des Landeswettbewerbs „Unser Dorf hat Zukunft“ 2015
Bauwerke
Das örtliche Heimatmuseum befindet sich im Brunetschen Hof, einem 1790 errichteten Fachwerkbau mit historischer Schmiede. Die ältesten Teile der evangelischen Kirche sind um 1200 entstanden.
Vereine
Im Ortsteil herrscht ein reges Vereinsleben mit ca. 20 Vereinen und Vereinigungen.
Veranstaltungen
Seit 2008 findet jährlich am Samstag des ersten Adventswochenendes der Großseelheimer Adventsmarkt statt. Die Besucherzahlen übersteigen die Einwohnerzahl des Ortes regelmäßig.
Literatur
- Literatur über Großseelheim nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
- Literatur über Kichhain-Großseelheim nach GND In: Hessische Bibliographie
- Suche nach Großseelheim. In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Weblinks
- Stadtteil Großseelheim. In: Webauftritt der Stadt Kirchhain.
- Großseelheim. Ortsgeschichte, Infos. In: www.grossseelheim.de. Ortsbeirat Großseelheim
- Großseelheim, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
Anmerkungen und Einzelnachweise
Anmerkungen
- ↑ Trennung von Justiz (Justizamt Kirchhain) und Verwaltung.
- ↑ Am 1. Juli 1974 als Ortsbezirk zur Stadt Kirchhain.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f Großseelheim, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 21. Oktober 2020). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ https://www.kirchhain.de/output/download.php?fid=2848.830.1.PDF
- ↑ Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 154, § 7 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 404.
- ↑ a b Hauptsatzung. (PDF; 193 kB) § 6. In: Webauftritt. Stadt Kirchhain, abgerufen im November 2020.
- ↑ Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Zum Gericht Seelheim gehörten Großseelheim, Kleinseelheim und Schönbach.
- ↑ Georg Landau: Beschreibung des Kurfürstenthums Hessen. T. Fischer, Kassel 1842, S. 416 (online bei HathiTrust’s digital library).
- ↑ Die Zugehörigkeit des Amtes Marburg anhand von Karten aus dem Geschichtlicher Atlas von Hessen: Hessen-Marburg 1567–1604., Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt 1604–1638. und Hessen-Darmstadt 1567–1866.
- ↑ Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 115 f. (online bei Google Books).
- ↑ Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 74.
- ↑ Neueste Kunde von Meklenburg, Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts., Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
- ↑ Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
- ↑ Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224 )
- ↑ a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 28 und 68, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020 .
- ↑ Einwohnerzahlen von 30. Juni 2015. In: Webauftritt Stadt Kirchhain. ( vom 23. Dezember 2015 im Internet Archive)
- ↑ Haushaltsplan 2020. In: Webauftritt. Stadt Kirchhain, S. 3, abgerufen im November 2020.
- ↑ Ergebnis der Ortsbeiratswahlen 2021 in Großseelheim. In: Votemanager. Stadt Kirchhain, abgerufen im September 2023.
- ↑ Ortsvorsteher der Stadt Kirchhain. In: Webauftritt. Stadt Kirschhain, abgerufen im September 2023.
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Andreas Trepte, Lizenz: CC BY-SA 2.5
Der Kartenausschnitt zeigt Kirchhain eine Gemeinde im Landkreis Marburg-Biedenkopf
(c) Foto von Hydro bei Wikipedia, CC BY-SA 4.0
Freiwillige Feuerwehr Großseelheim
(c) Foto von Hydro bei Wikipedia, CC BY-SA 4.0
Der Brunetsche Hof in Großseelheim (Heimatmuseum, Marburger Ring 31, 35274 Kirchhain)
(c) Foto von Hydro bei Wikipedia, CC BY-SA 4.0
Dies ist ein Bild des hessischen Kulturdenkmals mit der Nummer