Großer Preis von Italien 1922

Rennsieger Pietro Bordino beim Nachtanken
Der drittplatzierte Pierre de Vizcaya im Bugatti T30
Reinhold Stahl im Heim Monza

Der II. Große Preis von Italien fand am 10. September 1922 auf dem Autodromo di Milano in Monza statt. Der Gran Premio d’Italia fand damit auch seine traditionelle Heimstätte, auf der bis auf fünf Ausnahmen alle bisherigen Läufe ausgetragen worden sind.

Das Rennen wurde gemäß der geltenden Grand-Prix-Formel (2 Liter Hubraum, 650 kg Mindestgewicht, Renndistanz mindestens 800 km) über 80 Runden à 10 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 800 km entsprach.

Sieger wurde Pietro Bordino auf Fiat.

Rennen

Die in nur 100 Tagen Bauzeit errichtete Strecke – ursprünglich als Circuito di Milano bezeichnet – bestand aus einem 5,5 km langen Straßenkurs und einem 4,5 km langen Hochgeschwindigkeitsoval und war erst am 15. August, weniger als einen Monat vor dem Grand Prix, fertiggestellt worden. Sie ist damit die erste permanente und durchgehend befestigte Rennstrecke, auf der Grand-Prix-Rennen ausgetragen wurden, und ist damit auch gleichzeitig der ältesten Anlage dieser Art, auf der bis heute regelmäßig Formel-1-Rennen stattfinden.

Für das Rennen, das nach der von der AIACR für 1922 verabschiedeten offiziellen Grand-Prix-Formel (Hubraumbegrenzung 2 Liter, Mindestgewicht der Wagen 650 kg, Mindestdistanz der Rennen 800 km) ausgetragen wurde, hatten ursprünglich nicht weniger 13 verschiedenen Werksmannschaften insgesamt 39 Teilnehmer gemeldet. Darunter waren mit Mercedes, Benz, Austro-Daimler und Heim zum ersten Mal nach dem Ersten Weltkrieg von einem Veranstalter eines Grand Prix auch wieder Meldungen deutscher und österreichischer Automobilfirmen zugelassen worden. Nachdem jedoch beim vorangegangenen Grand Prix de l’ACF in Strasbourg die Rennwagen des Fiat-Teams die Konkurrenz in Grund und Boden gefahren hatten, erkannte ein Hersteller nach dem anderen die Aussichtslosigkeit des Unterfangens und ersparte sich die Anreise. Als auch das österreichische Austro-Daimler-Team seine Rennmannschaft nach dem Todessturz des Werksfahrers Gregor Kuhn im Training zurückzog, blieben am Ende neben den drei Fiat-Fahrern Pietro Bordino, Felice Nazzaro und Enrico Giaccone schließlich noch ganze fünf weitere Teilnehmer übrig. Einziger ernstzunehmender Fiat-Konkurrent unter diesen war der Bugatti von Pierre de Vizcaya, der sich damit entgegen der Weisung vom Werk auf eigener Achse vom Elsass aus auf den Weg gemacht hatte, so dass das Auto bereits einige Verschleißerscheinungen aufwies. Die beiden Diatto waren dagegen ebenso aussichtslos, wie die zwei von Heim ins Rennen geschickte Wagen, bei denen es sich im Prinzip um leicht modifizierte, deutlich untermotorisierte Sportwagenmodelle handelte, deren Geschwindigkeit um 20 km/h unterhalb der der Fiat lag. Franz Heim war vor dem Krieg zunächst Mechaniker bei Benz gewesen und hatte sich 1912 als Fahrer dem Grand-Prix-Team von Lorraine-Dietrich angeschlossen, bevor er nach dem Krieg in Mannheim eine eigene bescheidene Automobilproduktion aufzog und hier zum Großen Preis von Italien zusammen mit seinem Teamkollegen Reinhold Stahl selbst die Farben seines Rennstalls vertrat.

Wie zuvor schon beim französischen Grand Prix begann auch hier das Rennen mit einem Massenstart. Gleich zu Beginn blieb bereits der Fiat von Giaccone mit defekter Kraftübertragung liegen, die Wagen von Heim halten nur wenig länger. Nachdem zur Mitte des Rennens schließlich auch noch die beiden Diatto von Alfieri Maserati und Guido Meregalli ausgefallen waren, waren mit den beiden Fiat von Bordino und Nazzaro vor de Vizcaya auf Bugatti für die zweite Hälfte der Renndistanz wiederum nur noch drei Wagen verblieben. De Vizcaya, der am Anfang noch überraschenderweise gut mit den Fiat hatte mithalten können, war aber schon nach kurzer Zeit nach Boxenaufenthalten aufgrund mechanischer Defekte an seinem nicht mehr ganz frischen Wagen zurückgeworfen worden. Bordino gewann schließlich mit zwei Runden Vorsprung auf seinen Stallgefährten Nazzaro und noch einmal weiteren zwei Runden auf de Vizcaya. Das Rennen war damit auch der erste Grand Prix der Geschichte, bei dem die im Rennen verbliebenen Teilnehmer das Rennen nicht noch ber die volle Distanz zu Ende fahren mussten, sondern nach der Zieldurchfahrt des Siegers direkt abgewunken wurden.

Ergebnisse

Meldeliste

TeamNr.FahrerInfoChassisMotorReifen
Dritte Französische Republik Automobiles Ballot01Dritte Französische Republik Jules GouxDNABallot 2-Litre SBallot 2.0L I4
14Italien 1861 Giulio ForestiDNA
Vereinigtes Konigreich Sunbeam-Talbot-Darracq Motors02Dritte Französische Republik Jean ChassagneDNASunbeam GPSunbeam 2.0L I4
15Vereinigtes Konigreich Henry SegraveDNA
26Vereinigtes Konigreich Kenelm Lee GuinnessDNA
Dritte Französische Republik Usines Bugatti03Dritte Französische Republik Ernest FriederichDNABugatti T30Bugatti 2.0L I8
16Spanien 1875 Pierre de VizcayaPa
27Dritte Französische Republik Pierre MarcoDNA
36Dritte Französische Republik Jacques Mones-MauryDNA
Deutsches Reich Daimler-Motoren-Gesellschaft04Deutsches Reich Max SailerDNAMercedes 6/40/65 PSMercedes M 65134 1.5L I4 KompressorC
17Deutsches Reich Christian LautenschlagerDNA
28Deutsches Reich Otto SalzerDNA
Italien 1861 Fiat SpA05Italien 1861 Felice NazzaroFiat 804Fiat Type 404 2.0L I6P
18Italien 1861 Pietro Bordino
29Italien 1861 Enrico Giaccone
Italien 1861 FIV Edoardo Bianchi S.p.A.06Italien 1861 Eugenio SilvaniDNABianchi 18
19Italien 1861 Meo CostantiniDNA
30Italien 1861 Caberto ConelliDNA
Deutsches Reich Badische Automobilfabrik Heim & Co.07Deutsches Reich Arthur HenneyDNAbHeim 8/60 PS „Monza“Basse & Selve 2.0L I4
07Deutsches Reich Franz Heim
20Deutsches Reich Franz HeimDNSc
31Deutsches Reich Reinhold Stahl
Osterreich Österreichische Daimler Motoren Gesellschaft08Deutsches Reich Alfred NeubauerDNSdAustro-Daimler SaschaAustro-Daimler 2.0L I4
21Fahrer nicht benanntDNA
31Osterreich Lambert PocherDNSd
37Deutsches Reich Gregor KuhnDNSd
Italien 1861 SA Autocostruzioni Diatto09Italien 1861 Guido MeregalliDiatto 20SBugatti 2.0L I4
22Italien 1861 Alfieri Maserati
Deutsches Reich Benz & Cie.10Fahrer nicht benanntDNABenz RH 2-l-Tropfenform-RennwagenBenz Bz 6516 2.0L I6C
23Fahrer nicht benanntDNA
33Fahrer nicht benanntDNA
38Fahrer nicht benanntDNA
Dritte Französische Republik Automobiles Talbot11Fahrer nicht benanntDNATalbot-Darracq
24Fahrer nicht benanntDNA
34Fahrer nicht benanntDNA
Dritte Französische Republik SA des Établissements Rolland-Pilain12Dritte Französische Republik Albert GuyotDNARolland-Pilain A22Rolland-Pilain 2.0L I8
25Dritte Französische Republik Victor HémeryDNA
35Dritte Französische Republik Louis WagnerDNA
35Dritte Französische Republik Joseph Sadi-LecointeDNA
Dritte Französische Republik Delage et Compagnie13Dritte Französische Republik René ThomasDNADelage Type 2 LSDelage 2.0L I4
a 
De Vizcaya reiste nach dem Rückzug des Bugatti-Werks auf eigene Faust nach Monza und bekam von der Fiat-Mannschaft Reifen für das Rennen gestellt.
b 
Nach Rennunfall auf der AVUS nicht angetreten.
c 
Heim übernahm teamintern Henneys Startnummer und damit die Position in der ersten Reihe.
d 
Nach dem tödlichen Unfall von Kuhn im Training zog sich das Team von der Teilnahme zurück.

Startaufstellung

Die Startpositionen wurden in der Reihenfolge der Startnummern vergeben. Die zweite Startreihe wurde jedoch aus bislang ungeklärten Gründen spiegelbildlich aufgestellt.

Deutsches Reich HeimItalien 1861 Nazzaro
Italien 1861 MeregalliSpanien 1875 de VizcayaItalien 1861 Bordino
Italien 1861 GiacconeItalien 1861 Maserati
Deutsches Reich Stahl

Rennergebnis

Pos.FahrerKonstrukteurRundenStoppsZeitStartSchnellste RundeAusfallgrund
01Italien 1861 Pietro BordinoItalien 1861 Fiat805:43:13,00034:05,000
02Italien 1861 Felice NazzaroItalien 1861 Fiat78+ 2 Runden2
03Spanien 1875 Pierre de VizcayaDritte Französische Republik Bugatti76+ 4 Runden4
Italien 1861 Guido MeregalliItalien 1861 Diatto52DNF5Mechanik
Italien 1861 Alfieri MaseratiItalien 1861 Diatto27DNF7Unfall
Deutsches Reich Franz HeimDeutsches Reich Heim16DNF1Ausfall
Deutsches Reich Reinhold StahlDeutsches Reich Heim12DNF8Ausfall
Italien 1861 Enrico GiacconeItalien 1861 Fiat0DNF6Kraftübertragung

Literatur

  • Paul Sheldon: A Record of Grand Prix and Voiturette Racing, Vol. 1 - 13, St. Leonards Press, Bradford, 1987–2002
  • Imre Paulovits: Gedonner im Park – Artikel über die Eröffnungswoche der Rennstrecke von Monza, erschienen in „Motorsport aktuell“ Nr. 38 vom 31. August 2022, S. 32
  • Adriano Cimarosti: Autorennen – Die Grossen Preise der Welt – Wagen, Strecken und Piloten von 1894 bis heute, Hallwag Verlag, Bern, 1986, ISBN 3-444-10326-3

Weblinks

Commons: Großer Preis von Italien 1922 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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Die "Heim & Cie Badische Automobilfabrik Mannheim" startete mit 2 Heim Grand Prix Wagen bei dem Eröffnungsrennen in Monza 10. September 1922. Am Steuer waren Franz Heim und Reinhold Stahl (im Bild)