Großer Preis von Deutschland 1939

Der Nürburgring in seiner befahrenen Version der Nordschleife.
Siegertrophäe des Großen Preises von Deutschland 1939

Der XII. Große Preis von Deutschland fand am 24. Juli 1939 auf der Nordschleife des Nürburgrings statt. Als Grande Épreuve zählte das Rennen zur Grand-Prix-Europameisterschaft 1939 und wurde nach den Bestimmungen der Internationalen Grand-Prix-Formel (i. W. Rennwagen bis 3 Liter Hubraum mit Kompressor und bis 4,5 Liter Hubraum ohne Kompressor; Mindestgewicht 850 kg; Renndistanz mindestens 300 km) über 22 Runden à 22,810 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 501,82 km entsprach.

Sieger wurde Rudolf Caracciola auf einem Mercedes-Benz W 154, der damit den Großen Preis von Deutschland bereits zum sechsten Mal gewinnen konnte. Es war der letzte Grand-Prix-Erfolg seiner Karriere.

Rennen

Wie immer betrieben die deutschen Rennställe zum Heimrennen auf dem Nürburgring maximalen Aufwand. Auto Union, mit Hermann Paul Müller siegreich im Großen Preis von Frankreich, trat mit fünf ihrer aktuellen Grand-Prix-Rennwagen vom Typ D[1] an, die außerdem von Tazio Nuvolari, dem internationalen Spitzenfahrer des Teams, Hans Stuck, Rudolf Hasse und Georg Meier gefahren wurden.

Auch Daimler-Benz hatte viel Mühe darauf verwendet, die Motorprobleme der Mercedes-Benz W 154, die zur Niederlage im französischen Grand Prix geführt hatten, zu lösen. Neben dem üblichen Fahrer-Trio Rudolf Caracciola, Hermann Lang und Manfred von Brauchitsch, das bereits das Training dominierte, wurde ein viertes Auto für Nachwuchsfahrer Heinz Brendel eingesetzt.

Alfa Romeo hatte sein Grand-Prix-Programm dagegen vollkommen eingestellt, um sich ganz auf die Voiturette-Klasse zu konzentrieren, wo mit dem Alfa Romeo Tipo 158 „Alfetta“ ein Top-Auto zur Verfügung stand. Das Maserati-Team hingegen war nach längerer Abstinenz wieder bei einem Grand Prix vertreten. Neben Stammfahrer Luigi Villoresi wurde das zweite Cockpit an den ehemaligen Auto-Union-Reservefahrer Paul Pietsch für dessen Heimrennen vergeben. Pietsch war zuletzt in der Voiturette-Klasse für Maserati recht erfolgreich. Maseratis aktuelles Grand-Prix-Modell vom Typ Maserati 8CTF war den deutschen Silberpfeilen an Motorleistung zwar deutlich unterlegen, dafür aber auf dem kurvenreichen Nürburgring besonders handlich zu fahren.

Im Training unterbot Mercedes-Fahrer Lang mit seiner schnellsten Runde die alte Rekordmarke, die Bernd Rosemeyer 1937 noch mit einem doppelt so großen Motor herausgefahren hatte. Trotz des am Renntag herrschenden „Eifelwetters“ mit Nebel und leichtem Regen war Lang auch im Rennen nach wenigen Kurven vorne und kam mit einem stattlichen Vorsprung von knapp einer halben Minute vor seinem Teamkollegen von Brauchitsch aus der ersten Runde zurück. Aber schon zwei Umläufe später machten sich beim führenden Mercedes Anzeichen eines Motorschadens bemerkbar. Gleichzeitig mit Langs Aufgabe kam auch von Brauchitsch wegen eines Motorproblems an die Box, so dass Pietsch mit seinem Maserati überraschenderweise vorn lag.

Das Wechselspiel um die Führung ging jedoch weiter, und weil Pietsch zum Nachstellen der Bremsen kurz stoppen musste, war nun Nuvolari mit seinem Auto Union für einige Runden vorn, bis das nasskalte Wetter auch seinem Motor zunehmend Schwierigkeiten bereitete und er deswegen ebenfalls einen Boxenstopp einlegen musste. Im Anschluss führte Caracciola kurz, aber weil auch bei ihm zu Rennmitte beim planmäßigen Boxenstopp ein Zündkerzenwechsel fällig war, kam er erst hinter den Auto-Union-Fahrern Hasse und Müller zurück auf die Strecke.

Der Regen wurde stärker und als Regenspezialist arbeitete sich Caracciola wieder an die Spitze. Hasse hatte zwar noch zu kontern versucht, war dabei aber von der Strecke geraten und musste seinen beschädigten Auto Union abstellen, ebenso wie Nuvolari, dessen Motor wenig später – in dritter Position liegend – endgültig explodierte. Damit waren nur noch drei von elf gestarteten 3-Liter-Grand-Prix-Wagen mit Kompressor im Rennen und Caracciola auf Mercedes, Müller auf Auto Union und Pietsch auf Maserati – Letzterer trotz zweier Dreher und vier Boxenstopps mit einer Runde Rückstand – fuhren das Rennen in dieser Reihenfolge zu Ende.

Meldeliste

TeamNr.FahrerInfoChassisMotorReifen
Deutsches Reich NS Auto Union AG02Italien 1861 Tazio NuvolariAuto Union Typ DAuto Union 3.0L V12 Kompressor
04Deutsches Reich NS Hans Stuck
06Deutsches Reich NS Hermann Paul Müller
08Deutsches Reich NS Rudolf Hasse
10Deutsches Reich NS Georg Meier
Deutsches Reich NS Daimler-Benz AG12Deutsches Reich NS Rudolf CaracciolaMercedes-Benz W 154Mercedes-Benz M 163 3.0L V12 Kompressor
14Deutsches Reich NS Manfred von Brauchitsch
16Deutsches Reich NS Hermann Lang
18Fahrer nicht benanntDNA
20Deutsches Reich NS Hans-Hugo HartmannDNSa
20Deutsches Reich NS Heinz Brendel
Dritte Französische Republik R. Sommer22Dritte Französische Republik Raymond SommerAlfa Romeo Tipo 308Alfa Romeo 3.0L I8 Kompressor
Monaco Écurie Lucy O’Reilly Schell24Dritte Französische Republik René DreyfusDelahaye 145bDelahaye 4.5L V12
26Dritte Französische Republik „Raph“
Dritte Französische Republik R. Mazaud28Dritte Französische Republik Robert MazaudDelahaye 135CSDelahaye 3.6L I6
Italien 1861 Officine A. Maserati30Italien 1861 Luigi VilloresiMaserati 8CTFMaserati 3.0L I8 Kompressor
32Deutsches Reich NS Paul Pietsch
34Schweiz Armand HugDNAcMaserati
Schweiz A. Mandirola36Schweiz Adolfo MandirolaMaserati 8CMMaserati 3.0L I8 Kompressor
Deutsches Reich NS Süddeutsche Renngemeinschaft38Deutsches Reich NS Hans DipperDNAMaserati 6CMMaserati 1.5L I6 Kompressor
40Deutsches Reich NS Leonhard JoaMaserati 4CM/1937Maserati 1.5L I4 Kompressor
a Wurde vom Team stattdessen als Reservefahrer eingesetzt.
b Im Training fuhr Dreyfus auch mit dem neuen Monoposto Modell 155.
c Aufgrund der schweren Verletzungen bei seinem Unfall im vorangegangenen Grand Prix d’Albi konnte Hug keine Rennen mehr bestreiten.

Startaufstellung

321
Deutsches Reich NS Caracciola
9:56,0 min
Deutsches Reich NS von Brauchitsch
9:51,0 min
Deutsches Reich NS Lang
9:43,1 min
54
Deutsches Reich NS Brendel
10:09,4 min
Deutsches Reich NS Müller
9:53,9 min
876
Deutsches Reich NS Pietsch
10:14,0 min
Deutsches Reich NS Stuck
10:13,4 min
Italien 1861 Nuvolari
10:11,2 min
109
Deutsches Reich NS Hasse
10:22,3 min
Deutsches Reich NS Meier
10:19,0 min
131211
Dritte Französische Republik Sommer
12:03,3 min
Dritte Französische Republik Dreyfus
11:28,0 min
Italien 1861 Villoresi
10:26,0 min
1514
Dritte Französische Republik „Raph“
12:16,2 min
Deutsches Reich NS Joa
12:15,2 min
1716
Schweiz Mandirola
13:12,2 min
Dritte Französische Republik Mazaud
12:53,0 min

Rennergebnis

Pos.Nr.FahrerKonstrukteurRundenZeitAusfallgrundEM-Punkte
116Deutsches Reich NS Rudolf CaracciolaDeutsches Reich NS Mercedes-Benz224:08:41,4 h1
206Deutsches Reich NS Hermann Paul MüllerDeutsches Reich NS Auto Union22+ 0057,9 s2
332Deutsches Reich NS Paul PietschItalien 1861 Maserati21+ 1 Runde3
424Dritte Französische Republik René DreyfusDritte Französische Republik Delahaye20+ 2 Runden4
526Dritte Französische Republik „Raph“Dritte Französische Republik Delahaye19+ 3 Runden4
628Dritte Französische Republik Robert MazaudDritte Französische Republik Delahaye19+ 3 Runden4
740Deutsches Reich NS Leonhard JoaItalien 1861 Maserati19+ 3 Runden4
DNF02Italien 1861 Tazio NuvolariDeutsches Reich NS Auto Union18Motor4
DNF08Deutsches Reich NS Rudolf HasseDeutsches Reich NS Auto Union11Unfall5
DNF10Deutsches Reich NS Georg MeierDeutsches Reich NS Auto Union10 / 13?Achsschenkel6
DQ36Schweiz Adolfo MandirolaItalien 1861 Maserati9falscher Tankvorgang8
DNF30Italien 1861 Luigi VilloresiItalien 1861 Maserati6Dreher / Kraftstofftank6
DNF14Deutsches Reich NS Manfred von BrauchitschDeutsches Reich NS Mercedes-Benz6Kraftstofftank7
DNF22Deutsches Reich NS Heinz BrendelDeutsches Reich NS Mercedes-Benz3Unfall7
DNF16Deutsches Reich NS Hermann LangDeutsches Reich NS Mercedes-Benz2Motor7
DNF22Dritte Französische Republik Raymond SommerItalien 1861 Alfa Romeo0Motor7
DNF04Deutsches Reich NS Hans StuckDeutsches Reich NS Auto Union0Kraftstoffleitung7

Schnellste Rennrunde: Deutsches Reich NS Rudolf Caracciola (Mercedes-Benz), 10:24,2 min? = 131,6 km/h

Weblinks

Commons: Großer Preis von Deutschland 1939 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. die Typenbezeichnung der Auto-Union-Rennwagen wurde von Fachautoren erst nachträglich zur Unterscheidung der einzelnen Modelle eingeführt

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National- und Handelsflagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945, zugleich Gösch der Kriegsschiffe.
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