Großer Preis der Schweiz 1949

Der IX. Große Preis der Schweiz war ein Formel-1-Rennen und fand am 3. Juli 1949 auf der Bremgarten-Rundstrecke in Bremgarten bei Bern statt. Das Rennen zählte zur Kategorie der Grandes Épreuves und wurde nach den Bestimmungen der Internationalen Formel 1 (Rennwagen mit Motoren bis 1,5 Liter Hubraum mit Kompressor bzw. bis 4,5 Liter Hubraum ohne Kompressor; Renndistanz mindestens 300 km bzw. mindestens drei Stunden Renndauer) über 40 Runden à 7,280 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 291,2 km entsprach.

Sieger wurde Alberto Ascari auf einem Ferrari 125 GPC[1], der damit sowohl für sich als auch für die Scuderia Ferrari den ersten Erfolg bei einem offiziellen Internationalen Grand Prix errang.

Das Rennen Nach der Niederlage gegen Louis Rosier beim Großen Preis von Belgien, der dort mit seinem Lago-Talbot T26C die gesamte Distanz ohne Tankstopp bewältigt hatte, hatte Ferrari reagiert und zum nachfolgenden Großen Preis der Schweiz den Rennwagen von Luigi Villoresi mit Zusatztanks ausgerüstet, so dass dieser angesichts der deutlich kürzeren Renndistanz von 300 km (in Spa-Francorchamps war über die klassische Grand-Prix-Entfernung von 500 km gefahren worden) hier nun ebenfalls non-stopp über die Runden kommen sollte. Sein Freund und Teamkollege Alberto Ascari verfügte dagegen über einen Ferrari 125 GPC in normaler Konfiguration, so dass er wenigstens einmal nachtanken musste. Dritter Vertreter des Teams war Peter Whitehead mit seinem Kundenauto, das im Gegensatz zu den Wagen seiner Stallkollegen noch nicht über eine modifizierte Hinterradaufhängung verfügte, so dass er gezwungen war, Ballast einzusetzen, um das Fahrverhalten wenigstens einigermaßen in den Griff zu bekommen.

Dem Ferrari-Trio in Bern traten nicht weniger als sieben Lago-Talbot gegenüber – fast der gesamte Produktionsumfang – deren Besitzer hofften, Rosiers Erfolg in Belgien vielleicht noch einmal zu wiederholen. Nicht zu unterschätzen waren außerdem die schnellen Maserati, allen voran Giuseppe Farina mit dem von ihm selbst eingesetzten Auto, deren Defektanfälligkeit jedoch häufig zählbare Erfolge verhinderte. Mit fünf Schweizern am Start, darunter der frischgebackene Sieger des britischen Grand Prix Emmanuel de Graffenried, war außerdem der Anteil der einheimischen Fahrer so groß wie nie zuvor, auch wenn sich der Rest von ihnen mit nicht mehr ganz dem aktuellsten Material begnügen musste. Ein besonderes Kuriosum stellte der Talbot des Italieners Clemente Biondetti dar. Es handelte sich dabei um ein von seinem späteren Besitzer Luigi Platé immer wieder umkonstruiertes und modernisiertes Fahrzeug, dessen Ursprung jedoch auf das für die Saison 1926 entwickeltes Grand-Prix-Modell zurückreicht.

Seiner Rennstrategie folgend legte Ascari mit seinem Ferrari gleich von Beginn an ein hohes Tempo vor, um genügend Vorsprung für seinen Tankstopp herauszufahren, während Farina, der sich nach schlechtem Start bis auf den zweiten Platz nach vorne gekämpft hatte, einmal mehr in aussichtsreicher Position mit Defekt aufgeben musste. Villoresi lag damit hinter seinem Teamkollegen auf Rang zwei mit bereits recht sicherem Abstand auf den Maserati des siamesischen Prinz „B. Bira“, während dahinter die Talbot-Fahrer dem Tempo der Spitze nicht folgen konnten und auf ihre Chance bei den zur Halbzeit fälligen Boxenstopps warteten.

Immerhin gelang es den beiden Grand-Prix-Veteranen Raymond Sommer und Philippe Étancelin – der seine beste Saison seit langem fuhr – bei dieser Gelegenheit auf die Ränge drei und vier vorzurücken, Ascari kam jedoch rechtzeitig wieder vor ihnen zurück auf die Strecke und machte sich umgehend auf die Verfolgung seines Teamkollegen, den er als einzigen hatte passieren lassen müssen. Die Ferrari-Mannschaft hatte sich jedoch bei Villoresis Auto mit dem Benzinverbrauch verrechnet, so dass dieser – bevor es zum teaminternen Duell auf der Strecke kam – seinerseits wenige Runden vor Schluss doch noch einmal zum Tanken an die Boxen kommen musste. Einmal mehr wurde ihm damit ein möglicher Sieg in einem Grande Épreuve in letzter Minute doch noch verwehrt, während Ascari den ersten Grand-Prix-Erfolg für sich und das Team nun sicher nach Hause fahren konnte.

Meldeliste

TeamNr.FahrerInfoChassisMotorReifen
Belgien Écurie Belge02Belgien Johnny ClaesTalbot-Lago T26CTalbot-Lago T26 4.5L I6
Frankreich Écurie France04Monaco Louis ChironDNATalbot-Lago T26CTalbot-Lago T26 4.5L I6
06Frankreich Guy MairesseDNA
Frankreich P. Étancelin08Frankreich Philippe ÉtancelinTalbot-Lago T26CTalbot-Lago T26 4.5L I6
Frankreich Y. Giraud-Cabantous10Frankreich Yves Giraud-CabantousDNATalbot-Lago T26CTalbot-Lago T26 4.5L I6
Frankreich G. Grignard12Frankreich Georges GrignardTalbot-Lago T26CTalbot-Lago T26 4.5L I6
Frankreich P. Bouillin14Frankreich „Pierre Levegh“Talbot-Lago T26CTalbot-Lago T26 4.5L I6
Frankreich Écurie Rosier16Frankreich Louis RosierTalbot-Lago T26CTalbot-Lago T26 4.5L I6
Frankreich R. Sommera18Frankreich Raymond SommerTalbot-Lago T26CTalbot-Lago T26 4.5L I6
18Monaco Louis ChironRES
Italien G. Farina20Italien Giuseppe FarinaMaserati „4CLT/48“bMaserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
Italien Scuderia E. Platé22Thailand „B. Bira“Maserati „4CLT/48“Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
24Schweiz Frank SéchehayeMaserati 4CL(T)c
Italien L. Platé26Italien Clemente BiondettiPlaté-Talbot „Speziale“Talbot 1.5L I8 Kompressor
Italien Scuderia Ambrosiana28Vereinigtes Konigreich Reg ParnellMaserati „4CLT/48“Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
50Vereinigtes Konigreich Fred Ashmore
Italien Scuderia Ferrari30Italien Alberto AscariFerrari 125 GPCFerrari 125 1.5L V12 Kompressor
32Italien Felice BonettoDNA
34Italien Luigi Villoresi
36Vereinigtes Konigreich Peter Whitehead
Schweiz A. Branca38Schweiz Antonio BrancaMaserati 4CLMaserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
Schweiz M. Christen40Schweiz Max ChristenEXCdMaserati „Suiza“eMaserati 1.5L I6 Kompressor
Schweiz A. Dattner42Schweiz Alfred DattnerSimca-Gordini T11Simca-Gordini 1.1L I4
Schweiz R. Fischer44Schweiz Rudolf FischerSimca-Gordini T11Simca-Gordini 1.4L I4
Schweiz E. de Graffenried46Schweiz Emmanuel de GraffenriedMaserati „4CLT/48“Maserati 4CL 1.5L I4 Kompressor
Vereinigte Staaten Horschell Racing Co.f48Vereinigte Staaten Harry SchellTalbot-Lago T26 „Monoplace Décalée“Talbot-Lago T26 4.5L I6
a In einigen Quellen wird Sommer mit einer ursprünglichen Meldung durch die Scuderia Ferrari geführt.
b Maseratis 1948er Modell lief weiterhin offiziell unter der Typbezeichnung 4CL, wich aber sowohl technisch als nun auch in der Formgebung von der ursprünglichen Baureihe ab. Zur Unterscheidung wird in der Literatur daher üblicherweise die Modellangabe „4CLT/48“ verwendet.
c Bei Maseratis 1947er Baureihe waren die bisherigen Profilträger im Chassis nun durch einen Rohrrahmen (Italienisch: „tubolare“) ersetzt worden, bei einigen Fahrzeuge kamen außerdem bereits Motoren mit zweistufiger Kompressoraufladung zum Einsatz. Generell entsprachen Konstruktion und Formgestaltung jedoch weitgehend dem Ursprungsmodell, wie auch die offizielle Typbezeichnung „4CL“ weiterhin beibehalten wurde.
d Dem Fahrzeug wurde die technische Abnahme nicht erteilt.
e Das Auto war ein umgebauter Maserati 4CS.
f Das Team gab Nennungen auch als Écurie Schell bzw. Écurie Bleue ab.

Klassifikation

Startaufstellung

321
Italien Ascari
2:55,7 min
Thailand „B. Bira“
2:53,2 min
Italien Farina
2:50,4 min
54
Schweiz de Graffenried
2:57,5 min
Frankreich Sommer
2:56,8 min
876
Vereinigtes Konigreich Parnell
3:00,2 min
Frankreich Rosier
2:59,6 min
Frankreich Étancelin
2:59,6 min
109
Schweiz Branca
3:06,9 min
Italien Villoresi
3:00,8 min
131211
Belgien Claes
3:11,0 min
Vereinigtes Konigreich Whitehead
3:10,1
Frankreich Grignard
3:08,0 min
1514
Frankreich „Levegh“
3:12,7 min
Vereinigtes Konigreich Ashmore
3:11,0 min
181716
Schweiz Séchehaye
3:32,3 min
Vereinigte Staaten Schell
3:30,6 min
Schweiz Fischer
3:16,6 min
2019
Schweiz Dattner
3:52,8 min
Italien Biondetti
3:41,4 min

Rennergebnis

Pos.Nr.FahrerKonstrukteurRundenZeitAusfallgrund
130Italien Alberto AscariItalien Ferrari401:59:24,6 h
232Italien Luigi VilloresiItalien Ferrari402:00:21,2 h
318Frankreich Raymond SommerFrankreich Talbot402:00:41,3 h
48Frankreich Philippe ÉtancelinFrankreich Talbot402:01:07,9 h
522Thailand „B. Bira“Italien Maserati402:01:31,3 h
616Frankreich Louis RosierFrankreich Talbot402:01:52,9 h
732Schweiz Emmanuel de GraffenriedItalien Maserati39+ 1 Runde
828Vereinigtes Konigreich Reg ParnellItalien Maserati39+ 1 Runde
936Vereinigtes Konigreich Peter WhiteheadItalien Ferrari39+ 1 Runde
1014Frankreich „Pierre Levegh“Frankreich Talbot38+ 2 Runden
1150Vereinigtes Konigreich Fred AshmoreItalien Maserati38+ 2 Runden
1212Frankreich Georges GrignardFrankreich Talbot38+ 2 Runden
132Belgien Johnny ClaesFrankreich Talbot38+ 2 Runden
1438Schweiz Antonio BrancaItalien Maserati37+ 3 Runden
1544Schweiz Rudolf FischerFrankreich Simca-Gordini36+ 4 Runden
1648Vereinigte Staaten Harry SchellFrankreich Talbot34+ 6 Runden
1742Schweiz Alfred DattnerFrankreich Simca-Gordini31+ 9 Runden
DNF20Italien Giuseppe FarinaItalien Maserati14Ölleitung
DNF24Schweiz Frank SéchehayeItalien Maserati11Öldruck
EXC40Schweiz Max ChristenItalien MaseratiTechnische Abnahme verweigert

Schnellste Rennrunde: Italien Giuseppe Farina (Maserati), 2:52,2 min = 152,2 km/h

Einzelnachweise/Anmerkungen

  1. www.gilcodesign.com (abgerufen am 21. Januar 2020)

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