Großer Preis der Schweiz 1934

Die Bremgarten-Rundstrecke in der befahrenen Version
Lage im Stadtgebiet

Der I. Große Preis der Schweiz fand am 26. August 1934 auf der Bremgarten-Rundstrecke in Bremgarten bei Bern statt. Das Rennen zählte in diesem Jahr noch lediglich zur Kategorie der Épreuves a priorité, wurde aber dennoch nach den Bestimmungen der Internationalen Grand-Prix-Rennformel (Rennwagen bis maximal 750 kg Leergewicht; 85 cm Mindestbreite; Renndistanz mindestens 500 km) über 70 Runden à 7,280 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 509,60 km entsprach.

Sieger wurde Hans Stuck auf einem Auto Union Typ A[1]. Das am gleichen Tag als Rahmenprogramm durchgeführte Rennen der Voiturette-Kategorie wurde von Richard Seaman auf einem von Whitney Straight eingesetzten MG K3 "Magnette" gewonnen. Die Veranstaltung wurde vom tödlichen Unfall des Briten Hugh Caulfield Hamilton auf einem ebenfalls von Whitney Straight gemeldeten Maserati 8CM im Hauptrennen überschattet.

Rennen

Obwohl zu Beginn zunächst noch nicht im Status eines Grandes Épreuves war es der Schweiz mit Austragung des ersten eigenen offiziellen Großen Preises auf der ebenso anspruchsvollen, wie gefährlichen Rundstrecke im Berner Bremgartenwald auf Anhieb erfolgreich gelungen, sich im Kreis der Grand-Prix-Nationen zu etablieren. Um den Ambitionen Nachdruck zu verleihen, wurde außerdem unter dem Titel Prix de Berne am selben Tag vorab noch ein eigenständiges Rennen für sogenannte Voiturette-Rennwagen (einer Vorläuferkategorie der späteren Formel 2) durchgeführt, das sich in den Folgejahren ebenfalls zur festen Institution und zum eigentlichen Saisonhöhepunkt für diese Rennkategorie entwickelte.

Obwohl am gleichen Tag – als Épreuve a priorité stand dem Großen Preis der Schweiz noch kein exklusiv reservierter Termin im jährlichen Rennkalender zu – in Frankreich auch noch der Grand Prix du Comminges in St. Gaudens angesetzt war, hatte sich mit den Mannschaften von Daimler-Benz, Auto Union, Alfa Romeo (offiziell vertreten durch die Scuderia Ferrari), Bugatti und Maserati in Bern die gesamte Grand-Prix-Elite versammelt. Ein außergewöhnliches Element war dabei die Vergabe der besten Startposition an den Schnellsten im Training, Hans Stuck auf Auto Union, während die übrigen Startpositionen weiterhin auf bis dahin übliche Weise per Losverfahren bestimmt wurden.

Als weitere Favoriten neben Stuck galten daneben die Mercedes-Fahrer Rudolf Caracciola und Luigi Fagioli, sowie Louis Chiron und Achille Varzi für Alfa Romeo Scuderia Ferrari. Tazio Nuvolari, der als wohl größter Fahrer seiner Zeit gilt, befand sich nach seinem Zerwürfnis mit Ferrari in der Vorsaison mit seinem bereits veralteten Maserati 8CM im Nachteil und wurde obendrein noch von seinem beim Rennen in Alessandria davongetragenen Beinverletzungen stark behindert.

Bei einsetzendem Regen, der die Strecke mit ihren zahlreichen Belagwechseln noch einmal erheblich gefährlicher machte, war Stuck durch die bessere Traktion seines Heckmotor-Rennwagens offenbar im Vorteil und kam mit einem beachtlichen Vorsprung von bereits zehn Sekunden auf seine Verfolger aus der ersten Runde zurück. Dahinter lieferten sich Nuvolari und Chiron einen rundenlangen Kampf, in dem der Italiener mit seinem eigentlich unterlegenen Maserati dennoch die meiste Zeit die Oberhand behielt. Mindestens ebenso erstaunlich war auch der Vormarsch von René Dreyfus auf seinem altmodisch wirkenden, noch immer zweisitzigen Bugatti Type 59, der sich an Caracciola (Mercedes) und Varzi (Alfa Romeo) vorbei auf den vierten Platz schieben konnte. Caracciola, der ebenfalls immer noch unter den Verletzungsfolgen seines Unfalls in 1933 in Monaco litt, übergab daraufhin das Steuer seines Rennwagens an Reservefahrer Hanns Geier.

Während Stuck seinen Vorsprung auf das übrige Feld auch auf abtrocknender Straße immer weiter ausbaute, woran auch sein planmäßiger Tankstopp zur Halbzeit des Rennens nicht viel änderte, gab es dahinter einige Verschiebungen. Zunächst fiel Nuvolari mit technischen Problemen zurück und musste das Rennen schließlich auch ganz aufgeben und Dreyfus gelang es schließlich sogar, auch den wenig motiviert wirkenden Chiron von Rang zwei zu verdrängen. Auch die Mercedes-Benz-Rennwagen waren einmal mehr eine Enttäuschung und wurden in ihrem Vorankommen zunehmend durch technische Probleme behindert. So konnte der von ganz am Ende des Felds gestartete zweite Auto-Union-Fahrer August Momberger, obwohl zu diesem Zeitpunkt von Stuck bereits überrundet, Platz um Platz gutmachen und schließlich sogar wenige Runden vor Schluss sogar auf den zweiten Platz vorrücken, weil Dreyfus die Boxen aufsuchen musste, um Kühlwasser nachzufüllen.

In der letzten Runde des Rennens kam es schließlich noch zu einem besonders tragischen Zwischenfall, als der Maserati 8CM des bereits mehrfach überrundeten Briten Hugh Hamilton bei hoher Geschwindigkeit von der Strecke abkam und an einem Baum zerschellte. Der Fahrer erlag noch vor Ort seinen Verletzungen.

Ergebnisse

Meldeliste

Pro Rennstall durften drei Wagen gemeldet werden.

TeamNr.FahrerInfoChassisMotorReifen
NS-Staat Auto Union AG02NS-Staat Hermann zu LeiningenAuto Union AAuto Union 4.4L V16 KompressorC
04NS-Staat August Momberger
06NS-Staat Hans Stuck
NS-Staat Daimler-Benz AG08NS-Staat Manfred von BrauchitschMercedes-Benz W 25Mercedes-Benz M 25 A 3.4L I8 KompressorC
10NS-Staat Rudolf Caracciolaa
12Italien 1861 Luigi Fagioli
03NS-Staat Hanns GeierRESb
Dritte Französische Republik Automobiles Ettore Bugatti14Dritte Französische Republik René DreyfusBugatti T59Bugatti 3.3L I8 Kompressor
Vereinigtes Konigreich Earl Howe16Vereinigtes Konigreich Earl HoweMaserati 8CMMaserati 3.0L I8 KompressorD
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Clifton Penn-Hughes18Vereinigtes Konigreich Clifton Penn-HughesDNAAlfa Romeo 8C-2300Alfa Romeo 2.3L I8 Kompressor
Italien 1861 Tazio Nuvolari20Italien 1861 Tazio NuvolariMaserati 8CMMaserati 3.0L I8 Kompressor
Italien 1861 Luigi Soffietti22Italien 1861 Luigi SoffiettiDNAAlfa Romeo MonzaAlfa Romeo 2.6L I8 Kompressor
Italien 1861 Gruppo Genovese San Giorgio24Italien 1861 Renato BalestreroAlfa Romeo MonzaAlfa Romeo 2.6L I8 KompressorP
26Italien 1861 Clemente BiondettiMaserati 8C-3000Maserati 3.0L I8 Kompressor
Italien 1861 Scuderia Ferrari28Monaco Louis ChironAlfa Romeo Tipo B/P3Alfa Romeo 2.9L I8 KompressorE
30Italien 1861 Pietro Ghersi
32Italien 1861 Achille Varzi
Schweiz Hans Ruesch36Schweiz Hans RueschDNScMaserati 8CMMaserati 3.0L I8 Kompressor
Ungarn 1918 László Hartmann38Ungarn 1918 László HartmannBugatti T51Bugatti 2.3L I8 Kompressor
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Whitney Straight Ltd.40Vereinigtes Konigreich Hugh Caulfield HamiltonMaserati 8CMMaserati 3.0L I8 Kompressor
a Während des Rennens Auto an Geier übergeben.
b Nicht offiziell gemeldet; Auto nur im Training eingesetzt.
c Fahrer verletzt.

Startaufstellung

Die Startpositionen wurden nicht anhand der Trainingszeiten vergeben, sondern ausgelost.

Italien 1861 Biondetti
3:17 min
Italien 1861 Varzi
2:58 min
NS-Staat Stuck
2:50,4 min
Monaco Chiron
2:59 min
Schweiz (Rüesch)a
(3:06 min)
Italien 1861 Balestrero
3:35 min
Italien 1861 Nuvolari
2:56 min
Ungarn 1918 Hartmann
3:29 min
Italien 1861 Ghersi
3:13 min
NS-Staat Caracciola
2:55 min
NS-Staat zu Leiningen
3:16 min
Vereinigtes Konigreich Hamilton
3:02 min
NS-Staat von Brauchitsch
3:18 min
Italien 1861 Fagioli
2:56 min
Dritte Französische Republik Dreyfus
2:54 min
Vereinigtes Konigreich Howe
3:24 min
NS-Staat Momberger
2:56 min
a Nicht zum Start angetreten.

Rennergebnis

Pos.FahrerKonstrukteurRundenStoppsZeitStartSchnellste RundeAusfallgrund
01NS-Staat Hans StuckNS-Staat Auto Union703:37:51,6001
02NS-Staat August MombergerNS-Staat Auto Union69+ 1 Runde162:53,000
03Dritte Französische Republik René DreyfusDritte Französische Republik Bugatti69+ 1 Runde14
04Italien 1861 Achille VarziItalien 1861 Alfa Romeo69+ 1 Runde2
05Monaco Louis ChironItalien 1861 Alfa Romeo69+ 1 Runde5
06Italien 1861 Luigi FagioliNS-Staat Mercedes-Benz68+ 2 Runden15
07Italien 1861 Pietro GhersiItalien 1861 Alfa Romeo66+ 4 Runden10
08Italien 1861 Clemente BiondettiItalien 1861 Maserati66+ 4 Runden3
Vereinigtes Konigreich Hugh Caulfield HamiltonItalien 1861 Maserati64DNF12tödlicher Unfall
Vereinigtes Konigreich Earl HoweItalien 1861 Maserati63NC17
NS-Staat Rudolf Caracciola
NS-Staat Hanns Geier
NS-Staat Mercedes-Benz62NC9
NS-Staat Manfred von BrauchitschNS-Staat Mercedes-Benz52DNF11defekte Ölpumpe
Italien 1861 Renato BalestreroItalien 1861 Alfa Romeo47DNF8Getriebeschaden
Italien 1861 Tazio NuvolariItalien 1861 Maserati35DNF7Motorschaden
NS-Staat Hermann zu LeiningenNS-Staat Auto Union18DNF13Getriebeschaden
Ungarn 1918 László HartmannDritte Französische Republik Bugatti13DNF6Mechanik
Schweiz Hans RueschItalien 1861 MaseratiDNS4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. die Typenbezeichnung der Auto-Union-Rennwagen wurde von Fachautoren erst nachträglich zur Unterscheidung der einzelnen Modelle eingeführt

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