Grete Meisel-Heß

Grete Meisel-Heß

Grete Meisel-Heß (* 18. April 1879 in Prag, Österreich-Ungarn; † 18. April 1922 in Berlin) verheiratete Gellert, war eine österreichische Schriftstellerin.

Leben

Postkarte von Doris Wittner an Meisel-Heß vom 25. September 1917 mit Bezug auf einen Auftrag von Fritz Engel vom Berliner Tageblatt hinsichtlich eines neu erschienenen Werkes

Meisel-Heß wuchs als Tochter eines wohlhabenden Fabrikbesitzers in Wien auf. Sie besuchte Schulen in Prachatitz und ab 1894 in Wien und belegte danach in Wien als außerordentliche Gasthörerin Vorlesungen Philosophie, Soziologie und Biologie. Sie begann ab dem Jahr 1900 unter ihrem Geburtsnamen Romane, Novellen und Aufsätze zu veröffentlichen. Sie befasste sich dabei mit Sozial- und Sexualreformen, der Emanzipation der Frauen und Individualismus. Sie wandte sich deutlich gegen den 1903 veröffentlichten Bestseller Otto Weiningers Geschlecht und Charakter. Die herrschende Sexualmoral kritisierte sie als Doppelmoral und bezeichnete Prostitution als Auswirkung der sozialen Unfreiheit. Sie stand dem Bund für Mutterschutz nahe.

Im Jahr 1908 ging sie nach Berlin, wo sie ab 1909 mit dem Architekten Oskar Gellert verheiratet lebte. Gegen Ende ihres Lebens befürwortete sie die „natürliche Rolle der Frau“ sowie Rassenhygiene.[1] Gegen Ende ihres Lebens glaubte sie, sie könne seit langer Zeit nicht mehr das Haus verlassen, da "Geister" darauf lauerten, sie umzubringen.[2] Ilse Reicke und Helene Friederike Stelzner konnten sie dann in die Charite bringen.

Werke

  • Eine sonderbare Hochzeitsreise. Neue Novellen, o. J.
  • Generationen und ihre Bildner. Ein Essay. Edelheim, Berlin 1901. 37 S.
  • In der modernen Weltanschauung. H. Seemann, Leipzig 1901. 113 S.
  • Suchende Seelen. Drei Novellen. H. Seemann, Leipzig 1903. 146 S. (online – Internet Archive)
  • Annie – Bianka. Eine Reisegeschichte. H. Seemann, Leipzig 1903. 73 S. (Seemanns kleine Unterhaltungsbibliothek, Bd. 9)
  • Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche Geschlecht und Charakter geäusserten Anschauungen über "Die Frau und ihre Frage". Verlag "Die Wage", Wien 1904. VI, 70 S. (Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv)
  • Die Stimme, Roman in Blättern. Wedekind, Berlin 1907. 413 S.
  • Die sexuelle Krise. Eine sozialpsychologische Untersuchung. Verlag Eugen Diederichs, Jena 1909. XVI, 414 S. (online – Internet Archive)
  • Fanny Roth. Eine Jung – Frauengeschichte. Seemann, Berlin – Leipzig 1910. 134 S. (Siesta, Bibliothek beliebter zeitgenössischer Erzähler, Bd. 5)
  • Die Intellektuellen. Roman. 1. Auflage. Oesterheld, Berlin 1911. 512 S. (online – Internet Archive)
  • Das Wesen der Geschlechtlichkeit. In: Die Zukunft 25 (1917 (Band 98, Nr. 21)), S. 221–223 (online - Biblioteka Elbląska)
  • Sexuelle Rechte. Selbstverlag des Bundes für Mutterschutz, Berlin 1912. 12 S. (Schriften des Deutschen Bundes für Mutterschutz, Ortsgruppe Berlin, Flugschrift Nr. 4, Aus: Die neue Generation, Jg. 8, Heft 4)
  • Geister, Novellen, 1912
  • Betrachtungen zur Frauenfrage. Prometheus Verlags – Gesellschaft, Berlin 1914. 282 S.
  • Krieg und Ehe. Selbstverlag des Bundes für Mutterschutz, Berlin 1915. 15 S. Aus: Kriegshefte des Deutschen Bundes für Mutterschutz und Sexualreform
  • Das Wesen der Geschlechtlichkeit. Die sexuelle Krise in ihren Beziehungen zur sozialen Frage und zum Krieg, zu Moral, Rasse und Religion und insbesondere zur Monogamie. In 2 Bänden. 1. – 3. Tsd. Verlag Eugen Diederichs, Jena 1916. XXXV, 312/313–666 S.
  • Die Bedeutung der Monogamie. Verlag Eugen Diederichs, Jena 1917. XXVIII, 212 S.
  • Die Ehe als Erlebnis. H. Diekmann, Halle (Saale) 1919. 238 S. (Diekmanns Denkwürdigkeiten – Erinnerungen – Bücherei, Bd. 2)

Literatur

  • Gellert Grete. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 421.
  • Meisel-Heß, Grete. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 17: Meid–Phil. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. De Gruyter, Berlin u. a. 2009, ISBN 978-3-598-22697-7, S. 10–18 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Prager deutsche Erzählungen, Philipp Reclam jun. Stuttgart 1992, ISBN 3-15-008771-6, S. 476 f.
  • Philipp Blom: The Vertigo Years. Europe, 1900–1914, New York 2008, S. 240–242.
  • Meisel-Hess, Grete. In: Joseph Walk (Hrsg.): Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. Saur, München 1988, ISBN 3-598-10477-4, S. 262.
  • Helga Thorson: Grete Meisel-Hess: The New Woman and the Sexual Crisis. Boydell & Brewer, Columbia, MD 2022, ISBN 9781640141032.

Einzelnachweise

  1. Gisela Brinker-Gabler, Karola Ludwig, Angela Wöffen: Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1800–1945. dtv München, 1986. ISBN 3-423-03282-0. S. 215f.
  2. Ilse Reicke: Die großen Frauen der Weimarer Republik Herderbücherei 1029, 1984. ISBN 3-451-08029-X. S. 65
Wikisource: Grete Meisel-Heß – Quellen und Volltexte

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Grete Meisel-Hess
1917-09-25 Doris Wittner (Berlin Charlottenburg, Mommsenstraße 16) Karte an Grete Meisel-Hess.jpg
Mit blauer Tinte maschinengeschriebene und eigenhändig unterschriebene Postkarte von Doris Wittner mit Adress-Stempel Mommsenstraße 16 in Berlin-Charlottenburg, datiert 25. September 1917, adressiert an Grete Meisel-Hess; Text:

„Berlin, d. 25.9.17

Sehr verehrte, gnädige Frau.
Herr Fritz Engel (Berliner Tageblatt) hat
mich mit dem Referat über den neuen Band Ihres
Werkes betraut. Ich wäre Ihnen daher sehr dank-
bar, wenn Sie mir die Aushängebogen möglichst
bald vom Verleger zugehen liessen.
Mit den verbindlichsten Grüßen
Ihre ergebene
Doris Wittner