Grenzschutz Ost

Grenzschutz Ost ist die Sammelbezeichnung für die nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Monarchie bei Beginn der Weimarer Republik 1918/19 aufgestellten deutschen militärischen Verbände (Freikorps, Freiwilligen-Verbände, Selbstschutz Oberschlesien etc.), die bis zur endgültigen Grenzziehung den Schutz der Ostgrenze bzw. Ostgebiete des Deutschen Reichs insbesondere gegenüber dem neu gegründeten Polen übernehmen sollten. Folgende Situationen waren dabei bedrohlich:

Der Grenzschutz Ost bildete einen Teil der Vorläufigen Reichswehr und gliederte sich in die Armeeoberkommandos Nord mit Sitz in Bartenstein/Ostpreußen und Süd mit Sitz in Breslau. Die operative Führung wurde durch die Oberste Heeresleitung (OHL), deren Hauptquartier sich seit Februar 1919 in Kolberg befand, ausgeübt. Daneben wurde beim preußischen Kriegsministerium eine „Zentrale Grenzschutz Ost“ (Zegrost) eingerichtet, die für organisatorische Fragen zuständig war.

Oberste Heeresleitung
HQ: Kolberg/Pommern
Chef der OHL: Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg
Erster Generalquartiermeister: Generalleutnant Wilhelm Groener
Zentrale Grenzschutz Ost
Sitz: Berlin
Stabschef: Major Friedrich Wilhelm Freiherr von Willisen
AOK Nord
HQ: Bartenstein/Ostpreußen
Oberbefehlshaber: Generalleutnant Ferdinand von Quast
Stabschef: Generalmajor Hans von Seeckt/Oberst Wilhelm Heye
AOK Süd
HQ: Breslau/Schlesien
Oberbefehlshaber: Generalleutnant Kurt von dem Borne
Stabschef: Generalmajor Fritz von Loßberg

Im Vorfeld der deutschen Unterzeichnung des Versailler Friedensvertrages im Juni 1919 bestanden innerhalb des Grenzschutz Ost Pläne, den Rückzug aus den umstrittenen Gebieten zu verweigern oder sogar die von Polen eroberten Gebiete zurückzugewinnen, nötigenfalls unter Inkaufnahme einer zeitweiligen Abspaltung der preußischen Ostprovinzen vom Reich (vgl. Oststaat-Plan). Diese Pläne brachen zusammen, nachdem sich sowohl die Reichsregierung als auch die OHL dagegen ausgesprochen hatten. Im Zusammenhang mit der Bildung des Übergangsheers von 200.000 Mann zum 1. Oktober 1919 wurden viele Verbände offiziell aufgelöst, ebenso die nach der Auflösung der OHL noch bestehende „Kommandostelle Kolberg“ und die beiden Armeeoberkommandos. Trotzdem hielt die Reichswehr am Konzept des Grenzschutzes fest und unterhielt Strukturen zur raschen Mobilisierung von Einsatzkräften für den Fall eines polnischen oder sowjetrussischen Vorstoßes auf deutsches Gebiet. Diese Schwarze Reichswehr setzte sich aus Wehrverbänden zusammen, zu denen zeitweise auch die SA gehörte. Zahlreiche frühere Angehörige des Grenzschutz Ost schlossen sich den Freikorps im Baltikum an (vgl. Baltikumer).

Die Landesschutzrichtlinie wurde 1929 erlassen.

Bis 1939 war der Schutz der Grenze im Osten eine wesentliche Aufgabe der Reichswehr bzw. der späteren Wehrmacht, die dazu zahlreiche Planspiele und Kartenübungen veranstaltete.

Literatur

  • Rüdiger Bergien: Die bellizistische Republik: Wehrkonsens und „Wehrhaftmachung“ in Deutschland 1918–1933. Oldenbourg, München 2012, ISBN 978-3-486-59181-1.
  • Jun Nakata: Der Grenz- und Landesschutz in der Weimarer Republik 1918 bis 1933: die geheime Aufrüstung und die deutsche Gesellschaft. Hrsgg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt. Rombach, Freiburg i. Br. 2002, ISBN 3-7930-9331-X.
  • Hagen Schulze: „Der Oststaat-Plan 1919“, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Jahrgang 18 (1970), Heft 2. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart. (PDF; 5,56 MB)