Gray-Code

Gray-Code
stetigja
Hamming-Abstand1

Der Gray-Code ist ein stetiger Code, bei dem sich benachbarte Codewörter nur in einer einzigen binären Ziffer unterscheiden, die Hamming-Distanz benachbarter Codewörter ist 1. Übertragungsfehler bei sich kontinuierlich ändernden digitalen Signalen auf mehradrigen Leitungen werden so verringert, dass sich unterschiedliche Laufzeiten nicht auswirken können. Der Gray-Code wurde ursprünglich für elektromechanische Sensoren und Schalter entwickelt, die fehleranfällig sind. Heute dient der Code für Fehlerkorrekturen in digitalen Übertragungssystemen wie DVB-T und im Kabelfernsehen. Der Code ist nach dem Physiker Frank Gray benannt, welcher 1953 das Patent auf dieses Verfahren erhielt.[1]

Generierung

Beginnend mit einer Binärzahl, die nur aus den Ziffern 0 besteht, kann ein Gray-Code erzeugt werden, indem immer das niederwertigste Bit von 0 nach 1 oder von 1 nach 0 geändert wird, das geändert werden kann, ohne dass eine Bitkombination entsteht, die schon dran war. Eine alternative Methode, die leichter zu merken und anzuwenden ist, besteht aus folgenden Schritten:[2]

  1. Beginne mit dem einfachsten möglichen Gray-Code, den beiden einstelligen Werten 0 und 1.
  2. Ergänze die Codefolge mit den vorhandenen Werten in umgekehrter Reihenfolge (vom letzten bis zum ersten Code).
  3. Setze an den alten Codes die Ziffer 0 davor, an den neuen Codes die Ziffer 1.
  4. Wiederhole die Schritte 2 und 3, bis die gewünschte Anzahl von Bits erreicht ist.

Der so erzeugte Code hat die Eigenschaft, dass sich niederwertige Bits häufiger ändern als höherwertige. Es kann aber auch ein balancierter Gray-Code konstruiert werden, in welchem sich alle Stellen (Bits) der Codewörter gleich häufig von benachbarten Codewörtern unterscheiden. Beim durchgehen aller Codewörter in korrekter Reihenfolge ändert sich dann jede Stelle gleich oft.[3]

Meistens ist der Gray-Code als Binärcode ausgeführt, kann aber auch für mehrstufige Übertragungswege benutzt werden.

Logische Operatoren

Die folgenden Punkte zeigen, wie man Schritt für Schritt aus einem Binärcode eine Gray-codierte Binärzahl erhält:

  • X1: Dualzahl im Binärcode
  • X2: Rechts-Shift der Dualzahl um 1 Bit
  • X3: Modulo-2-Addition (XOR-Verknüpfung) von X1 und X2; dies ist die gewünschte Zahl im Graycode.

Das gleiche als Pseudocode:

  • Binärcode X1 → Graycode: X3 = (X1 XOR X2)

Und als Formel:

Generatormatrix

Da der Gray-Code ein linearer Code ist, kann man ihn mit einer Generatormatrix erzeugen. Ein binäres Wort der Länge kann man als Vektor eines -dimensionalen -Vektorraums betrachten. Sei nun ein Zeilenvektor, dann lässt sich die Kodierung des Wortes in das Codewort wie folgt darstellen:

Die Dekodierung erfolgt mit der Multiplikation der Inversen von . Diese hat folgende Form:

Der Vektorraum lässt sich anschaulich mit Hyperwürfeln darstellen.

Gray-Zähler

Man kann auch direkt einen Gray-Code-Zähler in Hardware (z. B. in HDL) programmieren. Hierzu ist es hilfreich, ein Hilfsregister zu benutzen, das mit jedem Taktzyklus toggelt.

 Qh [n+1] = !Qh [n]
 Qh [0  ] =  0     wenn der Gray-Code-Zähler mit Null startet also Q[0]=0, oder Q[0] eine gerade Anzahl an Einsen hat. Bei anderer Initialisierung würde der Zähler rückwärts laufen.

Damit wird die Kombinatorik recht übersichtlich:

 Q0  [n+1] = !(Q0  [n] ^   Qh  [n] )
 Q1  [n+1] =   Q1  [n] ^ ( Q0  [n] &  Qh  [n] )
 Q2  [n+1] =   Q2  [n] ^ ( Q1  [n] & !Q0  [n] &  Qh [n] )
 Q3  [n+1] =   Q3  [n] ^ ( Q2  [n] & !Q1  [n] & !Q0 [n] & Qh [n] )
           …
 Qk-1[n+1] =   Qk-1[n] ^ ( Qk-2[n] & !Qk-3[n] & …  & !Q1 [n] & !Q0 [n] & Qh [n])
 Qk  [n+1] =   Qk  [n] ^ (!Qk-2[n] &            …  & !Q1 [n] & !Q0 [n] & Qh [n])

Der Unterschied zwischen den Formeln für das größte Bit Qk und den kleineren Bits Qk-1 ist nötig, damit der Zähler zyklisch ist, also der Zähler nach dem letzten Wert Q=100…00 auf den Anfangswert Q=000…00 springt. Bei einem unendlichen Zähler gäbe es keinen Unterschied.

 ^ := Exklusiv Oder / XOR / Antivalenz
 ! := Inverter / NOT / Negation
& := Und / AND / Konjunktion

Eigenschaften

Die Hamming-Distanz benachbarter Codewörter ist 1, d. h. die Werte unterscheiden sich in genau einem Bit. Das ist das höchstwertige Bit, das sich in der Binärdarstellung der mit 0 beginnenden Zeilennummern ändert. Zum Beispiel haben Zeile 11 und Zeile 12 die Binärdarstellungen 001011 und 001100. Es ändern sich also die letzten drei Bits. Die Codewörter von Zeile 11 und 12, nämlich 001110 und 001010, unterscheiden sich daher im drittletzten Bit.

Die absolute Differenz benachbarter Codewörter ist also eine Zweierpotenz. Diese Zweierpotenz ist die größte Zweierpotenz, durch die sich die Zeilennummer des zweiten Codeworts teilen lässt. Ist der größte ungerade Teiler der Zeilennummer von der Form 4k + 1, also 1, 5, 9, ..., dann ist die Differenz positiv. Ist der größte ungerade Teiler von der Form 4k + 3, also 3, 7, 11, ..., dann ist die Differenz negativ. Zum Beispiel hat die Zeile 12 die Zahl 22 = 4 als größte Zweierpotenz und die Zahl 3 als größte ungerade Teiler. Die Differenz der Codewörter von Zeile 11 und Zeile 12 ist also gleich −4.

Bedeutung

Ein Ziffernschritt sei nachfolgend der kleinstmögliche Unterschied, die kleinste Differenz, das kleinste Intervall zwischen zwei digitalisierten Werten. Eine zeitliche Veränderung eines Zahlenwertes um einen Ziffernschritt wird nachfolgend als stetige Veränderung bezeichnet. Signale werden über Datenübertragungsstrecken übertragen. Typische Signalgeber sind z. B. Signale eines Temperatursensors oder eines Drehwinkelgebers.

Die Motivation für die Entwicklung dieses Codes ist das folgende Problem: Signalübertragungsstrecken und Signalgeber unterliegen Störeinflüssen, die dazu führen können, dass sich einzelne oder mehrere Stellen eines Codewortes (codierte Zahl) unbeabsichtigterweise verändern oder falsch interpretiert werden können. Physische Schalter sind beispielsweise nicht ideal. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass physische Schalter ihren Zustand exakt synchron ändern.

Auf mehreren Adern einer elektrischen Datenleitung sollen nun beispielsweise Daten parallel übertragen werden, die sich stetig ändern. Als Dualzahl übertragen, ändern sich die Bits bei einem neuen Messwert auf jeder betroffenen Leitung theoretisch exakt gleichzeitig, und zwar sowohl am Eingang der Leitung als auch am Ausgang. Tatsächlich aber ändern sich die Bits auf der Leitung nicht gleichzeitig. Das kann verschiedene Ursachen haben: Bauteilestreuung, Laufzeiten, Asymmetrien usw. Dadurch kommt es zu ungewollten Zwischenzuständen und kurzzeitig (zwischen den roten Linien) falsch empfangenen Werten:

2-Bit-
Gray-Code
00
01
11
10
3-Bit-
Gray-Code
000
001
011
010
110
111
101
100
4-Bit-
Gray-Code
0000
0001
0011
0010
0110
0111
0101
0100
1100
1101
1111
1110
1010
1011
1001
1000
5-Bit-
Gray-Code
00000
00001
00011
00010
00110
00111
00101
00100
01100
01101
01111
01110
01010
01011
01001
01000
11000
11001
11011
11010
11110
11111
11101
11100
10100
10101
10111
10110
10010
10011
10001
10000
6-Bit-
Gray-Code
000000
000001
000011
000010
000110
000111
000101
000100
001100
001101
001111
001110
001010
001011
001001
001000
011000
011001
011011
011010
011110
011111
011101
011100
010100
010101
010111
010110
010010
010011
010001
010000
110000
110001
110011
110010
110110
110111
110101
110100
111100
111101
111111
111110
111010
111011
111001
111000
101000
101001
101011
101010
101110
101111
101101
101100
100100
100101
100111
100110
100010
100011
100001
100000

Problem bei Dualcode-Signalen

Erklärung zu den Abbildungen:

Als steigende Flanke wird nachfolgend der Übergang vom Wert 0 („Aus“) auf 1 („Ein“) eines Signals auf einer Datenleitung bezeichnet. In der oberen Abbildung sind theoretische Dualcode (BCD) Signale auf vier parallelen Leitungen dargestellt sowie reale Dualcode Signale in der Abbildung darunter wie sie in der Praxis auftreten können. Die realen Signale auf der Leitung 1 sind im Vergleich zu dem theoretischen Signal zeitlich verschoben. Die erste steigende Flanke des realen Signals auf Datenleitung 1 kommt hier im Vergleich zu dem theoretischen Signal um das Zeitintervall t2−t1 später am Ausgang an, während die zweite steigende Flanke um das Intervall t4−t3 früher am Ausgang anliegt. Die Signale „0“ und „1“ auf den Leitungen werden nachfolgend als Tetrade (vier-stelliges Codewort) geschrieben, wobei der Kanal 3 an der Stelle ganz links und der Kanal 0 an der Stelle ganz rechts notiert wird. Die dazugehörigen Werte, die theoretisch vor der Codierung bei dem Signalgeber vorhanden waren, lauten im Dezimalsystem: 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 usw. Die Werte des Gebers ändern sich in diesem Beispiel also stetig, das heißt immer nur um das kleinstmögliche Intervall von 1, also ohne größere Sprünge zwischen zwei aufeinanderfolgenden Werten.

Während das theoretische Signal in der Reihenfolge

  • {0000}, {0001}, {0010}, {0011}, {0100}, {0101}, {0110}, {0111} usw.

abgesendet wird, kommen am Ausgang des realen Signals kurzzeitig andere Signalzustände an:

  • {0000}, {0001}, {0000}, {0010}, {0011}, {0100}, {0101}, {0111}, {0110}, {0111} usw.

Während sich der Dezimalwert des Gebers zwischen zwei aufeinanderfolgenden Werten theoretisch maximal um 1 ändert, entsteht hier auf der Empfängerseite verursacht durch einen Laufzeitfehler ein Sprung mit einem Betrag von 2 (dezimal) und zwar verursacht durch die Signalfolge {0000} und {0010}, die der Zahlenfolge 0 und 2 im Dezimalsystem entspricht. Ein weiterer Sprung um den Betrag von 2 (dezimal) entsteht durch die Signalfolge {0101} und {0111} (dezimal: 5 und 7). Der theoretisch richtige Dezimalwert des Gebers betrug 3 zwischen den Zeitpunkten t1 und t2. Der Laufzeitfehler des realen Signals führt allerdings dazu, dass der Wert in diesem Intervall als 1 interpretiert wird. Der Betrag des Fehlers zwischen theoretischem und realem gestörten Signal beträgt also zwei, wie auch der Fehler zwischen den Zeitpunkten t3 und t4.

Lösung mit Gray-Code

Die theoretischen Ausgangswerte des Signalgebers lauten wie oben im Dezimalsystem: 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7 usw. Die Dezimalwerte sind allerdings nun mithilfe des Gray-Codes codiert bzw. werden mithilfe des Gray-Codes gesendet. Zwischen zwei aufeinanderfolgenden Eingangswerten ändert sich dabei immer nur ein Bit (eine Stelle im Codewort):

  • Abgesendete Sequenz: {0000}, {0001}, {0011}, {0010}, {0110}, {0111}, {0101}, {0100} usw.
  • Ankommende Sequenz: {0000}, {0001}, {0011}, {0010}, {0110}, {0111}, {0101}, {0100} usw.

Hier kommt also am Ausgang auch dann die gleiche Sequenz wie am Eingang an, wenn beachtliche Zeitfehler (rote Linien) auftreten.

Die gestörte Tetrade zwischen den Zeitpunkten t1 und t2 lautet hier {0001}, die anstatt dem theoretischen Codewort {0011} empfangen worden ist, was im Dezimalsystem dem Empfang einer 1 anstatt der 2 entspricht. Die gestörte Tetrade zwischen den Zeitpunkten t3 und t4 lautet {0101}, anstatt dass {0111} empfangen worden ist. Das entspricht dezimal dem Empfang einer 6 anstatt 5.

Der Dezimalbetrag des Fehlers zwischen dem „wahren“ Wert des Gebers im Vergleich zu dem gestörten Signal entspricht bei Verwendung des Gray Codes also nur 1 und ist somit geringer als im oberen Beispiel, bei dem der Dezimalwert des Gebers BCD (dual) codiert wurde.

Abweichungen an einer oder wenigen Stellen eines Codewortes werden bei der Verwendung des Gray Codes also zwar nicht erkannt, resultieren aber nicht in gravierenden Abweichungen des ursprünglichen Eingangswertes. Die Verwendung des Gray Codes erlaubt auch keine Fehlerkorrektur.

Karnaugh-Veitch-Diagramm

Im Karnaugh-Veitch-Diagramm erkennt man den Graycode – es sind mehrere Sequenzen möglich – daran, dass Übergänge nur zwischen (horizontal oder vertikal) benachbarten Feldern vorkommen.

Reihenfolge Dualcode
¬X0X0X0¬X0
¬X20132¬X3
X24576¬X3
X212131514X3
¬X2891110X3
¬X1¬X1X1X1
Reihenfolge Graycode
¬X0X0X0¬X0
¬X20123¬X3
X27654¬X3
X2891011X3
¬X215141312X3
¬X1¬X1X1X1

Der Code eignet sich auch für zyklische Anwendungen wie der unten abgebildeten Scheibe, da sich auch beim Übergang von der höchsten Zahl auf die Null nur eine Stelle ändert.

Die Wertigkeit einer 1 an der Position im Gray-Code Zahlensystem ist (wobei n ab 1 zählt, also … 31, 15, 7, 3, 1). Die einzelnen Einsen werden, im Gegensatz zum normalen Binärsystem, nicht addiert, sondern von rechts beginnend subtrahiert. Beispiel: 111Gray = 7 − (3 − 1) = 5 oder 1111Gray = 15 − (7 − (3 − 1)) = 10. Stellen, die 0 sind, werden dabei ausgelassen, Beispiel: 101Gray = 7 − 1 = 6.

Bei der Generierung von Gray-Code wird symmetrisch vorgegangen.

Da sich benachbarte Werte nur in einer Ziffer unterscheiden, ist der Gray-Code geeignet, um Fehler in seriellen Prozessen aufzudecken.

Programmierung

Folgendes Beispiel zeigt eine Implementierung in der Programmiersprache C++, die die Zeilen des Gray-Codes mit 6 Bits iterativ erzeugt und auf der Konsole ausgibt.[4][5]

#include <iostream>
#include <string>
#include <vector>
using namespace std;

void writeGrayCode (int const bits)           // Diese Funktion erzeugt den bits-Bit-Gray-Code und gibt ihn auf der Konsole aus
{
    vector<string> GrayCode {""};             // Ergebnis-Vektor mit initialer leerer Zeile

    // Diese for-Schleife wird bits-mal durchlaufen und erzeugt iterativ die Text für den 1-Bit-, 2-Bit-, ..., n-Bit-Gray-Code.
    // Die Schleifenvariable pos durchläuft die jeweiligen Bitpositionen 1, 2, 4, ..., 2^(n-1)
    for (int pos = 1; pos < (1 << bits); pos *= 2)
    {
        for (int i = pos; --i >= 0; )         // Hänge die zuletzt erzeugten Zeilen in umgekehrter Reihenfolge am Ende noch mal an.
            GrayCode.push_back (GrayCode[i]); // Die Anzahl der Zeilen verdoppelt sich dadurch.

        for (int i = 0*pos; i < 1*pos; i++)   // Füge eine '0' am Anfang der Zeilen der ersten Hälfte hinzu.
            GrayCode[i] = "0" + GrayCode[i];

        for (int i = 1*pos; i < 2*pos; i++)   // Füge eine '1' am Anfang der Zeilen der zweiten Hälfte hinzu.
            GrayCode[i] = "1" + GrayCode[i];
    }

    for (auto & E : GrayCode)                 // Diese for-Schleife durchläuft alle Zeilen des Gray-Code
        cout << E << endl;                    // Ausgabe auf der Konsole
}

int main()                                    // Eintrittspunkt beim Aufruf eines C++-Programms
{
    writeGrayCode(6); // Aufruf der Funktion, die hier den 6-Bit-Gray-Code erzeugt und auf der Konsole ausgibt
}

Zwei- und mehrdimensionale Graycodes

In mehrdimensionen Vektorräumen sind mehrdimensionale Graycodes möglich. In -dimensionalen Graycodes mit jeweils Codeworten pro Dimension hat jedes Codewort Nachbarn in Richtungen, die sich um maximal 1 Bit unterscheiden. In -dimensionalen Graycodes mit jeweils Codeworten pro Dimension hat jedes Codewort Nachbarn in Richtungen (die entgegengesetzten Nachbarn sind die gleichen), die sich um maximal 1 Bit unterscheiden.

Genutzt werden diese in der Digitalen Kodierung, siehe hier.

Geometrische und graphentheoretische Darstellung

Bild 1 zeigt den Hexaeder für 3 Variablen und Bild 2 den gleichen Würfel mit dazugehörigem Koordinatensystem. Die Knoten (Eckpunkt oder Kreise) am Einheitswürfel entsprechen jeweils einer Zeile im Gray-Code. Die Übergänge (Nachbarschaft der Zeilen) sind durch die Kanten des Würfels symbolisiert. Beim Wandern auf der Kante entsteht ein Gray-Code.

geschlossener 3-Bit-Gray-Code
a)b)c)d)e)f)
000000000000000000
001100010010001100
101101110011011110
100001100001010010
110011101101110011
111111111111111111
011110011110101101
010010001100100001

Auf jeder Kante ändert sich genau 1 Bit. Der Gray-Code hat so viel Nachbarschaften, wie der Würfel Kanten hat. Aus dem Würfel in Bild 1 können die möglichen Pfade auf 6 verschiedenen Wegen durchschritten werden. Somit ergeben sich 6 Möglichkeiten, um einen 3-Bit-Gray-Code zu erzeugen, der die Bedingungen des Gray-Codes erfüllt (Tabelle und Bild 3). Abgesehen davon ist der Gray-Code zyklisch und der Startpunkt könnte deshalb auch an einer anderen Zeile sein. Wegen seiner einfachen rekursiven Generierungsvorschrift wird meist der binäre reflektierte Gray-Code (binary-reflected Gray code) angegeben (Spalte „e“ – vorletzte Spalte in der Tabelle). Es gibt für eine bestimmte Bitlänge eine ganze Klasse von Graycodes.

Es gibt für einen n-Bit-Gray-Code exakt so viel Varianten, wie es Hamiltonkreise auf einem n-dimensionalen Hyperwürfel gibt. Die Anzahl dieser Hyperwürfel ist in der On-Line Encyclopedia of Integer Sequences als Sequenz A003042 angegeben und (Stand Februar 2022) bis zu 6 Dimensionen bekannt.[6]

Für 1 bit gibt es 1 möglichen Gray-Code, für 2 bit gibt es 2 mögliche Gray-Codes und für 3 bit gibt es 12 mögliche Gray-Codes:

Nr. 101
Nr. 100011110
Nr. 200101101
Nr. 1000001011010110111101100
Nr. 2000001011111101100110010
Nr. 3000001101100110111011010
Nr. 4000001101111011010110100
Nr. 5000010011001101111110100
Nr. 6000010011111110100101001
Nr. 7000010110111011001101100
Nr. 8000010110100101111011001
Nr. 9000100101111110010011001
Nr. 10000100101001011111110010
Nr. 11000100110111101001011010
Nr. 12000100110010011111101001

Darüber steigt die Zahl steil an:
Für 4 bit sind es 2688, für 5 bit 1813091520 und für 6 bit 71676427445141767741440.

Balancierte Gray-Codes

Ein balancierter Gray-Code ist ein Gray-Code, bei dem sich die Anzahl der Änderungen für alle Bits höchstens um 2 unterscheidet. Wenn und die Anzahl der Änderungen für die Bits mit den Indexen und ist, dann gilt für jeden balancierten Gray-Code die Ungleichung .

Ein balancierter Gray-Code mit Bits kann folgendermaßen konstruiert werden:

  • Aus einem beliebigen -Bit Gray-Code mit den Zeilen wird eine Teilfolge ausgewählt, wobei gerade ist und , und , direkt aufeinanderfolgende Zeilen sind.
  • Die vier Kopien des -Würfels. In jedem dieser Würfel betrachtet man den definierten Gray-Code mit den Zeilen und löscht die Übergänge zwischen direkt aufeinanderfolgenden Zeilen auf folgende Weise: Aus werden die entsprechenden Elemente von den Zeilen mit ungeraden Indexen gelöscht. Aus werden die entsprechenden Elemente von gelöscht. Aus werden die entsprechenden Elemente von den Zeilen mit geraden Indexen gelöscht. Aus wird nur das entsprechenden Elemente von gelöscht.
  • Die vier Teilwürfel werden miteinander verbunden.

Es kann überprüft werden, dass die oben beschriebene Konstruktion tatsächlich einen balancierten -Bit-Gray-Code ergibt. Die Verteilung der Anzahl der Änderungen für die Bits in diesem Code hängt von der Wahl der ausgewählten Teilfolge ab.[7]

Anwendungen

Schemazeichnung einer Scheibe mit Gray-Codierung. Die gelben Punkte stellen Lichtsensoren dar.
Ein Gray-Code Absolutwertgeber mit 13 bits

Eine Anwendungsmöglichkeit ist die Bestimmung der absoluten Position einer Scheibe oder Leiste, die mit schwarzen und weißen Balken markiert ist. Die Balken werden mit Lichtschranken oder anderen Sensoren abgetastet. Diese Position wird dann zur Winkel- oder Drehgeschwindigkeitsmessung verwendet.[8]

Eine weitere Anwendung ist die Streifenprojektion. Dort wird eine Folge von Mustern aus parallelen Streifen auf ein Objekt projiziert. Die Nummer der Streifen ist Gray-kodiert und kann von einer beobachtenden Kamera für jeden Bildpunkt berechnet werden.

Eine andere Anwendung ist das asynchrone Einlesen von Daten. Beispielsweise wird der Gray-Code genutzt, um in Korrelatoren die Zählerstände fehlerfrei einzulesen. Selbst im ungünstigsten Fall, wenn während eines kippenden Bits eingelesen wird, ist das Ergebnis immer korrekt, da ein kippendes Bit nicht definiert ist und es zudem nur einen Unterschied von ±1 ausmacht. Diese Art des Einlesens erfordert keine Synchronisation.

Weitere Anwendungsmöglichkeiten sind Windrichtungsmesser oder Wasserniveaumesser, Abbildung des Fahrkorbstands bei Aufzügen.

Der reflektierte Gray-Code hat eine enge Beziehung zur Lösung des Problems der Türme von Hanoi, und er beschreibt auch den Lösungsweg der Chinesischen Ringe.

Reduktion von Bitfehlern in digital PSK-, APSK- und QAM-modulierten Signalen

In moderner Digitale Kommunikation spielen 1D- and 2D-Gray-Codierungen eine bedeutende Rolle beim Verhindern von Mehrfachbitfehlern bei Übertragungen. Sie machen damit Fehlerkorrektur-Verfahren effizienter. Sie finden Verwendung bei allen PSK-Modulationen wie auch bei geradzahligen (22n) QAM-Modulationen. Benachbarte, durch Rauschen sehr wahrscheinlich auftretende fehlerhafte Codeworte unterscheiden sich nur um 1 Bit. Nicht perfekt lassen sie sich umsetzen bei APSK-Modulationen (z. B. APSK-16 und APSK-32) und bei ungeradzahligen (22n+1) QAM-Modulationen.

Beispiel

Die Dezimalzahl entspricht dem Gray-Code . Die Dekodierung in die Dezimaldarstellung folgt dann der Regel . Wenn mehrere Einsen in einer Gray-Code-Zahl vorkommen, werden diese voneinander subtrahiert: Der Gray-Code wird wie folgt dekodiert: .

Allgemeines Verfahren: Bei einer Umwandlung ist entscheidend, an welcher Position die Einser stehen. Die Position hat Einfluss auf die Rechnung. Wenn wir uns die Zahl 100 anschauen, dann steht die Eins auf Position 3 (von rechts nach links). Den Faktor für die Eins bekommt man, indem man sich überlegt, welche Dezimalzahl maximal in einer 3-Bit Zahl binär gespeichert werden kann. In 3 Bit Binärcode kann maximal die Zahl 7 (111) gespeichert werden. Nehmen wir jetzt eine größere Binärzahl, funktioniert das praktisch analog. Binärzahl: 11010 (1 an Position 5,4 und 2). 5 Bit Binärzahl: max. 31 4 Bit Binärzahl: max. 15 2 Bit Binärzahl: max. 3

Berechnung:

Gray-Code zurückrechnen

Eine Zeile des Gray-Codes kann in die Zeilennummer zurückgerechnet werden, indem alle Bits vom höchstwertigen Bit bis zum aktuellen Bit mit einem exklusiven Oder verknüpft werden. Dazu werden die Bits der Zeile mit jedem Iterationsschritt jeweils um 1 Bit nach rechts verschoben und mit dem Zwischenergebnis mit einem exklusiven Oder verknüpft.[9]

Das folgende Beispiel zeigt die Implementierung einer Funktion, die die Zeile eines (beliebigen n-Bit) binären reflektierten Gray-Codes decodiert:

int GrayDecode (int const CodeWort)
{
    int res  = CodeWort;
    int mask = CodeWort;  // Die Bitmaske ist der Gray-Code res mit einer Rechtsverschiebung der Bits

    while (mask)          // Solange nicht alle gesetzten Bits nach rechts verschoben sind und der Wert ungleich 0 ist ...
    {
        mask >>= 1;       // Rechtsverschiebung um 1 Bit
        res  ^= mask;     // Exklusives Oder mit der Bitmaske
    }
    return res;
}

Spezielle Gray-Codes

Gray-Codes mit m bits und Länge kleiner als 2m

Es existieren auch Gray-Codes mit Bits mit einer Länge von weniger als . Hierfür muss Länge gerade sein. Eine Möglichkeit, sie zu konstruieren, besteht in der Verwendung eines Standard-Gray-Codes und dem paarweisen Wegstreichen entweder des ersten und des letzten Eintrags oder von Einträgen in der Mitte[10]. Die OEIS-Folge A290772[11] zählt die Anzahl der möglichen Gray-Codes der Länge auf, wofür jeweils die minimale Anzahl von Bits verwendet werden.

Excess-Gray-Code

Wird aus einem Gray-Code ein Ausschnitt herausgetrennt, beispielsweise die letzten 3 Bit eines 4-Bit-Gray-Codes, so erhält man einen sogenannten Excess-Gray-Code. Dieser Code zeichnet sich dadurch aus, dass die betroffenen, herausgetrennten Bits bei weiterem Hochzählen des originalen Codewortes rückwärts zählen. Dies ist dadurch bedingt, dass bei einer Gray-Codierung kein Überlauf bei der höchsten Zahl entsteht, wie man ihn aus dem klassischen Binärsystem kennt.[12]

Beispiel: Die höchste mit einem 3-Bit-Gray-Code codierte Zahl, also 7, wird als (0)100 repräsentiert. Weiteres Addieren einer 1 resultiert in einer 8, im Gray-Code 1100. Die letzten 3 Bit erfahren keinen Überlauf und verhalten sich bei weiterem Hochzählen genau entgegengesetzt zur ursprünglichen Zählrichtung.

Bei Sensoren, die mehrere Werte seriell als Gray-codierte Werte ausgeben, sollte daher darauf geachtet werden, ob es sich um einen zusammengesetzten Gray-Code oder um separate Codeworte handelt, da die ausgegebenen Werte sonst den Anschein erwecken, der Sensor würde rückwärts zählen.

Geschichte

Noch bevor die Bezeichnung Gray-Code eingeführt wurde, gab es bereits mathematische Knobelspiele, in denen das Prinzip angewendet wurde. Erst später fand der Code die Beachtung von Ingenieuren. Bereits 1874 wendete Otto Schäffler, der in Wien Telegrafen und Telefone produzierte und verbesserte, den reflektierten Gray-Code an. Der Franzose Jean-Maurice-Émile Baudot verwendete Gray-Codes im Jahr 1874 für die elektrische Telegrafie. Er erhielt für seine Arbeit die Auszeichnung der französischen Ehrenlegion.

Namensgebend war allerdings Frank Gray, Forscher in den Bell Laboratories, der den schon 1941 von George Stibitz beschriebenen Code[13] im Jahre 1947 für seine Zwecke wiederentdeckte. Unter dem Titel Pulse Code Communications wurde im Jahre 1953 ein Patent für eine Gray-kodierende Elektronenröhre erteilt.[1]

Ähnliche Codes

Literatur

  • Robert W. Doran: The Gray Code. In: Journal of Universal Computer Science. Band 13, Nr. 11, 2007, S. 1573–1597 (karadimov.info [PDF; 219 kB]).

Weblinks

Commons: Gray code – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Patent US2632058A: Pulse code communication. Angemeldet am 13. November 1947, veröffentlicht am 17. März 1953, Anmelder: Bell Telephone Labor Inc, Erfinder: Frank Gray.
  2. EE Times: Gray Code Fundamentals – Part 2
  3. Girish S. Bhat, Carla D. Savage: Balanced Gray Codes. In: The Electronic Journal of Combinatorics. 28. August 1996, ISSN 1077-8926, S. R25–R25, doi:10.37236/1249 (combinatorics.org [abgerufen am 22. Mai 2021]).
  4. GeeksforGeeks: Generate n-bit Gray Codes
  5. Rosetta Code: Gray code
  6. A003042: Number of directed Hamiltonian cycles (or Gray codes) on n-cube. (Formerly M2053)
  7. Girish S. Bhat, Carla D. Savage, North Carolina State University: Balanced Gray Codes
  8. Robert W. Doran: The Gray Code. In: Journal of Universal Computer Science. Band 13, Nr. 11, 2007, S. 1575, 1577.
  9. Lénárd Szolnoki's programming site: Implementations for Gray code encoding and decoding
  10. Max Maxfield: How to generate Gray Codes for non-power-of-2 sequences. 29. Juni 2007, abgerufen am 25. Februar 2023 (englisch).
  11. A290772: Number of cyclic Gray codes of length 2n which include all-0 bit sequence and use the least possible number of bits.
  12. AutomationDirect: What are Excess Gray Codes?
  13. Patent US2307868A: Binary counter. Angemeldet am 26. November 1941, veröffentlicht am 12. Januar 1943, Anmelder: Bell Telephone Labor Inc, Erfinder: George R. Stibitz.

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