Grafschaft Stade

Die Grafschaft Stade war eine mittelalterliche Grafschaft am Unterlauf der Elbe mit dem Hauptort Stade.

Quellen und Ausdehnung

Helmold von Bosau berichtet zu 1145, dass zur Burg Stade die Grafschaft an beiden Elbufern gehörte. Sie befand sich – mit Unterbrechungen – vermutlich seit 944 bis 1144 im Besitz der Udonen, die vielfach mit den Widukinde, Immedingern, Liudolfingern und Billungern verschwägert waren. Es handelte sich nicht um ein geschlossenes Gebiet. Adam von Bremen berichtet im 11. Jahrhundert, dass die Grafschaft der Udonen über das ganze Gebiet des Erzstifts Hamburg-Bremen verteilt sei.

Geschichte

Der älteste bekannte Vorfahre der Grafen von Stade war Graf Heinrich der Kahle (gest. 975/976), der seinen Sitz jedoch in Harsefeld hatte. Dessen Sohn Siegfried (gest. 1037) saß eventuell als erster auf der Burg Stade.

Sein Sohn Lothar Udo I. wurde 1056 zum Markgrafen der Nordmark ernannt, wie dann auch seine Nachfahren. 1063 unterstellte Erzbischof Adalbert von Hamburg-Bremen die bisher reichsunmittelbare Grafschaft Stade seiner Lehnshoheit, gegen eine hohe Summe Entschädigung.

Die Udonen überließen seit Ende des 11. Jahrhunderts die Verwaltung ihrer Grafschaft Stade als Vizegrafen ihrem Ministerialen Friedrich. Friedrichs Mutter stammte vermutlich aus angelsächsischem Hochadel und war nur durch einen Schiffbruch unfrei geworden. Sein Vater könnte Graf Reinhold, ein vermutlich edelfreier Vasall der Udonen, gewesen sein. Deshalb versuchte Graf Friedrich ab 1106 mit Hilfe des späteren Kaisers Heinrich V. die Udonen als Lehnsinhaber der Grafschaft Stade zu verdrängen, was ihm nach seiner Freilassung durch den Kaiser und die eigene Belehnung mit der Grafschaft Stade auch gelang.

Erst 1135 nach dem Tode Graf Friedrichs von Stade wurde mit Rudolf II. wieder ein Udone aus der Frecklebener Seitenlinie mit der Grafschaft Stade belehnt. Sein Bruder Hartwig war bei seinem Tod Domherr in Magdeburg. Durch die Verteilung seines ererbten umfangreichen Grundbesitzes an die Erzstifte Magdeburg und Hamburg-Bremen erreichte er die Wahl zum Dompropst und später zum Erzbischof in Bremen. Er ließ sich 1144 als Geistlicher mit der Grafschaft Stade belehnen, die nach seinem Tod an die Kirche heimfallen sollte. Die Blutgerichtsbarkeit in der Grafschaft übte für ihn sein früherer Schwager Pfalzgraf Friedrich aus, der mit dem Blutbann belehnt wurde.

Herzog Heinrich der Löwe machte indessen erb- und lehnsrechtliche Anwartsansprüche an der Grafschaft Stade geltend und nahm sie 1145 in Besitz. Er überließ die Verteidigung Stades mehrfach seinen Vasallen. Auch seine Söhne konnten die Grafschaft Stade halten, bis 1219 vertraglich vereinbart wurde, dass die Grafschaft Stade mit dem Tode des Welfen an das Erzstift Hamburg-Bremen zurückfallen werde, was 1236 der Fall war.

Grafen von Stade

Stammbaum der Grafen von Stade.
(Kupferstich von 1659)
  • Wichmann d. Ä. (Billunger), † wohl 944, ? Graf an der Unterelbe
  • Wichmann d. J. (Billunger), † 967, ? Graf an der Unterelbe, Sohn von Wichmann d. Ä.
  • Heinrich I. der Kahle, † nach 975, Graf in Harsefeld und Legat, (Sohn von Graf Lothar (X 929)?)
  • Heinrich II. der Gute, † 1016, Graf in Harsefeld, Gründer des Stifts Harsefeld, Sohn von Heinrich I.
  • Siegfried, 1016 – † 1037 (?) Graf in Harsefeld, später evtl. auch in Stade, Bruder von Heinrich dem Guten
  • Lothar Udo I., † 1057 Graf von Stade, ab 1056 auch Markgraf der Nordmark, Sohn von Siegfried
  • Lothar Udo II., † 1082, Graf von Stade und Markgraf der Nordmark, Sohn von Lothar Udo I.
  • Heinrich III. der Lange, † 1087, Graf von Stade und Markgraf der Nordmark, Sohn von Udo II.
  • Lothar Udo III., † 1106, Graf von Stade und Markgraf der Nordmark, Bruder von Heinrich III.
  • Rudolf I., Bruder von Lothar-Udo III., † 1124, 1106 – ca. 1115 Vormund seines Neffen Heinrich IV.
  • Friedrich von Stade, ca. 1095 – 1112 Ministeriale und Vizegraf, entweder ca. 1115 durch Heinrich V. oder 1124 durch Lothar III. freigelassen, zunächst faktisch und 1128 bis † 1135 belehnter Graf von Stade
  • Heinrich IV., Sohn von Lothar-Udo III., nominal ca. 1114 – † 1128 Graf von Stade, Markgraf der Nordmark
  • Rudolf II. von Freckleben, Sohn von Rudolf I., 1135 – † 1144 Graf von Stade
  • Hartwig, Bruder von Rudolf II., 1144/45 Dompropst in Bremen und Graf von Stade, 1148 Erzbischof von Bremen, † 1168
  • Herzog Heinrich der Löwe, ab 1145 Graf von Stade
  • Pfalzgraf Heinrich, Sohn Heinrichs des Löwen

Siehe auch

Literatur

  • Winfried Glocker: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Diss. München, Köln/Wien 1989, S. 356 f.
  • Klaus Frerichs, Diether Ziermann, Diethard Meyer (Hrsg.): Ein Platz im Brennpunkt der Geschichte – Burg, Stift, Kapellen und Kloster zu Harsefeld. Stade 1989.
  • Heinz-Joachim Schulze: Der Kampf um Grafschaft und Stadt: Stade vom Ausgang des 10. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts. In: Jürgen Bohmbach (Hrsg.) Stade. Von den Siedlungsanfängen bis zur Gegenwart. Stade 1994, S. 51–83.
  • Dieter Riemer: Harsefeld im Mittelalter. (Harsefelder Regesten), in: Geschichte und Gegenwart 2005, S. 38–55.
  • Diether Ziermann, Dietrich Alsdorf, Hans Drescher: Ein Platz im Wandel – Burg, Stift und Kloster Harsefeld. Stade 2002.
  • Gerd Althoff: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung, Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. München 1984, H 33, G 19, G 28, G 45, G 63, G 68, G 84, G 88, G 112, G 131, G 140, G 145, G 155, G 175.
  • Richard G. Hucke: Die Grafen von Stade 900–1144. Genealogie, politische Stellung, Comitat und Allodialbesitz der sächsischen Udonen. Diss. Kiel, Stade 1956 mit umfassenden Nachweisen der Quellen und älteren Literatur.
  • Michael Hohmann: Das Erzstift Bremen und die Grafschaft Stade im 12. und frühen 13. Jahrhundert. In: Stader Jahrbuch 1969 (Stader Archiv Neue Folge 59) S. 49–118.
  • Friedrich Adolf Schröder: STADE – RINKHORST – WIGMODI. Karolinger und Ottonen zwischen Weser und Elbe. Hildesheim 1990.
  • Torsten Lüdecke: Befunde der Stadtarchäologie zur frühen Stadtentwicklung. In: Jürgen Bohmbach (Hrsg.): Stade. Von den Siedlungsanfängen bis zur Gegenwart. Stade 1994, S. 51–83.
  • Chronicon Monasterii Rosenfeldensis seu Hassefeldensis. In: Johann Vogt: Monumenta Inedita rerum germanicarum praecipue Bremensium. 1. Band, 2. Stück, Bremen 1741, S. 106–292; Nachdruck Harsefeld 2002 mit Übersetzung des Pastors Seebo.
  • Hartmut Rüß: Eupraxia-Adelheid, Eine biographische Annäherung. In: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas, Neue Folge Bd. 54 (2006) S. 481–518.

Weblinks

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