Grafschaft Gützkow

Stammwappen der Grafen von Gützkow

Die Grafschaft Gützkow war eine Unterherrschaft innerhalb des Herzogtums Pommern.

Geschichte

Fürstentum

Das lutizische Fürstentum Gützkow war bis ins 12. Jahrhundert eine eigenständige Herrschaft mit dem Zentrum Gützkow, in dem sich auch ein bedeutendes slawisches Heiligtum befand. Zum Zeitpunkt der zweiten Missionsreise des Bischofs Otto von Bamberg 1128 hatte Herzog Wartislaw I. von Pommern das Fürstentum bereits unterworfen. Die Chronisten Ottos nennen hier einen Fürsten Mitzlaw von Gützkow. Das Fürstentum wurde durch die Pommernherzöge in eine Kastellanei umgewandelt. In den Jahren 1164 und 1177 war die Gegend Ziel mehrerer dänischer und sächsischer Kriegszüge.

Grafschaft

Schlossberg in Gützkow

Ein Herr Wartislaw von Gützkow wird in einer Urkunde des pommerschen Herzogs Kasimir II. von 1218/1220 genannt.[1] Dieser Wartislaw wurde bisweilen mit dem aus einer Seitenlinie des Herzogshauses stammenden Wartislaw († 1233) gleichgesetzt, doch ist dies bloß eine nicht zu beweisende Vermutung.[2] In einer Schenkungsurkunde an das Kloster Stolpe von 1226 wird Dobroslawa, Tochter des Herzogs Bogislaw II. von Pommern, als Gräfin to Gützkow bezeichnet. Dass diese Dobroslawa mit der gleichnamigen, 1248/1249 erwähnten Frau des deutschen Vogtes Jaczo von Salzwedel identisch ist, der als Begründer der Gützkower Grafenfamilie gilt, ist urkundlich nicht belegbar.[3] Als Sitz der Grafen wurde die Burg auf dem heutigen Gützkower Schlossberg ausgebaut. Die hier bestehende slawische Fürstenburg wurde als massiver Steinbau befestigt.[4]

Um 1230 hatten die pommerschen Herzöge begonnen, den Zuzug deutscher Siedler in die, durch die zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen des 12. Jahrhunderts nur noch gering bevölkerten, mittleren und nördlichen Ländereien des Gützkower Bereichs zu fördern. Die Gützkower Herren haben als Lehnsmänner der Herzöge die Besiedlung aktiv unterstützt, wie der Name des Ortes Hanshagen zeigt, der auf den Grafen Johannes I. von Gützkow zurückgeführt wird. Der 1233 ins Amt gekommene Konrad II. von Salzwedel, Jaczos Bruder, begünstigte als Bischof Konrad III. von Cammin seine Gützkower Verwandten mehrfach, in dem er diese mit Einkünften aus dem Usedomer Klosterbesitz belehnte.[5]

Die Jaczo und Dobroslawa durch Robert Klempin für 1242 zugeschriebene Stiftung des Franziskanerklosters in Greifswald gilt inzwischen als nicht belegbar.[6] Zeitweilig betrieben die Grafen auch eine eigene Münze.[7]

Der Titel des Grafen von Gützkow ist ab 1249 urkundlich belegt.[3] Jaczos Söhne Johann I. und Konrad wurden bis 1270 Herren von Gützkow genannt. Konrad war der erste namentlich genannte Graf von Gützkow.[3] Jaczo II. wurde 1249 bereits im Alter von 5 Jahren mit der 2 Jahre alten Cecislawa von Putbus, aus einer Seitenlinie der Fürsten von Rügen verlobt, die er 1262 auch heiratete. Durch die als Mitgift erhaltene terra Streu wurde er Lehnsmann der Fürsten. Jaczo II. und Cecislawa stifteten 1262 das Franziskanerkloster Greifswald, in dem sich die Grablege der Gützkower Grafenfamilie befand.[6] 1295 trat Jaczo II. als 1. Zeuge bei der pommerschen Landesteilung auf. Die Grafschaft wurde dabei dem Herzogtum Pommern-Wolgast unterstellt. Sein Enkel, Graf Nikolaus von Gützkow, wurde 1319 durch Herzog Wartislaw IV. von Pommern-Wolgast zum Oberrichter eines Landgerichts gegen Straßenräuber im Peenegebiet ernannt.

Gräfin Barbara von Gützkow war von 1302 bis 1326 Äbtissin des Klosters Krummin auf Usedom.

Unter Johann III. und IV. kam es zu Streitigkeiten um die Mitgift ihrer Mutter Margarete mit den Pommernherzögen. Margaretes Bruder, Bogislaw IV. hatte den Gützkower Grafen die Güter Konsages, Schlatkow und Bünzow überlassen. Wahrscheinlich als Wartislaw IV. diese zurückforderte, ignorierten sie ihre Lehnspflichten und unterstützten zu Beginn des ersten Rügischen Erbfolgekrieges die mecklenburgischen Fürsten. Nach der Schlacht bei Griebenow kam es zur Einigung mit den Pommernherzögen und die Grafen wechselten wieder auf die Seite ihres Lehnsherren. 1327 belagerten sie mehrere Tage die Stadt Barth. Im April 1328 schlug ein Heer unter Führung der Gützkower Grafen mit Unterstützung aus den Städten Demmin und Treptow bei Völschow die Truppen des mecklenburgischen Fürsten Heinrich II. des Löwen entscheidend und es kam zum Frieden von Brodersdorf.

In den Jahren 1329 bis 1334 unterstützten die Grafen Johann III. der Ältere und sein Bruder Johann IV. der Jüngere die Herzöge von Pommern-Stettin im Pommersch-Brandenburgischen Krieg mit den Markgrafen von Brandenburg.[8] Dabei waren sie 1331 (1334) auch an der Schlacht am Kremmer Damm beteiligt. Dort wurde Johann IV. schwer verwundet und er starb in der Folge 1334 in Gützkow und wurde im Grauen Kloster in Greifswald beigesetzt. Die Kriegskosten, die die Grafen als Lehnsmänner der Herzöge selbst zu tragen hatten, zwangen sie allerdings im Zeitraum von 1334 bis 1351 mehrere Güter, darunter Sanz, Müssow und Güst an die Bürger von Greifswald zu verkaufen.

Mit dem Tode des Grafen Johannes V. von Gützkow am 25. Oktober 1351 in der Schlacht am Schoppendamm bei Loitz während des zweiten Rügischen Erbfolgekrieges sowie mit dem Tode seines Onkels nach 1359, starb das Geschlecht der Gützkower Grafen in der männlichen Linie aus. 1378 wurden die Schwestern Elisabeth und Mechtild noch als Bewohner des Gützkower Schlosses genannt. Die Grafschaft Gützkow als Lehen wurde von den pommerschen Lehnsherren jedoch bereits spätestens am 27. Mai 1372 eingezogen, die sich von nun an selbst Grafen von Gützkow nannten. Das Gützkower Wappen wurde ins Wappen Pommerns eingefügt; im fünffeldigen bildete es das fünfte, im neunfeldigen das achte Feld.

Ab 1466 führte Wartislaw X. neben anderen den Titel eines Grafen von Gützkow, später Bogislaw X. Auch die deutschen Kaiser Maximilian I., Karl V. und Ferdinand I. legten den pommerschen Herzögen den Titel der Grafen von Gützkow bei. Nach dem Dreißigjährigen Krieg ging der Titel an die schwedische Krone.[9] Nach 1815 übernahmen die Preußenkönige den Titel, im Schloss Köpenick hängt im Wappensaal ein großes Wappen der Grafschaft, nachdem bereits 1648 Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg das Gützkower Grafenwappen in sein Thronsiegel übernommen hatte. Der Titel endete erst 1918.

Territoriale Entwicklung

Die Grafschaft erstreckte sich ursprünglich über das Territorium des vorhergehenden Fürstentums Gützkow. Im Norden bildeten der Ryck und im Nordosten die Ziese die Grenze. Im Osten gehörten noch die Bereiche von Züssow, Ranzin, Vitense, Owstin und Groß Polzin, möglicherweise auch Giesekenhagen, Buggow und Wahlendow zum Territorium. Schlatkow, Konsages sowie Groß- und Klein Bünzow kam 1303 als Heiratsgut dazu. Nach Westen reichte die Grafschaft bis Dersekow. Im Süden gehörten zeitweilig auch die Ländereien Miserez und Ploth südlich der Peene dazu. Ende des 12. Jahrhunderts war zeitweilig auch das Land Loitz der Gützkower Burg zugeordnet.

Bereits vor Errichtung der Grafschaft wurden Ländereien oder deren Nutzung beiderseits der Peene dem neu gegründeten Kloster Stolpe durch die Pommernherzöge übereignet. Südlich des Rycks gelegene Ländereien wurden durch den Fürsten Jaromar I. von Rügen dem Kloster Eldena geschenkt, während dieser auf Befehl des dänischen Königs Knut VI. von 1189 bis 1212 als Vormund für die minderjährigen Söhne des pommerschen Herzogs Bogislaw I. wirkte. Nach dem Grenzvertrag von 1249 bildete die Schwinge die Grenze zwischen gräflichem und klösterlichem Besitz.

Die Gützkower Grafen waren selbst Lehnsherren. Ihnen unterstanden als Vasallen etwa 18 Rittergeschlechter, unter anderem Angehörige der Familien von Behr, von Horn, von Winterfeld, von Owstin und von Heyden, die teilweise aber auch zugleich Vasallen der Herzöge von Pommern und der Herzöge von Mecklenburg waren.

Es sind nicht die Grenzen der historischen Grafschaft, es scheint sich um schwedische Verwaltungsbezirke zu handeln, das ist aber bislang, außer in diesen Karten, nicht belegt. Siehe Karte Schreiber – Legende oben rechts.

Wappen

Das Stammwappen zeigt in Gold ein rotes, mit vier roten Rosen bewinkeltes Schräg- oder Andreaskreuz. Auf dem Helm mit rot-goldenen Decken ein aus sieben Federn bestehender natürlicher Pfauenstoß.

Spätere Darstellungen in den Wappen der pommerschen Herzöge zeigen häufig in Gold zwei rote, ins Andreaskreuz gelegte gestümmelte Aste oder Stäbe, begleitet von den vier roten Rosen.

Angehörige

Literatur

  • Theodor Pyl: Die Grafen von Gützkow und Edelvögte von Salzwedel. In: Ders.: Die Entwicklung des Pommerschen Wappens im Zusammenhang mit den Pommerschen Landestheilungen (= Pommersche Geschichtsdenkmäler, 7), Greifswald 1894, S. 207–215
  • Joachim Wächter: Das Fürstentum Rügen – Ein Überblick. In: Beiträge zur Geschichte Vorpommerns: die Demminer Kolloquien 1985–1994. Thomas Helms Verlag, Schwerin 1997, ISBN 3-931185-11-7.
  • Adolf Hofmeister: Die Grafen von Gützkow und das pommersche Herzogshaus. In: Ders.: Genealogische Untersuchungen zur Geschichte des pommerschen Herzoghauses (= Greifswalder Abhandlungen zur Geschichte des Mittelalters, Bd. 11), Greifswald/Bamberg 1938, S. 50–63 (Digitalisat).
  • Werner Wöller: Vor- und Frühgeschichte, Mittelalter und frühe Neuzeit. In: Ortsgeschichtskommission Gützkow beim Rat der Stadt Gützkow (Hrsg.): Heimatgeschichte von Gützkow und Umgebung. Heft 2/1990, S. 4–23.
  • Roderich SchmidtGützkow, Grafen von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 290 f. (Digitalisat).
  • Theodor Pyl: Johann III. und IV. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 218–221.
  • Johannes Hoffmann: Studien zur Geschichte der Grafen von Gützkow. Dissertation, Universität Greifswald 1946.
  • Joachim Wächter: Zur Geschichte der Besiedlung des mittleren Peeneraums. In: Beiträge zur Geschichte Vorpommerns: die Demminer Kolloquien 1985–1994. Thomas Helms Verlag, Schwerin 1997, ISBN 3-931185-11-7.
  • Albert Georg von Schwarz: Diplomatische Geschichte der Pommersch-Rügischen Städte Schwedischer Hoheit: Nebst angehängter Historie der Grafschaft Gützkow. Hieronymus Johann Struck, Greifswald 1755, S. 707f. (Google bücher).
  • Theodor PylJaczo von Salzwedel. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 13, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 633–636.
  • Walter Ewert: Die Grafenzeit von Gützkow. In: Unser Pommerland 10 (1925), H. 12, S. 477–480.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Klaus Conrad (Bearb.): Pommersches Urkundenbuch. Band 1. 2. Auflage (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern. Reihe 2, Bd. 1). Böhlau Verlag, Köln/Wien 1970, Nr. 190.
  2. Martin Wehrmann: Genealogie des pommerschen Herzogshauses. Veröffentlichungen der landesgeschichtlichen Forschungsstelle für Pommern, Reihe 1, Bd. 5. Leon Saunier, Stettin 1937, S. 52.
  3. a b c Roderich SchmidtGützkow, Grafen von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 290 f. (Digitalisat).
  4. Werner Wöller: Heimatgeschichte von Gützkow und Umgebung Heft 2, S. 15.
  5. Wöller, S. 17
  6. a b Karsten Igel: Zur Geschichte des Greifswalder Franziskanerklosters. Anlässlich des 750. Jahrestages der Klostergründung am 29. Juni 1262. In: Greifswalder Beiträge zu Stadtgeschichte, Denkmalpflege, Stadtsanierung. 6. Jahrgang, Hansestadt Greifswald, Stadtbauamt, Greifswald 2012, S. 4–15.
  7. 1937 wurden beim Münzfund von Karrin 47 Münzen mit dem Wappen der Grafen von Gützkow entdeckt. nach Carl Engel: Mitteilungen Vorgeschichte Uni Greifswald 1940 S. 196–201
  8. Nennungen der Grafschaft und Grafen von Gützkow im Codex diplomaticus Brandenburgensis, Hrsg. durch Adolph Friedrich Riedel, Berlin 1838–1869.
  9. Albert Georg Schwartz: Diplomatische Geschichte .. Historie der Grafschaft. S. 838 ff., § 98–100. (Google bücher).

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Berlin, Köpenicker Schloss, Wappensaal Nationale Kulturgruppe der FDJ. Am 1.April 1950 waren die Prüfungen der Jugendlichen zur Aufnahme in die Nationale Kulturgruppe beendet, und nund beginnt diese etwa 100 Jugendliche starke Gruppe unter Leitung von Eberhard Schmidt, eine Kulturarbeit zu entwickeln, von der wir sschon in nächster Zeit Beachtliches hören erden.Das Übungsheim und Internat der Kulturgruppe ist das Schloß Köpenick.UBz: Renovierungsarbeiten an der herrlichen Barockdecke des Schlosses.
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