Größter gemeinsamer Teiler

Der größte gemeinsame Teiler (ggT) ist ein mathematischer Begriff. Sein Pendant ist das kleinste gemeinsame Vielfache (kgV). Beide spielen unter anderem in der Arithmetik und der Zahlentheorie eine Rolle.

Der ist die größte natürliche Zahl, durch die sich zwei ganze Zahlen ohne Rest teilen lassen. Der zweier ganzer Zahlen und ist eine ganze Zahl mit der Eigenschaft, dass sie Teiler sowohl von als auch von ist und dass jede ganze Zahl, die ebenfalls die Zahlen und teilt, auch Teiler von ist.[1] Beim Ring der ganzen Zahlen (der eine Totalordnung > besitzt) normiert man den auf die größte ganze solche Zahl .

Der Begriff „groß“ in korreliert hochgradig mit der üblichen Ordnungsrelation > der ganzen Zahlen. Es gibt allerdings eine wichtige Ausnahme: Da die Vielfaches einer jeden ganzen Zahl ist, ist in Teilbarkeitsfragen an „Größe“ nicht zu überbieten. Diese Auffassung ist in Einklang mit der Verbandsvorstellung (und der Idealtheorie) und vereinfacht einige der unten aufgeführten Rechenregeln.

Die englische Bezeichnung gcd (greatest common divisor) für ist in mathematischen Texten ebenfalls verbreitet.[2]

Oft wird auch als Kurzschreibweise für verwendet.[3]

Beispiel

  • 12 ist durch die folgenden Zahlen ohne Rest teilbar: 1, 2, 3, 4, 6, 12.
  • 18 hat diese Teiler: 1, 2, 3, 6, 9, 18.
  • Die gemeinsamen Teiler von 12 und 18 sind also 1, 2, 3, 6 und der größte von diesen ist 6 – in Zeichen:

Berechnung

Berechnung über die Primfaktorzerlegung

Man kann den über die Primfaktorzerlegung der beiden gegebenen Zahlen bestimmen. Beispiel:

Für den nimmt man die Primfaktoren, die in beiden Zerlegungen vorkommen, und als zugehörigen Exponenten den jeweils kleineren der Ausgangsexponenten:[4]

Euklidischer Algorithmus

Die Berechnung der Primfaktorzerlegung großer Zahlen und damit auch die Bestimmung des größten gemeinsamen Teilers über die Primfaktorzerlegungen ist sehr aufwändig. Mit dem euklidischen Algorithmus existiert jedoch auch ein effizientes Verfahren, um den größten gemeinsamen Teiler zweier Zahlen zu berechnen.

Der klassische euklidische Algorithmus berechnet den größten gemeinsamen Teiler, indem er nach einem gemeinsamen „Maß“ für die Längen zweier Linien sucht.[5] Dazu wird die kleinere zweier Längen von der größeren mehrfach abgezogen, bis ein Ergebnis übrig bleibt, das kleiner als die kleinere ist (erste zwei Schritte im Beispiel). Bei einer Differenz von 0 ist man fertig und die kleinere Länge das Ergebnis. Andernfalls wiederholt man dieses Abziehen – jetzt aber mit der kleineren Länge anstelle der größeren und der letzten Differenz anstelle der kleineren Länge (im Beispiel die Schritte drei bis sieben mit dem Rest 13 als der kleineren Länge und 65 als der jetzt größeren). Beispiel für den größten gemeinsamen Teiler von 143 und 65:

Der größte gemeinsame Teiler von 143 und 65 ist somit 13.

Beim modernen euklidischen Algorithmus wird in aufeinanderfolgenden Schritten jeweils eine Division mit Rest durchgeführt, wobei im nächsten Schritt der Divisor zum neuen Dividenden und der Rest zum neuen Divisor wird. Der Divisor, bei dem sich Rest 0 ergibt, ist der größte gemeinsame Teiler der Ausgangszahlen. Beispiel für die Ausgangszahlen 3780 und 3528:

Somit ist 252 der größte gemeinsame Teiler von 3780 und 3528.[6]

In der Programmiersprache C wird der Algorithmus wie folgt formuliert:

int GreatestCommonDivisor(int a, int b)
{
    int h;
    if (a == 0) return abs(b);
    if (b == 0) return abs(a);

    do {
        h = a % b;
        a = b;
        b = h;
    } while (b != 0);

    return abs(a);
}

Eine Variante mit Rekursion ist wie folgt formuliert:

int GreatestCommonDivisor(int a, int b) {
  if (a == 0)
    return b;
  if (b == 0)
    return a;
  if (a < b)
    return GreatestCommonDivisor(b, a);
  return GreatestCommonDivisor(b, a % b);
}

Steinscher Algorithmus

Der steinsche Algorithmus ist eine Variation des euklidischen Algorithmus. Ob er eine Verbesserung darstellt, hängt von der jeweiligen Bewertungsfunktion und „Maschinerie“ ab, die den jeweiligen Algorithmus ausführt.

Der ggT von mehreren Zahlen

Man verwendet alle Primfaktoren, die in jeder der Zahlen vorkommen, mit der jeweils kleinsten vorkommenden Potenz, zum Beispiel:

also:[7]

Man könnte auch zunächst berechnen und danach denn als eine zweistellige Verknüpfung auf den natürlichen Zahlen ist der assoziativ:

Dies rechtfertigt die Schreibweise .[8]

Rechenregeln

Für ganze Zahlen gilt – mit als dem Betrag von :

(Kommutativgesetz)
(Assoziativgesetz)
(Distributivgesetz)
Ist ein gemeinsamer Teiler von und , dann gilt:
  teilt     und
   
für  
Ist   ( und sind kongruent modulo ), dann gilt:
   

Aus der genannten Rechenregel ergibt sich speziell . Dies ergibt sich auch daraus, dass jede ganze Zahl (sogar die 0 selbst) wegen Teiler der 0 ist, während umgekehrt 0 keine von 0 verschiedene Zahl teilt.

Hält man eines der beiden Argumente fest, dann ist eine multiplikative Funktion, denn für teilerfremde Zahlen und gilt:

Lemma von Bézout

Nach dem Lemma von Bézout lässt sich der größte gemeinsame Teiler zweier ganzer Zahlen und als Linearkombination von und mit ganzzahligen Koeffizienten darstellen:

  • mit [9]

Beispielsweise besitzt der größte gemeinsame Teiler von und die folgende Darstellung:

Die Koeffizienten und können mit dem erweiterten euklidischen Algorithmus berechnet werden.

Sonderfälle

Für gerades , ungerades sowie ganzes gilt:

;
;
;
;
;
, falls und gerade.
, falls gerade und ungerade.
, falls und ungerade.

Setzt man eine Primzahl aus zwei echten Summanden zusammen, gilt für diese stets Teilerfremdheit:

Aus folgt .

Anwendungen

Bruchrechnung

Beim Kürzen wird ein gemeinsamer Faktor von Zähler und Nenner eines Bruches entfernt, wobei sich der Wert des Bruches nicht ändert, z. B. . Kürzt man mit dem größten gemeinsamen Teiler von Zähler und Nenner, entsteht ein Bruch, der nicht weiter kürzbar ist.[10] Zum Beispiel ist , also

Ein Bruch mit Zähler und Nenner , bei dem ist, ist nicht weiter kürzbar. Er wird voll gekürzt[11] oder auch vollständig oder maximal gekürzter Bruch genannt.

Zusammenhang zwischen ggT und dem kleinsten gemeinsamen Vielfachen

Beweis: Nachweis für positive ganze Zahlen und , alle anderen Fälle lassen sich analog behandeln. Sei , dann ist auch Teiler des Produkts . Die Zahl enthalte dagegen alle Primfaktoren des Produkts , die nicht enthält. Betrachtet man, wie der aus der Primfaktordarstellung des Produkts aus und berechnet wird, dann folgt . Daraus ergibt sich die obige Gleichung.[12]

Weitere algebraische Strukturen mit ggT

Der Begriff des baut auf dem Begriff der Teilbarkeit auf, wie er in Ringen definiert ist. Man beschränkt sich bei der Diskussion des auf nullteilerfreie Ringe, im kommutativen Fall sind das die Integritätsringe.

Ein Integritätsring, in dem je zwei Elemente einen besitzen, heißt ggT-Ring oder ggT-Bereich. (In einem -Ring haben je zwei Elemente auch ein \operatorname{kgV}.)

In Allgemeinen besitzen solche Ringe keine Halbordnung, die antisymmetrisch ist, wie die ganzen oder die natürlichen Zahlen eine haben. Häufig ist die Teilbarkeitsrelation, die eine Quasiordnung ist, die einzige Ordnungsrelation. Deshalb lässt sich der gegebenenfalls nicht mehr eindeutig als nicht-negativ normieren, sondern nur bis auf Assoziiertheit bestimmen. Zwei Elemente und sind assoziiert, in Zeichen , wenn es eine Einheit mit gibt.

Wir erweitern den Begriff des auf die Menge aller größten gemeinsamen Teiler der Elemente einer Teilmenge eines Ringes , formal:

.

In Worten: Die Teiler von sind genau die Elemente aus , die alle Elemente aus teilen. Die sind untereinander assoziiert.

Polynomringe

Man kann den z. B. auch für Polynome bilden. Statt der Primfaktorzerlegung nimmt man hier die Zerlegung in irreduzible Faktoren:

Dann ist

Der Polynomring in einer Variablen ist euklidisch. Dort gibt es zur Berechnung des eine Division mit Rest.

Gaußscher Zahlenring

Im gaußschen Zahlenring ist der größte gemeinsame Teiler von und gerade , denn und . Genau genommen ist nur ein größter gemeinsamer Teiler, da alle zu dieser Zahl assoziierten Zahlen ebenfalls größte gemeinsame Teiler sind. (Die Einheiten sind .)

Integritätsringe

Im Integritätsring haben die Elemente

keinen : Die Elemente und sind zwei maximale gemeinsame Teiler, denn beide haben den gleichen Betrag, aber diese zwei Elemente sind nicht zueinander assoziiert. Also gibt es keinen von und .

Die genannten Elemente und haben aber ihrerseits einen , nämlich . Dagegen haben sie kein , denn wenn ein wäre, dann folgt aus der „ggT-kgV-Gleichung“, dass assoziiert zu sein muss. Das gemeinsame Vielfache ist jedoch kein Vielfaches von , also ist kein und die beiden Elemente haben gar kein .

Ist ein Integritätsring und haben die Elemente und ein , dann haben sie auch einen , und es gilt die Gleichung:

Ein euklidischer Ring ist ein Hauptidealring, der ein faktorieller Ring ist, der schließlich ein ggT-Ring ist. Ebenso ist jeder Hauptidealring ein Bézoutring, der wiederum stets ein ggT-Ring ist.

Ein Beispiel für einen nicht-kommutativen ggT-Ring sind die Hurwitzquaternionen.

Analytische Zahlentheorie

In der elementaren Zahlentheorie gehört der größte gemeinsame Teiler von zwei ganzen Zahlen zu den wichtigsten Grundkonzepten. Man schreibt dort regelmäßig und meint damit dann den positiven , geht also von aus.

In der analytischen Zahlentheorie kann die ggT-Funktion in einer Variablen für festes analytisch zu einer ganzen Funktion fortgesetzt werden. → Siehe Ramanujansumme.

Einzelnachweise

  1. Schüler-Duden: Die Mathematik I. Dudenverlag Mannheim, 1990, ISBN 3-411-04205-2, S. 167.
  2. Calvin T. Long: Elementary Introduction to Number Theory. D. C. Heath and Company, Boston, 1972, ISBN 978-0-669-62703-9, S. 33.
  3. Peter Bundschuh: Einführung in die Zahlentheorie. 6. Auflage. Springer, Berlin 2008, ISBN 978-3-540-76490-8, S. 15.
  4. Schüler-Duden: Die Mathematik I. Dudenverlag Mannheim, 1990, ISBN 3-411-04205-2, S. 354.
  5. Lambacher Schweizer: Mathematik für Gymnasien 5 Niedersachsen. Klett Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-12-734551-3, S. 197.
  6. Schüler-Duden: Die Mathematik I. Dudenverlag Mannheim, 1990, ISBN 3-411-04205-2, S. 100
  7. Schüler-Duden: Die Mathematik I. Dudenverlag Mannheim, 1990, ISBN 3-411-04205-2, S. 168.
  8. Harald Scheid: Einführung in die Zahlentheorie. Klett Verlag, Stuttgart, 1972, ISBN 3-12-983240-8, S. 78.
  9. Lemma von Bézout.
  10. Lutz Engelmann (Hrsg.): Kleiner Leitfaden Mathematik. Paetec, Berlin 1997, ISBN 3-89517-150-6, S. 51/2.
  11. Schüler-Duden: Die Mathematik I. Dudenverlag, Mannheim. Leipzig, Wien, Zürich 1990, ISBN 3-411-04205-2, S. 48.
  12. § 4. ggT und kgV. In: math-www.uni-paderborn.de. S. 14.

Literatur

Weblinks