Gothaer Waggonfabrik

Die Gothaer Waggonfabrik war ein bedeutendes Metallbauunternehmen für den Flugzeug- und Straßenbahnwagenbau in Gotha. Es bestand seit 1883 und ging mehrfach an neue Eigentümer, das Sortiment wandelte sich über Flugzeuge bis zu Fahrzeugteilen und Zulieferungen.

1883–1918

Karussells und Waggons

Die Wurzeln der Gothaer Waggonfabrik liegen in einem 1883 vom Schlosser Fritz Bothmann gegründeten Metallbaubetrieb. 1892 trat der Kaufmann Louis Glück in das Unternehmen ein, das sich nun als Fritz Bothmann & Glück Maschinenfabrik & Carussellbau-Anstalt bezeichnete. Der Schwerpunkt lag anfangs beim Karussellbau, dann kam die Herstellung von Eisenbahnwaggons, vor allem Güterwagen hinzu. Der breiten Öffentlichkeit wurde das Werk durch die Herstellung von Straßenbahnwagen bekannt, mit der 1898 begonnen wurde. Bis 1913 baute das Unternehmen schon 57 Stück.

Werbung der Gothaer Waggonfabrik (1913)

Im Jahr 1898 wurde die Unternehmensform in eine Aktiengesellschaft mit dem neuen Namen Gothaer Waggonfabrik vormals Fritz Bothmann & Glück AG umgewandelt. Nach weiteren sieben Jahren schieden 1905 die Firmengründer aus. Albert Kandt (1866–1926) wurde in den Vorstand berufen und stieg aufgrund seines erfolgreichen Wirkens bald zum Generaldirektor auf. 1909 wurde er zum Kommerzienrat und 1917 zum Geheimen Kommerzienrat ernannt.

1910 folgte die Umbenennung in Gothaer Waggonfabrik AG (GWF). Das Firmengelände mit einer Größe von 110.000 Quadratmetern befand sich am Gothaer Ostbahnhof. Dort arbeiteten rund 900 Beschäftigte. Noch heute sind dort Unternehmungen angesiedelt, die sich mit dem Fahrzeugbau beschäftigen: eine Niederlassung von Schmitz Cargobull sowie die „Gothaer Fahrzeugtechnik GmbH“. Die dortige „Fliegerstraße“ erinnert an die Geschichte der Gothaer Waggonfabrik.

Luftschiffhafen Gotha

Doppeldecker Gotha LD-5

Die Geschichte des Luftschiff-Hafens ist mit Albert Kandt eng verbunden, wobei er Unterstützung beim Herzog, der Staatsregierung und dem Gothaer Luftfahrtverein fand. Carl Eduard, der letzte regierende Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, war ein begeisterter Förderer der Luftschifffahrt. 1909 veranlasste er die Planungen für einen Luftschiffhafen am Stadtrand von Gotha. Am 7. Juni 1909 wurde der Gothaer Luftfahrtverein gegründet, er organisierte den Aufbau der ersten Luftschiffhalle in der Töpflebener Flur. Der Luftschiffhafen wurde am 9. Juli 1910 mit der Eröffnung der Carl-Eduard-Luftschiffhalle feierlich eingeweiht, die auch von Militärluftschiffen genutzt werden durfte. In den Folgejahren trafen zahlreiche Luftschiffe „auf der Durchreise“ in Gotha ein.[1] Mit der Thüringer Flugwoche im Frühjahr 1911 erschienen erstmals mehrere Flugpioniere in Gotha und zeigten ihr Können. Der Herzog veranlasste daraufhin in Absprache mit dem preußischen Kriegsministerium die Gründung einer Fliegerschule in Gotha. Im März 1914 befahl die Heeresverwaltung, auf einem Grundstück neben der Waggonfabrik die Militärfliegerkaserne Gotha mit eigenem Flugplatz zu errichten, die am 18. Februar 1915 den Dienst aufnahm.[2]

Zeppelin-Versuchsbau-GmbH Gotha-Ost

Die Betriebsleitung des Zeppelin-Werkes Friedrichshafen sah sich während des Ersten Weltkrieges aus Platzgründen gezwungen, Bereiche ihrer Entwicklungsabteilung auszulagern. Die Wahl fiel, auch wegen des bereits vorhandenen Luftschiffhafens, auf die Gothaer Waggonbaufabrik, von der Maschinen, Werkhallen und erfahrene Metallbauer übernommen werden konnten. Die Leitung übernahm zunächst Alexander Baumann und es entstanden die Versuchsbau Gotha-Ost VGO I–III, die dann zum Langstreckenbomber Zeppelin-Staaken R VI weiterentwickelt wurden. Später übernahm der Ingenieur Adolf Rohrbach, ein Mitarbeiter von Claude Dornier, die Leitung dieser Außenstelle, die sich weiterhin mit der Konstruktion von Riesenflugzeugen befasste.[2]

Flugzeugbau

Gotha G IV, strategischer Bomber

Als die Bedürfnisse des Deutschen Heeres an Flugzeugen wuchsen, begann die Gothaer Waggonfabrik 1913 versuchsweise mit dem Bau von Flugzeugen. In der Abteilung Flugzeugbau entstand als Nachbau der Etrich Taube ein Eindecker mit wassergekühltem Motor von 70 PS Leistung. Das Flugzeug wurde unter der Bezeichnung LE 1 gefertigt.

In der Entwicklungsabteilung entstanden in rascher Folge eigene Flugzeugkonstruktionen. Nachdem am 20. April 1913[3] mit der Bezeichnung LE 2 die legendäre „Gotha-Taube“ (ebenfalls eine Konstruktion nach Vorbild der Etrich-Taube) über dem Krahnberg ihren Probeflug absolviert hatte, konnte bald danach mit dem Bau der Flugzeuge fabrikationsmäßig begonnen werden. Die Gotha-Taube flog 1914 erstmals über den Ärmelkanal nach Dover. Ein- und Doppeldecker zu Schulzwecken sowie Seeflugzeuge gehörten anfangs zur Produktpalette.

Mit dem Ersten Weltkrieg wurde der Flugzeugbau zum wichtigsten Produktionszweig. Die Flugzeuge der Waggonfabrik wurden als „Die Gothas“ schnell allgemein bekannt und erlangten im Ersten Weltkrieg den zweifelhaften Ruhm, die „Schrecken der Feinde“ gewesen zu sein. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs suchte die Firma deshalb nach einem neuen Standort für die Fertigung von Flugzeugen. Die Stadt Fürth stellte ein Gelände auf der heutigen Hardhöhe zur Verfügung, welches bis 1953 als „Industrieflughafen“ fortbestand. 1938 wurde dieser Produktionsstandort an das neu gegründete Unternehmen Bachmann, von Blumenthal & Co. Flugzeugbau (BBF) verkauft.

Für die Erprobung der Seeflugzeuge wurde eine eigene Abteilung in Rostock-Warnemünde aufgebaut. Ab 1915 wurden die Großflugzeuge Gotha G.I gebaut. Der von den Halberstädter Flugzeugwerken kommende Konstrukteur Hans Burkhard konstruierte die Typen Gotha G.II bis G.V. Die zweimotorigen Bomber aus der Residenzstadt des gebürtigen Engländers Herzog Carl Eduard, durch ihre Einsätze gegen England als The Gothas bekannt, waren mit ein Grund zur 1917 erfolgten Umbenennung des in Großbritannien regierenden Königsgeschlechts derer von Coburg und Gotha in Haus Windsor.

Die Gotha G.IV konnte 500 kg Bomben bei einer Reichweite von 800 km tragen und als erster Bomber Angriffe über den Ärmelkanal hinweg auf London durchführen. Das Bombenflugzeug Gotha G.V hatte mit einer Bombenlast von 1000 kg bereits eine Reichweite von 840 km. Leistungsfähigere Weiterentwicklungen des Chefkonstrukteurs und Technischen Leiters Karl Rösner, die Gotha G.VII und Gotha G.VIII (als Lizenzbau bei Siemens-Schuckert gefertigt), erreichten bis Ende des Ersten Weltkrieges 1918 eine Stückzahl von 355.

Von 1913 bis 1918 stieg die Zahl der Beschäftigten in der Abteilung Flugzeugbau der Gothaer Waggonfabrik von 130 auf 1250, die Werksfläche vergrößerte sich von 6.580 m² auf 21.790 m².[3] Gemäß Versailler Vertrag mussten 1920 die Flugzeugfertigung eingestellt und die Maschinen demontiert werden.

Flugzeugbau im Ersten Weltkrieg
FlugzeugtypVerwendunggebautKonstrukteur
LE 1Schulflugzeug10I. Etrich, E. Rumpler
LE 2Aufklärer31F. Böhnisch; H. Bartl
LE 358Karl Grulich; H. Bartl
LE 41Karl Rösner
LD 420H. Schmieder
LD 5Kavallerieflugzeug13H. Burkhard
LD 7Aufklärer18
G IFernaufklärer18O. Ursinus; H. Burkhard
G IIFernaufklärer und Bomber13H. Burkhard
G IIIBomber25
G IV52
G V/G VaLangstreckenbomber145
G V/G Vb80
WD 1Aufklärer6K. Rösner
WD 2Fernaufklärer27
WD 7Torpedo-Übungsflugzeug8K. Rösner; A. Klaube
WD 9Fernkampfflugzeug (Marine)9
WD 11Torpedoflugzeug17
WD 13Aufklärer18K. Rösner; Hartwig
WD 14Fernaufklärer; Minenleger; Torpedoflugzeug66K. Rösner; A. Klaube
WD 15Fernaufklärer2K. Rösner
Legende: LE – Landeindecker, LD – Landdoppeldecker, G – Großflugzeug, WD – Wasserdoppeldecker.

1919–1945

Besinnung auf die Tradition des Waggonbaus

Traditionszug (56/82/101), Typ T1 der Gothaer Waggonfabrik, gebaut 1929, aufgenommen Januar 2006
Gothaer Waggonfabrik Werk Fürth/bay um 1926

Nach dem Kriegsende 1918 musste der Flugzeugbau wegen des Versailler Vertrags eingestellt werden. Die Produktion wurde umgestellt auf den Bau von Lokomotivkesseln, Triebwagen und Lastwagenanhängern. 1923 beschäftigte der Betrieb 260 Beamte und 2000 Arbeiter, bei Gründung waren es 17 Beamte und 166 Arbeiter. Die Bayerische Waggon- und Flugzeugfabrik (das in den Jahren 1918–20 in Fürth/Bay. entstandene Zweigwerk mit Werksflugplatz) wurde der Gothaer Waggonfabrik angegliedert.

Generaldirektor Albert Kandt war auch langjähriger Vorsitzender der Gothaer Handelskammer und Mitglied des Deutschen Eisenbahnrates. Seit 1900 wohnte er in der vom Gothaer Architekten Julius Krusewitz entworfenen Villa in der Ernststraße 14.

Die Produktion der 1920er Jahre bestand wieder aus Güterwagen, Straßenbahnwagen (zwischen 1923 und 1944 insgesamt 152 Stück) und Triebwagen sowie Lastwagen-Anhängern. 1921 wurde das Unternehmen durch Ankauf der Fahrzeugwerke Eisenach auch Autoproduzent. In diesen Jahren entstanden große finanzielle Verluste.[4] Am 24. Juli 1926 starb Albert Kandt während einer Dienstreise im Alter von 60 Jahren an einem Herzschlag. Es stand eine „recht scharfe Sanierung“ an, denn das Unternehmen war mittlerweile mit 9,8 Mio. Mark verschuldet,[3] was noch 1928 zum Verkauf beider Werke führte, um eine Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Die Fahrzeugfabrik Eisenach wurde für 3,79 Mio. Mark an die Bayerische Motoren Werke AG veräußert,[3] die damit ihren Grundstein in der Automobilproduktion legte. Der Bereich Waggonbau lieferte unter anderem 1929 Wagen für die Baureihe CII der U-Bahn Berlin. Ab 1931 gehörte die Gothaer Waggonfabrik AG mehrheitlich der Orenstein & Koppel AG in Berlin, die auch die Dessauer Waggonfabrik AG übernahm. Die Zahl der Beschäftigten war aufgrund dieser Entwicklung von rund 2000 im Jahre 1919 bis Ende 1932 auf lediglich 64 gesunken.[3]

Aktie von 1937

Neuer Flugzeugbau

Nach Plänen von Albert Kalkert (1902–1977) begann 1933 in Gotha im Zuge der Aufrüstung wieder der Flugzeugbau. Das Unternehmen wurde in zunehmendem Maße Lizenznehmer und Zulieferbetrieb anderer Hersteller (Heinkel He 45, Messerschmitt Bf 110), aber auch eine Reihe von Eigenkonstruktionen wurde entwickelt.

Eine der ersten Entwicklungen war der Doppeldecker Gotha Go 145, ein einmotoriges Schul- und Übungsflugzeug, zum großen Teil in Holzbauweise erstellt, eine wichtige Anfängerschulmaschine der Luftwaffe, von der 1182 Exemplare gefertigt wurden. Die Go 146, ein zweimotoriges Reise- und Kurierflugzeug wurde ab 1935 in geringer Stückzahl gebaut.

Mustermaschinen, die in einigen Exemplaren gefertigt wurden, waren die Gotha Go 147, ein einmotoriges, schwanzloses Flugzeug, die Go 149, ein einmotoriger Kabineneinsitzer, die Gotha Go 150, ein zweimotoriges und zweisitziges Sport- und Reiseflugzeug, das 1939 mit 8048 m einen Höhenrekord aufstellte sowie die Go 241, ein zweimotoriges, viersitziges Sport- und Reiseflugzeug.

Am 14. November 1938 kaufte die neu gegründete Bachmann, von Blumenthal & Co. Flugzeugbau (BBF) das Zweigwerk in Fürth und fertigte dort bis Kriegsende weiter Flugzeugkomponenten.

Nach Kriegsbeginn 1939 wurden in Gotha im Wesentlichen Lastensegler entwickelt und gefertigt. Ingenieur Kalkert konstruierte den Lastensegler Gotha Go 242. Dieser wurde in den drei Baureihen A bis C, die sich hauptsächlich im Fahrwerk unterschieden, in ungefähr 1500 Exemplaren gefertigt. Die Schulterdecker, meist in Holzbauweise erstellt, konnten neben zwei Mann Besatzung 23 voll ausgerüstete Soldaten transportieren. Die Gotha Go 244 war eine Variante des Go 242 mit zwei Motoren, von der aber nur 42 Maschinen gebaut werden. Weitere Entwicklungen mit Mustermaschinen waren die Lastensegler Gotha Go 345 und Kalkert Ka 430.

1415 Zwangsarbeiter wurden in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs in der Fabrik eingesetzt. Im Jahr 1944 wurde das Werk durch einen Luftangriff zu ungefähr 80 Prozent zerstört. Trotzdem begann in Friedrichroda bei Kriegsende die Vorserienfertigung des revolutionären Nurflügel-Strahljägers Ho 229 (Ho IX) der Brüder Horten.

Bemerkung: Angegebene Produktionszahlen stammen aus unterschiedlichen Quellen und können daher differieren.

Flugzeugproduktion
FlugzeugtypVerwendunggebautKonstrukteur
Go 145 A/BMehrzweck-Schulflugzeug1182A. Kalkert
Go 146Reiseflugzeug7
Go 147schwanzloses Versuchsflugzeug1
Go 149Schulflugzeug2
Go 150Privat-Reiseflugzeug201A. Kalkert
DFS 230Lastensegler1477H. Jacobs
Go 242 A/B1214A. Kalkert
Go 244 B/Cmotorisierter Lastensegler169A. Kalkert; Hünerjäger
Ka 430Lastensegler12A. Kalkert
Go(Ho) 229Nurflügel-Strahljäger3R. und W. Horten
He 45Aufklärer, Bomber87[5]Heinkel (Lizenz)
Fw 58Aufklärerca. 122Focke-Wulf (Lizenz)
Bf 110„Zerstörer“, Nachtjägerca. 2516Messerschmitt (Lizenz)

1946–1990

Letztmaliger Flugzeugbau

Die Gothaer Waggonfabrik AG wurde 1946 in eine Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG) umgewandelt, aber nach Abschluss der Demontage bereits 1947 unter deutsche Verwaltung gestellt. 1949 erfolgte die Verstaatlichung der Gothaer Waggonfabrik AG als VEB Waggonbau Gotha, die zur Vereinigung Volkseigener Betriebe Lokomotiv- und Waggonbau (VVB LOWA) gehörte. Ab 1953 wurden nochmals Segelflugzeugtypen aus der Vorkriegszeit gebaut: 329 Schulgleiter vom Typ SG 38 und 68 Schul- und Übungseinsitzer vom Typ Baby IIb. Entwickelt wurde auch bis 1960 das zweisitzige Schul- und Übungssegelflugzeug Go 530 (FES 530/II) Lehrmeister. Damit war der Flugzeugbau beendet, die Produktion konzentrierte sich wieder auf den Bau von Güterwagen und Straßenbahnwagen.

Eisenbahn- und Straßenbahnbau

Gotha Typ TDE 58 von 1958
Straßenbahnwagen Typ T2 aus Gothaer Fabrikation, Baujahr 1938, heute im Museumsbetrieb in Erfurt
(c) Olaf1541, CC BY 2.5
Gotha T 59E in Dresden 1998
Gotha Т-57+В-57 in Jewpatorija 2008

Nach der Auflösung der VVB LOWA 1954 war die Waggonfabrik der einzige Straßenbahnwagenproduzent der DDR und stellte unter anderem Triebwagen vom Typ Gotha und LOWA her. Unter dem Namen Gothawagen wurden die dreifenstrigen zweiachsigen Wagen des Standardtyps ET 57/EB 57 und dessen Nachfolgetypen bekannt. Die Großraumwagen und Gelenkwagen mit schwebendem Mittelteil hießen dagegen Gotha-Großraumwagen und Gotha-Gelenkwagen. Zwischen 1946 und bis zur Produktionseinstellung 1967 wurden fast 3000 Straßenbahnwagen hergestellt. Zum Produktionsprofil gehörte dennoch weiter die Produktion von Spezial-Güterwagen, beispielsweise für Braunkohletransporte, Kühlwagen mit und ohne eigene Kühlaggregate, Kühlcontainer.

Anhängerbau

Auch eine Produktionsreihe von Tieflade-Anhängern wie den TL 12, TL 20 und TL 40, den Schwerlast-Anhänger SL 40 sowie den für die Deutsche Reichsbahn gebauten Straßenroller 40 TGL 5912 wurde noch bis in die 60er Jahre aufrechterhalten.[6]

Kühlanlagen und PKW-Teile

1967 wurde das Werk in VEB Luft- und Kältetechnik Gotha umbenannt. Die Beschäftigten entwickelten und bauten Lüfter, Kühlanlagen und Wasseraufbereiter. Mit Wirkung vom 1. Juli 1983 wurde der Betrieb erneut umstrukturiert und gehörte fortan zum Kombinat Personenkraftwagen Karl-Marx-Stadt. Die Fertigung von kompletten Fahrgestellen, Einzelteilen und Baugruppen für den PKW Wartburg wurde nun zur Hauptaufgabe der Belegschaft. Mit dieser Umwidmung wurde der Großteil der bisher verbliebenen Gleisanlagen und Hallen aus der Vorkriegszeit abgeräumt, es entstand neben Presserei und Dreherei-Gebäude auch eine Montagehalle mit Bandförderanlage mit einer geplanten Kapazität von 75.000 Fahrgestellen pro Planjahr. Die fertigen Fahrgestelle konnten nach einer Überprüfung mittels eines verbliebenen Gleisanschlusses rationell verladen und mit der Bahn republikweit verteilt werden. 1988 wurde die geforderte Stückzahl auf 100.000 Fahrgestelle erhöht, da das Eisenacher Automobilwerk durch Neustrukturierung und Einführung des Wartburgs 1.3 eine höhere Fertigungskapazität erzielen sollte. Aber es gärte bereits in der Belegschaft, die Unzufriedenheit mit der sozialistischen Misswirtschaft gipfelte im Oktober 1989 in einem Protestschreiben an den Staatsratsvorsitzenden Egon Krenz.

Zusammenbruch und Privatisierungen

Die Einstellung des PKW-Baus in Eisenach hatte auch das vorläufige Aus für die Zulieferfirmen zur Folge. Den 2300 Mitarbeitern drohte 1990 der Verlust der Arbeitsplätze. Es gelang durch entsprechende Kooperationsbeziehungen und viel Improvisation zunächst 900 ausgewählte Mitarbeiter der Belegschaft in Arbeit zu halten.[6]

Seit 1991

Anhängerbau

Die Treuhandanstalt meldete am 17. Dezember 1991 die Firma als sanierungsfähig, der Betrieb ging zunächst in der Lintra-Beteiligungsholding auf. Das wirtschaftliche Überleben sicherte 1996 die Neuausrichtung des Unternehmens auf den LKW-Anhängerbau. Danach begann die Zusammenarbeit mit der Schmitz Anhänger Fahrzeugbau GmbH, bis das Unternehmen schließlich 1997 von der Schmitz-Gruppe, Bereich Fahrzeugbau, vollständig übernommen wurde und heute als Schmitz Cargobull Gotha GmbH Auflieger für Lastkraftwagen fertigt. Das Kernprodukt sind Sattelkipper. Mit der Produktion von ca. 4000 Fahrzeugen wurden 2016 117 Millionen Euro umgesetzt. Im Geschäftsjahr 2016 beschäftigte das Unternehmen 477 Mitarbeiter.[6]

Gittermasten und Auslegerverlängerungen

Als zweites Unternehmen wurde 1997 die Gothaer Fahrzeugtechnik GmbH abgespalten. Das Unternehmen fertigt vor allem Gittermasten und Auslegerverlängerungen für Mobil- und Raupenkräne, aber auch Mulden für Baufahrzeuge sowie Schweißbaugruppen aus hochfestem Feinkornstahl und bildet Schweißer in einer schweißtechnischen Kursstätte gemäß DVS-Richtlinien aus. Im Geschäftsjahr 2017 beschäftigte die Gothaer Fahrzeugtechnik rund 360 Mitarbeiter.

Literatur

  • Jekaterina Vogel: Die Gothaer Waggonfabrik – 100 Jahre eines Unternehmens. In: Gothaer Museumsheft. Gotha 1998, S. 23–37.
  • Eberhard Hälbig: Gothaer Waggonfabrik A.-G. Gotha, Germany 1944–1945. Rockstuhl, Bad Langensalza 2017, ISBN 978-3-95966-234-5.
  • Heiko Stasjulevics: Gotha, die Fliegerstadt. Rockstuhl, Bad Langensalza 2001, ISBN 3-934748-69-4.
  • Autorenkollektiv: Aus der Geschichte des Betriebes anlässlich des 75jährigen Bestehens (1898–1973). Hrsg.: VEB Luft- und Kältetechnik Gotha. Selbstverlag, Gotha 1973, S. 88.
  • Marion Siegmund: Gothaer Waggonfabrik, vorm. Fritz Bothmann & Glück Actien-Gesellschaft. In: Schriftenreihe des URANIA Kultur- und Bildungsvereines Gotha e.V. zur Firmengeschichte der Stadt Gotha. Band 13, 1–3. URANIA Kultur- und Bildungsverein Gotha, 2000, ZDB-ID 2382765-8.
  • Flugzeuge der GWF. Gothaer Waggonfabrik AG. In: Flieger-Buchreihe. Reihe A: Werkschroniken. Band 9. Luftfahrt-Verlag Walter Zuerl, 1968, ZDB-ID 595617-1.

Weblinks

Commons: Gothaer Waggonfabrik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Der erste Besuch eines Luftschiffes Parseval fand am Abend des 14. November 1909 statt. Der Anflug in einem aufziehenden Schneesturm zwang die Besatzung zur Notlandung und nachfolgenden Demontage des Fluggerätes.
  2. a b Heiko Stasjulevics: Gotha – die Fliegerstadt. In: Gothaer Museumsheft. Beiträge zur Regionalgeschichte. 1992, S. 64–78.
  3. a b c d e Manfred Jurleit: Die Gothas. Geschichte eines Konzerns. In: Aerosport, Nr. 3/1969. Deutscher Militärverlag, Berlin, S. 116–119.
  4. Neue Sanierung Gothaer Waggon In: Vossische Zeitung vom 20. Oktober 1928.
  5. Unterlagen aus dem Bundesarchiv/Militärarchiv Freiburg, Bestand RL 3
  6. a b c Jekaterina Vogel: Die Gothaer Waggonfabrik – 100 Jahre eines Unternehmens. In: Gothaer Museumsheft. Beiträge zur Regionalgeschichte. Gotha 1998, S. 23–37.


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* Beim Kagohl III, die Englandflieger
  • Gotha G IV, Kennung : RG + 406/16
  • Es handelt sich um ein Flugzeug des ersten Bauloses (Registrierungen 401/16 - 412/16), das bei Idflieg (Inspekteur der Fliegertruppen) am 4 August 1916 geordert wurde
  • Die Buchstaben RG stehen für die Namen der Besatzung Radke (Pilot) und Genth (Kommandant / Beobachter / Bordschütze und Navigator)
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Aktie Gothaer Wagonfabrik

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Historischer Straßenbahntriebwagen vom Typ Gotha T2, Baujahr 1938 der Erfurter Verkehrsbetriebe AG in der Bahnhofstraße (Erfurt)