Goldenes Buch (Braunschweig)

Das Goldene Buch der Stadt Braunschweig wurde 1926 anlässlich des Besuches des zweiten Reichspräsidenten der Weimarer Republik, Paul von Hindenburg, angelegt.[1] Der erste Band wurde bis 1942[2] verwendet, der zweite von 1951 bis 1995.[3] Der aktuelle 3. Band wird seit 1995 verwendet.

Geschichte

1. Band

Das 1. Goldene Buch, geführt von 1926 bis 1942. Im Zentrum das Wappen der Stadt Braunschweig mit dem stilisierten Braunschweiger Löwen.

Der erste Eintrag stammt vom 15. Oktober 1926 und ist von Paul von Hindenburg. Der dritte Eintrag dieses Bandes, vom 28./29. November 1928 stammt vom späteren Friedensnobelpreisträger Albert Schweitzer.[4]

Zeit des Nationalsozialismus

16. Januar 1946: Beschluss des Rates der Stadt Braunschweig bzgl. der Entfernung der Einträge von Adolf Hitler, Hermann Göring, Dietrich Klagges und Baldur von Schirachs aus dem Goldenen Buch.

Während der Zeit des Nationalsozialismus trugen sich zahlreiche Vertreter, Unterstützer und Mitläufer des NS-Regimes in das Buch ein. Neben Adolf Hitler, Hermann Göring, Bernhard Rust (Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung), Dietrich Klagges (Ministerpräsident des Freistaates Braunschweig), Baldur von Schirach (Reichsjugendführer), Friedrich Alpers (u. a. Braunschweigischer Staatsminister, SA- und SS-Mitglied), Eintrag vom 6. November 1933, Viktor Lutze (Stabschef der SA), Gertrud Scholtz-Klink (Reichsfrauenführerin), Eintrag vom 3. November 1935, Meta Mischka-Grahé (Gaufrauenschaftsführerin für Südhannover-Braunschweig), Eintrag vom 4. November 1935, Hans von Tschammer und Osten (Reichssportführer), auch NS-treue Künstler, wie der Schriftsteller, Antisemit und Rassist Börries von Münchhausen, Eintrag 1937, die Schriftstellerin Agnes Miegel, vertreten auf einer Sonderliste der von Hitler und Joseph Goebbels zusammengestellten Gottbegnadeten-Liste, Eintrag 18. Februar 1939, oder der völkisch-nationale Autor Wilhelm Schäfer. Auch die Vertreter verbündeter und abhängiger Staaten wie Italiens, Japans und der Slowakei finden sich in dem Buch wieder, so die Botschafter Dino Alfieri (für das faschistische Italien) und Hiroshi Ōshima (für das Kaiserreich Japan).[1] Der letzte Eintrag stammt vom finnischen Gesandten vom 28. August 1942.

Durch Beschluss des Stadtrates mit Wirkung vom 16. Januar 1946 wurden die Einträge von Hitler, Göring, Klagges und von Schirach entfernt. Gleichzeitig wurde ihnen die Ehrenbürgerwürde aberkannt.[5] Da es sich bei der Ehrenbürgerwürde um ein Persönlichkeitsrecht handelt, das automatisch mit dem Tod der jeweiligen Person erlischt, wurde bei Hitler und Rust explizit auf den Entzug verzichtet und darauf verwiesen, dass beide bereits vorverstorben (und somit die Ehrenbürgerwürde erloschen) seien.

2. Band

Das 2. Goldene Buch, geführt von 1951 bis 1995.

Band 2 des Goldenen Buches wurde vom 22. April 1951, dem 1. Eintrag durch den ersten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland Theodor Heuss und dessen Ehefrau Elly Heuss-Knapp bis zum letzten Eintrag am 24. Mai 1995 von Wahyu Hamijaya, Oberbürgermeister der indonesischen Stadt Bandung, einer Partnerstadt Braunschweigs, verwendet.

Zu den Personen, die sich in diesen Band eingetragen haben, zählen neben zahlreichen Bundes- und Landespolitikern, wie z. B. die Bundespräsidenten Heinrich Lübke mit Ehefrau Wilhelmine Lübke (18. Juni 1965), Walter Scheel (13. Juni 1978), Karl Carstens (1. April 1984) und Richard von Weizsäcker (6. Oktober 1987), sowie die Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier (22. Mai 1967) und Rita Süssmuth (10. Juni 1992) auch Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (22. Mai 1967).

Als Künstler sind u. a. vertreten, der italienische Tenor Beniamino Gigli (11. November 1953) und der Geiger und Dirigent Yehudi Menuhin (2. April 1985).

Des Weiteren finden sich die Unterschriften zahlreicher internationaler Politiker und Diplomaten (Konsuln und Botschafter) sowie Vertreter der Partnerstädte Braunschweigs, so der Oberbürgermeister von Bath (UK), Nîmes (F), Bandung (Indonesien), Omaha (USA), Kasan (Tatarstan), Sousse (Tunesien) und Magdeburg.

Außerdem enthalten sind die Unterschrift etlicher Ehrenbürger der Stadt Braunschweig oder von Personen, die von der Stadt Braunschweig für besondere Verdienste ausgezeichnet wurden.

3. Band

Band 3 des Goldenen Buches wird seit Mitte 1995 verwendet. In ihm finden sich u. a. die Unterschriften von Sportlern wie Uwe Seeler und Franz Beckenbauer, aber auch vom deutschen Rekordmeister im American Football, den New Yorker Lions aus Braunschweig. Politiker sind u. a. durch die Bundespräsidenten Johannes Rau und Frank-Walter Steinmeier[6] sowie den japanischen Botschafter Takeshi Yagi vertreten. 2011 trug sich der Literaturnobelpreisträger Günter Grass ein, im Jahr darauf gefolgt von der Krimi-Autorin Donna Leon.[7]

Die ersten beiden Bände des Goldenen Buches der Stadt Braunschweig werden heute im Stadtarchiv verwahrt.[4]

1915: Goldenes Buch für Heinrich den Löwen in Eisen

Goldenes Buch mit den Namen der Spender für Heinrich der Löwe in Eisen.
Heinrich der Löwe in Eisen

In Braunschweig wurde ab Ende 1915, Mitten im Ersten Weltkrieg, ein separates, ebenfalls Goldenes Buch benanntes Verzeichnis der Personen und Personengruppen verwendet, die eine sogenannte „Nagelspende“ für die Figur Heinrich der Löwe in Eisen, eine Nagelfigur in der Zeit des Ersten Weltkrieges geleistet hatten. Dieses Buch wurde bis 1918 geführt und befindet sich heute im Braunschweigischen Landesmuseum.

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. a b Jürgen Schultz: Die Akademie der Jugendführung der Hitlerjugend in Braunschweig. (= Braunschweiger Werkstücke. Reihe A, Band 15 / Der ganzen Reihe Band 55), Waisenhaus Buchdruckerei und Verlag, Braunschweig 1978, ISBN 3-87884-011-X, S. 149, FN 41.
  2. Eintrag im Findbuch des Stadtarchivs Braunschweig (Signatur: E 110:E 110: 1): Gästebuch der Landeshauptstadt Braunschweig ("Goldenes Buch"), angelegt 1926, geführt bis 1942 auf stadtarchiv-braunschweig.findbuch.net.
  3. Eintrag im Findbuch des Stadtarchivs Braunschweig (Signatur: E 110:E 110: 32) Goldenes Buch der Stadt Braunschweig, Bd. 2 auf stadtarchiv-braunschweig.findbuch.net.
  4. a b Henning Steinführer (Hrsg.): Die Bestände des Stadtarchivs Braunschweig. (= Braunschweiger Werkstücke Band 56/115), Appelhans, Braunschweig 2018, ISBN 978-3-944939-33-9, S. 118.
  5. Gunnhild Ruben: Bitte mich als Untermieter bei Ihnen anzumelden – Hitler und Braunschweig 1932–1935. Norderstedt 2004, ISBN 3-8334-0703-4, S. 135, FN 46.
  6. Anke Donner: Bundespräsident trug sich ins Goldene Buch der Stadt ein vom 29. Oktober 2017 auf regionalHeute.de
  7. Jonas Walter: Geschichte in Leder gebunden: Das goldene Buch vom 25. Mai 2018 auf regionalHeute.de

Auf dieser Seite verwendete Medien

Braunschweig Auszug Ratsbeschluss 16 Januar 1946 E 110 1 Erstes Goldenes Buch (Stadtarchiv Braunschweig).pdf
Braunschweig: Kopie des Auszugs des Beschlusses des Rates der Stadt Braunschweig vom 16. Januar 1946 bzgl. der Entfernung der Einträge von Adolf Hitler, Hermann Göring, Dietrich Klagges und Baldur von Schirachs aus dem 1. Goldenen Buch der Stadt Braunschweig. Des Weiteren bzgl. des Entzugs der Ehrenbürgerwürde von Hitler und Bernhard Rust. Die Kopie ist dem Buch beigelegt.
Braunschweig Zweites Goldenes Buch 1951-1995 Einbanddeckel E 110 32 (Stadtarchiv Braunschweig)-2.JPG
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Braunschweig: Einbanddeckel 2. Goldenes Buch der Stadt Braunschweig, geführt von 1951 bis 1995
Braunschweig, Braunschweigisches Landesmuseum, Foyer, Heinrich der Löwe 1915 (2).JPG
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Heinrich der Löwe 1915, auch eiserner Heinrich oder Nagelheinrich genannt entstand zur Hilfe der Rüstungsindustrie im ersten Weltkrieg, Braunschweigisches Landesmuseum, Braunschweig
Heinrich der Loewe in Eisen Goldenes Buch Einband (Braunschweigisches Landesmuseum).jpg
Autor/Urheber: Anja Pröhle, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Braunschweig, Heinrich der Löwe in Eisen: Einbanddeckel des „Goldenen Buches“. Es enthält die Namen aller Personen und Institutionen (inkl. des gespendeten Betrages), die Nägel in die Figur eingeschlagen haben. Auf dem Deckel zu sehen ist der Braunschweiger Löwe und der Spruch "Wir sind ein Volk und einig woll’n wir handeln!" (aus Friedrich Schillers Wilhelm Tell)