Gliomatosis cerebri

Klassifikation nach ICD-10
C71.8Bösartige Neubildung des Gehirns, mehrere Teilbereiche überlappend
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Als Gliomatosis cerebri wird ein primärer Hirntumor bezeichnet, bei dem die diffuse Infiltration des Hirngewebes, die auch andere Gliome kennzeichnet, soweit im Vordergrund steht, dass solide Anteile gar nicht auftreten. Die Erkrankung ist insgesamt sehr selten, allerdings ist anzunehmen, dass Fehldiagnosen aufgrund der eher geringen Bekanntheit häufig sind. Einige Formen der Enzephalitis können sich klinisch ähnlich darstellen.

Epidemiologie

Nur ca. 200 Fälle wurden bisher weltweit beschrieben. In der Regel sind Erwachsene betroffen, einzelne Fälle wurden aber auch bei Kindern beobachtet.

Inzwischen wurden auch Fälle bei Hunden beschrieben.[1]

Histologie

Histologischer Befund der Gliomatosis cerebri

Das Ursprungsgewebe ist glial, wobei die Unterscheidung von astrozytärer oder oligodendrozytärer Zelllinie nicht unbedingt getroffen werden kann. Typisch ist der Befall beider Großhirnhemisphären, auch Hirnstamm, Kleinhirn und Rückenmark können betroffen sein. Die genauen Entstehungsmechanismen sind unklar, angenommen wird eine progressive Entdifferenzierung. Die einzelnen Zellen sind an sich wenig maligne, wegen des besonderen Wachstumsmusters muss man die Gliomatosis cerebri allerdings zu den bösartigen Hirntumoren zählen. Nach der WHO-Klassifikation der Tumoren des zentralen Nervensystems wird es zu den Grad-III-Tumoren gezählt.

Symptomatik

Wie bei anderen Hirntumoren ist die Lokalisation für die Beschwerden maßgeblich, häufig sind Kopfschmerz, Krampfanfälle und psychische Veränderungen.

Diagnose

Diffuse Infiltration des Gehirnparenchyms durch die Gliomatosis in einer magnetresonanztomographischen Aufnahme des Gehirns (T2-FLAIR-Wichtung). Die flächigen hellen (hyperintensen) Bereiche entsprechen geschädigtem Hirngewebe.

Die Diagnose erfolgt durch Bildgebung (Computertomographie, MRT) und/oder Biopsie.

Abzugrenzen ist die Hemimegalenzephalie.

Therapie

Einer operativen Therapie ist die Gliomatosis cerebri nicht zugänglich. Eine Bestrahlung ist möglich, wobei dann wegen der weiten und schwer eingrenzbaren Ausdehnung des Tumors häufig das gesamte Gehirn und Rückenmark bestrahlt werden müssen. Für gängige Chemotherapie-Schemata (zum Beispiel PCV) wurden zeitweilige Remissionen beschrieben, Temozolomid scheint besonders bei langsam progredienten Gliomatosen eine günstige Wirkung zu haben. Eine endgültige Heilung ist nicht möglich. Die mediane Überlebenszeit wird mit 14,5 Monaten angegeben.[2]

Literatur

  • K. Poeck, W. Hacke: Neurologie. 10. Auflage. Springer, Berlin 1998, ISBN 3-540-63028-7.

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. A. Gruber et al.: Gliomatosis cerebri in a dog. In: J Vet Med A Physiol Pathol Clin Med. (2006); 53(8), S. 435–438. PMID 16970635.
  2. M. Sanson et al.: Gliomatosis cerebri. In: Rev Neurol (Paris). (2005); 161(2), S. 173–181. PMID 15798516.

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AFIP-00405557 Gliomatosis Cerebri (Micro) CNS: GLIOMATOSIS CEREBRI Uniform, somewhat elongated nuclei of intermediate density are typical. Note the incorporated reactive astrocyte at the right with its prominent radiating processes.
Gliomatosis cerebri2.jpg
Autor/Urheber: Emmanuelle Duron, Anne Lazareth, Jean-yves Gaubert, Carole Raso, Olivier Hanon, Anne-sophie Rigaud, Lizenz: CC BY 2.0
Axial fluid-attenuated inversion recovery MRI image demonstrating tumor-related infiltration involving lenticular nuclei (Arrow).