Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen

Logo der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen bis etwa 1985
Anstecknadel der Gewerkschaft HBV 1980
Tarif-Informationen für Versicherungsangestellte der Gewerkschaft HBV April 1991
Aufbau der Gewerkschaft HBV im Betrieb
Mitgliedsausweis der Gewerkschaft HBV um 1990
HBV-Mitglieder beim 1. Mai in Hamburg 1977

Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) war eine Gewerkschaft innerhalb des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) mit Sitz in Düsseldorf für Beschäftigte im Einzel- und Großhandel, Banken, Versicherungen und anderen Dienstleistungsbranchen. Sie war in weitgehend eigenständigen Landes- und Bezirksverbänden organisiert. „Ausblick“ war die Mitgliederzeitschrift. Für Betriebsräte, Jugendvertreter und Vertrauensleute wurde der „HBV-Berater“ herausgegeben.

Die Gewerkschaft wurde im September 1949 in Königswinter gegründet und anfangs stark vom DGB unterstützt. Erst ab 1972 war die finanzielle Hilfe nicht mehr nötig.[1] Die Entstehung der Gewerkschaft HBV war eine Reißbrettgründung. Vorangegangen war eine Auseinandersetzung um die gewerkschaftliche Organisation der Angestellten. Diese führte im Ergebnis dazu, dass der Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbunds im Juni 1948 für die konsequente Einhaltung des Industriegewerkschaftsprinzips (Arbeiter, Angestellte und Beamte in einer Gewerkschaft) votierte. Die DAG schied daraufhin aus dem Gewerkschaftsbund aus. Die Folge waren oft heftige Konflikte und Auseinandersetzungen in Betrieben bei Betriebrats- und Aufsichtsratswahlen und bei Tarifrunden.[2] Die entstandene Lücke sollte durch die Gewerkschaft HBV geschlossen werden. Am 30. September 1950 hatte die HBV 55.221 Mitglieder, am 31. Dezember 1989 407.326, zuletzt ca. 457.000. Sie hatte sich damit zu einer mittelgroßen Gewerkschaft im DGB entwickelt. Im Juni 1991 hatte die Gewerkschaft einen Strategieprozess begonnen. Nach Lorenz Schwegler, dem damaligen Vorsitzenden, stammten die wesentlichen Strukturen der Gewerkschaften aus der Zeit vor 1933. Die gewerkschaftliche Arbeit war weitgehend in Ritualen und Abläufen erstarrt und brauchte dringend eine Erneuerung, um attraktiv für neue Mitglieder zu werden. Die Strukturen von den Orts- und Fachverwaltungen sollten zu einer größeren Betriebsnähe kommen, um dichter an den Interessenlagen der qualifizierten Beschäftigten zu arbeiten.[3] Der Reformprozess wurde 1993 nach dem Rücktritt von Lorenz Schwegler abgebrochen, der seine Reformvorschläge nach großen Mitgliederverlusten im Osten Deutschlands nicht durchsetzen konnte.[4][5] 1992 hatte die Gewerkschaft 100.000 Mitglieder durch den Zusammenbruch des früheren DDR-Dienstleistungsbereichs verloren und der Mitgliederbestand war von 700.000 auf 600.000 Mitglieder gesunken.[6] 2001 ging die HBV gemeinsam mit der ÖTV, DPG, IG Medien und DAG in der Gewerkschaft ver.di (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft) mit anfänglich 2,8 Mio. Mitgliedern auf.

Vorsitzende

Weitere Vorstandsmitglieder waren u. a.: Hinrich Feddersen, Christian Götz, Elfriede Hoffmann, Arthur Killat, Hans Georg Stritter, Hanshorst Viehof, Franziska Wiethold

Gewerkschaftstage

  • Verschmelzungsgewerkschaftstag, 1949, Königswinter
  • 2. ordentl. Gewerkschaftstag, 1951, Köln
  • 3. ordentl. Gewerkschaftstag, 1955, Frankfurt/Main
  • 4. ordentl. Gewerkschaftstag, 1958, Hannover
  • 5. ordentl. Gewerkschaftstag, 1961, Berlin
  • 6. ordentl. Gewerkschaftstag, 1964, Nürnberg
  • 7. ordentl. Gewerkschaftstag, 1968, Bremen
  • 8. ordentl. Gewerkschaftstag, 1972, Dortmund
  • 9. ordentl. Gewerkschaftstag, 1976, Saarbrücken
  • 10. ordentl. Gewerkschaftstag, 1980, Wiesbaden
  • 11. ordentl. Gewerkschaftstag, 1984, Mannheim
  • 1. außerord. Gewerkschaftstag 1990, Bonn
  • 12. ordentl. Gewerkschaftstag, 1988, Essen
  • 13. ordentl. Gewerkschaftstag, 1992, Mainz
  • 14. ordentl. Gewerkschaftstag, 1995, Bremen
  • 15. ordentl. Gewerkschaftstag, 1998, Bremen
  • 2. außerord. Gewerkschaftstag, 1999, Würzburg
  • 3. außerord. Gewerkschaftstag, 2000, Magdeburg
  • 4. außerord. Gewerkschaftstag (Verschmelzungskongress), 2001, Berlin

Literatur

in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Ingrid Wölk: Industriegewerkschaft oder Standesorganisation? Der Organisationstreit um die Angestellten nach 1945 und die Entstehung der Gewerkschaft HBV. Verlag Arbeiterbewegung und Gesellschaftswissenschaft, Marburg 1988, ISBN 3-921630-88-6.
  • Harald Schlüter: „Ein mutiger Schritt“ – Der Aufbau der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen in Hamburg. Herausgegeben von der Ortsverwaltung HBV Hamburg, Hamburg 1988.
  • Manfred Kubik: Zwischen Exklusivität und Solidarität. Geschichte der Angestellten und ihrer Gewerkschaft. In: Claus Eilrich, Hans Otto Hemmer (Hrsg.): Die neue Mehrheit. Bilder-Lesebuch – Angestellte. Dietz, Berlin und Bonn 1988, ISBN 3-8012-0133-3, S. 14–121, darin S. 46–52: Der „kleine Benjamin“. Die Gründung der Gewerkschaft HBV und die Entwicklung bis 1987.
  • Lorenz Schwegler: Streckenwärter am Nebengleis. Zur Zukunft der Gewerkschaften. Statement zur abschließenden Diskussion auf der 21. Internationalen Tagung der Sozialakademie in Dortmund. In: Sozialismus, Jg. 1992, Nr. 1, S. 48–51.
  • Udo Achten (Hrsg.): Mitten im Leben. Wir, die HBV, wird 50. Selbstverlag, Düsseldorf 1998.
  • Guido Rißmann-Ottow: 50 Jahre HBV - Die Essener Geschichte, Pomp Verlag, Bottrop 1998, ISBN 978-3-89355-168-2
  • Sabine Klingemann, Doris Schröder, Meike Schwark: 50 Jahre HBV Hamburg – jung und selbstbewusst – eine Chronik, Verlag Gewerkschaft HBV, Düsseldorf 1998
  • Carsten Wirth: Konkurrenzen und Solidaritäten. Festschrift für Anton Kobel (HBV-Gewerkschaftssekretär Handel). Nomos Verlag, Baden-Baden 2021, ISBN 978-3-98542-002-5.

Einzelnachweise

  1. Ingrid Wölk: Industriegewerkschaft oder Standesorganisation? Der Organisationstreit um die Angestellten nach 1945 und die Entstehung der Gewerkschaft HBV. Verlag Arbeiterbewegung und Gesellschaftswissenschaft, Marburg 1988, S. 303
  2. Ingrid Wölk: Industriegewerkschaft oder Standesorganisation? Der Organisationstreit um die Angestellten nach 1945 und die Entstehung der Gewerkschaft HBV. Verlag Arbeiterbewegung und Gesellschaftswissenschaft, Marburg 1988, S. 290–302
  3. Schwegler: Reform soll Anstöße im DGB geben, Handelsblatt vom 16. Dezember 1991, S. 4
  4. HBV-Chef tritt zurück. Abgerufen am 28. Mai 2021.
  5. Lorenz Schwegler: Streckenwärter am Nebengleis – Zur Zukunft der Gewerkschaften. in: Zeitschrift Sozialismus 1/92, S. 48–51
  6. HBV lebt von den Rücklagen, Frankfurter Rundschau vom 23. März 1993

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