Gewöhnliche Hundszunge

Gewöhnliche Hundszunge

Gewöhnliche Hundszunge
(Cynoglossum officinale)

Systematik
Euasteriden I
Familie:Raublattgewächse (Boraginaceae)
Unterfamilie:Boraginoideae
Tribus:Cynoglosseae
Gattung:Hundszungen (Cynoglossum)
Art:Gewöhnliche Hundszunge
Wissenschaftlicher Name
Cynoglossum officinale
L.

Die Gewöhnliche Hundszunge (Cynoglossum officinale), kurz auch Hundszunge genannt, ist eine in Deutschland und Österreich häufig vorkommende Pflanzenart aus der Gattung der Hundszungen (Cynoglossum).

Beschreibung

Die Gewöhnliche Hundszunge ist eine zweijährige krautige Pflanze, die Wuchshöhen von bis zu 80 cm erreicht. Der kräftige Stängel hat einen Durchmesser von bis 1 cm, ist kantig, locker zottig behaart und dicht beblättert. Die Pflanze hat einen Mäusegeruch. Die Grundblätter sind grundständig rosettig gehäuft. Die Stängelblätter sind sitzend, stängelumfassend, beiderseits angedrückt behaart, graugrün und derb, die oberen sind lanzettlich und filzig behaart.

Detailansicht des Blütenstandes
Stängel mit Laubblatt (Oberseite)
Blüten- bzw. Fruchtstand
Stängel mit Laubblatt (Unterseite)
Hundszunge (Cynoglossum officinale), Früchte
Blüte
Blüten
Frucht
Die Früchte sind dicht mit Widerhaken besetzt.

In zuerst kopfigen, später sparrig sich verlängernden, rispig angeordneten Wickeln sitzen viele Blüten. Die erst dunkelvioletten, später braunroten Blüten sind homogame, trichterförmige „Stieltellerblumen“. Die ziemlich lange Blütenkronröhre ist durch hellrote Hohlschuppen (Schlundschuppen) verschlossen, daher ist der Nektar nur Bienen und Faltern zugänglich. Zuletzt ist auch spontane Selbstbestäubung möglich. Blütezeit ist von Mai bis Juli.

Die vier mit dem Mittelsäulchen verwachsenen Teilfrüchte (Klausen) sind außen widerhakig-stachelig und werden als Kletthafter verbreitet, z. B. durch Kaninchen. Die abgeflachten, eiförmigen Nüsschen sind dicht mit Widerhaken besetzt.

Vorkommen

Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet der Gewöhnlichen Hundszunge liegt in Europa, in West- und Zentralasien, im Kaukasusgebiet und in Sibirien.[1] In Nordamerika ist die Art ein Neophyt.[1]

Die Gewöhnliche Hundszunge wächst zerstreut, aber lokal häufig in sonnigen Unkrautfluren, an Schuttplätzen, Wegrändern, Tierbauen und in intensiv genutzten Weiden. Sie bevorzugt eher trockene, nährstoffreiche Böden in sonniger Lage. Nach Ellenberg ist sie eine Lichtpflanze, intermediär-kontinental verbreitet, ein Schwachbasen- und Stickstoffzeiger und eine Verbandscharakterart wärmebedürftiger Distelgesellschaften (Onopordion acanthii). In den Allgäuer Alpen steigt sie im Tannheimer Tal auf einem Gamsläger an der Südwestwand des Hochwiesler bis zu einer Höhenlage von 1820 Metern auf.[2]

Ökologie

Die Gewöhnliche Hundszunge ist eine zweijährige (bis ausdauernde) Halbrosettenpflanze.

Die Blüten sind homogame, trichterförmige „Stieltellerblumen“. Die ziemlich lange Kronröhre ist durch Schlundschuppen verschlossen, daher ist der Nektar nur für Bienen und Falter zugänglich. Zuletzt erfolgt auch spontane Selbstbestäubung. Blütezeit ist von Mai bis Juli.

Die 4 mit dem Mittelsäulchen verwachsenen Teilfrüchte als Klausen sind widerhakig-stachelig und werden als Klebhafter verbreitet, z. B. durch Kaninchen. Der Vorgang erinnert an moderne Klettverschlüsse. Die Pflanze ist ein Wintersteher und Dunkelkeimer, was durch anhaftende und dann z. T. durch bedeckende Erde gefördert wird. Zugleich ist hier die Bestachelung auch hemmend für die Ausbreitung. Fruchtreife ist von Juli bis Oktober.

Systematik

Man kann zwei Unterarten unterscheiden:

  • Cynoglossum officinaleL. subsp. officinale
  • Cynoglossum officinale subsp. rotatum(Velen.) Peev (Syn.: Cynoglossum rotatumVelen.): Sie kommt nur in Bulgarien vor.[3]

Giftigkeit

Die ganze Pflanze ist giftig, Vergiftungsgefahr besteht allerdings nur bei Tieren.

Hauptwirkstoffe sind 1,2-ungesättigte Pyrrolizidinalkaloide die im getrockneten Kraut bzw. in getrockneten Wurzeln mit bis zu 14 g/kg entsprechend 14.700 ppm. vertreten sind. Im frischen Kraut sind 1,72 % Gesamtalkaloide mit 62 % Heliosupin enthalten. In den Wurzeln nach älteren Angaben außerdem Cynoglossin, Consolidin und dessen Spaltbasen Consolicin und Cynoglossidin.

Vergiftungserscheinungen: Beim Menschen sind Vergiftungen kaum zu erwarten. Nach älteren Angaben wirkt Cynoglossin beim Frosch lähmend auf die peripheren Nerven, während Consolidin und Consolicin lähmend auf das Zentralnervensystem wirken. Warmblüter sind nicht so empfindlich. Die Giftwirkung der Blätter auf kleinere Nagetiere ist umstritten. Bei Rindern zeigen sich großer Durst und Bewegungsstörungen der Hinterbeine.

Wegen ihrer Giftigkeit ist heute vom Gebrauch dieser Pflanze als Heilpflanze abzuraten.

Trivialnamen

Für die Gewöhnliche Hundszunge (griechisch-lateinisch cynoglossa[4] und lateinisch lingua canis) bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Hangdszang (Siebenbürgen), Honsszunge (mittelhochdeutsch), Hontztonghe, Hundestunge (mittelniederdeutsch), Hundezunga (althochdeutsch), Hundszung, Hunstzung (mittelhochdeutsch), Hunteszunga (althochdeutsch), Huntzunge, Liebäugel (Schlesien), Oggern und Venusfinger.[5]

Literatur

  • Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Herausgegeben vom Bundesamt für Naturschutz. Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3364-4.
  • O. Sebald, S.Seybold, G. Philippi, A. Wörz: Die Farn- und Blütenpflanzen Baden-Württembergs. Band 5, Ulmer Verlag, Stuttgart 1996, ISBN 3-8001-3342-3.
  • Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Portrait. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
  • Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen Pflanzengifte. 6. Auflage. Nikol, Hamburg 2012, ISBN 978-3-86820-009-6.

Einzelnachweise

  1. a b Cynoglossum im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 19. Juli 2020.
  2. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 383.
  3. Benito Valdés, 2011: Boraginaceae.: Datenblatt Cynoglossum officinale In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  4. Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 140 (Cynoglossa).
  5. Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, S. 124 (online).

Weblinks

Commons: Gewöhnliche Hundszunge (Cynoglossum officinale) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Bilder:

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Hundszunge (Cynoglossum officinale) auf einer feuchten Wiese in Mitteldeutschland, ca. 30cm groß
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Blüte

Taxonym: Cynoglossum officinale ss Fischer et al. EfÖLS 2008 ISBN 978-3-85474-187-9
Fundort: Burgstall nördlich Großmugl, Bezirk Korneuburg, Niederösterreich - 280 m ü. A.

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Stängel mit Laubblatt (Oberseite)

Taxonym: Cynoglossum officinale ss Fischer et al. EfÖLS 2008 ISBN 978-3-85474-187-9
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Mit Ankerhaaren besetzte Teilfrucht-Oberfläche

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Cynoglossum officinale (Unterfranken, Germany)
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Blütenstand

Taxon: Echt-Hundszunge, Cynoglossum officinale (sensu Fischer et al. EfÖLS 2008 ISBN 978-3-85474-187-9; det. M. A. Fischer 2014-06-07)
Fundort: "Auf der Haid" in der Nähe von Gedersdorf, Bezirk Krems-Land, Niederösterreich - ca. 230 m ü. A.

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Cynoglossum officinale, Virngrund, Germany
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Frucht

Taxonym: Cynoglossum officinale ss Fischer et al. EfÖLS 2008 ISBN 978-3-85474-187-9
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Stängel mit Laubblatt (Unterseite)

Taxonym: Cynoglossum officinale ss Fischer et al. EfÖLS 2008 ISBN 978-3-85474-187-9
Fundort: Burgstall nördlich Großmugl, Bezirk Korneuburg, Niederösterreich - 280 m ü. A.

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