Gertrud Bodenwieser

Gertrud Bodenwieser (1921). Fotografie von Franz Löwy
Bodenwiesers Schülerinnen tanzen Walzer, 1953

Gertrud Bodenwieser (geboren 3. Februar 1890 in Wien, Österreich-Ungarn; gestorben 10. November 1959 in Sydney[1]) war Tänzerin, Choreografin, Tanzpädagogin und eine Vertreterin des Ausdruckstanzes.

Leben

Die Tochter von Theodor und Maria Bondi, einem wohlhabenden jüdischen Ehepaar, wandte sich dem Tanz zu und wählte den Künstlernamen Gertrud Bodenwieser, unter dem sie in Wien aufsehenerregende Erfolge als Tänzerin feierte. Bodenwieser wurde von 1905 bis 1910 durch Carl Godlewski in klassischem Ballett unterrichtet. Aufbauend auf diesem entwickelte sie ab 1910 einen neuen Tanzstil. Sie wurde von den Werken von Isadora Duncan und Ruth St. Denis inspiriert. 1917 nahm sie den Nachnamen Bodenwieser an und hatte am 5. Mai 1919 im Wiener Konzerthaus ihren ersten Auftritt. Ihr Tanzstil stieß bei Publikum, Kritik und jungen Schülerinnen auf Begeisterung. Einer ihrer größten Erfolge wurde „Dämon Maschine“, eine Tanzperformance, in der sich eine Gruppe von Tänzerinnen in Maschinen verwandelte.[1]

In Wien unterrichtete sie von 1920 bis 1928 auf Vertragsbasis und von 1928 bis 1938 als Professorin für Tanz an der Akademie für Musik und Darstellende Kunst.[1] Im Keller des Konzerthauses führte sie ein eigenes Tanzstudio. Ihre Schülerinnen schickte sie als „Bodenwieser Tanzgruppe“ auf Tourneen durch ganz Europa. Ihr Tanz „Die Masken Luzifers“ zeigt Intrige, Terror und Hass als Personifikationen des politischen Totalitarismus und wurde als Verkörperung des unheilvollen Zeitgeist bekannt.

Mai 1938 floh Gertrud Bodenwieser aus Österreich und schloss sich einer Handvoll Schülerinnen in Kolumbien an, wo sie im Rahmen der 400-Jahr-Feiern von Bogotá ein Gastspiel gaben. Die Emigration führte Gertrud Bodenwieser weiter nach Australien. In Sydney unterrichtete sie schließlich Tanz.[1] Ihr Unterricht brachte einige der wichtigsten Choreografen und Tänzer Australiens hervor, darunter Anita Ardell, Keith Bain, Margaret Chapple und Eileen Kramer.

Bodenwieser war ab 1920 mit dem Wiener Regisseur und Dramaturgen Friedrich Rosenthal verheiratet, der 1942 im KZ Auschwitz vom NS-Regime ermordet wurde.[2]

Im Jahr 2016 wurde in Wien-Donaustadt (Seestadt Aspern) die Gertrud-Bodenwieser-Gasse nach ihr benannt.

Literatur

  • Cuckson, Marie: Gertrud Bodenwieser. Her Contribution to the Art of the Dance. Vaucluse, NSW 1960.
  • Andrea Amort: Die ganze Welt im Wanken. Die politische und künstlerische Wende im Modernen Tanz in Wien. In: Alles tanzt. Kosmos Wiener Tanzmoderne. Hg. v. Andrea Amort (KHM Theatermuseum Wien, Hatje & Cantz) Berlin 2019, S. 205 – S. 228. ISBN 978-3-7757-4567-3
  • Andrea Amort: Free Dance in Interwar Vienna. In: Interwar Vienna. Culture between Tradition and Modernity. Eds. Deborah Holmes and Lisa Silverman. New York, Camden House, 2009, p. 117–142, ISBN 978-1-57113-420-2.
  • Dunlop MacTavish, Shona: Gertrud Bodenwieser. Tänzerin, Choreographin, Pädagogin. Wien – Sydney. (Gekürzte Ausgabe, aus dem Englischen übersetzt von Gabriele Haefs, hrsg.v. Denny Hirschbach). Zeichen und Spuren, Bremen 1992, ISBN 3-924588-21-X.
  • Monika Bernold: „der heiße atem unserer aufgewühlten zeit“ – gertrud bodenwieser, tanzkünstlerin in wien bis 1938, online auf der Webseite der MDW, ursprünglich 2017, bearbeitet 2021.
  • Vernon-Warren, Bettina and Charles Warren (Hrsg.): Gertrud Bodenwieser and Vienna's Contribution to Ausdruckstanz. Harwood Academic Publishers, Amsterdam u. a. 1999, ISBN 90-5755-035-0.
  • Andrea Amort: Die Bewegung der Zeit. Die Stimmen der Künstlerinnen: Isadora Duncan, Grete Wiesenthal, Gertrud Bodenwieser, Rosalia Chladek. In: Alles tanzt. Kosmos Wiener Tanzmoderne. Hg.v. Andrea Amort (KHM Theatermuseum Wien, Hatje & Cantz), Berlin 2019, S. 77 – S. 103. ISBN 978-3-7757-4567-3
  • Grayburn, Patricia (Hrsg.): Gertrud Bodenwieser, 1890–1959. A celebratory monograph on the 100th anniversary of her birth, with a catalogue of the exhibition shown at the University of Surrey (…) and the Royal Festival Hall (…). Surrey 1990.
  • Carol Brown: Öffnung eines Körper-Archivs. Zur Revitalisierung des Vokabulars von Gertrud Bodenwieser. In: Alles tanzt. Kosmos Wiener Tanzmoderne. Hg. v. Andrea Amort (KHM Theatermuseum Wien, Hatte & Cantz) Berlin 2019, S. 271–280. ISBN 978-3-7757-4567-3
  • Hubert Reitterer, Marie Cuckson: Gertrud Bodenwieser. In: Douglas Pike (Hrsg.): Australian Dictionary of Biography. Melbourne University Press, Carlton (Victoria) 1966–2012 (englisch).
  • Bodenwieser, Gertrud, in: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,1. München : Saur, 1983, S. 127
  • Dunlop MacTavish, Shona: An Ecstasy of Purpose. The Life and Art of Gertrud Bodenwieser. Dunedin, N.Z. 1987.

Weblinks

Commons: Gertrud Bodenwieser – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Australian Dictionary of Biography – Gertrud Bodenwieser. Abgerufen am 26. Januar 2016.
  2. aeiou (Österreich Lexikon): Friedrich Rosenthal. Abgerufen am 3. Januar 2016.

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