Germaine Tailleferre

Fünf Mitglieder der Groupe des Six. Germaine Tailleferre links unten, hinter ihr Darius Milhaud, Arthur Honegger, Louis Durey. Rechts sitzt Georges Auric, dahinter Francis Poulenc und Jean Cocteau; im Zentrum die Pianistin Marcelle Meyer. (1922)
Germaine Tailleferre (1937)
Germaine Tailleferre mit dem Bariton Mario Hacquard

Germaine Tailleferre (* 19. April 1892 in Saint-Maur-des-Fossés, Val-de-Marne; † 7. November 1983 in Paris; eigentlicher Name Germaine Taillefesse) war eine französische Komponistin. Sie war ein Mitglied der berühmten Groupe des Six, komponierte eine Vielzahl von Werken in verschiedenen Genres und hatte enge Beziehungen zu anderen Künstlern und Komponisten ihrer Zeit.

Leben

Germaine Tailleferre wurde in der Nähe von Paris als Germaine Taillefesse geboren und änderte ihren Namen als junge Frau aus Trotz gegen ihren Vater, der sich weigerte, ihre musikalische Ausbildung zu unterstützen. Ihren ersten Klavierunterricht erhielt sie durch ihre Mutter und komponierte bereits einige kurze Stücke, bevor sie 1904 an das Konservatorium nach Paris wechselte. Dort machte sie bald die Bekanntschaft von Darius Milhaud, Georges Auric und Arthur Honegger.

Am Pariser Konservatorium gewann sie mehrere erste Preise in verschiedenen Disziplinen. Tailleferre war als einzige Frau Mitbegründerin und Mitglied der Groupe des Six, die das französische Musikleben um 1920 beeinflusste. Tailleferre war mit Maurice Ravel befreundet, bei dem sie auch Instrumentation studierte und der sie zur Teilnahme am Wettbewerb „Prix de Rome“ ermunterte. 1925 zog sie mit ihrem Ehemann, einem amerikanischen Karikaturisten, nach New York, kehrte jedoch 1927 nach Frankreich zurück. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, verließ sie Frankreich erneut und gelangte über Spanien und Portugal in die USA. Dort lebte und wirkte sie in Philadelphia, Pennsylvania. Nach dem Krieg kehrte sie nach Frankreich zurück.

Tailleferre schuf Werke nahezu aller musikalischen Gattungen, mehrere Opern, Ballettmusiken, Konzerte, Klavier- und Kammermusik (darunter ein Streichquartett, 1917/19), daneben auch Musik für Film und Fernsehen. Ein großer Teil ihrer Werke wurde erst nach ihrem Tod veröffentlicht. Stilistisch wird ihre Musik dem Pariser Neoklassizismus zugerechnet. Neuen musikalischen Techniken gegenüber erwies sie sich als aufgeschlossen. Durch ein von der Frauenbewegung ausgehendes Interesse an der Musik von Komponistinnen findet Tailleferre in letzter Zeit verstärkt Beachtung.[1]

Ehrungen

Werke (Auswahl)

  • Quatuor à cordes in drei Sätzen: Modéré – Intermède – Final (1917/19)
  • Jeux de plein air, für zwei Klaviere (1918)
  • Fandango (1920) auf YouTube
  • Les mariés de la Tour Eiffel (1921, zusammen mit den anderen Mitgliedern der Groupe des Six, jedoch ohne Louis Durey)
  • Sonate Nr. 1 für Violine und Klavier (1922)
  • Forlane pour flute et piano Editions Henry Lemoine, Paris
  • Le Marchand d'oiseaux, Ballett (1923)
  • Klavierkonzert Nr. 1 (1923) auf YouTube
  • Concertino pour harpe et orchestre. 1926.
  • 6 chansons françaises, für eine Singstimme und Klavier (1926)
  • Il était un petit navire, Opéra comique (1951)
  • Concerto des vaines paroles, für Bariton und Orchester (1956)
  • Le maître, Kammeroper nach Eugène Ionesco (1961)
  • Sonatine für Violine und Klavier (1973)
  • Le Concerto de la Fidélité (1981)
  • Suite Burlesque für Klavierduett (1981) auf YouTube

Literatur

Aufsätze
  • Robert Shapiro (Hrsg.): Germaine Tailleferre. In: Derselbe (Hrsg.): Les Six. The French composers and their mentors Jean Cocteau and Erik Satie. Peter Owen, London 2011, ISBN 978-0-7206-1293-6.
  • Elisabeth Pemmer: Die Dame der „Groupe des Six“. Germaine Tailleferre (1892–1983), Leben und Werk. In: Sarah Chaker, Ann-Kathrin Erdélyi (Hrsg.): Frauen hör- und sichtbar machen. 20 Jahre „Frau und Musik“ an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Universität, Wien 2010, ISBN 978-3-9502987-0-3, S. 207–218.
  • Stéphane Etcharry: Germaine Tailleferre. Compostrice des Années Folles aux années 1970. Un talent „évidemment, essentiellement féminin“. In: Mélanie Traversier, Alban Tamaut (Hrsg.): La musique a-t-elle un genre? Édition de la Sorbonne, Paris 2019, ISBN 979-10-351-0284-5, S. 163–184.
  • Caroline Potter, Robert Orledge: Germaine Tailleferre (1892–1983). A centenary appraisal. In: Muziek & Wetenschap. Band 2 (1990), S. 109–130 ISSN 0925-725X
  • Laura Mitgang: Germaine Tailleferre. Before, During and after „Les Six“. In: Judith Lang Zaimont (Hrsg.): The musical woman. An international perspective, Band 3. Greenwood Press, Westport, CT 1991, S. 177–222 ISSN 0737-0032
Bücher
  • Jacinthe Harbec: Œuvres de Germaine Tailleferre. Du motif à la forme. Universität, Montreal 1994 (Dissertation)
  • Brigitta Duhme-Hildebrand: Die französische Musikerin Germaine Tailleferre (1892–1983). Leben und Werk unter dem Aspekt des Vergnügens an der Musik Universität, Köln 1991 (Dissertation)
  • Georges Hacquard: Germaine Tailleferre. La dame des six (= Collection univers musical). L'Harmattan, Paris 1998, ISBN 2-7384-7102-1.
  • Ursula Anders-Malvetti: Ästhetik und Kompositionsweise der Gruppe der Six. Studien zu ihrer Kammermusik aus den Jahren 1917–1921 (= Edition Phi. Band 413). Edition Phi, Echternach 1998, ISBN 3-88865-158-1.
  • Robert Shapiro: Germaine Tailleferre. A bio-bibliography (= Bio-bibliographies in music. Band 48). Greenwood Press, Westport, CT 1994, ISBN 0-313-28642-6.
  • Frédéric Robert (Hrsg.): Les mémoires de Germaine Tailleferre (= Revue internationale de musique française; Band . 19). Champion, Paris 1986, ISBN 2-85203-012-8.

Weblinks

Commons: Germaine Tailleferre – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. One of 'Les Six' Still at Work. In: The New York Times. 23. Mai 1982, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 7. Juli 2019]).

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Les Six Tableau.jpg

Le Groupe de six, oil on canvas, musée des beaux-arts de Rouen, France.
In the center : pianist Marcelle Meyer. From bottom to top : Germaine Tailleferre, Darius Milhaud, Arthur Honegger, Jean Wiener. On the right : Georges Auric, Francis Poulenc, Jean Cocteau.

(Only five of Les Six are represented; Louis Durey was not present: see "Mireille Bialek: Jacques-Émile Blanche et le Groupe des Six. La Gazette des amis des musées de Rouen et du Havre, No. 15, Décembre 2012, p. 7.".)
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Germaine Tailleferre et Mario Hacquard