Gerichtsbezirk Tannwald
Ehemaliger Gerichtsbezirk Tannwald | |
---|---|
(tschechisch: soudní okres Tanvald) | |
Basisdaten | |
Kronland | Böhmen |
Bezirk | Gablonz an der Neiße |
Sitz des Gerichts | Tannwald (Tanvald) |
zuständiges Landesgericht | Reichenberg |
Fläche | 48,76 km2 (1910) |
Einwohner | 6.995 |
Aufgelöst | 1919 |
Abgetreten an | Tschechoslowakei |
Der Gerichtsbezirk Tannwald (tschechisch: soudní okres Tanvald) war ein dem Bezirksgericht Tannwald unterstehender Gerichtsbezirk im Kronland Böhmen. Er umfasste Gebiete im westlichen Teil Norden Böhmens. Zentrum und Gerichtssitz des Gerichtsbezirks war die Stadt Tannwald (Tanvald). Das Gebiet gehörte seit 1918 zur neu gegründeten Tschechoslowakei und ist seit 1991 Teil der Tschechischen Republik.
Geschichte
Die ursprüngliche Patrimonialgerichtsbarkeit wurde im Kaisertum Österreich nach den Revolutionsjahren 1848/49 aufgehoben. An ihre Stelle traten die Bezirks-, Landes- und Oberlandesgerichte, die nach den Grundzüge des Justizministers geplant und deren Schaffung am 6. Juli 1849 von Kaiser Franz Joseph I. genehmigt wurde.[1] Der Gerichtsbezirk Tannwald (anfangs auch „Morchenstern“) gehörte zunächst zum Bunzlauer Kreis und umfasste 1854 die acht Katastralgemeinden Albrechtsdorf, Georgenthal, Morchenstern, Polaun, Přichovic, Neidlic, Schumburg und Tannwald.[2] Der Gerichtsbezirk Tannwald bildete im Zuge der Trennung der politischen von der judikativen Verwaltung[3] ab 1868 gemeinsam mit dem Gerichtsbezirk Gablonz an der Neiße (Jablonec nad Nisou) den Bezirk Gablonz an der Neiße.[4]
Im Gerichtsbezirk Tannwald lebten 1869 21.100 Menschen[5] 1900 waren es 29.229 Personen.[6]
Der Gerichtsbezirk Tannwald wies 1910 eine Bevölkerung von 31.682 Personen auf, von denen 28.144 Deutsch (88,8 %) und 3.175 Tschechisch (10,0 %)[7] als Umgangssprache angaben. Im Gerichtsbezirk lebten zudem 363 Anderssprachige oder Staatsfremde.[8]
Durch die Grenzbestimmungen des am 10. September 1919 abgeschlossenen Vertrages von Saint-Germain kam der Gerichtsbezirk Tannwald vollständig zur neugegründeten Tschechoslowakei, wobei die Gerichtseinteilung bis 1938 im Wesentlichen bestehen blieb. Nach dem Münchner Abkommen wurde das Gebiet dem Landkreis Gablonz an der Neiße zugeschlagen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte das Gebiet zum Okres Jablonec nad Nisou, dessen Behörden jedoch im Zuge einer Verwaltungsreform 2003 ihre Verwaltungskompetenzen verloren. Diese werden seitdem von den Gemeinden bzw. dem Liberecký kraj, zudem das Gebiet um Tannwald seit Beginn des 21. Jahrhunderts gehört, wahrgenommen.
Gerichtssprengel
Der Gerichtssprengel umfasste Ende 1914 die acht Gemeinden Albrechtsdorf (Albrechtice), Antoniwald (Antonínov), Dessendorf (Desná), Morchenstern (Smržovka), Polaun (Polubný), Schumburg an der Desse (Šumburk nad Desnou), Stephansruh (Příchovice) und Tannwald (Tanvald).
Einzelnachweise
- ↑ Landes-Gesetz- und Regierungs-Blatt für das Kronland Böhmen (Dritte Abtheilung des Ergänzungs-Bandes) 1849, Nr. 110: „Organisirung der Gerichte in dem Kronlande Böhmen.“
- ↑ Landes-Regierungs-Blatt für das Königreich Böhmen 1854, I. Abtheilung, XLVII. Stück, Nr. 277: „Verordnung der Ministerien des Inneren, der Justiz und der Finanzen vom 9. Oktober 1854, betreffen die politische und gerichtliche Organisirung des Königreichs Böhmen“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XVII. Stück, Nr. 44. „Gesetz vom 19. Mai 1868 über die Einrichtung der politischen Verwaltungsbehörden in den Königreichen ...“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XLI. Stück, Nr. 101: Verordnung vom 10. Juli 1868, die Durchführung des Gesetzes vom 19. Mai 1868 (Reichs-Gesetz-Blatt Nr. 44) in Böhmen, Dalmatien, Oesterreich unter und ob der Enns, Steiermark, Kärnthen, Bukowina, Mähren, Schlesien, Tirol und Vorarlberg, Istrien, Görz und Gradiska betreffend.
- ↑ Böhmische k. k. Statthalterei (Hrsg.): Orts-Repertorium des Königreiches Böhmen. Mit Benützung der von der k .k. statistischen Central-Commission zusammengestellten Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1869 herausgegeben. Prag 1872, S. 7
- ↑ C.k. místodržitelství (Hrsg.): Seznam míst v Království českém. K rozkazu c. k. místodržitelství na základě úřadních udání sestaven. Prag 1907, S. 133
- ↑ In der Volkszählung wurden Personen mit böhmischer, mährischer und slowakischer Umgangssprache zusammengefasst
- ↑ k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Spezialortsrepertorium von Böhmen. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910. Wien 1915, S. 104
Literatur
- k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Spezialortsrepertorium von Böhmen. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910. Wien 1915 (Spezialortsrepertorien der österreichischen Länder)