Georg Thormann

Georg Thormann (* 9. Dezember 1655 in Bern; † 18. März 1708) war ein Schweizer evangelischer Geistlicher.

Leben

Familie

Georg Thormann entstammte der Patrizierfamilie Thormann und war der Sohn des Landvogts Gabriel Thormann (* 15. November 1612 in Burgdorf; † 1664) und dessen Ehefrau Margaretha (* 9. November 1620 in Bern), Tochter von Vinzenz Stürler (* 16. April 1592 in Oron; † 2. August 1670)[1], Vogt von Moudon und Venner zu Gerwern; zu seinen Geschwistern gehörten unter anderem der spätere obrigkeitliche Drucker und Deutschseckelmeister Gabriel Thormann (1653–1716)[2] sowie der Bannerherr Hieronymus Thormann (1658–1733)[3]. Über seinen Onkel Georg Thormann (1609–1654), Landvogt von Landshut, und dessen Ehefrau Maria Tscharner (1609–1639) war er mit Beat Ludwig von Muralt verwandt.

Er war mit Marthe (geb. de l’Isle) aus Paris verheiratet; gemeinsam hatten sie drei Kinder[4]:

  • Johannes Thormann (* 16. April 1682 in Bern; † 21. August 1749 ebenda), Salzbuchhalter, verheiratet mit Katharina (* 1685 in Lützelflüh; † 19. Januar 1754 in Bern), Tochter des Generalleutnants und Feldmarschalls in österreichischen Diensten Hans Jakob Schellenberg (1634–1714),[5] und Grossvater des Ökonomen Niklaus Anton Kirchberger;
  • Martha Margaretha Thormann (* 6. Juni 1684 in Bern; † in der Kindheit);
  • Gabriel Thormann (* 8. Januar 1688 in Lützelflüh; † 1713).

Werdegang

Nach seinem Theologiestudium in Paris kehrte Georg Thormann nach Bern zurück, wirkte in der Zeit von 1681 bis 1684 als welscher Pfarrer in Bern[6] und erhielt 1683 einen Sitz in der Refugiantenkammer (Exulantenkammer).

Von 1684 bis 1708 war er Pfarrer in Lützelflüh und in dieser Zeit gleichzeitig von 1696 bis 1708 Dekan des Kapitels Burgdorf; sein Vikar war Samuel Schumacher, der später für den Pietismus im Oberaargau und als Verbindungsmann zwischen dem Berner und dem Zürcher Zweig der Bewegung eine wichtige Rolle spielte.

Geistliches und theologisches Wirken

Georg Thormann setzte sich zusammen mit seiner Ehefrau für die verfolgten Hugenotten ein und verfasste aus kirchlicher Perspektive einen zugleich kritischen und selbstkritischen Traktat über das Täufertum. Er lobte 1693 in seiner Schrift Probier-Stein des Täufertums die Glaubenstreue und sittlich-moralische Lebensführung der Täufer. Für die Unterdrückung der Täufer liess er, obwohl er ihre Theologie kritisierte, nur politische Gründe gelten, so verurteilte er deren Ungehorsam bei der Eid- und Waffenverweigerung gegenüber der von Gott gesetzten Obrigkeit.

Er gehörte als Autor viel gelesener Erbauungsschriften zu den Vorläufern des Berner Pietismus und zeigte auf, wie die Obrigkeit durch ihr eigenes Vorbild die Täufer von deren Irrglauben abbringen könnte; nur wenn Pfarrer und Magistrat ihrer Berufung nachlebten, würden Kirche und Staat ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Das Täufertum spiegelte für ihn wider, was die Kirche versäumt hatte[7]. Seine Täuferkritik war zugleich Kirchen- und Gesellschaftskritik; eine Kritik, die schon der Zürcher Antistes Johann Jakob Breitinger erhoben hatte.[8]

Georg Thormann wurde ein Wegbereiter des Pietismus in Bern, der das harte Vorgehen der Obrigkeit gegen die Täufer ablehnte.

Schriften (Auswahl)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans Braun: Vinzenz Stürler. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 20. Juli 2012, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  2. Hans Braun: Gabriel Thormann. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 24. Februar 2011, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  3. Hans Braun: Hieronymus Thormann. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 2. Mai 2011, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  4. Historisches Familienlexikon der Schweiz – Personen. Abgerufen am 5. August 2020.
  5. Martin Illi: Hans Jakob Schellenberg. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 10. Mai 2011, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  6. Carl Friedrich Ludwig Lohner: Die reformirten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern. 1866 (google.de [abgerufen am 5. August 2020]).
  7. Urs Bernhard Leu, Christian Scheidegger: Die Zürcher Täufer 1525–1700. Theologischer Verlag Zürich, 2007, ISBN 978-3-290-17426-2 (google.de [abgerufen am 5. August 2020]).
  8. Lukas Vischer, Rudolf Dellsperger: Ökumenische Kirchengeschichte der Schweiz. Saint-Paul, 1998, ISBN 978-3-7228-0417-0 (google.de [abgerufen am 5. August 2020]).